TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/20 96/08/0403

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Veröffentlicht am 20.12.2000
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §24 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. Helfried Krainz, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 57, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 30. Oktober 1996, Zl. B1- 12896672-12, betreffend Einstellung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.490,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 2. Jänner 1996 Arbeitslosengeld und legte eine Arbeitsbescheinigung der Glaserei F. OEG vor, bei der er bis 31. Dezember 1995 als Glaser beschäftigt gewesen war. Zusätzlich legte er ein mit 22. Dezember 1995 datiertes, an das "Arbeitsamt Linz" gerichtetes Schreiben der Glaserei F. OEG vor, worin diese Folgendes mitteilte:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Gerhard S., wohnhaft ..., ist ab 01.01.1996 nicht mehr bei der Firma F. OEG beschäftigt.

Leider mangelt es derzeit an Aufträgen, so daß wir bis 01.04.96 keinen Arbeiter brauchen. Ab 01.04.1996 wird Herr S. wieder bei uns als Glaser beschäftigt sein, währenddessen müssen wir Herrn S. zum Empfang des Arbeitslosenentgeldes zu Ihnen schicken."

Mit Mitteilung über den Leistungsanspruch vom 29. Jänner 1996 wurde dem Beschwerdeführer das Arbeitslosengeld vom 1. Jänner 1996 bis zum "voraussichtlichen Ende" am 27. Mai 1996 zuerkannt. Dies war in der Mitteilung mit dem Hinweis verbunden, das voraussichtliche Leistungsende gelte "vorbehaltlich einer vorherigen Abmeldung oder des Wegfalles der Anspruchsvoraussetzungen". Dieser Mitteilung entsprach im Leistungsakt die Anweisung der Leistung für die Dauer von 148 Tagen mit Zahlungs- und Verrechnungsauftrag vom 26. Jänner 1996. Dem Karteiblatt ist zu entnehmen, dass im Ausmaß von 148 Tagen noch ein Restanspruch aus einer früher erworbenen Anwartschaft (mit höheren Bezügen) offen war.

Mit 1. April 1996 wurde die dem Beschwerdeführer zuerkannte Leistung vorzeitig (faktisch) eingestellt, was dem Beschwerdeführer im Mai 1996 - durch das Ausbleiben der Zahlung für April 1996 - zur Kenntnis gelangte. Am 13. Mai 1996 wurde automationsunterstützt ein Vermerk darüber angelegt, dass der Beschwerdeführer sich gemeldet und mitgeteilt habe, das Dienstverhältnis ab 1. April 1996 beim letzten Dienstgeber sei eine Woche vor Beginn vom Dienstgeber abgesagt worden und der Beschwerdeführer habe "irrtümlich geglaubt, dies nicht melden zu müssen (frühestens bei ALG-Ende?)". Mit Zahlungs- und Verrechnungsauftrag vom gleichen Tag wurde eine "Bezugsunterbrechung" für die Zeit vom 1. April 1996 bis zum 12. Mai 1996 (im Ergebnis also offenbar die weitere Anweisung der Leistung ab dem 13. Mai 1996, worauf auch die Eintragungen im Karteiblatt hindeuten) verfügt.

Mit Schreiben vom 29. Mai 1996 brachte der Beschwerdeführer vor, er sei von seinem letzten Dienstgeber "bis 1.4.1996 gekündigt (1.1.96 - 31.3.96)" gewesen. Leider habe ihn sein Dienstgeber aber nicht mehr beschäftigen können. Bei der Antragsabgabe im Jänner 1996 sei dem Beschwerdeführer gesagt worden, er solle diesfalls "im Mai wieder kommen und um Verlängerung ansuchen". Das Arbeitsamt habe ohne Nachricht seitens des Beschwerdeführers "einfach die Taggeldzahlungen eingestellt (1.4.96 - 12.5.96)", was der Beschwerdeführer nicht akzeptieren könne.

Mit Bescheid vom 18. Juni 1996 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Linz aus, gemäß § 24 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Z. 1, § 9 und § 50 Abs. 1 AlVG sei das Arbeitslosengeld des Beschwerdeführers "mangels Arbeitslosigkeit mit 1.4.1996 eingestellt" worden. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich der Beschwerdeführer schon bei der Antragsabgabe mit 1. April 1996 wegen Arbeitsaufnahme vom Bezug abgemeldet habe und sich somit nicht mehr bereit erklärt habe, die Bestimmungen des § 9 AlVG zu erfüllen.

In seiner Berufung gegen diese Entscheidung machte der Beschwerdeführer geltend, es sei richtig, dass das Arbeitsmarktservice eine schriftliche Zusage des früheren Dienstgebers des Beschwerdeführers habe, worin zugesagt worden sei, dass der Beschwerdeführer ab 1. April 1996 wieder beschäftigt würde. Das Arbeitsmarktservice könne aber "doch nicht einfach das Arbeitslosengeld aufgrund dieses Schreibens einstellen". Der Beschwerdeführer habe sich doch nicht abgemeldet. Er habe auf die Aussage einer Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice vertraut, wonach er bei Nichtzustandekommen der neuerlichen Beschäftigung vor Ablauf seines Arbeitslosengeldes (28. Mai 1996) kommen und um Verlängerung ansuchen solle. Dies habe der Beschwerdeführer Mitte Mai auch getan, wobei er von der Bezugseinstellung erfahren habe. Der Beschwerdeführer habe keinen Fehler gemacht, verstehe die Haltung des Arbeitsmarktservice daher nicht und sei auf die Leistung aus näher beschriebenen Gründen dringend angewiesen.

Die belangte Behörde holte Stellungnahmen der mit der Angelegenheit des Beschwerdeführers befassten Mitarbeiter der regionalen Geschäftsstelle ein. Daraus ergab sich zunächst, dass der Beschwerdeführer am 13. Mai 1996 vorgesprochen und gefragt habe, warum er kein Geld bekommen habe, und dass er sich bei dieser Gelegenheit schon darauf berufen habe, ihm sei gesagt worden, er müsse sich erst nach Beendigung des Arbeitslosengeldes wieder melden. Alle befassten Mitarbeiter hätten aber erklärt, dem Beschwerdeführer keine solche Auskunft erteilt zu haben (Stellungnahmen vom 30. Juli und 5. August 1996).

Der Beschwerdeführer reagierte darauf - nach Einräumung des Parteiengehörs - mit näheren Angaben über die Mitarbeiterin, die ihm die Auskunft erteilt habe, wobei er nun gleichfalls angab, er habe am 13. Mai 1996 - also noch vor dem voraussichtlichen Ende der zuerkannten Leistung am 27. Mai 1996 - vorgesprochen, weil er kein Geld mehr erhalten hatte. Bis Mai 1996 habe sich niemand vom Arbeitsmarktservice bei ihm gemeldet und er habe auch nicht persönlich vorgesprochen, weil er "anfangs" davon überzeugt gewesen sei, dass er mit 1. April 1996 wieder zu arbeiten beginnen könne (Niederschrift vom 23. August 1996).

Die vom Beschwerdeführer bezeichnete Mitarbeiterin, die den Antrag des Beschwerdeführers entgegengenommen hatte, gab daraufhin bekannt, dass sie sich an den genauen Wortlaut nicht erinnern könne, den Beschwerdeführer aber jedenfalls davon informiert habe, dass er persönlich oder telefonisch mitteilen solle, "ob sein Dienstverhältnis zustande käme oder nicht". Nach Ansicht dieser Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice liege "ein Irrtum der Partei" vor (Stellungnahme vom 27. August 1996).

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht statt. Die belangte Behörde bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid aus dessen "zutreffenden Gründen" und führte ihrerseits - nach einer Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage - im Wesentlichen aus, den Arbeitslosen treffe die Verpflichtung, das Nichtzustandekommen einer dem Arbeitsmarktservice zunächst bekannt gegebenen Arbeitsaufnahme zu melden. Solange das nicht geschehe, habe der Arbeitslose das Arbeitsmarktservice über das Vorliegen seiner Vermittlungsfähigkeit in Irrtum versetzt. Aufgrund der "Meldung der Aufnahme einer voll entlohnten Beschäftigung" könne das Arbeitsmarktservice nämlich davon ausgehen, dass der Arbeitslose "vorläufig" nicht der Vermittlung zur Verfügung stehe. Solange der Arbeitslose keine gegenteilige Meldung vornehme, sei "daher davon auszugehen, dass er nicht arbeitswillig ist". Die Behauptung des Beschwerdeführers über die ihm bei der Antragsabgabe erteilte Auskunft sei angesichts der Ermittlungsergebnisse nicht glaubwürdig. Durch die Unterlassung einer zeitgerechten Meldung habe sich der Beschwerdeführer "im Zeitraum vom 1.4.1996 bis 12.5.1996" der Vermittlung entzogen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie einer Replik des Beschwerdeführers auf die Gegenschrift in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der vorliegende Fall gleicht in den für die Entscheidung wesentlichen Punkten dem mit dem hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 96/08/0399, entschiedenen Fall. Dies gilt auch für Einzelheiten im Spruch und in der Begründung des damals angefochtenen Bescheides der auch im vorliegenden Fall belangten Behörde, der auch am selben Tag wie der hier angefochtene Bescheid erstellt worden war. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG kann daher auf die detaillierten Rechtsausführungen in dem genannten Vorerkenntnis und die dort erwähnte Vorjudikatur (im Besonderen das Erkenntnis vom 23. März 1996, Zl. 94/08/0013) verwiesen werden (vgl. seither auch das Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 98/08/0387).

Auch im vorliegenden Fall hat es die belangte Behörde verabsäumt, den Zeitraum der rückwirkenden Einstellung der Leistung im Spruch ihrer Entscheidung einzugrenzen, wobei aus dem Zusammenhalt einerseits der Zeitraumbezogenheit des Schreibens vom 29. Mai 1996 (in Verbindung mit den aktenkundigen Hinweisen auf die Wiederanweisung der Leistung ab dem 13. Mai 1996) und andererseits der Begründung des angefochtenen Bescheides aber auch diesmal erschließbar ist, dass sich die Entscheidung nur auf den strittigen Zeitraum bezieht. Im Übrigen hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall zu Unrecht angenommen, die Vorlage des Schreibens des früheren Dienstgebers des Beschwerdeführers könne (wie dies in dem mit dem Vorerkenntnis entschiedenen Fall für die Vorwegnahme einer förmlichen Abmeldung angenommen worden war) als Anzeige des erst für die Zukunft erwarteten Abmeldungsgrundes gewertet werden, die zur Folge habe, dass der Arbeitslose im Falle der Unterlassung einer gegenteiligen "Anzeige" des Nichteintritts der erwarteten Sachverhaltsänderung damit rechnen müsse, dass ihn das Arbeitsmarktservice ohne weitere Kontaktaufnahme als nicht mehr vermittelbar behandeln würde. Da dies nicht zutrifft, kommt es auf den vom Beschwerdeführer behaupteten Inhalt der ihm bei der Antragsabgabe zuteil gewordenen Belehrungen nicht mehr an (vgl. insoweit aber auch den im Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 94/08/0013, behandelten Fall einer bei der Antragstellung sogar "vereinbarten" Einstellung der Leistung und demgegenüber im vorliegenden Fall die Darstellung, der Beschwerdeführer sei aufgefordert worden, mitzuteilen, "ob" die Beschäftigung zustande komme).

Aus den im Vorerkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 96/08/0399, näher dargelegten Gründen war daher auch im vorliegenden Fall der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei - wie im Vorerkenntnis - darauf hinzuweisen ist, dass die vorzeitige Einstellung einer zuerkannten Leistung mit einer Bescheiderlassung zu verbinden ist, die nicht erst stattzufinden hat, wenn der Arbeitslose wegen des Ausbleibens der Zahlungen vorstellig wird (vgl. dazu etwa schon das Erkenntnis vom 8. September 1998, Zl. 98/08/0151).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996080403.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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