TE UVS Tirol 2011/10/07 2011/15/2001-3

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Veröffentlicht am 07.10.2011
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Gerold Dünser über die Berufung von Herrn F. T., geb am XY, XY-Gasse 9/11, H., gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck vom 07.07.2011, Zl II-VA-S-8393/2011, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als dass der Einspruch gegen die als Strafverfügung bezeichnete Erledigung vom 14.06.2011, Gz: II-VA-S-8393/2011 nicht als verspätet, sondern als unzulässig zurückgewiesen wird.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.07.2011 wurde der Einspruch des Berufungswerbers gegen ?die Strafverfügung der Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck vom 07.07.2011? (gemeint ist dabei offensichtlich die im Akt einliegende, auf den 14.06.2011 datierte und mit Strafverfügung bezeichnete Erledigung) als verspätet zurückgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber ein Rechtsmittel eingebracht, in welchem er sich im Wesentlichen gegen den ihm zur Last gelegten Verstoß beim Parken seines Fahrzeuges wendet. So bringt er zusammenfassend vor, dass unmittelbar vor dem Bereich, in welchem er sein Kfz abgestellt habe, ein dort bestehendes Parkverbot aufgehoben werde, er sein Fahrzeug daher unmittelbar nach dem Halte- und Parkverbot Ende abgestellt habe und er durch die bestehende Beschilderung dazu animiert worden sei. Zusammenfassend hat er daher ausgeführt, dass er bei dieser Beschilderung nicht für die vorliegende Übertretung belangt werden könne. Außerdem hat er sich gegen das Fristversäumnis mit dem Argument gewehrt, dass ein fehlender Poststempel nicht zu seinen Lasten ausgelegt werden könne.

 

Festgehalten wird, dass die im Akt einliegende Strafverfügung und der im Akt einliegende Zurückweisungsbescheid keine Fertigung aufweisen. Weiters finden sich darauf keine Hinweise, dass ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Genehmigenden und der Authentizität der Erledigungen angewendet worden wäre. Aus diesem Grund wurde der Berufungswerber vom Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol mit Schreiben vom 05.08.2011 dazu aufgefordert, die ihm übermittelte Exemplare des Bescheides und der Strafverfügung vorzulegen.

 

Mit Schriftsatz vom 30. August 2011 wurde daraufhin mitgeteilt, dass die Strafverfügung selbst nicht mehr existiere. Eine Kopie des Zurückweisungsbescheides wurde vorgelegt; darauf erkennbar ist, dass dieser Zurückweisungsbescheid ordnungsgemäß gefertigt wurde.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen wie folgt:

Eine Strafverfügung stellt unzweifelhaft eine bescheidmäßige Erledigung dar (vgl VfSlg 11.589/1987; Raschauer/Wessely Verwaltungsstrafgesetz, Seite 611). Der Eintritt von Rechtswirkungen eines Bescheides setzt voraus, dass die Vorgaben des § 18 AVG, welcher zufolge des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren zur Anwendung zu kommen hat, eingehalten werden.

 

Schriftliche Erledigungen sind gemäß § 18 Abs 3 AVG vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

 

Jede schriftliche Ausfertigung hat gemäß § 18 Abs 4 AVG die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs 3 leg cit genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

 

Wie festgehalten wurde im vorliegenden Fall in Bezug auf die dem Verfahren zu Grunde liegende Strafverfügung weder die im Akt einliegende Erledigung unterschrieben, noch kann überprüft werden, inwieweit das dem Berufungswerber übermittelte Exemplar ordnungsgemäß genehmigt wurde.

 

Die Erzeugung einer Erledigung ist nicht nur in einem zweistufigen Vorgang denkbar (in welchem zunächst die Urschrift und in weiterer Folge hievon Ausfertigungen erstellt werden), sondern auch einstufig in Form einer Erledigung, die allen gesetzlichen Anforderungen genügt und der Partei zugestellt wird, während lediglich die Durchschrift im Akt verbleibt (vgl VwGH 20.06.1991, 91/19/0085, Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, RZ 12 zu § 18 AVG mwN).

 

Aus diesem Grund wurde der Berufungswerber dazu aufgefordert, das ihm zugestellte Exemplar der Strafverfügung sowie des angefochtenen Bescheides vorzulegen um zu überprüfen, ob diese allenfalls die für Bescheide erforderlichen Kriterien, insbesondere nämlich jenes der ordnungsgemäßen Genehmigung, aufweisen. Der Berufungswerber hat mitgeteilt, dass die betreffende Strafverfügung nicht mehr existiert, weshalb nicht mehr überprüft werden kann, ob diese allenfalls die für einen Bescheid erforderlichen Merkmale aufweist.

 

Insofern sei lediglich festgehalten, dass selbst im Falle, dass die Strafverfügung etwa über eine Amtssignatur verfügt hätte, damit den Vorgaben des § 18 AVG noch nicht genüge getan worden wäre: § 18 AVG unterscheidet vielmehr einerseits zwischen der Erledigung an sich und andererseits der Ausfertigung, welche der Partei zugestellt wird. Lediglich die Ausfertigung der Partei kann zur Bestätigung, dass diese mit dem Original übereinstimmt, mit einer Amtssignatur versehen werden. Die Genehmigung der Erledigung selbst hat hingegen entweder in Form einer Unterschrift zu erfolgen oder aber in einem elektronischen Verfahren, wie es in § 18 Abs 3 AVG vorgesehen wird, nämlich durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung (vgl zum Verhältnis der Genehmigung einerseits mit der Bestätigung der Übereinstimmung mit der Genehmigung andererseits etwa grundlegend VwGH 06.05.1996, 91/10/0009).

 

Anhaltspunkte dafür, dass ein derartiges elektronisches Verfahren zur Genehmigung angewendet worden wäre, haben sich im vorliegenden Fall nicht ergeben; insbesondere wird nochmals darauf hingewiesen, dass sich der im Akt einliegenden als Strafverfügung bezeichneten Erledigung vom 14.06.2011 keine derartigen Hinweise entnehmen lassen.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, welcher laut dem vom Berufungswerber vorgelegten Exemplar ordnungsgemäß gefertigt wurde und für welchen daher die oben angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Entscheidung vom 20.06.1991, 91/19/0085 anzuwenden ist, wurde der Einspruch des Berufungswerbers gegen ?die Strafverfügung der Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck vom 07.07.2011, Zl II-VA-S-9393/2011? als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

Zumal einer der Mindestbestandteile dafür, dass von einem Bescheid gesprochen werden kann, die Unterschrift bzw elektronische Fertigung ist und ein diesbezüglicher Mangel zur Nichtigkeit des Aktes führt, ist diese Strafverfügung rechtlich nicht in Existenz getreten (vgl dazu etwa Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, S 243f; Hengstschläger-Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht, Rn 23 zu § 18; vgl zur Strafverfügung insbesondere auch VwGH 18.10.1989, 89/02/0078). Aus diesem Grund erweist sich die Zurückweisung des dagegen erhobenen Einspruches als verspätet als rechtswidrig, da ein Einspruch gegen einen nichtigen Akt nicht verspätet sein kann.

 

Grundsätzlich soll durch einen Einspruch eine Strafverfügung außer Kraft gesetzt werden. Der zulässige und rechtzeitige Einspruch gegen eine Strafverfügung bewirkt das ex-lege Erlöschen der Strafverfügung. Der Einspruch gilt damit schon gemäß § 49 Abs 2 VStG als erledigt. Wenn der Einspruch allerdings nicht rechtzeitig erfolgt, so ist darüber durch Bescheid abzusprechen (vgl Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren17, S 277). Gleiches hat für den Fall zu gelten, dass sich der Einspruch aus anderem Grunde als nicht zulässig erweist (vgl Raschauer/Wessely, Verwaltungsstrafgesetz, S 645).

 

Der VwGH hat beispielsweise in der Entscheidung vom 11.05.1983, 83/03/0046, ausgesprochen, dass im Falle, dass die Berufungsbehörde der Ansicht ist, dass ein Straferkenntnis mangels rechtzeitigem Einspruch nicht hätte ergehen dürfen, sie den Einspruch in der Berufungsentscheidung als verspätet zurückzuweisen hat. Gleiches hat für den vorliegenden Fall zu gelten: Sache des Verfahrens im Sinne des § 66 Abs 4 AVG ist im vorliegenden Fall die Frage der Zulässigkeit des Einspruchs des Berufungswerbers. Da sich dieser Einspruch wie ausgeführt gegen einen nichtigen Akt richtet, dem selbst keine Rechtswirkungen zukommen konnten, ist dieser Einspruch von vorn herein nicht zulässig und war dieser zur Wahrung des gemäß § 73 Abs 1 AVG iVm § 24 VStG grundsätzlich auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Erledigungsanspruchs des Berufungswerbers als unzulässig zurückzuweisen.

 

Zum Inhalt des Vorbringens des Berufungswerbers sei allerdings abschließend im Hinblick auf eine allfällige Fortsetzung des Verfahrens Folgendes festgehalten:

 

Der Umstand, dass unmittelbar vor der Stelle, an welcher der Berufungswerber sein Fahrzeug abgestellt hat, ein Halte- und Parkverbot durch entsprechendes Verkehrszeichen aufgehoben wurde, ändert nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nichts daran, dass der Fahrzeuglenker ein Parkverbot aus anderem Grund an der nachfolgenden Stelle zu beachten hat. Obgleich dem Berufungswerber zugestanden wird, dass sich in einer derartigen Situation zunächst ein verwirrendes Bild ergeben mag, hat der Verwaltungsgerichtshof diesem Umstand die Relevanz abgesprochen und zu einer in dieser Frage vergleichbaren Situation vielmehr festgehalten (vgl VwGH 24.06.1983, 83/02/0047), dass das Parkverbot an engen Stellen unabhängig vom durch Verkehrszeichen kundgemachten Parkverbot besteht und dieses selbst dann zu berücksichtigen ist, wenn ein Halte- und Parkverbot nur für einen Teil eines Bereiches, in dem ohnehin ein gesetzliches Halte- und Parkverbot zu beachten ist, verordnet ist und nicht offenkundig ist, wieso nicht entweder für den gesamten Bereich eine derartige Verordnung erlassen wurde oder eine solche überhaupt unterblieben ist.

 

Zum Verschulden des Lenkers in diesem Zusammenhang führt er in diesem Erkenntnis weiters aus, dass dem Beschwerdeführer in jenem Verfahren (und sohin auch dem Berufungswerber) als geprüftem Kraftfahrer die Bestimmung des § 24 Abs 1 lit b StVO 1960 im Zusammenhalt mit dem Umstand, dass diese Bestimmung neben einem beschilderten Halte- und Parkverbot und damit unabhängig davon Gültigkeit hat, bekannt sein musste. Die unrichtige Auslegung der Vorschriften über das Halten und Parken bildet daher keinen Entschuldigungsgrund (vgl dazu auch die Erkenntnisses des VwGH vom 10.02.1958, Slg Nr 4560/A und vom 21.11.1966, Slg Nr 7029/A).

 

Sofern daher hier tatsächlich eine enge Stelle vorliegen sollte, was freilich von der Erstbehörde auch entsprechend konkret dazulegen wäre, dies bezogen auf die abstrakten, zB durch die baulichen Verhältnisse bedingten, Umstände (vgl etwa VwGH 29.09.1993, 93/02/0111 unter Hinweis auf E 20.4.1988, 87/02/0160, E 24.5.1989, 88/03/0244), so befreien ihn die geschilderten Verhältnisse nicht von seiner Verantwortung.

 

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Unterschrift; elektronische Fertigung; Amtssignatur; Strafverfügung; Halte- und Parkverbote.
Zuletzt aktualisiert am
31.10.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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