TE OGH 2009/11/26 12Os148/09w

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Veröffentlicht am 26.11.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. November 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alexander G***** und Aladin M***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Jugendschöffengericht vom 6. Juli 2009, GZ 30 Hv 64/09a-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexander G***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB (I./a./), der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (I./b./) und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 (I./c./) sowie Aladin M***** des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach haben am 13. April 2009 in Salzburg

I./ Alexander G*****

a./ der Margarethe S***** dadurch, dass er ihr ruckartig ihre über die linke Schulter hängende Handtasche unbekannten Werts samt einem Mobiltelefon der Marke Nokia in unbekanntem Wert, einer roten Ledergeldbörse unbekannten Werts und Bargeld im Betrag von 20 Euro gegen deren zuletzt spürbaren Widerstand von der Schulter riss, sodass der Trageriemen der Handtasche abriss, mit Gewalt gegen ihre Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Werts begangen wurde und die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat;

b./ die im Zuge der unter a./ dargestellten Tat erlangten und in weiterer Folge in einem Mistkübel entsorgten Urkunden der Margarethe S*****, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis der darin verbrieften Rechte, Rechtsverhältnisse oder Tatsachen gebraucht werden;

c./ die im Zuge der unter a./ dargestellten Tat erlangte und in weiterer Folge in einem Mistkübel entsorgte Bankomatkarte der Salzburger Sparkasse lautend auf Margarethe S*****, sohin ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern. II./ Aladin M***** den Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen nach der Tat dabei unterstützt, eine Sache, die dieser durch sie erlangt hat, zu verheimlichen, indem er Alexander G***** nach der von ihm beobachteten Wegnahme der Handtasche unbekannten Werts samt einem Mobiltelefon der Marke Nokia in unbekanntem Wert, einer roten Ledergeldbörse unbekannten Werts und Bargeld im Betrag von 20 Euro seinen Pullover zum Verbergen der Beute in einem Mistkübel zur Verfügung stellte.

Rechtliche Beurteilung

Die Staatsanwaltschaft bekämpft den Schuldspruch des Alexander G***** zu Punkt I./a./ sowie den Schuldspruch des Aladin M***** zu Punkt II./ mit einer ausschließlich auf Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Zur Nichtigkeitsbeschwerde betreffend den Erstangeklagten Alexander G*****:

Die Subsumtionsrüge (Z 10) kritisiert in Ansehung der Voraussetzungen des § 142 Abs 2 StGB, die kumulativ vorzuliegen haben, ausschließlich die erstgerichtliche Ansicht, wonach das fallaktuell bloß vorübergehende Fehlen der zum Schuldspruch zu Punkt I./b./ genannten Urkunden und der Bankomatkarte eine nur unbedeutende Tatfolge im Sinn des § 142 Abs 2 StGB darstellt.

Da die Geltendmachung materieller Nichtigkeit stets unter Zugrundelegung des gesamten Urteilssachverhalts zu erfolgen hat (RIS-Justiz RS0099810), verfehlt die Rüge eine gesetzeskonforme Ausführung.

Soweit die Nichtigkeitswerberin unter Bezugnahme auf das Lebensalter der Margarethe S***** von 76 Jahren eine durch das Erfordernis der Wiederbeschaffung der entzogenen Dokumente und einer Sperre der Bankomatkarte besonders stark fühlbare Beeinträchtigung ins Treffen führt, übergeht sie nämlich gerade jene - die Rechtsmeinung bloß unbedeutender Tatfolgen tragenden - Feststellungen und Erwägungen des Erstgerichts, wonach Margarethe S*****, von unbedeutenden leichten Abschürfungen abgesehen, keinerlei Einschränkungen in psychischer Hinsicht erlitten sowie einen vom Tatgeschehen unbeeindruckten Eindruck hinterlassen (US 23) und die sichergestellte Raubbeute samt Urkunden und Bankomatkarte zur Gänze zurückbekommen hat (US 15). Das Argument, wonach der (wenn auch nur kurzfristige) Verlust wichtiger Dokumente für das Tatopfer nach ständiger Rechtsprechung eine derart fühlbare Beeinträchtigung darstelle, dass von bloß unbedeutenden Folgen der Tat keine Rede sein könne (RIS-Justiz RS0094494), greift infolge fallspezifisch gegenteiliger Urteilsannahmen somit nicht (vgl zur Wegnahme einer e-Card, die erst nach drei Tagen wieder ausgefolgt wurde, 13 Os 125/08v). Zur Nichtigkeitsbeschwerde betreffend den Zweitangeklagten Aladin M*****:

Nach den wesentlichen Urteilsannahmen beobachtete Aladin M***** die Wegnahme der Tasche durch seinen Freund Alexander G***** aus einer Entfernung von zehn Metern (US 11) und stellte ihm nach der Tat in diesem Wissen seinen Pullover als Unterstützung zum Verbergen der geldwerten Beute zur Verfügung (US 14). Der Einsatz von Gewalt wurde von ihm allerdings nicht beobachtet, vielmehr ging Alexander M***** von der Wegnahme der Handtasche ohne jegliche Gewalteinwirkung aus (US 14 f).

Die die Unterstellung der Tat unter § 164 Abs 1 und Abs 4 dritte Alternative StGB fordernde Staatsanwaltschaft macht, indem sie Konstatierungen dahin vermisst, Aladin M***** habe nach der Tat des Erstangeklagten erkannt, dass der Trageriemen abgerissen ist (so dessen Einlassung; ON 38/S 22), keinen Feststellungsmangel im Sinne der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600) geltend, sondern bekämpft mit eigenen Beweiswerterwägungen unzulässig die zur Annahme eines Diebstahls als Vortat führende Beweiswürdigung der Tatrichter.

Das Erstgericht hat seine Überzeugung von der Beobachtung einer gewaltfrei erfolgten Wegnahme der Handtasche durch den Zweitangeklagten den Denkgesetzen entsprechend auf dessen Einlassung und den weiteren Umstand gestützt, dass auch der im Übrigen geständige Erstangeklagte überzeugend das Versetzen eines Stoßes in Abrede stellte, wobei die Tatrichter vor allem auch massive intellektuelle Defizite des Aladin M***** in ihre Erwägungen miteinbezogen (US 19 f).

Im Übrigen legt die Beschwerdeführerin nicht dar, weshalb sich aus der ins Treffen geführten, als erörterungsbedürftig angesehenen Einlassung ein tatbezogener Zeitpunkt ableiten lassen sollte, obwohl der Zweitangeklagte keine Angaben dazu machte, aber vor oder nach seiner Unterstützungshandlung mit dem Umstand des abgerissenen Trageriemens konfrontiert wurde, und weshalb darüber hinaus - trotz der konstatierten intellektuellen Minderbegabung - daraus zwingend auf ein im Zuge der Unterstützungshandlung bestehendes Begleitwissen einer durch Gewaltanwendung geprägten Vortat geschlossen werden könnte.

Das erkennende Gericht war dem Vorbringen (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) zuwider schließlich weder gehalten, den vollständigen Inhalt der Aussage des Zweitangeklagten in extenso zu erörtern, noch musste es sich - dem Gebot der gedrängten Darstellung folgend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) - mit jedem im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandersetzen (RIS-Justiz RS0098377, RS0098778).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Anmerkung

E9263912Os148.09w

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0120OS00148.09W.1126.000

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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