Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J***** S*****, vertreten durch Plankel Mayrhofer & Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch die Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 72.670 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.
Text
Begründung:
Der in Innsbruck wohnhafte Kläger begehrt mit seiner beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage Zahlung des Ausgleichsanspruchs von 72.670 EUR sA gemäß § 24 HVertrG 1993. Nach dem Einspruch der Beklagten gegen den vom Erstgericht erlassenen Zahlungsbefehl beantragte der Kläger die Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht. Die 16 von ihm beantragten Zeugen seien wie er selbst im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck wohnhaft. Die Delegierung werde daher zu einer wesentlichen Verkürzung und Verbilligung des Prozesses führen. Die Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus und verwies insbesondere darauf, dass es dem Kläger bei Einbringung der Klage gemäß § 4 Abs 1 ASGG freigestanden wäre, die Zuständigkeit des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht in Anspruch zu nehmen. Es lägen keine wesentlichen, nachträglich entstandenen Gründe vor, die nun eine Delegierung zweckmäßig erscheinen lassen. Die Delegierung liege ausschließlich im Interesse des Klägers. Das Arbeits- und Sozialgericht Wien legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag des Klägers vor. In seiner Stellungnahme vom 11. 12. 2009 sprach es sich für die beantragte Delegierung aus.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag des Klägers ist gerechtfertigt. Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Richtig ist, dass eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen darf und nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen soll. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589 ua). Davon ist aber hier auszugehen. Nicht nur der Kläger, sondern 15 von 16 der von ihm beantragten Zeugen haben ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck. Dass der Kläger einen weiteren Zeugen beantragt hat, der seinen Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Ried im Innkreis hat und die Beklagte ihrerseits einen Zeugen aus Wien namhaft machte, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit. Das wird hier durch eine Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht Innsbruck erreicht, weil in diesem Fall der absolut überwiegende Teil des Beweisverfahrens vor dem dann erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, ohne dass die meisten der aus dem Sprengel des Landesgerichts Innsbruck stammenden Zeugen eine weite und kostspielige Anreise in Kauf nehmen müssen. Von der damit erreichbaren Verfahrenskonzentration, Kosten- und Zeitersparnis profitieren beide Parteien.
Es ist richtig, dass der Kläger gemäß § 4 Abs 1 Z 1 lit a und c ASGG die Klage bereits von Anfang an beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht hätte einbringen können. Richtig ist auch, dass diese Vorgangsweise zweckmäßiger gewesen wäre, weil der Kläger voraussehen hätte können, dass der Großteil insbesondere der von ihm namhaft gemachten Zeugen im Sprengel dieses Gerichts wohnt. Das ändert aber nichts daran, dass es immer noch zweckmäßig ist, die Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht zu delegieren, weil im Sprengel dieses Gerichts der Großteil der zu vernehmenden Zeugen wohnt. Es gibt keinen Grundsatz, dass nicht mehr delegiert werden dürfte, wenn der Kläger die Unzweckmäßigkeit seiner Vorgangsweise hätte voraussehen können (9 Nc 11/07b; 9 Nc 11/08d; 9 Nc 3/09d ua).
Anmerkung
E927399Nc26.09mEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0090NC00026.09M.0108.000Zuletzt aktualisiert am
18.02.2010