TE OGH 2009/12/18 2Ob211/09g

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Veröffentlicht am 18.12.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bernhard M*****, vertreten durch Mag. Heribert Donnerbauer, Rechtsanwalt in Retz, gegen die beklagte Partei Franz B*****, vertreten durch Dr. Werner Stolarz Mag. Rainer Ebert Rechtsanwälte KG in Hollabrunn, wegen 4.350 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 18. November 2008, GZ 21 R 419/08b-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Hollabrunn vom 22. August 2008, GZ 1 C 1129/07p-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 334,66 EUR (darin 55,78 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Am 4. 8. 2007 ereignete sich auf der Landesstraße 45 in Rohrendorf ein Verkehrsunfall, im Zuge dessen der Kläger als Lenker seines PKWs mit einem Pferdegespann des Beklagten kollidierte.

Der Beklagte, ein ausgebildeter Trabrennfahrer, hatte beabsichtigt, mit seinem Pferd und dem angehängten „Trainierwagen" auszufahren. Er richtete das Pferd und den Wagen her, öffnete die Tore seines Anwesens, band das Pferd los, stieg (auf den Wagen) auf und wollte wenden, als er plötzlich kollabierte und bewusstlos vom Wagen stürzte. Das herrenlose Pferd lief samt Wagen auf die Fahrbahn der Landesstraße, wo es zu dem Unfall kam.

Das Erstgericht wies das auf den Ersatz des Fahrzeugschadens von 4.350 EUR gerichtete Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es - ausgehend von einem in dritter Instanz nicht mehr strittigen überwiegenden Mitverschulden des Klägers - den Beklagten zur Zahlung von 1.450 EUR sA an den Kläger verpflichtete.

Zur Haftung des Beklagten führte es aus, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 1320 ABGB nur auf die objektiv gebotene Sorgfalt, nicht aber auch auf die Gründe, aus denen dem Tierhalter deren Einhaltung nicht möglich war, abzustellen sei. Die Beweislast treffe den Halter. Misslinge der Beweis, hafte er für rechtswidriges, wenn auch schuldloses Verhalten. Das Verhalten des Beklagten sei objektiv sorgfaltswidrig gewesen, weshalb seine Haftung zu bejahen sei.

Seinen Ausspruch, wonach die ordentliche Revision nicht zulässig sei, änderte das Berufungsgericht über Antrag des Klägers gemäß § 508 Abs 3 ZPO nachträglich dahin ab, dass es die ordentliche Revision doch zuließ. Im vorliegenden Fall liefe die Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze des Obersten Gerichtshofs auf eine unerwünschte Erfolgshaftung des Beklagten hinaus.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten erhobene Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Auch in der Revision werden keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dargetan.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass der Gesetzgeber im § 1320 ABGB zwar keine (volle) Gefährdungshaftung normiert hat, die besondere Tiergefahr aber dadurch berücksichtigt wird, dass nicht auf das subjektive Verschulden des Halters, sondern auf die objektiv gebotene Sorgfalt abgestellt wird (3 Ob 2229/96 = SZ 69/162; 2 Ob 180/98d = ZVR 1999/107; 2 Ob 46/01f; 2 Ob 13/01b; 3 Ob 110/07h; RIS-Justiz RS0105089). Die Entscheidung 2 Ob 46/01f, auf die sich das Berufungsgericht stützte, hatte einen nahezu identen Sachverhalt zum Gegenstand. Der erkennende Senat gelangte dort zu dem Ergebnis, dass der gesundheitsbedingte Verlust der Herrschaft über ein Pferdegespann der im öffentlichen Verkehr objektiv gebotenen Sorgfalt nicht entspricht und es auf das fehlende subjektive Verschulden des Halters nicht ankommt.

Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Das Pferd des Beklagten war nach dessen plötzlichem Kollaps unbeaufsichtigt und nicht mehr ordnungsgemäß verwahrt (die Tore standen offen), weshalb es ungehindert entweichen konnte. Dass der bewusstlose Beklagte nicht mehr für die Beaufsichtigung sorgen konnte, ist ihm zwar subjektiv nicht vorwerfbar, das Haftungserfordernis einer objektiven Sorgfaltsverletzung ist aber erfüllt.

Die zweitinstanzliche Entscheidung steht mit der erörterten Rechtsprechung im Einklang. Von einer abzulehnenden reinen Erfolgshaftung wäre nur dann auszugehen, wenn dem Beklagten die Haftung für einen trotz der erforderlichen Verwahrung und Beaufsichtigung des Pferdes verursachten Schaden auferlegt worden wäre.

Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht bedurfte, war die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.

Textnummer

E93159

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0020OB00211.09G.1218.000

Im RIS seit

17.01.2010

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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