TE OGH 2009/12/21 8ObA71/09p

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Veröffentlicht am 21.12.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter o. Univ.-Prof. DI Hans Lechner und Josef Wild als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W***** U*****, vertreten durch Mag. Oliver Simoncic, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wegen 37.872,74 EUR brutto sA (Revisionsinteresse 25.132,86 EUR brutto), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. September 2009, GZ 7 Ra 22/09w-35, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

I. Der Kläger hat sein Vorbringen zu den von ihm geleisteten Überstunden nicht bewiesen. Seine nunmehr dazu angestellten Überlegungen erweisen sich teilweise als Versuch, die erstgerichtlichen Feststellungen in Frage zu stellen. Für eine Festsetzung der Höhe geleisteter Überstunden nach § 273 ZPO lassen diese Feststellungen von vornherein keinen Raum. Die Voraussetzungen für eine Verschiebung der Beweislast liegen nicht vor. Eine derartige Verschiebung ist nach ständiger Rechtsprechung auf besondere Ausnahmefälle beschränkt, in denen eine Beweisführung von der an sich dazu verpflichteten Partei billigerweise nicht erwartet werden kann, weil es sich um Umstände handelt, die allein in der Sphäre der Gegenseite liegen und daher nur ihr bekannt und damit auch nur durch sie beweisbar sind. Zu einer Verschiebung der Beweislast kommt es also (nur) dann, wenn für die eine Partei mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten bestehen, während der anderen Partei diese Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihr daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben; allein durch die „Nähe zum Beweis" oder durch - wenn auch erhebliche - Beweisschwierigkeiten ist eine Verschiebung der Beweislast hingegen nicht gerechtfertigt (RIS-Justiz RS0040182; 10 Ob 21/08y; 6 Ob 44/09b). Von ganz besonderen, unverhältnismäßigen Beweisschwierigkeiten des Klägers, die eine Verschiebung der Beweislast rechtfertigen könnten, kann hier nicht die Rede sein. Vielmehr müssen dem Kläger die von ihm behaupteten Überstunden naturgemäß bekannt sein. Allerdings wurden die von ihm dazu angebotenen Beweise von den Vorinstanzen nicht als stichhaltig erachtet.

II. Auf die Frage, ob der Kläger leitender Angestellter iSd § 1 Abs 2 Z 8 AZG ist, muss unter den gegebenen Umständen - wie schon das Berufungsgericht richtig erkannt hat - nicht eingegangen werden.

III. Die Frage, ob eine Entlassung rechtzeitig ausgesprochen wurde, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig und daher regelmäßig nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu rechtfertigen. Eine unvertretbare Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz, die dessen ungeachtet die Zulässigkeit der Revision rechtfertigen könnte, zeigt der Revisionswerber nicht auf.

IV. Die Beklagte hat die Entlassung ua wegen der Veruntreuung von Geldbeträgen ausgesprochen und die Mitwirkung des Klägers an einer derartigen Veruntreuung letztlich auch unter Beweis gestellt. Dass sie sich während des erstinstanzlichen Verfahrens vorübergehend unter Hinweis auf Beweisschwierigkeiten auf diesen Entlassungsgrund nicht stützte, steht der Berücksichtigung dieses Grundes nicht entgegen. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe auf diesen Entlassungsgrund nicht verzichtet, sodass sie sich neuerlich darauf berufen konnte, ist jedenfalls vertretbar.

V. Die Ausführungen des Klägers, mit denen er die Berechtigung der Entlassung in Frage stellt, sind ebenfalls nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu begründen. Zur ihm angelasteten Mitwirkung an einer Veruntreuung nimmt er in diesem Zusammenhang gar nicht Stellung. Im Übrigen stützt er sich zum erheblichen Teil auf Umstände, die von den Vorinstanzen nicht festgestellt wurden. Damit und mit Behauptungen, von ihm verletzte Vorgaben des Dienstgebers seien unzweckmäßig gewesen bzw von ihm in guter Absicht nicht eingehalten worden, vermag er die Vertretbarkeit der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage zu stellen.

Textnummer

E92928

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:008OBA00071.09P.1221.000

Im RIS seit

20.01.2010

Zuletzt aktualisiert am

23.05.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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