TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/19 99/05/0125

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Veröffentlicht am 19.12.2000
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Index

L70709 Theater Veranstaltung Wien;
L70719 Spielapparate Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §76 Abs6;
VeranstaltungsG Wr 1971 §15 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Werner Reichl Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Haimo Sunder-Plassmann, Rechtsanwalt in Wien I, Mahlerstraße 13, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 26. März 1999, Zl. MD-VfR - R 11/98, betreffend Versagung einer Konzession für einen Münzgewinnspielapparat gemäß § 15 Abs. 3 Wiener Veranstaltungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem beim Magistrat der Stadt Wien, MA 7, am 28. Mai 1997 eingelangten Ansuchen beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Konzession zum Betrieb eines Münzgewinnspielapparates und eines Unterhaltungsspielapparates im Standort Wien V, Schönbrunner Straße 66. Im Gebäude Schönbrunner Straße 75 befindet sich ein Privatkindergarten mit Hort, in dem Schüler untergebracht sind. Eine Gehwegmessung der Magistratsabteilung 41 hat einen Gehweg vom Eingang des Hortes bis zum Lokaleingang in der Länge von 138 m ergeben. Der Vermessung wurde ein Stadtkartenausschnitt im Maßstab 1 : 1000 beigelegt.

Mit Vorhalt vom 17. März 1998 wurde die Beschwerdeführerin vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, gleichzeitig wurde ihr die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung der Verständigung Stellung zu nehmen. In ihrer Stellungnahme vom 25. März 1998 bestätigte die Beschwerdeführerin zwar, dass sich an der angegebenen Adresse ein Kindergarten befinde, bestritt aber, dass die Gehwegentfernung zu diesem weniger als 150 Meter betrage. Sie führte dazu aus, dass der am Plan von der Behörde eingezeichnete Gehweg zunächst auf der Straßenseite des Kindergartens verlaufe und die Schönbrunner Straße auf der Höhe der Hausnummer 85 (gemeint offensichtlich 75) überquere. Dies stelle in Bezug auf Schulkinder und Jugendliche einen groben Verstoß gegen die Verkehrsvorschriften dar, weil an dieser Stelle die Querung der Straße durch "schnellfahrenden Autoverkehr" lebensgefährlich wäre. Der vorschriftsmäßige Weg wäre, die Straße an der Kreuzung Schönbrunner Straße - Ramperstorffergasse zu überqueren, weil sich dort eine Ampel und ein Zebrastreifen befänden, und dann auf der Straßenseite der geplanten Veranstaltungsstätte zu dieser zu gehen. Die Gehwegentfernung betrüge dann mehr als 160 Meter. Des Weiteren beantragte die Beschwerdeführerin eine neuerliche Vermessung und "Kommissionierung".

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 3. Juni 1998 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Verleihung einer Konzession für einen Münzgewinnspielapparat im Standort Wien V, Schönbrunner Straße 66, mit der Begründung abgewiesen, es sei im Zuge des Ermittlungsverfahrens festgestellt worden, dass sich in einer Entfernung von weniger als 150 m Gehweg unter der Adresse Wien V, Schönbrunner Straße 75, ein Kindergarten mit angeschlossenem Hort befinde. Die Messung der MA 41 (Stadtvermessung) habe eine Entfernung von 138 m, gemessen vom Lokaleingang (Mitte) bis zum Eingang des Kindergartens bzw. Hortes (Mitte), ergeben. Nach § 15 Abs. 3 Wiener Veranstaltungsgesetz dürften Konzessionen für den Betrieb von Münzgewinnspielapparaten außerhalb der im Abs. 2 genannten Volksbelustigungsorte nur verliehen werden, wenn die Veranstaltungsstätte von öffentlichen und privaten Pflichtschulen, mittleren und höheren Schulen sowie vergleichbaren Privatschulen, von Schülerheimen, Horten und Jugendzentren weiter als 150 m Gehweg (gemessen von den Ein- und Ausgängen) entfernt sei.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, es könne doch nicht sein, dass man Kinder über eine ungeregelte Fahrbahn (dies sei lebensgefährlich) gehen lasse, wenn sich in unmittelbarer Nähe eine geregelte Kreuzung befinde. Darüber hinaus verwies sie auf ihre Stellungnahme vom 25. März 1998.

Im Berufungsverfahren wurde eine Stellungnahme der Magistratsabteilung 46 (Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten) eingeholt. Diese teilte mit, dass sich im näheren Umkreis von 25 m des Standortes des Lokales, Schönbrunner Straße 66, keine Ober- bzw. Unterführung oder Schutzwege für Fußgänger befänden. Ein Überqueren der Schönbrunner Straße in diesem Bereich sei möglich, da durch die Lichtsignalanlage Reinprechtsdorfer Straße - Schönbrunner Straße Verkehrslücken entstünden. Dazu nahm die Beschwerdeführerin Stellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen ausgeführt, die Gehwegentfernung von der Veranstaltungsstätte zum Eingang des Hortes betrage nach der Vermessung der Magistratsabteilung 41 138 m. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass das Überqueren der Fahrbahn an der von der Erstinstanz angenommenen Stelle zulässig sei. In 25 m Entfernung sei weder ein Schutzweg noch eine für Fußgänger bestimmte Unter- oder Oberführung vorhanden. Die Magistratsabteilung 46 habe auch mitgeteilt, dass die Straße an dieser Stelle überquert werden könne, da dort Verkehrslücken entstünden. Der von der Behörde angenommene Gehweg könne daher sicher und rechtmäßig beschritten werden. Es bestehe kein Anlass, die von der Magistratsabteilung 46 vorgenommenen Feststellungen anzuzweifeln. Die Berufungswerberin habe für ihre Behauptung keine Beweise vorgelegt. Ganz eindeutig sei auch, dass bei der Beurteilung, ob die Veranstaltungsstätte innerhalb der 150 m-Gehwegdistanz liege, vom kürzesten Weg auszugehen sei, könnte doch andernfalls § 15 Abs. 3 Wiener Veranstaltungsgesetz umgangen werden, indem bei der Vermessung Umwege gewählt würden. Für die Annahme, es müsste jedenfalls der sicherste Gehweg herangezogen werden, fehle im Gesetz jede Grundlage. Das Vorbringen der Berufungswerberin, es sei nachweislich im Umkreis von 25 m der Schönbrunner Straße 75 ein Schutzweg vorhanden, gehe insofern ins Leere, als der von der Behörde gewählte Weg auf Höhe der Hausnummer 66 die Schönbrunner Straße quere und dort im genannten Umkreis eben kein Schutzweg bzw. eine Fußgängerober- oder - unterführung vorhanden sei.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 3 Wiener Veranstaltungsgesetz, LGBl. Nr. 12/1971 in der Fassung LGBl. Nr. 8/1983, dürfen außerhalb der in Abs. 2 genannten Volksbelustigungsorte Konzessionen für den Betrieb von Münzgewinnspielapparaten nur verliehen werden, wenn die Veranstaltungsstätte von öffentlichen und privaten Pflichtschulen, mittleren und höheren Schulen sowie vergleichbaren Privatschulen, von Schülerheimen, Horten und Jugendzentren weiter als 150 m Gehweg (gemessen von den Ein- und Ausgängen) entfernt ist.

Im Wesentlichen wendet sich die Beschwerdeführerin dagegen, dass die belangte Behörde den Gehweg im Sinne des § 15 Abs. 3 Wiener Veranstaltungsgesetz nicht im Sinne des § 76 Abs. 6 StVO ausgelegt habe. Rechtswidrig habe diese ausschließlich den kürzesten und nicht den sichersten und kürzesten Gehweg als Entscheidungskriterium herangezogen.

Das Wiener Veranstaltungsgesetz enthält keine Definition des Begriffes "Gehweg". Schon aus dem in der genannten Gesetzesstelle dem Wort "Gehweg" beigefügten Klammerausdruck "gemessen von den Ein- und Ausgängen" ergibt sich aber, dass darunter nicht ein Gehweg im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 11 StVO (also ein für den Fußgängerverkehr bestimmter und als solcher gekennzeichneter Weg) zu verstehen ist, sondern eine von den Ein- und Ausgängen der in die Betrachtung einzubeziehenden Orte zu messende Wegstrecke. Die Messung hat so zu erfolgen, dass eine Strecke zu Fuß ohne Umweg zu Grunde zu legen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 9. November 1999, Zl. 99/05/0202).

Der angenommene Gehweg steht auch im Einklang mit der Regelung des § 76 Abs. 6 StVO. Im näheren Umkreis von 25 m der Veranstaltungsstätte befindet sich im Sinne des § 76 Abs. 6 StVO kein Schutzweg bzw. keine Unter- oder Oberführung. Gemäß dieser Bestimmung ist ein Überqueren an einer anderen Stelle als an einer Kreuzung zulässig, wenn die Verkehrslage ein sicheres Überqueren der Fahrbahn an einer anderen Stelle zulässt. Die zuständige Abteilung des Magistrates der Stadt Wien hat dazu die Auffassung vertreten, dass ein Überqueren der Schönbrunner Straße in diesem Bereich möglich sei, da durch die Lichtsignalanlage an der Kreuzung Reinprechtsdorfer Straße/Schönbrunner Straße Verkehrslücken entstünden. Die Beschwerdeführerin hat nicht näher begründet, warum in diesen Verkehrslücken aus der Spengergasse immer eine derart große Zahl von Autos kommen würde, sodass diese Verkehrslücken aufgehoben würden.

Auch stellt das Überqueren einer stark befahrenen Straße an einer ungesicherten Stelle nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes für die Schutzsubjekte der Norm, nämlich Minderjährige, zwar ein Risiko, aber kein unüberwindliches Hindernis dar. Da gerade in Fällen des phasenbedingten geminderten Verkehrsaufkommens, wie z.B. auf Grund einer Ampelregelung im Kreuzungsbereich, nicht ausgeschlossen werden kann, dass Minderjährige den Weg über die von der Behörde bezogene ungesicherte Stelle der Schönbrunner Straße wählen, ist die Behörde im Beschwerdefall mit Recht davon ausgegangen, dass als Gehweg im Sinne des § 15 Abs. 3 Wiener Veranstaltungsgesetz jener zu sehen ist, der die Schönbrunner Straße auf Höhe der projektierten Veranstaltungsstätte quert (vgl. das zitierte Erkenntnis Zl. 99/05/0202). Dieser Gehweg ist im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmung auch der kürzeste mögliche Gehweg.

Die Festlegung des Verlaufes des Gehweges im Sinne des § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes durch die belangte Behörde erfolgte somit zu Recht. Dass die diesem Verlauf folgende Vermessung durch die MA 41 unrichtig erfolgt sei, behauptet auch die Beschwerdeführerin nicht. Damit konnte aber die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, dass sich die Veranstaltungsstätte von dem Schülerhort in einer Entfernung von weniger als 150 m Gehweg befindet.

Es stellt daher auch jedenfalls keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, wenn die belangte Behörde auf die Forderung der Beschwerdeführerin nach einer Augenscheinsverhandlung und nach Zeugeneinvernahmen (2 Angestellte der Beschwerdeführerin), um insbesondere den sichersten Gehweg zwischen Veranstaltungsstätte und Schülerhort zu ermitteln, nicht eingegangen ist. Abgesehen davon muss ein allfälliges Überqueren der Straße im Zuge eines Gehweges gemäß § 15 Abs. 3 leg. cit. - wie dargelegt - unter Einhaltung des von der Beschwerdeführerin herangezogenen § 76 Abs. 6 StVO erfolgen. Das Gesetz fordert aber nicht, dass auch auf den sichersten Gehweg abzustellen ist.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Dezember 2000

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999050125.X00

Im RIS seit

26.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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