Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. E Solé und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, Linke Wienzeile 18, 1060 Wien, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Schubert, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 26.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. April 2009, GZ 4 R 42/09i-21, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 28. November 2008, GZ 22 Cg 174/07t-16, bestätigt wurde, nachstehenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.468,08 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 244,68 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat zwar die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung für zulässig erklärt, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Voraussetzungen der Unzulässigkeit von Klauseln in AGB im Geschäftsbereich des Finanzierungsleasings vorliege, doch erweist sich dem entgegen die Revision der Beklagten als nicht zulässig.
Das ist gemäß § 510 Abs 3 Satz 4 ZPO wie folgt zu begründen:
Seit der Entscheidung des Berufungsgerichts sind zur Frage der Zulässigkeit von Klauseln in AGB für Finanzierungsleasing, insbesondere zum auch hier vorliegenden mittelbaren „Teilamortisationsleasing" zu 7 Ob 230/08m = ecolex 2009, 755 und 3 Ob 12/09z = ecolex 2009, 757 zwei höchstgerichtliche Entscheidungen ergangen, die die im gegenständlichen Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen im Wesentlichen geklärt haben. Die dort ausgesprochenen Unterlassungsgebote erfassen nicht nur die jeweils konkret inkriminierten, sondern auch sinngleiche Klauseln, sodass unterschiedliche Formulierungen nicht per se eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufwerfen.
In diesem Sinn ist vor allem die von der Revisionswerberin als klärungsbedürftig erachtete Frage der Gewährleistungspflicht des Leasinggebers ausreichend geklärt. Die erstmalige Verschaffung des ordnungsgemäßen Gebrauchs des Leasingobjekts bildet eine unabdingbare (Haupt-)Verpflichtung des Leasinggebers, den auch die Sachgefahr der Lieferung trifft (3 Ob 12/09z mwN). Der Leasinggeber hat daher dafür einzustehen, dass sich die Sache zu Beginn des Leasingverhältnisses in brauchbarem Zustand befindet. Hingegen schließt der Leasingnehmer keinen Kaufvertrag mit dem Lieferanten ab, weshalb ihm diesem gegenüber weder Eigentumsverschaffungsansprüche noch eigene vertragliche Gewährleistungsansprüche noch ein Anspruch auf Gebrauchsüberlassung zustehen. Vereinbarungen, die die erstmalige Hauptverschaffungspflicht des Leasinggebers abbedingen, selbst wenn die Käuferrechte dem Leasingnehmer abgetreten werden, sind demnach als klarer, nicht weiter erörterungsbedürftiger Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB zu beurteilen. Für die Zeit nach ordnungsgemäßer Übergabe des Leasingguts stellt hingegen nach ständiger Rechtsprechung die Verschiebung des Gefahrenrisikos auf den Leasingnehmer ähnlich wie auf einen Käufer ein Wesensmerkmal des Leasingvertrags dar (vgl 3 Ob 12/09z mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung; 7 Ob 230/08m).
Der vom Berufungsgericht - dem Klagebegehren entsprechend - vorgenommenen Auflistung der einzelnen Klauseln folgend erweisen sich die Klauseln 1a bis c, 2, 3, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 15, 16, 17, 23, 27 ihrem Sinngehalt nach als solche, die bereits im Verfahren 3 Ob 12/09z, ebenfalls einem Verbandsprozess, überprüft, der Rechtslage entsprechend im „kundenfeindlichsten Sinn" (vgl 4 Ob 130/03a; RIS-Justiz RS0016590) ausgelegt und dementsprechend beanstandet wurden. Die Klausel 7 lag überdies dem in 7 Ob 230/08m abgehandelten Prüfungsbegehren zugrunde, wo außerdem die Klausel 31 als unzulässig beurteilt wurde. Die Klausel Nr 3 war zu dem noch Gegenstand des Verfahrens 5 Ob 266/02g = SZ 2002/154; mit der Klausel 20 und der Klausel 19 befasste sich in nur geringfügigen Abwandlungen - mit dem auch hier erzielten Ergebnis - die Entscheidung 4 Ob 221/06p. Letzteres trifft auch auf die Klausel 30 zu.
Soweit in der Revision zu einzelnen strittigen Klauseln über bloße Verweise, an deren Ort sich aber keine entsprechenden Ausführungen finden, Stellung genommen wird, werden keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgeworfen:
Zur Klausel 4, in der dem Leasingnehmer zusätzlich zum vereinbarten Leasingentgelt gesondert „entsprechende" Zwischenfinanzierungskosten auf Basis der vereinbarten Vertragszinsen verrechnet werden, soweit der Kaufpreis vor Übernahme des Leasingobjekts durch den Leasingnehmer zu bezahlen ist (Punkt 3.5 der AGB), argumentiert die Revisionswerberin mit einer „Finanzierungskluft", die entstünde, wenn der Leasinggeber den Kaufpreis zu bezahlen hätte, ehe der Leasingnehmer zur Bezahlung der Leasingraten verpflichtet ist.
Damit wird jedoch die Argumentation der Vorinstanzen, die beanstandete Klausel sei überraschend iSd § 864a ABGB, außerdem unklar und in ihren möglichen Auswirkungen sachlich nicht gerechtfertigt, nicht in Frage gestellt oder gar widerlegt. Die befürchtete „Finanzierungskluft" ist nämlich für den Leasinggeber durch eine kaufmännische Kalkulation der Leasingraten leicht vermeidbar. Die Überwälzung dieses typischer Weise den Leasinggeber treffenden und von ihm auch beherrschbaren Risikos auf den Leasingnehmer ist daher bei redlicher Vertragsgestaltung nicht zu erwarten. Sie führt zu einer für den Leasingnehmer undurchschaubaren Verteilung der Vertragslasten und setzt ihn damit der Nachteiligkeit aus. Die Beanstandung der fraglichen Klausel durch die Vorinstanzen war daher mit den Grundsätzen der mittlerweile vorhandenen Judikatur durchaus vereinbar; die Revision enthält dazu nichts, was eine grundlegend neue oder ergänzende rechtliche Beurteilung erfordern könnte.
Zur Klausel 5 beschränkt sich die Revisionswerberin darauf, „auf das bisher erstattete Vorbringen" zu verweisen.
Zu den Klauseln 13 und 14 verweist die Revisionswerberin auf ihre Ausführungen zur Klausel 1, die allerdings kein passendes rechtliches Substrat enthalten.
Zur Klausel 21, wonach der Leasinggeber den Vertrag bei einer nicht vom Willen des Leasinggebers abhängigen Erhöhung der Anschaffungskosten jederzeit auflösen kann, was das Berufungsgericht als Umgehung von § 6 Abs 2 Z 4 und 5 KSchG gewertet hat, reichen die Ausführungen in der Revision, dadurch werde eine Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung bewirkt, gerade nicht hin. Bei der im Verbandsprozess vorzunehmenden Auslegung käme diese Bestimmung nämlich schon bei geringfügigsten Erhöhungen in Betracht. Überdies ist anzumerken, dass sich die Beklagten in der Klausel 2a (Punkt 3.2 der AGB) für den Fall einer Änderung der Anschaffungskosten ohnedies die Möglichkeit einer Erhöhung des Leasingentgelts bedungen hat.
Punkt 22 (Punkt 11.3 der AGB) legt dem Leasingnehmer bei vorzeitiger Vertragsauflösung, auch wenn er diese weder verschuldet noch zu vertreten hat, die Leistung des Erfüllungsinteresses auf und sieht eine Abzinsung für nicht anfallende Zinsen nach dem jeweils gültigen Basiszinssatz der Nationalbank vor. Liegt jedoch der dem Leasingentgelt zugrundeliegende Kalkulationszinssatz unter dem Basiszinssatz, ist der Kalkulationszinssatz abzüglich 2 Prozentpunkten heranzuziehen. Weiters heißt es: Ist der Leasingnehmer Verbraucher im Sinn des KSchG, hat der Leasinggeber bei der Abrechnung die Gesamtbelastung in einem Ausmaß zu ermäßigen, das unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen den Umständen nach angemessen ist. Weitere Ansprüche aus einer vorzeitigen Vertragsauflösung können vom Leasinggeber nur geltend gemacht werden, wenn der Leasingnehmer die Auflösung verschuldet hat.
Das Berufungsgericht hat diesen Punkt der AGB als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB für den Leasingnehmer gewertet, weil sie auch in jenem Fall anwendbar seien, in dem den Leasinggeber ein Verschulden an der vorzeitigen Vertragsauflösung trifft. Überdies sei die Beklagte nicht in der Lage, dem Argument entgegenzutreten, dass dem Leasingnehmer wegen des Missverhältnisses des von der ÖNB veröffentlichten Basiszinssatzes und dem EURIBOR, welcher für die tatsächlichen Refinanzierungskosten des Leasinggebers am Geldmarkt maßgeblich sei, ein großer Teil der Refinanzierungskosten, die sich der Leasinggeber durch vorzeitige Vertragsauflösung erspare, nicht angerechnet werde.
Eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zeigt die Revisionswerberin idZ nicht auf, wenn sie sich darauf beschränkt, die Abzinsung mit dem Basiszinssatz sei ausreichend, weil der Leasingnehmer bei vom Leasinggeber verschuldeter Vertragsauflösung ohnedies eigene Schadenersatzansprüche geltend machen könne.
Hinsichtlich der Klausel 24 gesteht die Revisionswerberin zu, dass bei kundenfeindlichster Auslegung der Bestimmung, wonach der Leasingnehmer bei Beendigung des Leasingvertrags nach Wahl des Leasinggebers das Leasingobjekt an eine vom Leasinggeber angegebene inländische Übernahmestelle zurückzustellen habe, zwar eine „Unangemessenheit" angenommen werden könne, eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB liege jedoch nicht vor.
Auch mit diesem Argument wird keine erhebliche Rechtsfrage dargetan: Bei Abweichen einer Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften liegt nämlich eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners schon dann vor, wenn sie unangemessen ist (vgl RIS-Justiz RS0016914 [T1]). Lässt sich ein Erfüllungsort weder aus der Verabredung noch aus der Natur oder dem Zweck des Geschäfts bestimmen, ist an dem Ort zu leisten, wo der Schuldner zur Zeit des Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz hatte (§ 905 Abs 1 ABGB). Es steht außer Zweifel, dass mit der gegenständlichen Klausel eben kein bestimmter Erfüllungsort vereinbart wurde, sondern es dem Leasinggeber freistehen sollte, nach Belieben jeden inländischen Erfüllungsort zu wählen. Damit reicht schon die von der Revisionswerberin zugestandene Unangemessenheit aus, die Zulässigkeit der entsprechenden AGB-Klausel zu verneinen.
Hinsichtlich der weiteren, nicht bereits durch höchstgerichtliche Entscheidungen geklärten Klauseln 26, 28 und 29 werden in der Revision keine substanziellen Rechtsausführungen getätigt.
In Anbetracht der eingangs dargestellten jüngsten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu teils wortgleichen, jedenfalls aber unmittelbar vergleichbaren Klauseln aus der Geschäftsbranche des Finanzierungsleasings und der im Übrigen keine Frage iSd § 502 Abs 1 ZPO betreffenden sonstigen Ausführungen in der Revision liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor.
Das hatte zur Zurückweisung der Revision der Beklagten zu führen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Beklagten hingewiesen.
Textnummer
E92715European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00159.09G.1124.000Im RIS seit
24.12.2009Zuletzt aktualisiert am
02.03.2011