Rechtssatz 1
Wie den Erläuterungen in der Regierungsvorlage zum AsylG 2005 in diesem Punkt (zu § 8 Abs. 6 AsylG 2005) auch zu entnehmen ist, sollte ein Asylwerber, der die Behörde über seinen wahren Herkunftsstaat im Unklaren lässt, einem anderen, der diesbezüglich wahre Angaben macht, nicht besser gestellt werden. In diesem Sinne war eine (asylrechtliche) Ausweisungsentscheidung (auch) ohne "Zielstaatsbezogenheit" derselben zu treffen, und obliegt die Prüfung der weiteren Rechtskonformität der allfälligen Durchsetzung dieser Entscheidung - bei faktischer Durchführbarkeit - wohl den zuständigen fremdenpolizeilichen Behörden.
Im Hinblick auf die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zum § 8 Abs. 2 AsylG 1997 idF Novelle 2003, der zufolge sich die asylbehördliche Ausweisung stets auf den (behaupteten) Herkunftsstaat zu beziehen hat, auf den sich auch die zuvor durchgeführte Refoulmentprüfung iSd § 8 Abs. 1 AsylG bezog, weshalb diese Ausweisungsentscheidung zielstaatsbezogen, auf den behaupteten Herkunftsstaat gerichtet, zu erfolgen hat, ist festzuhalten, dass der (neue) § 8 Abs. 6 AsylG 2005 eine lex specialis schuf, welche eine Refoulment-Entscheidung bereits auf der Grundlage der fehlenden Feststellbarkeit des Herkunftsstaates mangels Mitwirkung des Antragstellers vorsieht, weshalb konsequenter Weise auch die daran anschließende Ausweisungsentscheidung ohne Ziel- bzw. Herkunftsstaatsbezug auskommen muss (Siehe dazu auch VwGH vom 15.01.2009, Zl. 2007/01/0443).
Während die Materialien zu § 8 Abs. 6 AsylG 2005 lediglich darauf abstellen, dass der Asylwerber offensichtlich einen unrichtigen Herkunftsstaat angibt, und damit seine wahre Staatsangehörigkeit verschleiert, geht der Wortlaut dieser Bestimmung über dieses (allein auf das Vorbringen des Asylwerbers abstellende) Offensichtlichkeitskalkül hinaus. Durch die Wortfolge "Kann der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden" wird nämlich als Voraussetzung für eine Abweisung nach § 8 Abs. 6 und eine damit verbundene Ausweisung normiert, dass durch die Asylbehörde dessen wahrer Herkunftsstaat nicht festgestellt werden kann. Nach dieser Rechtslage darf sich die Asylbehörde bei Anwendung des § 8 Abs. 6 AsylG 2005 nicht in jedem Fall darauf zurückziehen, dass der Asylwerber offensichtlich einen unrichtigen Herkunftsstaat angibt und somit seine wahre Staatsangehörigkeit verschleiert. Sie hat vielmehr den wahren Herkunftsstaat des Asylwerbers dann von Amts wegen festzustellen, wenn ihr dies auf Grund konkreter Anhaltspunkte im Verfahren auch ohne Mitwirkung des Asylwerbers möglich ist (vgl. hiezu die zu den Grenzen der Mitwirkungspflicht in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 575ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung).