Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. November 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Markus H***** wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 21. Juli 2009, GZ 10 Hv 99/09s-28, sowie über dessen Beschwerde (§ 498 Abs 3 StPO) gegen einen Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus H***** des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und Z 2 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in der Zeit von 6. August 2008 bis Oktober 2008 sowie von Jänner 2009 bis Anfang April 2009 in B***** „mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wobei er die Erpressung eine längere Zeit hindurch fortsetzte, den intellektuell minderbegabten Konrad S***** durch die wiederholten Ankündigungen, er werde ihn wegen seiner bis dato nicht bekannten (und in Wahrheit nicht strafbaren) Beteiligung (als vorsatzlos handelnde Person) an jenen Mobiltelefon-Malversationen, deretwegen er selbst bereits mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 29. Oktober 2001, AZ 21 Hv 1035/01s, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden war, anzeigen, wobei er diesfalls 'sitzen' gehen müsste, zumindest aber seinen geschützten Arbeitsplatz bei der Gemeinde verlieren werde, sohin durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung an der Freiheit und an der Ehre zu Handlungen, die diesen am Vermögen schädigten, nämlich zur wiederholten Übergabe von Geldbeträgen im Gesamtausmaß von 7.650 Euro genötigt, wobei er die Taten gewerbsmäßig beging".
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 1 und Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Unter Bezugnahme auf § 281 Abs 1 Z 1 StPO behauptet der Beschwerdeführer eine unrichtige Besetzung des Schöffengerichts, das zufolge Verfassungswidrigkeit des § 514 Abs 5 erster Satz StPO nach § 32 Abs 1 StPO idF BGBl I 2009/40 mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen zu besetzen gewesen wäre. Die Behauptung der Verfassungswidrigkeit eines - durch das Gericht fehlerfrei - angewendeten Strafgesetzes ist aber nicht Gegenstand von Rechts- oder Subsumtionsrüge oder zulässiges Vorbringen bei Geltendmachung eines sonstigen Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 597; RIS-Justiz RS0099654, RS0053859). Mit Blick auf den ohne hinreichend schlüssige Argumentation behaupteten Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 und Art 87 Abs 3 B-VG) sieht sich der Oberste Gerichtshof auch nicht veranlasst, einen Antrag gemäß Art 89 Abs 2 zweiter Satz B-VG beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Im Übrigen hat der Angeklagte - entgegen den Ausführungen in der Rechtsmittelschrift - den die Nichtigkeit seiner Ansicht nach begründenden Tatumstand nicht zeitgerecht geltend gemacht (§ 281 Abs 1 Z 1 StPO; vgl das ihm zugestellte [Rückschein bei ON 1 S 3x], ungerügt gebliebene Protokoll der Hauptverhandlung), sodass die darauf bezogene Nichtigkeitsbeschwerde auch deshalb zurückzuweisen war.
Als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt erweist sich die Subsumtionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO). Von Feststellungsmängeln abgesehen, liegt dieser Nichtigkeitsgrund vor, wenn die festgestellten Tatsachen zwar einem Tatbestand des materiellen Rechts subsumiert wurden, hiebei dem Gericht aber Fehler unterlaufen sind. Um einer inhaltlichen Erwiderung zugänglich zu sein, bedarf es bei korrekter Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes einer methodengerechten Argumentation, die auf Basis der Feststellungen die fehlerhafte Subsumtion aufzeigt. Indem der Angeklagte aber bloß die Rechtsbehauptung aufstellt, § 145 Abs 2 Z 1 und Z 2 StGB könnten nicht „gleichzeitig rechtlich angewendet werden", weil Gewerbsmäßigkeit „geradezu ein planvolles Handeln über einen längeren Zeitraum" voraussetze, wird sie dieser Anforderung nicht gerecht (vgl im Übrigen Eder-Rieder in WK2 § 145 Rz 16; Fabrizy, StGB9 § 145 Rz 3).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Anmerkung
E9261211Os146.09vEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0110OS00146.09V.1124.000Zuletzt aktualisiert am
21.01.2010