TE AsylGH Erkenntnis 2011/10/25 B5 266455-0/2008

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Veröffentlicht am 25.10.2011
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Spruch

B5 266.455-0/2008/18E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Gregor MORAWETZ als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, StA. Republik Mazedonien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.11.2005, FZ. 05 20.296-EAST West, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.05.2011 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2003/101 hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

 

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. stattgegeben, dieser ersatzlos behoben und festgestellt, dass die Ausweisung gemäß § 10 Abs. 5 und Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 i.d.g.F. auf Dauer unzulässig ist.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger der Republik Mazedonien, gehört der Volksgruppe der Albaner an, ist muslimischen Bekenntnisses, war im Heimatstaat zuletzt wohnhaft in der Ortschaft XXXX, reiste am 21.11.2005 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.11.2005 einen Asylantrag.

 

Vom Bundesasylamt im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache am 25.11.2005 sowie am 29.11.2005 einvernommen, brachte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen vor, dass er mit seinen beiden Brüdern während des Krieges für die UÇK gekämpft hätte. Nach dem Friedensabkommen seien sie aber entgegen ihren Erwartungen von der BDI, der aus der UÇK hervorgegangenen politischen Partei, nicht unterstützt worden. Aus Enttäuschung hätten sich der Beschwerdeführer und seine Brüder im Jahr 2003 dann der AKSh angeschlossen. Er sei damals knapp achtzehn Jahre alt und noch nicht sehr reif gewesen. Als im März 2003 bei einer Polizeiaktion zwei AKSh-Kämpfer getötet und einige andere verhaftet worden seien, habe der Beschwerdeführer die Organisation verlassen und sei in den Kosovo gezogen. Dort sei er Anfang November 2005 in seiner Wohnung von zwei AKSh-Leuten aufgesucht worden, die von ihm verlangt hätten, wieder zu ihrer Organisation in Mazedonien zurückzukehren. Er sei von ihnen mit dem Umbringen bedroht worden, wenn er nicht binnen drei Wochen mit seiner Ausrüstung bei der AKSh in Mazedonien erscheine. Der Beschwerdeführer habe jedoch damals seine Uniform, seine Waffe samt Munition und seinen AKSh-Ausweis weggeworfen. An die Polizei habe er sich nicht gewandt, da er illegal im Kosovo gewesen wäre. Auf die Frage, ob nach dem Vorfall Anfang November 2005 noch etwas passiert sei, erklärte der Beschwerdeführer, dass er auf seinem Mobiltelefon einen Anruf erhalten habe, dass er zur AKSh zurückkehren solle. Die Frage, ob er das Mobiltelefon in Österreich besitze, verneinte der Beschwerdeführer. Befragt, weshalb er es nicht mitgenommen habe, gab der Beschwerdeführer ursprünglich an, dass er dies nicht wisse, erklärte aber später, dass er es im Kosovo verloren hätte. Auf die Frage, wem das Mobiltelefon, das er gerade bei sich führe, gehöre, erklärte der Beschwerdeführer, dass ihm dieses vor kurzem von einem Bekannten in Österreich geschenkt worden sei.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gem. § 7 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2003/101 (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Weiters wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Mazedonien gem. § 8 Abs. 1 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2003/101 zulässig sei (Spruchpunkt II.) und seine Ausweisung gemäß § 8 Abs. 2 leg.cit. ausgesprochen (Spruchpunkt III.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers, das in zentralen Punkten Widersprüche bzw. Unstimmigkeiten aufweise und zudem unplausibel sei, keine Glaubwürdigkeit zugekommen sei.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist im Wesentlichen mit der Begründung Beschwerde erhoben, dass das Bundesasylamt bei richtiger Würdigung des Vorbringens zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

 

Mit den ausgewiesenen Ladungen zur Beschwerdeverhandlung wurden dem Beschwerdeführer durch den Asylgerichtshof Länderfeststellungen zu den aktuellen Verhältnissen in der Republik Mazedonien übermittelt.

 

Anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 05.05.2011, zu der ein Vertreter des Bundesasylamts nicht erschienen ist, wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme des Beschwerdeführers, weiters durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Bundesasylamtes sowie in den Akt des Asylgerichtshofes, wobei das Bundesasylamt lediglich schriftlich die Abweisung der Beschwerde beantragte.

 

Vor dem Asylgerichtshof wurden dem Beschwerdeführer die der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegten Länderfeststellungen dargetan, wobei er der Ansicht, dass im Hinblick auf sein Vorbringen keine Gründe mehr vorliegen, die die Gewährung von Asyl oder subsidiären Schutz rechtfertigen würden, nicht entgegentrat.

 

Zu den Verhältnissen in Mazedonien führte er weiter aus, dass seine Eltern in der Heimatgemeinde ein Haus und eine kleine Landwirtschaft hätten. Seine beiden Brüder würden im Elternhaus leben, wobei einer davon im Büro arbeiten würde, der andere arbeitslos sei.

 

Zu seinen Verhältnissen in Österreich führte er im Wesentlichen aus, dass er im Jahr 2008 eine Einzelfirma für Trockenausbau gegründet habe, wobei er auch einen entsprechenden Gewerbeschein besitze. Vor eineinhalb Monaten habe er mit seiner Verlobten, einer österreichischen Staatsbürgerin, die er seit zweieinhalb Jahren kenne, eine gemeinsame Wohnung angemietet. Der Beschwerdeführer sei bereits einmal mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet gewesen und habe mit dieser einen gemeinsamen Sohn im Kleinkindalter. Die Ehe sei inzwischen geschieden, doch hole er seinen Sohn jedes Wochenende ab. Er habe ein gutes Verhältnis zu seiner Ex-Frau. Seine Verlobte habe auch keine Probleme mit ihr und möge auch sein Kind. Er kenne seine derzeitige Verlobte über zwei Jahre. Sie arbeite in einem Labor. Der Beschwerdeführer habe auch ein gutes Verhältnis zu seinen "Schwiegereltern". Früher habe der Beschwerdeführer zwei Jahre in einer lokalen Fußballmannschaft gespielt, nun habe er aber keine Zeit mehr dazu. Die Wochenenden halte er sich für seinen Sohn und seine Verlobte frei. Seinen Sohn hole er jeden Samstag von der Kindesmutter ab und bringe ihn ihr am Sonntag wieder zurück. Er habe auch schwierige Zeiten gehabt. Als er seine Firma gegründet habe, habe der Staat Unterhaltsforderungen an ihn gestellt, und als er sich diese nicht leisten habe können, da es seiner Firma noch nicht so gut gegangen sei, sei er verurteilt worden. Inzwischen zahle er regelmäßig den Unterhalt und habe eine Ratenvereinbarung für die Rückzahlung der ausständigen Unterhaltszahlungen zu monatlich je 50,- Euro vereinbart. Weiters habe er damals aus Unbesonnenheit versucht, ein Paar Schuhe aus einem Geschäft zu stehlen.

 

Der Beschwerdeführer konnte bei der Beantwortung der an ihn gerichteten Fragen sowohl hinsichtlich des Verständnisses als auch seiner Antworten gute Deutschkenntnisse nachweisen. Die Beiziehung eines Dolmetschers war zu keinem Zeitpunkt der Verhandlung notwendig.

 

1.2. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom August 2009 wegen § 15, 127 StGB (Diebstahlsversuch) zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Weiters wurde er mit Urteil eines Bezirksgerichts vom Dezember 2010 wegen § 198 Abs. 1 StGB (Verletzung der Unterhaltspflicht) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten bedingt rechtskräftig verurteilt.

 

2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

 

2.1. Zur Person:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Mazedonien, gehört der albanischen Volksgruppe an, ist muslimischen Bekenntnisses, war zuletzt im Heimatstaat in der obengenannten Gemeinde wohnhaft und ist dort keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und ihm droht auch nicht die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe.

 

2.2. Zur Situation in der Republik Mazedonien:

 

2.2.1. Albaner:

 

Artikel 9 der Verfassung garantiert die Gleichberechtigung aller Bürger in ihren Freiheiten und Rechten, unabhängig von Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, nationaler und sozialer Herkunft, der politischen Zugehörigkeit und des Glaubensbekenntnisses sowie der materiellen und gesellschaftlichen Lage. Mit den Verfassungsänderungen vom November 2001 entfiel zudem die von Seiten der ethnischen Albaner stets kritisierte Unterscheidung in (ethnisch) mazedonisches Staatsvolk und Minderheiten in der Verfassung. Auch wurden unter anderem. hinsichtlich der verschiedenen, von den Ethnien verwendeten Sprachen weit reichende Regelungen zugunsten aller Volksgruppen Mazedoniens getroffen. Mit dem Abkommen von Ohrid, mit dem sich Mazedonien auch gegenüber der internationalen Gemeinschaft verpflichtet hat, wurden nun aber die Minderheitenrechte noch weitergehender und detaillierter festgeschrieben als ursprünglich in der Verfassung enthalten, bzw. die Verfassung in einer Reihe von Artikeln geändert. Insbesondere ist festgeschrieben, dass nun auch Minderheiten entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung im öffentlichen Dienst vertreten sein sollen. Hierzu hat sich die mazedonische Regierung verpflichtet, mit Unterstützung der EU und OSZE gezielte Ausbildungsmaßnahmen durchzuführen und Angehörige von Minderheitengruppen bevorzugt einzustellen. Ein Amnestiegesetz, das die im Rahmen der bewaffneten Auseinandersetzung begangenen Straftaten mit Ausnahme von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit straflos stellt, wurde bereits am 08. März 2002 vom mazedonischen Parlament mit großer Mehrheit verabschiedet. Damit wurde eine andere wichtige ethnische befriedende Forderung aus dem Rahmenabkommen von Ohrid erfüllt Mit den Verfassungsänderungen vom November 2001 entfiel zudem die von Seiten der ethnischen Albaner stets kritisierte Unterscheidung in (ethnisch) mazedonisches Staatsvolk und Minderheiten in der Verfassung. Auch wurden unter anderem. hinsichtlich der verschiedenen, von den Ethnien verwendeten Sprachen weit reichende Regelungen zugunsten aller Volksgruppen Mazedoniens getroffen. Der Text der im November 2001 geänderten Verfassung entspricht weitestgehend den albanischen Vorstellungen. [Deutsches Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mazedonien, 28.01.2005 , Seiten 5, 10-11]

 

Aufgrund der Verpflichtungen aus dem Ohrid-Abkommen hat sich der Anteil ethnischer Minderheiten in der öffentlichen Verwaltung bereits erhöht (derzeit 23,9%). Die Minderheiten sind in den Bereichen des Innen- und Verteidigungsministeriums weiter unterrepräsentiert (Hauptgrund: mangelnde Qualifikation), obwohl spezielle Anstrengungen unternommen wurden, qualifizierte Minderheitenangehörige einzustellen. Die albanische Volksgruppe übt in Mazedonien über die ethnisch-albanischen Parteien, die hier jeweils zur Regierungskoalition gehören, einen großen Einfluss aus. Dieser Einfluss hat der Lage der ethnischen Albaner in den letzten Jahren wesentlich verbessert. Eine Umfrage, die vom UNDP im Jahre 2006 finanziert wurde, zeigt, dass ein Großteil der albanischen Volksgruppe heute Mazedonien positiv gegenüber steht und bereit ist, Mazedonien als "ihren Staat" zu akzeptieren. Die meisten ethnischen Albaner (über 70 %) sehen ihre Zukunft hier optimistisch, optimistischer als die ethnischen Mazedonier. Ein deutliches Zeichen für den großen politischen Einfluss der albanischen Volksgruppe ist die Tatsache, dass der mazedonische Ombudsmann ein ethnischer Albaner (der frühere Justizminister Mehmeti, nominiert von der DUI) ist. Ethnische Albaner sind in allen Teilen der Verwaltung und in allen Entscheidungsgremien präsent. Berichte über Drohungen, Misshandlungen oder allgemeine Diskriminierung sind nicht bekannt geworden. Die albanische Volksgruppe übt in der mazedonischen Regierung, auch in der neuen Regierung Gruevski, einen starken Einfluss aus. Dieser politische Einfluss lässt Drohungen, Misshandlungen und allgemeine Diskriminierung nicht zu. Vom Staat angeregte, unterstützte oder geduldete Repressionen durch Dritte sind in Mazedonien nicht erkennbar. Nationalistische oder andere Ausschreitungen gegen ethnisch, religiös oder anders definierte Gruppen werden in Mazedonien durch die staatlichen Stellen unterbunden, wobei gelegentlich der - kaum belegbare - Vorwurf erhoben wird, dass dies nicht immer ohne Verzögerung erfolge. [US Department of State: Macedonia. Country Report on Human Rights Practices - 2009, 11.3.2010, Section 5, National/Racial/Ethnic Minorities; Österreichische Botschaft Skopje: Republik Mazedonien - Asylländerbericht- 2006, Jänner 2007 , Seite 45; Österreichische Botschaft Skopje: Republik Mazedonien - Asylländerbericht- 2008, Stand 25.06.2008, Seite 37; Deutsches Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mazedonien, 28.01.2005 , Seite 14]

 

2.2.2. Polizei:

 

Obwohl sich die Republik Makedonien zur Einhaltung umfassender internationaler Deklarationen und Konventionen im Bereich der Menschenrechte gesetzlich verpflichtet hat und die Polizei angewiesen wurde, den weit reichenden rechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Einhaltung von Menschenrechten Folge zu leisten, wurden von dieser Seite in der Vergangenheit fallweise schwere Menschenrechtsverletzungen begangen [XXXX: Bericht über die politische, ökonomische und soziale Situation mit besonderem Augenmerk auf die Menschenrechtslage in der Republik Makedonien, 1.5.2007, Seite 9]

 

Fortschritte gab und gibt es, was die Straflosigkeit der Polizei betrifft. Nachhaltigere interne Untersuchungen haben zusammen mit der Arbeit des Büros des Ombudsmannes zu einer substanziellen Reduktion der Straflosigkeit geführt. Alle Untersuchungen von internen Angelegenheiten und Verdacht auf Fehlverhalten der Polizei werden von der Professional Standards Unit (PSU) durchgeführt. Beamte der Einheit waren träge, Ermittlungen zum Abschluss zu bringen und in noch offenen Menschenrechtsfällen aus früheren Jahren Anklage zu erheben. Dennoch verzeichnen internationale Beobachter fortlaufende Verbesserungen der Reaktionen des Innenministeriums in neuen Fällen von individuellem Fehlverhalten der Polizei und häufigere und konsequentere Disziplinierung von für schuldig befundenen Beamten. PSU empfahl im Berichtsjahr 2008 Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte in 90 (2007:175) Fällen. Das Innenministerium bestrafte Bedienstete mit Gehaltskürzungen in 57 Fällen gegen 96 Bedienstete (2007: in 81 Fällen gegen 145 Bedienstete), Suspendierung vom Polizeidienst in 10 Fällen gegen 39 Bedienstete (2007: in 40 Fällen gegen 84 Bedienstete) und Versetzung in 24 Fällen gegen 53 Bedienstete (2007: in 18 Fällen gegen 43 Bedienstete). PSU leitete 70 Fälle von mutmaßlichen Verstößen der Polizei mit der Empfehlung von strafrechtlichen Anklagen an die Staatsanwaltschaft weiter. (2007: 87). Im Jahr 2007 wurden 30 Polizeibeamte und 19 Beamte der Grenzpolizei wegen Bestechung und Amtsmissbrauch verurteilt, für 2008 wurden vom Innenministerium keine Zahlen bestätigt. [US Department of State: Macedonia. Country Report on Human Rights Practices - 2008, 25.02.2008, Section 1.d.; US Department of State: Macedonia. Country Report on Human Rights Practices - 2007, 11.3.2008 , Section 1.d.]

 

Vergehen und drastische Übergriffe vor allem gegenüber Minderheiten konnten deutlich verringert werden. Eine drastische Abnahme der Beschwerden wegen Misshandlungen brachte die Entscheidung des Innenministeriums, temporär alle Alpha-Spezialeinheiten außer in Skopje aufzulösen, wie auch im Bericht des Ombudsmannes bestätigt wird. [XXXX: Bericht über die politische, ökonomische und soziale Situation mit besonderem Augenmerk auf die Menschenrechtslage in der Republik Makedonien, 1.5.2007, Seite 14; Commission of the European Communities: The Former Yugoslav Republic of Macedonia 2009 Progress Report accompanying the Communication from the European Parliament and the Council. Enlargement Strategy and Main Challenges 2009-2010. 14.10.2009, Seite 16]

 

Die Polizei durchläuft einen weit reichenden Reformprozess und ein neues Polizeigesetz wurde verabschiedet, um die vollständige Einhaltung europäischer Standards zu gewährleisten. Menschenrechte sind mittlerweile ein Unterrichtsfach auf der Polizeiakademie und Kooperationen mit NGOs wurden begonnen, um auf regelmäßiger Basis Handlungsprioritäten auf diesem Gebiet zu identifizieren. Ein Verhaltenskodex für Polizeibeamte wurde 2004 verabschiedet und ist eines der Fächer, das in der Ausbildung von Polizeibeamten studiert wird. Ein neues Fach, welches die Besonderheiten der Polizeiarbeit in multikulturellem Umfeld abdeckt, ist in Vorbereitung. Multiethnische Polizeistreifen wurden in Gebieten, deren Bewohner zu unterschiedlichen ethnischen Gruppen gehören, eingesetzt, die Ergebnisse sind ermutigend. Die Behörden beabsichtigen, diesen multikulturellen Zugang im gesamten Staatsgebiet anzuwenden. Auch die beim Innenministerium eingerichtete Polizeiaufsichtseinheit besteht aus Repräsentanten verschiedener ethnischer Gruppen und wurde und wird ebenfalls einer Reform unterzogen. Insgesamt ist die Reform gut fortgeschritten und die Kontrolle über die Polizei im Allgemeinen und die Spezialeinheiten im Besonderen wurde effektiver. Die Untersuchungen der PSU erfolgten im Einklang mit internationalen Standards. Eine weitere Verbesserung erfolgte durch die Stärkung der Befugnisse der Staatsanwaltschaft in der Ermittlungsphase. [Council of Europe: Secretariat of the Framework Convention for the Protection of National Minorities, Advisory Committee on the Framework Convention for the Protection of National Minorities:

Second Opinion on "the former Yugoslav Republic of Macedonia", Adopted on 23 February 2007, 9 July 2008, Seiten 18-19; Commission of the European Communities: The Former Yugoslav Republic of Macedonia 2009 Progress Report accompanying the Communication from the European Parliament and the Council. Enlargement Strategy and Main Challenges 2009-2010. 14.10.2009, Seite 13]

 

2.2.3. Amnestiegesetz für ehemalige UÇK -Mitglieder:

 

Ein Amnestiegesetz, das die im Rahmen der bewaffneten Auseinandersetzung begangenen Straftaten mit Ausnahme von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit straflos stellt, wurde bereits am 08. März 2002 vom mazedonischen Parlament mit großer Mehrheit verabschiedet. Damit wurde eine andere wichtige ethnische befriedende Forderung aus dem Rahmenabkommen von Ohrid erfüllt. Das Gesetz gilt für mazedonische Bürger, Personen mit gesetzlichem Aufenthalt, wie auch Personen, die Eigentum oder Familie vor Ort haben und für die begründeter Verdacht besteht, dass sie Straftaten im Zusammenhang mit dem Konflikt im Jahr 2001 bis einschließlich 26. September 2001, vorbereitet oder begangen haben. Die Amnestie gilt auch für Personen, die vor dem 1. Jänner 2001 Straftaten vorbereitet oder begangen haben, die mit dem Konflikt im Jahr 2001 in Zusammenhang stehen [Deutsches Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mazedonien, 28.01.2005, Seite 10; Law on Amnesty, Official Gazette of the Republic of Macedonia No. 18, Friday, 8 March 2002, XXXX: Bericht über die politische, ökonomische und soziale Situation mit besonderem Augenmerk auf die Menschenrechtslage in der Republik Makedonien, 1.5.2007, Seite 14; Österreichische Botschaft Skopje:

Republik Mazedonien - Asylländerbericht- 2006, Jänner 2007 , Seite 46 und 47]

 

Das Amnestiegesetz wurde zu Gunsten der ethnischen Albaner beschlossen. Nur sie sind diejenigen, welche aus den Bestimmungen dieses Gesetzes Vorteile ziehen, da sich im Jahre 2001 kaum irgendwelche Angehörige anderer Volksgruppen den Insurgenten angeschlossen haben. Anfänglich gab es eine gewisse Benachteiligung ethnischer Albaner, welche in Gerichtssprengeln wie Skopje leben, gegenüber ethnischen Albanern in anderen Gerichtssprengeln. In Skopje stellen die ethnischen Mazedonier die Mehrheit und sind daher auch die meisten Richter ethnische Mazedonier. In den Gerichtssprengeln in Skopje dauerten die Amnestieverfahren länger und machte ein Teil der Richter zusätzliche Schwierigkeiten, weil sie Tatbestände als Kriegsverbrechen qualifizieren wollten, welche kaum Kriegsverbrechen waren (z. B. Beschädigung oder Zerstörung von Häusern ohne dass es Verletzte oder Tote gab). Diese Schwierigkeiten konnten aber inzwischen ausgeräumt werden, z. T. auch auf Grund von Entscheidungen der Appellationsgerichte. Das Amnestiegesetz wurde vollständig umgesetzt Es sind auch keine Fälle bekannt, bei denen das Amnestiegesetz umgangen wurde, indem Personen seitens der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wurde, Kriegsverbrechen begangen zu haben. Ehemalige UÇK - Kämpfer werden vereinzelt aufgrund bestehender Haftbefehle für bis zu 24 Stunden arretiert. Der Grund liegt darin, dass die Regierung zur Zeit des Konfliktes 2001 gegen alle bekannten Kämpfer Haftbefehle ausstellen ließ, welche immer noch Gültigkeit haben. Die Personen werden überprüft und üblicherweise aufgrund des Amnestiegesetzes wieder auf freien Fuß gesetzt. Jede längere Anhaltung kann nur durch das Gericht verfügt werden (U-Haft bis zu 30 Tagen). Das Procedere wird von der Polizei, der mehrere nationale (Büro für interne Angelegenheiten, Ombudsman, Korruptionskommission) und internationale Kontrollmechanismen (OSCE, internationale Beobachter) gegenüberstehen, streng eingehalten. [Auskunft des Verbindungsbeamten des BMI an den UBAS, GZ P-044/08 vom 18.04.2008 ]

 

Personen, die noch nicht amnestiert wurden, können das Gerichtsverfahren, welches notwendig ist, um in den Genuss der Amnestie zu kommen, jetzt und auch in künftigen Jahren durchführen lassen. Die Kosten derartiger Verfahren sind auf Grund des Einflusses der ethnisch-albanischen Regierungspartei DUI gering. Es gibt Anwälte, welche solche Verfahren "pro bono", d. h. ohne ein Honorar zu verlangen, abwickeln. Wenn sich manche ethnische Albaner nicht dem Gericht stellen wollten, was zum Erlangen der Amnestie erforderlich ist, dann deshalb, weil sie von den Sicherheitsbehörden wegen kriminellen Taten, die nicht der Amnestie unterliegen, gesucht werden. Dass das Amnestiegesetz weit gefasst ist, zeigt sich in einem Bericht des UN Menschenrechtskomitees (Intenational Convenant on civil and political rights): Das Komitee zeigt sich besorgt über die Anwendung des Amnestiegesetzes und über die Zahl der Personen, auf die es angewendet wurde. Es beobachtet, dass der politische Wunsch nach für in Zeiten des Bürgerkrieges begangenen Straftaten auch zu einer Form der Straflosigkeit führen kann, die mit dem Abkommen unvereinbar ist. Das Komitee wiederholt die Ansicht, wie in den allgemeinen Anmerkungen Nr. 20 (1992) über das Verbot der Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung geäußert, dass Amnestiegesetze generell unvereinbar sind mit der Pflicht des Staates, solche Taten zu untersuchen, Freiheit von solchen Taten in seinem Wirkungsbereich zu garantieren und sicherzustellen, dass solche Taten in der Zukunft nicht mehr vorkommen. Das Komitee ist hat weiters Bedenken, dass Opferorganisationen nicht in den Formulierungsprozess des Gesetzes eingebunden wurden. Es ruft den Staat dazu auf, sicher zu stellen, dass das Amnestiegesetz bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen oder bei Verstößen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen gleichkommen, nicht angewendet wird. Es müsse sichergestellt werden, dass Menschenrechtsverletzungen sorgfältig untersucht werden, die Verantwortlichen der Justiz zugeführt und den Opfern und deren Familien angemessene Entschädigung gewährt wird. [Auskunft der österreichischen Botschaft Skopje an den UBAS zu GZ 238.971, 18.05.2006; Österreichische Botschaft Skopje: Republik Mazedonien - Asylländerbericht- 2006, Jänner 2007 , Seite 46 und 47; UN, International covenant on civil and political rights, Human Rights Committee: Consideration of Reports Submitted by State Parties under Article 40 of the Convenant. Concluding observations of the Human Rights Committee. The Former Yugoslav Republic of Macedonia. CCPR/C/MKD/CO/2, 17.04.2008]

 

Es gibt keine Fälle von Verfolgung durch staatliche Behörden aufgrund von vormaliger Zugehörigkeit zu Rebelleneinheiten mehr. [XXXX: Bericht über die politische, ökonomische und soziale Situation mit besonderem Augenmerk auf die Menschenrechtslage in der Republik Makedonien, 1.5.2007 , Seite 14, Österreichische Botschaft Skopje: Republik Mazedonien - Asylländerbericht- 2006, Jänner 2007 , Seite 46]

 

2.2.4. AKSh:

 

AKSh (Armata Kombetare Shqiptare) ist die albanische Bezeichnung einer bewaffneten Gruppe namens Albanische Nationalarmee. Nach Angaben der AKSh wurde diese im Dezember 1999 nach der Auflösung der UÇK (im Kosovo) in Mazedonien gegründet. Die FBKSh (Frontit per Bashkim Kombetar Shqiptar/Front für Albanische Nationale Vereinigung) agiert als politischer Flügel der AKSh. Erklärtes politisches Ziel der AKSh ist es, alle von Albanern bewohnten Gebiete auf dem Balkan zu vereinen. Die AKSh bekannte sich erstmals im Januar 2000 zu einem Anschlag auf einen Polizeiposten in Mazedonien. Im Verlauf des Jahres 2000 kam es ferner im Norden Mazedoniens, an der Grenze zum Kosovo und Südserbien, zu sporadischen Überfällen auf mazedonische Grenzpatrouillen. Das unzugängliche, dünn besiedelte Gebiet in Nordmazedonien, in dem sich eine von örtlichen Dorfmilizen kontrollierte Schattenökonomie herausgebildet hatte, diente zugleich als Rückzugs- und Nachschubgebiet für eine in Südserbien kämpfende albanische Guerilla(UÇPMB). Kämpfer jener Guerilla, Teile der AKSh sowie albanische Dorfmilizen schlossen sich in diesem Gebiet erst Anfang 2001 zusammen, um die Ushtria Clirimtare Kombetare (UÇK, Nationale Befreiungsarmee) zu formieren. Die Guerillagruppe AKSh beteiligte sich nach eigenen Angaben unter dem Oberkommando der UÇK an den Kämpfen, ohne dabei die Eigenständigkeit zu verlieren. Nachdem sich nach der Unterzeichnung des Abkommens von Ohrid die UÇK als aufgelöst erklärt hat, kündigte die AKSh die Fortsetzung des Kampfes an. [XXXX: Gutachten zu Aktivitäten der AKSh, 07.05.2007 , Seiten 1-4]

 

Die Mehrheit der AKSH - Kämpfer waren vormalige UÇK - Mitglieder, die sich mit den politischen Kompromissen, wie sie im Ohrider Rahmenabkommen beschlossen wurden, nicht abfinden wollten. Die parteipolitische Integration der ehemaligen UÇK in die politischen Strukturen des Landes eröffnete der AKSH die Möglichkeit, sich als die "eigentliche" Vertreterin ethnisch albanischer Interessen zu präsentieren. Es sollte hierbei auch erwähnt werden, dass es nicht allein politische Interessen sind, die diese - und andere Guerillagruppen der Region - zu Aktivitäten anspornten, sondern vielfach ökonomische Eigeninteressen, die darin begründet liegen, möglichst lange "gewaltoffene" Räume zu erhalten, um ungehindert den Schmuggelgeschäften und anderen kriminellen Aktivitäten über die Grenzen hinweg nachgehen zu können. Die AKSh wird für mehrere Entführungen von Polizeibeamten, Mord, Bombenanschläge und Terroraktionen verantwortlich gemacht beziehungsweise bekannte sich zu den Aktionen. Internationale Organisationen wie die UN-Mission im Kosovo, die OSZE und auch die US amerikanische Botschaft in Skopje sehen in der AKSh eine "terroristische Organisation". In Mazedonien selbst ist die AKSh ebenso als Terrororganisation eingestuft und verboten [XXXX: Bericht über die politische, ökonomische und soziale Situation mit besonderem Augenmerk auf die Menschenrechtslage in der Republik Makedonien, 01.05.2007 , Seiten 15 und 16; Taz 05.09.2003:

Albaner in Mazedonien wieder auf der Flucht; APA 31.08.2002:

Geiselnahme in Mazedonien beendet; APA 29.04.2004: UNMIK lieferte zwei albanische Ex-Rebellen an Mazedonien aus]

 

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verweigern einer Reihe von albanischen Extremisten, die gewalttätigen extremistischen Aktivitäten gegen die im Rahmenabkommen von Ohrid verankerten Grundprinzipien der Stabilität, der territorialen Integrität und des einheitlichen und multi-ethnischen Charakters der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien aktiv Vorschub leisten oder sich an solchen Aktivitäten beteiligen und/oder die die konkrete Umsetzung des Rahmenabkommens vorsätzlich, wiederholt und in ungerechtfertigter Weise durch Handlungen außerhalb des Demokratieprozesses untergraben und behindern die Einreise in ihre Hoheitsgebiete oder die Durchreise. [Gemeinsamer Standpunkt 2004/133/GASP des Rates vom 10. Februar 2004 betreffend restriktive Maßnahmen gegen Extremisten in der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/542/GASP, Amtsblatt der Europäischen Union L 39/19 vom 11.02.2004; Gemeinsamer Standpunkt 2008/104/GASP des Rates vom 8. Februar 2008 zur Verlängerung und Änderung des Gemeinsamen Standpunkts 2004/133/GASP betreffend restriktive Maßnahmen gegen Extremisten in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Amtsblatt der Europäischen Union L 36/16 vom 09.02.2008]

 

Es gibt Fälle, in denen Verdächtige, welche von der Polizei wegen eines bestimmten Tatverdachtes zur Festnahme ausgeschrieben werden, behaupten, sie seien Mitglieder der AKSh. Mit solchen Behauptungen hoffen sie auf eine Solidarisierung anderer Angehöriger der albanischen Volksgruppe mit ihnen, welche sie vor der drohenden Verhaftung wegen kriminellen Delikten retten sollen. Kenner der Verhältnisse bei bewaffneten ethnischen Albanern weisen dazu darauf hin, dass die AKSh in Mazedonien nie eine effektive Organisation war, sondern eher nur eine Sigle, mit der sich extremistische ethnisch-albanische Nationalisten, die mit der DUI -Politik nicht einverstanden waren, identifizierten. Den Aufbau einer eigentlichen Organisation der AKSh hätte die UÇK bzw. die DUI verhindert.

 

[Österreichische Botschaft Skopje: Republik Mazedonien - Asylländerbericht- 2006, Jänner 2007 , Seite 46].

 

2.2.5. Amnestiegesetz für Wehrstraftaten

 

Im Amtsblatt Nr. 49 vom 25. Juli 2003 wurde das Amnestiegesetz für mazedonische Staatsbürger, die ihre militärischen Verpflichtungen nicht erfüllt haben, sowohl in mazedonischer als auch albanischer Sprache veröffentlicht. Danach sind mazedonische Staatsbürger, die älter als 30 Jahre alt sind und bezüglich derer der wohlbegründete Verdacht besteht, dass sie bis zum Inkrafttreten des Gesetzes am 25. Juli 2003 strafbare Handlungen gemäß §§ 214 oder 217 des alten bzw. §§ 341 oder 344 des neuen Strafgesetzbuches begangen haben, von der diesbezüglichen strafrechtlichen Verfolgung ausgenommen. Bereits eingeleitete Strafverfahren werden eingestellt und die Vollziehung allfälliger bereits verhängter Haftstrafen vollständig ausgesetzt. Der obligatorische Wehrdienst wurde im Mai 2006 abgeschafft. Die Änderung im Verteidigungsgesetz wurde ohne Gegenstimmen vom Parlament angenommen. Die Rekruten, die im April 2006 eingezogen wurden, waren die letzten Wehrdienstleistenden. Ihr Wehrdienst endete im Oktober 2006, danach gab und gibt es nur noch Berufssoldaten. Durch die Abschaffung des Wehrdienstes besteht auch kein Zivildienst mehr. Zwar unterliegt die Entziehung des Wehrdienstes / Wehrdienstverweigerung noch immer der Strafbarkeit nach mazedonischem Recht; die Tatbestände wurden noch nicht reformiert bzw den realen Verhältnissen angepasst, allerdings führt die mazedonische Justiz aufgrund des Amnestiegesetzes und der Tatsache dass die Wehrpflicht seit 2006 in Mazedonien abgeschafft wurde seit Jahren keine Strafprozesse gegen Personen die sich der Wehrpflicht vor 2001 und auch nach dem 26.09.2001 entzogen haben. [UNHCR Wien: Mazedonien: Behandlung ethnischer Albaner und ehemaliger UÇK-Kämpfer in der Armee. Auskunft an den UBAS zu GZ: 225.401/14-VI/18/04. 05.08.2004; Coalition to Stop the Use of Child

Soldiers: Child Soldiers Global report 2008;

Konrad-Adenauer-Stiftung: Mazedonien im Mai 2006, 31.05.2006;

Deutsche Welle Fokus Ost-Südost: Weiterer Schritt bei Militärreform in Mazedonien, 12.04.2006; Auskunft des Polizeiattachés an der ÖB Skopje vom 15.09.2009 an den Asylgerichtshof, Zahl GZP-79/09 ]

 

2.2.6. Grundversorgung:

 

Die Existenzbedingungen in Mazedonien werden auch Jahre nach der Unabhängigkeit durch die schwierige Lage einer (lange Zeit von politischen Krisen und bewaffneten Konflikten immer wieder beeinträchtigten) Wirtschaft im Umbruch bestimmt, die sich nur langsam erholt. Diese ist insbesondere durch hohe Arbeitslosigkeit und niedriges Durchschnittseinkommen (ca. 244 Euro im Monat) gekennzeichnet, allerdings auf der anderen Seite positiv durch relativ stabile Staatsfinanzen und Währungsrelationen. Die Arbeitslosenrate wird voraussichtlich bis Ende 2009 auf beinahe 40% ansteigen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass viele Arbeitnehmer nicht legal beschäftigt sind. Viele Personen, welche als Arbeitslose gemeldet sind, dürften de facto als Schwarzarbeiter tätig sein. Sie melden sich als Arbeitslose an, um gratis in den Genuss der Leistungen der sozialen Krankenversicherung zu kommen. Unangemeldete Arbeitskräfte gibt es insbesondere in der Bauwirtschaft, in der Textil- und in der Schuhindustrie, wo u. a. griechische sowie italienische Unternehmer die hier übliche Schwarzarbeit ausnützen. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist jedoch, auch über den Grundbedarf hinaus, gewährleistet. Die Versorgung mit Lebensmitteln und mit den Artikeln des täglichen Bedarfs funktioniert ohne Probleme. Die vielen Mazedonier mit geringem Einkommen ernähren sich aus Produkten ihrer kleinen Gärten, betreiben Subsistenzwirtschaft, halten Ziegen, die sie z. B. in den städtischen Parkanlagen, auf den vielen unbebauten Feldern um die Städte und in staatlichen Wäldern weiden lassen. Geschätzte 40 % der inländischen Lebensmittel werden nicht über offizielle Märkte verkauft, sondern im Familien- und Freundeskreis getauscht oder vermarktet. Hunger gibt es keinen. [Deutsches

Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mazedonien, 28.01.2005 , Seite 18; Österreichische Botschaft

Skopje: Republik Mazedonien - Asylländerbericht- 2008, Stand 25.06.2008, Seiten 41-42; Österreichische Botschaft Skopje:

Asylländerbericht Mazedonien Oktober 09; Österreichische Botschaft

Skopje: Republik Mazedonien - Asylländerbericht- 2006, Jänner 2007 , Seite 9]

 

Das mazedonische Sozialhilfesystem funktioniert trotz hoher Belastungen auf allerdings sehr niedrigem Niveau und sichert jedem amtlich registrierten mazedonischen Staatsangehörigen ein Existenzminimum, welches jedoch in der Regel nur für eine Grundversorgung auf sehr niedrigem Niveau ausreicht. Dieses ist allerdings vor dem Hintergrund eines auch sehr niedrigen durchschnittlichen Lohneinkommens zu sehen. Familienzusammenhalt, zum Teil mit Unterstützungsleistungen auch aus dem Ausland, Spenden, Eigenversorgung aus landwirtschaftlichen Parzellen und Tätigkeiten in der Schattenwirtschaft lindern bei vielen die kargen Verhältnisse ein wenig. Der Betrag der Sozialhilfe bemisst sich an der Zahl der zu versorgenden Familienmitglieder und dem mazedonischen Durchschnittslohn. Daneben werden teilweise Grundnahrungsmittel (Bezug über Karten), Kleider, Heizmaterialien, Schulbücher, Materialien und ähnliches kostenlos zur Verfügung gestellt. Mazedonische Staatsbürger haben auch dann Anspruch auf Sozialhilfe wenn sie mehrere Jahre außerhalb Mazedoniens gelebt haben. [Deutsches Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mazedonien, 28.01.2005 , Seite 18; Österreichische Botschaft Skopje, Auskunft vom 24.06.2008 an den UBAS zu GZ 232.797 /- XII /3 6 /04]

 

Mazedonischen Staatsangehörigen stehen bei einer Rückkehr nach Mazedonien durch Rückführung oder freiwillige Rückkehr als behördliche Ansprechpartner die lokalen Zentren für Sozialfragen zur Verfügung. Bei rückzuführenden Mazedoniern ist laut Auskunft des Ministeriums für Arbeit und Soziales für eine Betreuung entscheidend, ob eine Unterkunft vorhanden ist und welche sozialen Rahmenbedingungen bestehen. Anhand der persönlichen

 

Daten könne festgestellt werden, ob Grundeigentum oder Ähnliches noch bestehe, bzw. vor der Ausreise bestanden habe. Letzteres ist dann von Bedeutung, wenn die Rückkehrer vor ihrer Ausreise ihre gesamte Habe veräußert haben und mit einem gewissen Wohlstand ausgereist sind. Einkünfte, auch fiktive, aus Grund- oder sonstigem Vermögen werden auf eine etwaige Sozialhilfe angerechnet, wobei dem Antragsteller in jedem Fall ein zur Grundversorgung (nach mazedonischem Standard) ausreichender Sozialhilfebetrag verbleibt. Als Hilfe für Rückkehrer gewährt das mazedonische Ministerium durch die Arbeitsämter eine einmalige finanzielle "Rückkehrerhilfe". Danach kann bei Nachweis der Arbeits- und Einkommenslosigkeit bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Sozialhilfe bezogen werden. Eine mehrjährige Abwesenheit ändert in Mazedonien nichts an den Eigentumsverhältnissen. Haus- oder Wohnungseigentum bleiben auch bei langen Abwesenheiten erhalten. Nach Erkenntnissen des Ministeriums haben die meisten "Auswanderer" ihre Häuser und Wohnungen behalten, nur die wenigsten haben sie verkauft. Hinzu kommt der familiäre Zusammenhalt, der insbesondere bei Roma und Albanern, aber auch bei der mazedonischen Volksgruppe Aufnahme und Unterbringung auch für Minderjährige nach einer Rückkehr in aller Regel erleichtert. Das Ministerium für Urbanismus und die Fürsorgeämter der Heimatgemeinden können in Notfällen wegen der Unterbringung/Wohnungsvermittlung angesprochen werden, in der Praxis sind Übergangs- bzw. Ausweichquartiere jedoch kaum zu finden. Gegebenenfalls müssen Rückkehrer vorübergehend in Gemeinschaftsunterkünften, Auffanglagern oder Flüchtlingszentren untergebracht werden. Auch bezüglich der Weiterreise in ihre Heimatgemeinde können sich Rückkehrer an die kommunalen Zentren für Sozialfragen wenden. [Deutsches Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mazedonien, 28.01.2005 , Seite 20]

 

2.2.7. Rückkehrfragen

 

Ausgewiesene oder rückgeführte mazedonische Staatsangehörige werden bei ihrer Rückkehr nach Mazedonien nicht wegen der Ausweisung/Abschiebung strafrechtlich verfolgt. Auch das Bekanntwerden einer Asylantragstellung im Ausland führt nicht zu Nachteilen bei der Rückkehr. [Deutsches Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mazedonien, 28.01.2005 , Seite 20; Österreichische Botschaft Skopje: Republik Mazedonien - Asylländerbericht- 2006, Jänner 2007 , Seite 11; Österreichische Botschaft Skopje: Asylländerbericht Mazedonien Oktober 09]

 

Nicht festgestellt werden kann, dass Asylwerbern albanischer Ethnie im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat grundsätzlich asylrelevante Verfolgung droht, dass ihnen jedwede Lebensgrundlage fehlt und dass in ihre gemäß Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte eingegriffen wird.

 

3. Beweiswürdigung:

 

3.1. Die Feststellungen zur Identität und Herkunft des Beschwerdeführers stützen sich auf die diesbezüglich glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren sowie auf vorgelegte Personaldokumente.

 

3.2. Bereits das Bundesasylamt ging angesichts von Widersprüchen in den Angaben des Beschwerdeführers von der Unglaubwürdigkeit dessen Vorbringens aus. Den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamts wurden seitens des Beschwerdeführers auch keine konkreten Argumente entgegenhalten. Letztlich findet die Einschätzung des Bundesasylamtes dahingehend Bestätigung, als sich die beiden Brüder des Beschwerdeführers, die dessen Vergangenheit teilen würden, bis dato offenbar unbeschadet und ohne ernsthafte Probleme im Herkunftsland aufhalten können. Letzterer Umstand lässt aber auch unter Mitberücksichtigung eines Zeitablaufes von fast sechs Jahren jedenfalls keine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung des Beschwerdeführers aus den von ihm genannten Gründen erkennen. Unter Zugrundelegung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers im Herkunftsland kann auch aus den getroffenen Länderfeststellungen keine hinreichende Wahrscheinlichkeit erkannt werden, wonach er im Herkunftsland schutzlos einer für die Gewährung von Asyl- bzw. subsidiären Schutz relevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Dieser Einschätzung wurde seitens des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung letztlich auch nicht mehr entgegengetreten.

 

Insgesamt kann daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre, bzw. Gründe für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen könnten.

 

3.3. Die getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat stützen sich auf die der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegten und anlässlich der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung dargetanen Länderdokumente.

 

Da die Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Situationsdarstellungen zu zweifeln. Hinzu kommt, dass den Auskünften in der Regel Recherchen von vor Ort tätigen Personen oder Organisationen zu Grunde liegen, welche wohl auf Grund der Ortsanwesenheit am besten zur Einschätzung der Lage fähig sind. Auch seitens der Parteien wurden hinsichtlich der herangezogenen Quellen keine Einwände erhoben.

 

3.4. Die Aufnahme weiterer Beweise war wegen Entscheidungsreife nicht mehr erforderlich.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Das gegenständliche Verfahren ist gemäß § 75 Abs. 1 erster Satz AsylG 2005 (AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 i.d.g.F. BGBl. I Nr. 38/2011) unter Ausnahme der im gegebenen Zusammenhang nicht relevanten Maßgaben nach den Bestimmungen des AsylG 1997 - hier gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 - zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 75 Abs. 8 AsylG ist § 10 i.d.F. BGBl. I Nr. 38/2011 auf alle am oder nach dem 01.01.2010 anhängigen Verfahren nach dem Asylgesetz 1997 mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Ausweisungsentscheidung nach dem Asylgesetz 1997, die vor dem 01.01.2010 erlassen wurde, als eine Ausweisungsentscheidung nach § 10, die Zurückweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997 als Zurückweisung nach § 10 Abs. 1 Z 1 und die Abweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997, mit der festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, als Abweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 gilt. Darüber hinaus sind gemäß § 75 Abs. 10 AsylG einzelne aufgezählte Bestimmungen des AsylG 2005 i.d.F. BGBl. I Nr. 122/2009 - darunter u. a. § 2 Abs. 3, sowie §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2, letztere mit einer gesonderter Maßgabe - auf alle am oder nach dem 01.01.2010 anhängigen Verfahren nach dem Asylgesetz 1997 anzuwenden.

 

Soweit sich aus dem AsylG 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 nicht anderes ergibt, sind gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener des Bundesasylamts zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2.1. Zur Entscheidung über den Asylantrag (§ 7 AsylG 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 101/2003):

 

2.1.1. Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht, und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Herkunftsstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Unter Herkunftsstaat ist der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat des früheren gewöhnlichen Aufenthalts. Von dem Zweck des Asylgesetzes her, nämlich der Gewährung von Schutz vor Verfolgung ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes der Begriff des Herkunftsstaates (im Sinne des § 1 Z 4 Asylgesetz 1997, der mit der Definition des § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 inhaltsgleich ist) teleologisch dahin zu reduzieren, dass er den Staat bezeichnet, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt und in dem er behauptet, verfolgt zu werden (vgl. VwGH vom 29.05.1998, Zl. 98/02/0044). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Weiters muss sie sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hiefür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist. Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß § 3 Abs. 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn den Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG) offen steht (Z.1) oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat (Z. 2).

 

2.1.2. Da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine reale Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in seinem Herkunftsstaat glaubwürdig darzutun, war sein Asylantrag gem. § 7 AsylG 1997 abzuweisen.

 

2.2. Zur Entscheidung über die Zuerkennung von subsidiärem Schutz (§ 8 Abs. 1 AsylG 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 101/2003):

 

2.2.1. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG 2005 treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetztes 1997 verwiesen wird, die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes an deren Stelle.

 

2.2.2. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (vormals § 57 FrG 1997, nunmehr § 50 FPG 2005); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG 2005 ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß § 50 Abs. 2 FPG 2005 ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG 1997 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH vom 27.02.1997, 98/21/0427).

 

Der Fremde hat das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und / oder Abs. 2 FrG 1997 glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH vom 02.08.2000, 98/21/0461; VwGH vom 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

2.2.3. Wie bereits bei der Abweisung des Asylantrages ausgeführt bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre, weshalb kein Fall des § 50 Abs. 2 FPG 2005 vorliegt.

 

2.2.4. Im gesamten Asylverfahren finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG ausgesetzt sein würde. Dass jedem Abgeschobenen im vorliegenden Herkunftsstaat Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig wäre, kann nicht festgestellt werden. Nicht festgestellt werden kann weiters, dass es Abgeschobenen im vorliegenden Herkunftsstaat an der notdürftigsten Lebensgrundlage fehlen würde.

 

Weder aus den Angaben des Beschwerdeführers zu den Gründen, die für die Ausreise maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.08.2001, 2000/01/0443). Im zitierten Erkenntnis des VwGH vom 21.08.2001 wird die maßgebliche Judikatur des EGMR dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kommt es unter dem hier interessierenden Aspekt darauf an, ob die Abschiebung die betreffende Person in eine "unmenschliche Lage" versetzen würde. Solche Umstände sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen.

 

Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen zu den Verhältnissen in der Republik Mazedonien kann auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer, der arbeitsfähig ist, keine schwerwiegenden Krankheiten geltend machte, in Mazedonien über ein entsprechendes soziales Netz sowie eine Unterkunftsmöglichkeit verfügt, bei einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Abschließend ist festzuhalten, dass sich allein aus schlechten Lebensbedingungen keine Gefährdung oder Bedrohung im Sinne des Art. 3 EMRK ergibt, solange die notdürftigsten Lebensgrundlagen sichergestellt sind (vgl. dazu VwGH vom 30.01.2001, 2000/01/0162).

 

2.2.5. Das Vorbringen des Beschwerdeführers vermag sohin keine Gefahren i.S.d. § 50 FPG bzw. die Unzumutbarkeit der Rückkehr aufgrund der individuellen konkreten Lebensumstände darzutun.

 

3. Ausweisungsentscheidung / Spruchpunkt II. (§10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 i.d.g.F.):

 

3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt (Z 1) oder diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden (Z 2). Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (lit. a); das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (lit. b); die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (lit. c); der Grad der Integration (lit. d); die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden (lit. e); die strafgerichtliche Unbescholtenheit (lit. f); Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (lit. g); die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (lit. h); die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (lit. i).

 

Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung gemäß § 10 Abs. 3 AsylG für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Über die Zulässigkeit der Ausweisung ist gemäß § 10 Abs. 5 AsylG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht oder unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Dauer des Aufenthaltes, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung maßgeblich. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (Vgl. VfGH vom 29.09.2007, B 1150/07-9).

 

Hierbei ist neben diesen (beispielhaft angeführten) Kriterien, aber auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt rechtswidrig oder lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VfGH vom 12.06.2007, B 2126/06; VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07-9; VwGH vom 24

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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