TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/19 94/12/0195

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Veröffentlicht am 19.12.2000
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

ABGB §1043;
GehG 1956 §21 Abs1 litb idF 1969/198;
GehG 1956 §21 Abs3 idF 1969/198;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten vom 7. Juli 1994, Zl. 235227/229-VI. SL/94, betreffend Ersatz von während des "Golfkrieges" erlittenen Schäden nach § 20 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.880,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht im Bereich des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war in der Zeit vom 1. August 1988 bis zum 11. Februar 1994 Botschafter in K.

Im Zuge der politischen Ereignisse im Sommer 1990 (Besetzung Kuwaits durch die irakischen Truppen) verließ er die Residenz (und das Land) am 12. September 1990 und traf am 12. März 1991 dort wieder ein. Bei seiner Rückkehr musste er feststellen, dass seine Dienstwohnung, die Residenz, geplündert worden war.

Mit Eingabe an die belangte Behörde vom 27. April 1991 (bei der belangten Behörde eingelangt am 30. April 1991) legte der Beschwerdeführer ein Verzeichnis der entwendeten Gegenstände mit der Bitte vor, die Entschädigung (angesprochen wird ein Betrag von S 317.000,--) auf ein näher bezeichnetes Konto zu überweisen.

Diese Aufstellung hat folgenden Wortlaut:

"Verzeichnis der aus der Residenz entwendeten Gegenstaende

 

Wert in oeS

Kerzenleuchter, Vasen, Ziergegenstaende
aus Porzellan, Glas aus Messing und
Kupfer: alter Moerser, alte Waagen,
Dosen, Kaffeekanne

15.000,--

2 Teppiche (Iran)

30.000,--

Elektrogeraete:

Bohrmaschine
Videorecorder (Sony fuer Pal & Secam)
Buegeleisen
2 Wanduhren
Radiowecker
eifoermige Uhr
Cassettenrecorder mit Doppeldeck
Foehn

34.000,- -

Safe mit Zahlenkombination

4.000,--

Kleidung:

9 neue Herrenanzuege,
2 Sakkos, 4 Hosen,
4 Herrenhemden,
diverse Damenkleider (ca. 25), Roecke und
Blusen (ca. 15),darunter
2 Ballkleider,
6 Cocktailkleider,
2 Oberteile, einige
Abendblusen
diverse Freizeitbekleidung
inklusive 3 Lederjacken,
Pullover (ca. 8),
2 Bademaentel

164.000,--

Schuhe:

6 Paar Herren- Churchschuhe
ca. 15 Paar Damenschuhe
Freizeitschuhe (ca. 10)

35.000,--

Bettzeug, 5 Wolldecken, Handtuecher, Badetuecher

15.000,--

Autozubehoer (Batterieladegeraet, Luftpumpe, Ersatzteile
etc.)

5.000,--

Getraenke: 11 Kisten oesterreichischer Wein

5.000,--

grosser Lebensmittelvorrat

10.000,--

 

insgesamt oeS 317.000,--"

 

Mit Eingabe vom 29. April 1992 urgierte der Beschwerdeführer. Mit Eingabe vom 5. Oktober 1992 begehrte er abermals den Ersatz dieses Schadens, diesmal unter Hinweis auf § 20 Abs. 2 GG und die "einschlägige Richtlinie für die Behandlung von Schadensfällen" (Erlass des Bundeskanzlers vom 23. Oktober 1991).

Mit Schreiben vom 2. Mai 1993 teilte er mit, es sei zur Zeit nicht absehbar, ob überhaupt bzw. wann die während der Besetzung Kuwaits durch den Irak entstandenen Schäden von der VN-Entschädigungskommission ersetzt würden. Er bitte daher, den ihn durch die Entwendung von Gegenständen entstandenen Schaden "vorerst von da. Seite" zu ersetzen. Er brauche nicht zu betonen, dass er dem Bund seinen "VN-Schadenersatzanspruch" (gemeint ist der vom Beschwerdeführer rechtzeitig nach dem "Irak-Anmeldungsgesetz", BGBl. Nr. 310/1992, bei der zuständigen FLD angemeldeten Anspruch) bis zur Höhe des geleisteten Betrages abtrete (festzuhalten ist, dass in diesem Schreiben eine Einschränkung des Begehrens auf eine bestimmte Rechtsgrundlage nicht vorgenommen wird).

In der Folge befasste die belangte Behörde das Bundesministerium für Finanzen mit diesem Antrag auf Ersatz des geltendgemachten Schadens, der dem § 20 GG zugeordnet wurde. Im Schreiben vom 7. Juli 1993 heißt es, der Beschwerdeführer habe entsprechend der für den Evakuierungsfall erteilten Weisung den größten Teil seiner persönlichen Habe in der ihm als Dienstwohnung zugewiesenen Residenz eingelagert, als er das Land unter Benützung des Dienstwagens und unter Mitnahme der Amtsgelder sowie der vertraulichen dienstlichen Unterlagen habe verlassen müssen.

Mit Schreiben vom 21. Dezember 1993 teilte das Bundesministerium für Finanzen der belangten Behörde mit, es könne den geltend gemachten Anspruch auf Schadenersatz nicht befürworten, da die Voraussetzungen nach § 20 GG nicht vorlägen (wird näher ausgeführt).

In seiner Stellungnahme vom 17. März 1994 trat der Beschwerdeführer der zur ablehnenden Haltung führenden Auslegung des § 20 GG entgegen. Außer Streit stehe, dass er zum Verlassen von Kuwait durch die irakischen Okkupanten wegen seiner Eigenschaft als Botschafter Österreichs gezwungen worden sei, ihm Weisungen der belangten Behörde für den Evakuierungsfall erteilt worden seien, die die Verwahrung seines persönlichen Besitzes in der Residenz vorgeschrieben und ein Verbringen in das sichere Gebäude der Mission nicht gestattet hätten, und es ihm unmöglich gewesen sei, seinen persönlichen Besitz außer Landes zu bringen.

Aus den vorgelegten Akten geht aus einem Aktenvermerk hervor, dass die Möglichkeit einer Vorgangsweise nach § 21 GG in Betracht gezogen wurde, weil der Beschwerdeführer für seine nachfolgende Verwendung als Missionschef in Jakarta genötigt worden sei, die in Kuwait verloren gegangene oder beschädigte persönliche Habe nachschaffen zu müssen. Unter Zl. 57421/2-VI.2a/94 vom 3. Februar 1994 sei ihm in Vorgriff auf die "AVZ" ein Betrag in der Höhe von S 50.000,-- zuerkannt worden.

Das mit der Stellungnahme des Beschwerdeführers befasste Bundesministerium für Finanzen blieb (mit ergänzender Begründung) bei seiner ablehnenden Haltung, die dem Beschwerdeführer in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht wurde. Dazu nahm er nicht gesondert Stellung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. Juli 1994 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Mai 1993 (Ersatz der während der Besetzung des Emirates Kuwait durch irakische Truppen in der Zeit vom 2. August bis 26. Februar 1991 an seinem Privateigentum erlittenen Schäden in der Höhe von S 317.000,--) gemäß § 20 Abs. 1 GG mangels Rechtsanspruches ab. In der Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der - unbestrittene - Sachverhalt stelle sich so dar, dass der Beschwerdeführer gezwungen gewesen sei, seinen Dienstort Kuwait am 12. September 1990 lediglich unter Mitnahme von Reisegepäck geringen Umfanges (in Richtung Bagdad) zu verlassen. Er habe sein sonstiges Privateigentum in Kuwait zurücklassen müssen, wo es in der Zeit zwischen 29. Oktober 1990 (Anmerkung:

Zeitpunkt, zu dem das in der ÖB beschäftigte ausländische Hilfspersonal die Botschaft verlassen hat) und 12. März 1991 zum Teil geplündert worden sei. Nach Aufzählung dieser Güter wies die belangte Behörde darauf hin, sie habe in einem näher genannten Rundschreiben auf die Zweckmäßigkeit einer Haushaltsversicherung unter Einschluss des Kriegs- und Bürgerkriegsrisikos hingewiesen. Der Beschwerdeführer habe eine solche aber für seine Dienstwohnung in Kuwait nicht abgeschlossen. In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, bei der verloren gegangenen Habe habe es sich nicht um private Sachgüter gehandelt, die zur Erbringung von Dienstleistungen von ihm eingesetzt worden seien. Er habe seinen Anspruch vielmehr darauf gestützt, dass er als offizieller Repräsentant des Dienstgebers an einem kriegerischen Handlungen ausgesetzten Dienstort habe verweilen müssen, wo er wegen des Protestes der Republik Österreich gegen die kriegerischen Handlungen als "Feind" betrachtet worden sei.

Dies treffe nach den Ermittlungen nicht zu: Bei den nach der irakischen Besetzung Kuwaits ab 2. August 1990 aufgetretenen Plünderungen habe es sich offenkundig nicht um eine gegen die Republik Österreich oder gegen deren offizielle Repräsentanten gerichtete Aktion, sondern um kriminelle Untaten im Rahmen kriegsähnlicher Zustände gehandelt. Die Republik Österreich sei weder an diesen kriegerischen Zuständen noch an den erwähnten kriminellen Untaten beteiligt gewesen noch für diese verantwortlich (vgl. § 1313 ABGB). Mangels Vorhersehbarkeit hätten auch keine Vorkehrungen durch den Dienstgeber getroffen werden können, was der Beschwerdeführer selbst in seiner Sachverhaltsdarstellung eingeräumt habe. Auch sein Versuch, sein Begehren darauf zu stützen, dass er durch die irakischen Okkupanten Kuwaits infolge seiner Funktion als österreichischer Botschafter zum Verlassen Kuwaits genötigt worden sei, treffe nicht zu, weil sich die Repressalien gegen Europäer und Asiaten schlechthin gerichtet hätten (wird näher ausgeführt). Der einzige Zusammenhang zur dienstlichen Funktion bestehe darin, dass sein mehrjähriger Aufenthalt in Kuwait auf Grund seiner Zugehörigkeit zum auswärtigen Dienst bestanden habe. Bei seiner Entsendung im Jahr 1988 habe aber kein erhöhtes Kriminalitätsrisiko in Kuwait bestanden. Dem unvorhergesehenen Einmarsch irakischer Truppen am 2. August 1990 habe weder der Beschwerdeführer noch sein Dienstgeber Maßnahmen zum Schutz seines Privateigentums entgegensetzen können, da ab diesem Zeitpunkt die Ausfuhr der Gegenstände in ein sicheres Land nicht mehr möglich gewesen sei. Bezüglich des geltend gemachten Schadens, der nach seinen Angaben an seiner persönlichen Habe in der Zeit zwischen dem 29. Oktober 1990 und dem 12. März 1991 eingetreten sei, liege weder ein Verschulden des Dienstgebers vor, noch sei der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt in Kuwait (oder dem Irak) tätig gewesen, da er Kuwait bereits am 12. September 1990 (und den Irak am 26. September 1990) verlassen habe. Die Voraussetzungen für eine Schadenshaftung des Dienstgebers nach § 1014 ABGB lägen offensichtlich nicht vor. Vielmehr liege ein zufällig während der Periode seiner Dienstverwendung als Österreichischer Missionschef in Kuwait eingetretener Schaden in seinem Privatvermögen vor (vgl. §§ 1015 und 1311 ABGB), der nach §§ 1295 ff ABGB vom Beschädiger (bzw. von den Beschädigern) zu ersetzen sei. Würde die mehr als zwei Jahre vor Eintritt des Schadensfalles erfolgte Versetzung des Beschwerdeführers die Haftung seines Dienstgebers für ihm durch kriminelle Taten Dritter erwachsene Schäden auslösen, führte dies zum Ergebnis, dass der Dienstgeber grundsätzlich immer für alle in den Wohnungen seiner Bediensteten durch derartige Untaten verursachten Schäden haften müsse; dies auch für Schäden in der inländischen Wohnung, wenn der Beamte diese auf Grund seiner dienstlichen Verwendung im Ausland nicht selbst benützen bzw. bewachen könne oder im Fall der Inlandsverwendung mit dem Argument, mangels Auslandsverwendung habe er den Hausrat entgegen seiner Absicht der Gefahr einer Beschädigung im Inland aussetzen müssen. Nach § 20 Abs. 1 GG komme nur der Ersatz solcher Schäden durch den Dienstgeber in Form einer Aufwandsentschädigung in Betracht, die in Ausübung des Dienstes oder aus Anlass der Ausübung des Dienstes notwendigerweise entstanden seien. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Schaden habe sich zumindest einige Wochen nach Beendigung der Ausübung seines Dienstes am Schadensort (Kuwait) ereignet, und zwar unbestrittenermaßen durch unrechtmäßige Handlungen Dritter im Rahmen kriegerischer Ereignisse. Derartige Ereignisse stünden aber mit seiner Dienstleistung als Botschafter in keinem notwendigen Zusammenhang. Dass der Beschwerdeführer seine persönliche Habe am 12. September 1990 bei seiner Ausreise aus Kuwait nicht aus dem Kriegsgebiet habe ausführen können, stehe nicht mit seiner Dienstleistung als österreichischer Botschafter in einem notwendigen Zusammenhang. Zahlreichen anderen Personen, die Kuwait nach dem 2. August 1990 hätten verlassen müssen, sei es ähnlich ergangen. Außerdem komme dem Dienstgeber rechtlich kein Einfluss auf die Übersiedlung der persönlichen Habe ins Ausland zu; er habe lediglich den Kostenersatz für die Übersiedlung bis zu dem von der RGV vorgesehenen Höchstausmaß zu leisten. Diese private Disposition des Bediensteten über seine persönliche Habe schließe die Haftung des Dienstgebers für Schäden an dieser so lange aus, als der Dienstgeber nicht deren Einsatz für dienstliche Zwecke verlange. Dies sei aber im Beschwerdefall nicht der Fall gewesen. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Schaden sei kein solcher, der ihm in Ausübung seines Dienstes oder aus Anlass der Ausübung seines Dienstes notwendigerweise erwachsen sei, weshalb kein Rechtsanspruch auf Zuerkennung einer Aufwandsentschädigung nach § 20 Abs. 1 GG bestehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 20 GG lautet (Abs. 1 in der Fassung BGBl. Nr. 214/1972, Abs. 2 in der Fassung BGBl. Nr. 447/1990 mit Wirkung vom 1. Juli 1990; die neue Fassung des Abs. 2 unterscheidet sich von der früheren Fassung gemäß BGBl. Nr. 214/1972 dadurch, dass die Wortfolge "soweit es sich nicht um den Ersatz eines Schadens handelt" eingefügt wurde):

"Aufwandsentschädigung

§ 20. (1) Der Beamte hat Anspruch auf Ersatz des Mehraufwandes, der ihm in Ausübung des Dienstes oder aus Anlass der Ausübung des Dienstes notwendigerweise entstanden ist.

(2) Der Ersatz des Mehraufwandes, der einem Beamten durch eine auswärtige Dienstverrichtung oder eine Versetzung entsteht, wird, soweit es sich nicht um den Ersatz eines Schadens handelt, durch ein besonderes Bundesgesetz geregelt."

Im Zeitraum, in welchem sich der verfahrensgegenständliche Schaden ereignete, lautete § 21 GG auszugsweise (also in der Fassung vor dem 1. Juli 1991; Abs. 1 bis 6 in der Fassung BGBl. Nr. 198/1969; der mit BGBl. Nr. 344/1989 angefügte Abs. 7 ist hier nicht von Belang):

"Besoldung der im Ausland verwendeten Beamten

§ 21. (1) Dem Beamten, der seinen Dienstort in einem Gebiet hat, in dem die österreichische Währung nicht gesetzliches Zahlungsmittel ist, und der dort wohnen muss, gebührt

a) zum Monatsbezug und zur Sonderzahlung eine Kaufkraft-Ausgleichszulage, wenn die Kaufkraft des Schillings in diesem Gebiet geringer ist als im Währungsgebiet des Schilling,

b) zum Monatsbezug eine Auslandsverwendungszulage, wenn ihm die Verwendung im Ausland besondere Kosten verursacht.

(2) Die Kaufkraft-Ausgleichszulage bemisst sich nach dem Verhältnis der Kaufkraft des Schillings innerhalb seines Währungsgebietes zur Kaufkraft des Schillings im Gebiet des ausländischen Dienstortes des Beamten.

(3) Bei der Bemessung der Auslandsverwendungszulage ist auf die dienstrechtliche Stellung und die dienstliche Verwendung des Beamten, auf seine Familienverhältnisse, auf die Kosten der Erziehung und Ausbildung seiner Kinder sowie auf die besonderen Lebensverhältnisse im ausländischen Dienst- und Wohnort billige Rücksicht zu nehmen. Nähere Bestimmungen können durch Verordnung der Bundesregierung getroffen werden.

(4) Die Bemessung der Kaufkraft-Ausgleichszulage und der Auslandsverwendungszulage obliegt dem zuständigen Bundesministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen.

(5) Die Kaufkraft-Ausgleichszulage und die Auslandsverwendungszulage gelten als Aufwandsentschädigung.

(6) Wenn es die Verhältnisse erfordern oder wenn es zweckmäßig ist, können die Bezüge, die Kaufkraft-Ausgleichszulage und die Auslandsverwendungszulage mit Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen ganz oder teilweise in einer ausländischen Währung ausgezahlt werden. Aus denselben Gründen können die Bezüge, die Kaufkraft-Ausgleichszulage und die Auslandsverwendungszulage mit Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen bis zu drei Monate im Voraus ausgezahlt werden."

Im Beschwerdefall ist vorab zu prüfen, ob als Anspruchsgrundlage § 20 GG (so die belangte Behörde) oder nicht vielmehr § 21 (Abs. 1 lit. b) leg. cit. (Auslandsverwendungszulage) in Betracht kommt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist § 21 GG im Verhältnis zu § 20 leg. cit. die speziellere Norm, die in ihrem Anwendungsbereich § 20 leg. cit. insoweit verdrängt (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 26. Februar 1997, 95/12/0097, und auch vom 28. April 2000, 99/12/0260), wobei der Verwaltungsgerichtshof nicht verkennt, dass sich daraus - wie auch im Beschwerdefall - im Einzelfall Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben können.

Der Verwaltungsgerichtshof ist anders als die Parteien des Verwaltungsverfahrens der Auffassung, dass vor dem Hintergrund des streitgegenständlichen Sachverhaltes der gegenständliche Schaden - näherhin, der Aufwand, um diesen zu beheben - typologisch nicht dem § 20 GG, sondern dem § 21 Abs. 1 lit. b (Auslandsverwendungszulage) zuzuordnen ist (zumal bei typologischer Betrachtung "Inlandsbeamte" mit ihren Angehörigen solchen schädigenden Ereignissen, wie sie hier in Frage stehen, typischerweise nicht ausgesetzt sind), wobei diese Norm nicht nur den Aufwand des Beamten selbst, sondern auch den für seine Angehörigen erfasst (siehe Abs. 3 dieser Bestimmung). Dies ist deshalb hervorzuheben, weil es im Beschwerdefall offensichtlich nicht nur um Fahrhabe des Beschwerdeführers selbst geht (Damenbekleidung). Dem § 21 Abs. 1 lit. b iVm Abs. 3 GG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung) ist nicht zu entnehmen, dass von vornherein nur üblicherweise mit der Auslandsverwendung in Verbindung stehende Kosten zu berücksichtigen sind. Eine derartige Bedeutung kann auch der Formulierung "gebührt zum Monatsbezug" nicht beigemessen werden.

Die zu Grunde liegende Antragstellung des Beschwerdeführers ist jedenfalls so formuliert, dass eine Beurteilung des strittigen Ersatzanspruches auf Grundlage des § 21 GG nicht ausgeschlossen ist, mag auch § 20 GG (zu Unrecht) im Zentrum der Überlegungen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gestanden sein und der Beschwerdeführer bei seiner Argumentation im Verwaltungsverfahren auch gemeint haben, § 21 GG komme als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Im Beschwerdefall kann ihm aber diese unrichtige rechtliche Qualifikation nicht (im Sinne eines Anspruchsverlustes) zum Nachteil gereichen, hat er doch seinen Anspruch keinesfalls durchgängig nur auf § 20 GG gestützt; es ist daher auch bezüglich der sonst in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage keine Verjährung eingetreten. Mit anderen Worten: Die Antragstellung des Beschwerdeführers ist auch als (rechtzeitiges) Begehren auf entsprechende, rückwirkende Bemessung der Auslandsverwendungszulage zu verstehen.

In diesem Zusammenhang kann die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nicht mit Erfolg vorwerfen, er habe den Abschluss einer entsprechenden Versicherung unterlassen. Das System der Bemessung der Auslandsverwendungszulage nach § 21 GG ist dadurch gekennzeichnet, dass ein billiger Ausgleich zwischen den wohlverstandenen Interessen des öffentlich-rechtlichen Dienstgebers einerseits und des Beamten andererseits hergestellt werden soll, was gleichermaßen (dieser Aspekt ist hier bedeutsam) für die Risikoverteilung gilt. Gemessen an § 21 Abs. 1 lit b GG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung kann daher der Anspruch des Beschwerdeführers auch nicht von vornherein als unbegründet abgetan werden. Geht man vom Vorbringen des Beschwerdeführers aus, dass er bei der Abreise die streitgegenständlichen Gegenstände nicht mehr mitnehmen konnte und auch sonst diesbezüglich eine Vernachlässigung von Obsorgepflichten des Beschwerdeführers nicht erkennbar ist, ist das Risiko des Verlustes vorliegendenfalls dem öffentlich-rechtlichen Dienstgeber zuzuordnen. Soweit der Beschwerdeführer im Übrigen bei der Ausreise die Rettung von streitverfangenen Gegenständen zu Gunsten der Rettung der Amtsgelder und der Amtsschriften hintangehalten haben sollte (was ihm ja wohl seitens des öffentlich-rechtlichen Dienstgebers nicht ernsthaft vorgeworfen werden könnte), spricht auch aus diesem Aspekt die Billigkeit zu seinen Gunsten (vgl. auch § 1043 ABGB).

Vor diesem Hintergrund kann der öffentlich-rechtliche Dienstgeber den ihn auf Grund der genannten Risikoverteilung treffenden Ersatz nicht mit Erfolg mit dem Argument abwehren, der Beamte habe es unterlassen, auf seine Kosten eine entsprechende Versicherung abzuschließen. Vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles genügte es daher nicht, dass die Möglichkeit des Abschlusses einer solchen Versicherung bekannt gemacht wurde; dass nämlich die Bereitschaft der Übernahme eines (einer solchen Risikoverteilung adäquaten) Anteiles der Prämie durch den Dienstgeber deutlich bekannt gegeben worden wäre, ist nicht hervorgekommen. Solcherart kann dem Beamten auch nicht im Nachhinein entgegengehalten werden, er hätte sich ja auch auf einen entsprechenden besoldungsrechtlichen Streit einlassen können.

Die belangte Behörde kann im Beschwerdefall den Beschwerdeführer (in diesem besoldungsrechtlichen Streit zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer) auch nicht mit Erfolg auf mögliche Leistungen Dritter (hier: der Vereinten Nationen) verweisen. Freilich trifft es zu, dass ein "Über-Ersatz" nicht in Betracht kommt, sodass für den geltend gemachten Schaden bereits erhaltene Leistungen im Zuge des besoldungsrechtlichen Streites zu berücksichtigen sind bzw. solche in Zukunft geleistete Zahlungen von dritter Seite nicht unberücksichtigt bleiben können (ob nun nach den Grundsätzen des Übergenusses oder nach § 68 AVG, ist vorliegendenfalls nicht abschließend zu erörtern).

Bei gebrauchten Gegenständen ist allerdings nicht auf den Neuwert abzustellen, weil der öffentlich-rechtliche Dienstgeber nicht verhalten werden kann, im Falle eines Schadens auf seine Kosten gebrauchtes Gut durch neues Gut zu ersetzen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, 92/12/0236).

Zusammenfassend ergibt sich auf Grund der nun gegebenen Verfahrenslage (d.h., unpräjudiziell einer Änderung des rechtserheblichen Sachverhaltes), dass der Zeitwert der vernichteten bzw. abhanden gekommenen Gegenstände ohne Kürzung der Bemessung der Auslandsverwendungszulage gleichsam als einmalige Schadenersatzleistung zu Grunde zu legen wäre.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, was zu dessen Aufhebung nach § 42 Abs.2 Z 1 VwGG zu führen hatte.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs.1 Z 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. 416/1994.

Wien, am 19. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1994120195.X00

Im RIS seit

02.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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