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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Quasianlaßfall; Anlaßfallwirkung der teilweisen Aufhebung des Plandokuments Nr 5040, Beschluß des Wr Gemeinderates vom 10.12.74 idF des Plandokuments Nr 6124 vom 27.06.90 mit E v 07.10.96, V63/95.Spruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Wien ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit ATS 18.000,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 21. November 1995, Z MA 64 - E.Z. 87/Nußdorf - 1/90, wurde ein Antrag der Beschwerdeführer (vom 18.6.1990) auf Einlösung der Liegenschaft EZ 87 des Grundbuches der Katastralgemeinde Nußdorf, bestehend aus dem Grundstück 795/1 Garten, gemäß §59 Bauordnung für Wien, LGBl. 11/1930 idF 37/1995, als unbegründet abgewiesen.
1.2.1. In der auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in ihren Rechten ua. durch die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung als verletzt und beantragen eine (kostenpflichtige) Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
1.2.2. Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
1.2.3. Dazu langte eine Replik der Beschwerdeführer beim Verfassungsgerichtshof ein, worauf die Landesregierung duplizierte.
1.3. Mit Erkenntnis vom 7. Oktober 1996, V63/95-8, hob der Verfassungsgerichtshof die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 10. Dezember 1974, Pr.Zl. 3818/74 (Plandokument Nr. 5040), (Beschlußfassung bekanntgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom 2.1.1975, Nr. 1, S. 13) idF der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 27. Juni 1990, Pr.Zl. 1749/90 (Plandokument Nr. 6124), (Beschlußfassung bekanntgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom 12.7.1990, Nr. 28, S. 42) insoweit als gesetzwidrig auf, als sie das Gebiet zwischen Nußberggasse, Eichelhofstraße und dem Linienzug a-b-c des Plandokumentes Nr. 6124 umfaßt.
2.1.1. Gemäß Art139 Abs6 B-VG wirkt die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundeliegenden Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
2.1.2. Dem in Art139 Abs6 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10616/1985, 10736/1985, 10954/1986).
2.2. Die nichtöffentliche Beratung im Verordnungsprüfungsverfahren zu V63/95 begann am 7. Oktober 1996. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 9. Jänner 1996 eingelangt.
2.3. Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides ua. die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnung an. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, daß dadurch die Rechtssphäre der Beschwerdeführer nachteilig beeinflußt wurde. Die Beschwerdeführer wurden somit wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt.
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 3.000,-- enthalten.
2.5. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs4 Z3 VerfGG 1953 abgesehen.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B100.1996Dokumentnummer
JFT_10019391_96B00100_00