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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §36c;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des P in B, vertreten durch Dr. Gernot Kerschhackel, Rechtsanwalt in Baden, Kaiser-Franz-Joseph-Ring 5, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 24. Mai 1996, Zl. 300-IIf 12181-1996, betreffend rückwirkende Berichtigung der Bemessung und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 27. Dezember 1995 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Baden aus, für den Zeitraum vom 2. Oktober 1990 bis zum 30. September 1995 werde die dem Beschwerdeführer gewährte Notstandshilfe "widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt" und der Beschwerdeführer zum Rückersatz unberechtigt empfangener Notstandshilfe im Gesamtbetrag von S 99.827,-- verpflichtet. In der Begründung dieser Entscheidung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe das Einkommen seiner Ehegattin verschwiegen.
In seiner Berufung gegen diese Entscheidung machte der Beschwerdeführer geltend, er lebe seit September 1989 von seiner Ehegattin getrennt und es seien keine unrichtigen Angaben gewesen, wenn er angegeben habe, seine Ehegattin sei Hausfrau. Wenn er von seiner Ehegattin getrennt lebe, sei es nämlich egal, ob er "Hausfrau" schreibe. Der Beschwerdeführer selbst habe Schulden in der Höhe von S 824.000,-- und ersuche das Arbeitsmarktservice daher, ihm die Notstandshilfe weiter auszuzahlen und keine Zahlungen von ihm zu fordern.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung - nach einem ergänzenden Ermittlungsverfahren, in dessen Verlauf der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen wurde -
keine Folge. Die belangte Behörde änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, dass der aus der Berichtigung resultierende Übergenuss S 160.626,-- betrage, und begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe von seiner Ehegattin getrennt gelebt, nicht zu folgen sei. Im Berufungsverfahren seien zusätzliche Einkünfte der Ehegattin des Beschwerdeführers hervor gekommen, was - in näher dargestellter Weise - zur Erhöhung des Rückforderungsbetrages geführt habe. Die Rückforderung gründe sich darauf, dass der Beschwerdeführer die Beschäftigung seiner Ehegattin nicht angezeigt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die Beschwerde wendet sich nicht gegen Einzelheiten der von der belangten Behörde vorgenommenen Anrechnung und stellt auch nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer das Einkommen seiner Ehegattin verschwiegen habe. Kritisiert wird die Annahme der belangten Behörde, die Anrechungsvoraussetzung eines gemeinsamen Haushaltes (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 95/08/0162, und die dort angeführte Vorjudikatur) zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin sei ungeachtet der gegenteiligen Berufungsbehauptung des Beschwerdeführers gegeben gewesen.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg, weil sich die belangte Behörde mit den ihr vorliegenden Ermittlungsergebnissen in der angefochtenen Entscheidung mit nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht unschlüssigen Erwägungen auseinander gesetzt und dabei auch nicht, wie in der Beschwerde anscheinend angenommen wird, die Ansicht vertreten hat, der Nachweis eines getrennten Haushaltes könne nur durch die Einbringung einer Scheidungs- oder Unterhaltsklage erbracht werden. Der Darstellung des Beschwerdeführers, wonach er sich einerseits nicht von seiner Ehegattin scheiden lassen wolle, um im Alter nicht allein zu sein, und er andererseits die ihm gehörende Eigentumswohnung, in der seine Ehegattin wohnt, immer als seine Adresse angegeben habe, um diese Wohnung im Falle einer Ehescheidung nicht zu verlieren, ist die belangte Behörde allerdings nicht gefolgt. Sie hat es aber nicht, wie in der Beschwerde behauptet wird, unterlassen, sich mit dieser Darstellung auseinander zu setzen, sondern in ihr - vor dem Hintergrund des Gebrauches der gemeinsamen Wohnadresse in allen Anträgen des Beschwerdeführers bis hin zur Berufung - eine reine Schutzbehauptung gesehen, für deren Richtigkeit sich kein Anhaltspunkt ergeben habe. Die Beschwerde hält dem entgegen, es gebe "eine Vielzahl von Nachweisen für eine getrennte Lebensführung, z.B. die getrennte Wohnsitznahme", und scheint damit den Umstand zu meinen, dass der Beschwerdeführer seit September 1989 an der nunmehr behaupteten Wohnadresse gemeldet ist. Die belangte Behörde hat hiezu aber festgestellt, dass dies nur eine zusätzliche Anmeldung gewesen sei, die der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme selbst als "Zweitwohnsitz" bezeichnet habe. Auch die Annahme der belangten Behörde, aus den melderechtlichen Verhältnissen ergebe sich kein Nachweis einer getrennten Haushaltsführung, hält der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle daher stand (vgl. zu den Maßstäben für die Kontrolle der Beweiswürdigung durch den Verwaltungsgerichtshof im Einzelnen die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 262 ff zu § 45 AVG, zitierten Entscheidungen). Wenn in der Beschwerde schließlich noch geltend gemacht wird, die belangte Behörde wäre gemäß § 36c AlVG dazu verpflichtet gewesen, die Ehegattin des Beschwerdeführers zu einer Erklärung über das Vorliegen oder Fehlen eines gemeinsamen Haushaltes aufzufordern, so ist dem entgegenzuhalten, dass sich ein solches Erfordernis - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend aufzeigt - aus § 36c AlVG nicht ableiten lässt und die belangte Behörde in Ermangelung einer nachvollziehbaren Erklärung des Beschwerdeführers dafür, warum er in allen früheren Eingaben wahrheitswidrig die Ehewohnung als seine Wohnadresse angegeben haben sollte, nicht daran gehindert war, diesen früheren Angaben des Beschwerdeführers zu folgen, ohne zuvor - von Amts wegen - die vom Beschwerdeführer nicht beantragte Einvernahme seiner Ehegattin durchzuführen. In diesem Zusammenhang ist auch auf das hg. Erkenntnis vom 16. März 1993, Zl. 92/08/0177, zu verweisen, wonach die Behörde im Falle einer aufrechten Ehe vom Weiterbestehen eines gemeinsamen Haushaltes auszugehen hat, wenn sie die gegenteiligen Behauptungen der Partei unter Berücksichtigung der Ermittlungsergebnisse für unglaubwürdig erachtet und die in der Begründung des Bescheides dazu angestellten Überlegungen einer Schlüssigkeitsprüfung standhalten, was nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hier der Fall ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Dezember 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1996080297.X00Im RIS seit
18.10.2001