Rechtssatz 1
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung, sie sei nach ihrer ersten Asylantragstellung in Polen für mehr als drei Monate aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgereist, wurde vom Asylgerichtshof für glaubwürdig erachtet. Obgleich der Asylgerichtshof nicht verkennt, dass derartige Angaben zwecks Vereitelung des Zuständigkeitssystems der Dublin II VO auch missbräuchlich erstattet werden, kann nicht von vorneherein - und insbesondere auch bei Vorliegen von Beweismitteln - von deren Unglaubwürdigkeit ausgegangen werden; dies gilt auch in den zwischenstaatlichen Beziehungen im Vollzug der Dublin II VO: Grundsätzlich erfordert eine Vollziehung des Art 16 Abs 3 Dublin II VO ohne das Vorliegen von Beweisen im formellen Sinn eine gute Kooperation auf der Basis von Vertrauensbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten. Einerseits können nämlich Fragen des Beweisstandards letztlich nur schwer durch ein alle Eventualitäten abdeckendes rechtliches Regelwerk gelöst werden, andererseits lassen auch die Beweisregeln der Dublin II VO, wie schon jene des DÜ, Interpretationsspielraum offen (vgl Filzwieser, Ausgewählte Rechtsfragen im Zusammenhang mit der erweiterten Anwendung des Dublinverfahrens auf die neuen Mitgliedstaaten, AWR 1/2005, 59f). Es wäre aber jedenfalls unzulässig, Angaben des Asylwerbers nur deshalb abzulehnen, weil keine formellen Beweise vorhanden sind; auch wenn es zutreffen mag, dass Asylwerber in Zuständigkeitsverfahren oftmals unwahre Angaben machen (auch in der Absicht, eine Überstellung in den tatsächlich zuständigen Mitgliedstaat zu verhindern), so dürfen doch - auch unbelegte - Angaben von Asylwerbern schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht automatisch als unwahr, respektive ohne Beweiswert abgetan werden