Kopf
Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Annerl als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 9. Juli 2009, GZ 49 Hv 77/08f-54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann S***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (I/a) und nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (I/b) sowie des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt. Danach hat er
(I) in Perchtoldsdorf folgende Personen mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht, und zwar
a/ am 6. August 2005 Joanna K*****, indem er ihr einen Schlag mit einem Eisenrohr versetzte und sie mit diesem zu würgen trachtete, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung, und zwar eine psychische Erkrankung im Sinn einer Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik bei posttraumatischer Belastungsstörung, verbunden mit einer 24 Tage übersteigenden Gesundheitsschädigung, zur Folge hatte; b/ am 1. Juli 2008 Barbara H*****, indem er ihr, als sie durch einen von ihm verursachten Sturz über eine Straßenböschung fiel, zumindest einen Schlag zu versetzen suchte, sie am Körper erfasste und nochmals über eine Straßenböschung zu Sturz brachte, sowie in weiterer Folge ihr Kleid aufzureißen trachtete;
(II) zu einem nicht näher feststehenden Zeitpunkt in den Jahren 1993 oder 1994 in Breitenfurt dadurch, dass er die am 3. Februar 1982 geborenen Astrid Ki***** intensiv an der Scheide betastete, außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Zum Schuldspruch II begründet das Erstgericht die Feststellungen zur, insbesondere auf das Alter des Opfers gerichteten, subjektiven Tatseite (US 6 f) mit allgemeiner Lebenserfahrung, nach welcher Arbeiter im Reitstall aufgrund von Gesprächen anlässlich gemeinsamer Tätigkeiten (etwa beim Versorgen der Pferde) mit Reiterinnen und Reitern über deren ungefähres Alter Bescheid wüssten (US 10). Mit dem im Rahmen der Mängelrüge erhobenen Einwand, es gebe „im ganzen Akt keinen Anhaltspunkt, vor allem aber keine Feststellung, dass der Angeklagte in diesem Wissen gehandelt habe", zeigt dieser keinen Begründungsmangel auf, sondern bekämpft nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung lediglich die tatrichterliche Beweiswürdigung, die sich - unter dem Aspekt formaler Begründungstauglichkeit unbedenklich (RIS-Justiz RS0118317) - auf die Angaben des Opfers stützt, wonach es den Reitstall bis zum Tatzeitpunkt zumindest ein Jahr lang frequentiert habe (vgl ON 21 S 5 ff).
Die im Rahmen der Sanktionsrüge (Z 11) vorgetragene Kritik, das Erstgericht habe wesentliche Milderungsgründe - etwa die eingeschränkte Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers und das teilweise lange Zurückliegen der Tat (zu Schuldspruch II) - bei der Strafzumessung zu Unrecht nicht als mildernd in Anschlag gebracht, stellt lediglich ein Berufungsvorbringen dar (RIS-Justiz RS0116960; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 709).
Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 285d Abs 1 StPO) folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Anmerkung
E9281614Os134.09aEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0140OS00134.09A.1215.000Zuletzt aktualisiert am
12.02.2010