TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/21 2000/01/0228

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Veröffentlicht am 21.12.2000
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des DL in G, geboren am 9. Jänner 1969, vertreten durch Dr. Peter C. Sziberth, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Marburger Kai 47/III, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. Mai 2000, Zl. 201.022/0-V/13/98, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein angolanischer Staatsangehöriger, der am 28. Juli 1997 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 29. Juli 1997 die Gewährung von Asyl. Er wurde am 5. August 1997 niederschriftlich einvernommen.

Die Behörde erster Instanz gab sein damaliges Vorbringen in ihrem den Asylantrag abweisenden Bescheid vom 10. Dezember 1997 folgendermaßen wieder:

"Sie hätten Ihr Heimatland verlassen, da Sie Mitglied der PDPANA (Parti Democratique Pour le Progres Alliance Nationale Angolaise) seien, und wären Sie am 21.01.1997 als Initiator eines Aufmarsches gegen die Regierung verhaftet worden. Sie wären seit 1992 Mitglied dieser Partei, hätten aber keinerlei Funktion. Sie wären bekannt, da Sie auch Fußballtrainer seien, und wären deshalb zum Initiator gemacht worden, als welcher Sie die Aufgabe hätten, andere Leute zur Teilnahme am Marsch zu motivieren. Dabei wäre es um eine Demonstration für die Leute der BAKONGO gegangen, welche für eine bessere Integration in die Gesellschaft von Angola demonstrieren hätten wollen. Sie selbst würden auch von den Bakongo stammen. Jedes Jahr am 22.01. würde seit 1993 ein Marsch für die Leute des Bakongo stattfinden, da dies der Jahrestag eines Massakers an den Bakongo wäre. Um den Marsch am 22.01.1997 zu verhindern, wären bereits vorher Verhaftungen der Organisatoren durch das Militär durchgeführt worden und hätte man Sie am 21.01.1997 zu Hause verhaftet, als Sie vom Training gekommen wären. Sie hätten nicht freiwillig mitgehen wollen und wären daher geschlagen worden, bis Sie bewusstlos gewesen wären. Zum Beweis dieser Misshandlungen legten Sie dem Bundesasylamt Photos vor. Sie gaben an nicht zu wissen, wer diese drei Photos gemacht habe, da Sie bewusstlos gewesen wären. Zwei Photos würden einen Soldaten zeigen, der Sie misshandelt hätte. Photo Nr. 1 würde einen Soldaten zeigen, der auf Ihren Kopf gestiegen wäre, als Sie am Boden gelegen wären, Photo Nr. 2 würde einen Soldaten zeigen, der Sie am Boden hockend und blutend halten würde, Photo Nr. 3 würde zwei Soldaten zeigen, welche Sie festhalten würden. Die Negative der Photos wären von Ihrem Cousin an Ihren Bruder in Österreich geschickt worden und hätte ihr Bruder hier in Österreich Photos daraus machen lassen. Die Negative wären mit Ihren Passkopien an Ihren Bruder geschickt worden, während Sie sich in Haft befunden hätten. Die drei Bilder wurden mit Ihrem Einverständnis zum Akt genommen. Sie wären daraufhin in ein Gefängnis namens 'Estrada de Catete' (von Ihnen aufgeschrieben) gebracht worden, wo Sie ein Monat inhaftiert gewesen wären. Mit Hilfe Ihres Cousins, welcher bei der Polizei wäre, hätten Sie nach einem Monat flüchten können.

Auf den Vorhalt, dass der von Ihnen angegebene Gefängnisname ein Straßenname ist, korrigierten Sie, dass der Name 'Viana' laute. Auf die Aufforderung Ihre Flucht aus dem Gefängnis genau zu beschreiben, gaben Sie an, dass Ihr Cousin eine Wache bestochen hätte, welche Ihre Zelle geöffnet und Sie hinausgeführt hätte. Vor dem Gefängnis hätte Ihr Cousin in einem Auto auf der Straße gewartet und Sie in ein leeres Haus in einem verlassenen Viertel der Stadt gebracht. Dort wären Sie längere Zeit geblieben, hätten aber mehrfach Ihre Unterkunft gewechselt. Während dieser Zeit hätten Sie mehrfach Ihren Cousin an einem Ort getroffen, wo er Sie abgesetzt hätte. Ihr Cousin hätte Ihnen geraten, das Land zu verlassen, da es auch für ihn gefährlich gewesen wäre, Sie zu schützen. Ihr Cousin hätte bereits zu der Zeit Ihrer Inhaftierung mit Ihrem Bruder in Österreich Kontakt aufgenommen und diesem die Dokumente und Photos geschickt und hätte Ihr Bruder, nachdem er die Photos gesehen hätte, gemeint, dass man Ihnen helfen und Sie außer Landes bringen müsse.

Sie geben ausdrücklich an, dass Sie keine weiteren Fluchtgründe hätten.

Auf die Frage, welche Funktion Ihr Cousin bei der Polizei gehabt hat, gaben Sie an, dass er Angehöriger der 'Police Nationale' gewesen sei.

Auf den Vorhalt, dass es nach den dem Bundesasylamt vorliegenden Länderinformationen keine Polizeieinheit mit dieser Bezeichnung gäbe, antworteten Sie, dass in Angola wilde Zustände herrschen würden, viele Polizisten nicht einmal eine Uniform tragen und Sie nicht genau wüssten, was Ihr Cousin gemacht habe.

Auf die Frage, welche Soldaten Sie gefangen genommen haben, gaben Sie an, dass es angolanische Soldaten gewesen wären, welche Sie in Luanda gefangen genommen hätten, drei Soldaten hätten Uniform getragen, ein anderer Zivil. Die Soldaten würden angolanische Uniformen tragen.

Auf den Vorhalt, dass die auf den Uniformen aufgenähten Hoheitsabzeichen der Soldaten auf den Photos aber Hoheitsabzeichen von Zaire sind und das Staatswappen und darunter die Staatsflagge von Zaire zeigen, gaben Sie an, dass die Soldaten alle möglichen Uniformen tragen würden.

Auf den Vorhalte, dass Sie behauptet haben, dass Ihr Bruder sich nach dem Ansehen der Bilder Ihrer Misshandlungen entschlossen hätte, Ihnen die Flucht aus Angola zu ermöglichen und dass dies im Jänner 1997, somit zur Zeit Ihrer Inhaftierung gewesen sei, die vorgelegten Bilder aber das Entwicklungsdatum 04.97 tragen, antworteten Sie, dass Ihr Cousin die Negative übersandt habe. Auf den Vorhalt, dass auf den von Ihnen vorgelegten Negativen, welche ebenfalls als Beweise zum Akt genommen wurden, aber keine Personen genau erkennbar sind, gaben Sie an, dass Ihr Cousin Ihrem Bruder davon erzählt habe.

Außerdem legten Sie eine Kopie eines Haftbefehls gegen Sie vor, welche Ihr Cousin organisiert hätte. Das Original dieses Haftbefehls hätten die Soldaten gehabt, welche Sie festgenommen hätten. Sie wüssten weder, wo sich das Original befinde, noch wie Ihr Cousin an die Kopie gekommen wäre.

Auf den Vorhalt, dass gemäß den Berichten von Amnesty International im Jahr 1993 kein Massaker an den Mitgliedern der Volksgruppe der Makongo (gemeint: Bakongo) stattgefunden hat und in den vorliegenden Länderinformationen ausdrücklich betont wird, dass die Regierung die Bestrebungen der Makongo (gemeint: Bakongo) nicht ernst nimmt, keinerlei Verfolgungshandlungen gegen diese gesetzt werden und es daher auch keine Gründe gibt, welche gegen eine Rückkehr von Angehörigen der Makongo (gemeint: Bakongo) nach Angola sprechen, da diese keine Verfolgung zu befürchten haben, gaben Sie an, dass die an der Macht befindliche Partei zu allem fähig sei und die Makongo (gemeint: Bakongo) nicht anerkennen wolle.

Nach der Rückübersetzung der Niederschrift ergänzten Sie, dass auch die Kopie Ihres Haftbefehles bei den Papieren gewesen wäre, welche Ihr Cousin an Ihren Bruder geschickt hätte.

Sie hätten Ihre Heimat am 27.07.1997 mit Hilfe eines weißen Mannes, dessen Namen Sie nicht angeben könnten, verlassen. Ihr Cousin, dessen Namen Sie nicht angeben wollten, hätte alles arrangiert. Sie hätten ihm ein Passphoto und US $ 5.000,- gegeben und hätte Sie Ihr Cousin zum Flughafen gebracht und dem Weißen übergeben. Sie hätten Luanda am 27.07.1997 gegen 15.00 Uhr mit einem Flugzeug der Fluglinie Aeroflot verlassen und wären Sie am 28.07.1997 morgens in Moskau angekommen. Nach der Zwischenlandung wären Sie mit einem anderen Flugzeug nach Wien-Schwechat weitergeflogen. Bei den Passkontrollen hätten Sie Ihre Pässe vorgewiesen und ungehindert passieren können. Ihren eigenen Pass hätten Sie nicht mitgenommen, sondern diesen zu Hause gelassen, den anderen Reisepass hätte Ihr Schlepper Ihnen niemals in die Hand gegeben.

Auf den Vorhalt, dass Sie gemäß Ihren Angaben mehrere Stunden in Moskau am Flughafen im Transit verbracht haben und dort bereits Schutz vor Verfolgung hätten finden können, da die russische Föderation seit 1993 Mitglied der Genfer Flüchtlingskonvention ist und diese nach den dem Bundesasylamt vorliegenden Erkenntnissen tatsächlich auch vollzieht, Sie daher dort bereits einen Asylantrag hätten stellen können, gaben Sie an, dass Sie deshalb nicht versucht hätten in Moskau einen Asylantrag zu stellen, da Sie einen Vertrag mit dem Schlepper gehabt hätten, dass Sie bis nach Österreich gebracht würden und Sie außerdem Ihren Bruder hier in Österreich hätten.

Die Kopien Ihres dem Bundesasylamt vorgelegten Reisepasses hätte Ihr Cousin an Ihren Bruder mit der Post geschickt, bevor Sie selbst nach Österreich gekommen wären. Ihr Bruder hätte auch das Geld für Ihre Flucht über Leute, die nach Angola gekommen wären, geschickt erhalten.

Auf die Frage, warum Ihr Bruder nicht auch den Reisepass geschickt bekommen hätte, gaben Sie an, dass dies sehr schwierig sei.

Auf den Vorhalt, dass es kein Problem darstellen kann, einen Reisepass über Mittelsleute nach Österreich zu schicken, wenn dies sogar für US $ 5.000,-- möglich gewesen ist, gaben Sie an, dass Sie sich Ihren Reisepass aus Luanda schicken lassen würden."

Die Behörde erster Instanz versagte den Angaben des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit unter Hinweis darauf, dass er sich betreffend seine Fluchtgründe mehrfach in Widersprüche verwickelt habe, welche er nicht glaubwürdig habe aufklären können. So habe er als Namen des Gefängnisses, in welchem er inhaftiert gewesen sein wolle, "Estrada de Catete" angegeben und diesen Namen erst nach Vorhalt, dass es sich dabei um einen Straßennamen handle, korrigiert. Weiters habe er behauptet, dass sein Cousin bei der Polizei - und zwar bei der Polizeieinheit "Police Nationale" - arbeite und deshalb die Möglichkeit gehabt habe, ihm zur Flucht zu verhelfen. Nach Vorhalt, dass diese Polizeieinheit gemäß den vorliegenden Länderinformationen nicht existiere, habe er angegeben, sich nicht so genau erinnern zu können. Auf von ihm zum Nachweis seiner Misshandlungen vorgelegten Fotos seien Soldaten erkennbar, von welchen er behaupte, dass diese Soldaten angolanische Uniformen tragen würden. Tatsächlich ließe sich jedoch unter Verwendung eines Vergrößerungsglases erkennen, dass auf diesen Uniformen Hoheitszeichen, Staatswappen sowie Staatsflagge von Zaire erkennbar seien, und es sich somit keinesfalls um angolanische Soldaten sowie deren Uniformen handeln könne. Weiters habe er behauptet, dass es im Jahre 1993 im Jänner ein Massaker an Angehörigen der Bakongo gegeben habe, tatsächlich werde jedoch im Bericht von Amnesty International über das Jahr 1993 kein Massaker erwähnt. Auch würden die Länderinformationen darüber hinaus ausführen, dass die Regierung die Bestrebungen der Bakongo nicht ernst nehme, keinerlei Verfolgungshandlungen gegen diese setze und daher auch keinerlei Gründe bestünden, die gegen eine Rückkehr der Angehörigen der Bakongo nach Angola sprechen. Weiters sei unglaubwürdig, dass sich sein Bruder auf Grund der ihm zum Zeitpunkt der Inhaftierung (Jänner, Februar 1997) übermittelten Negative zur Unterstützung seiner Flucht entschlossen habe. Zum einen seien auf den zum Akt genommenen Negativen Personen nicht erkennbar, zum anderen trügen die dem Bundesasylamt zum Beweis vorgelegten Photos das Entwicklungsdatum 04.97, somit einen Zeitpunkt, der lange nach seiner Inhaftierung gelegen sei, weshalb es nicht möglich sei, dass sich sein Bruder auf Grund dieser Photos dazu entschlossen habe, ihm zur Flucht aus dem Gefängnis zu verhelfen. Weiters sei nicht glaubwürdig, dass er über ihm völlig unbekannte Quellen zu den besagten Photos, sowie einer Photokopie des Festnahmebefehls, gekommen sei.

Auf Grund dieser unglaubwürdigen Angaben, sowie des Umstandes, dass er sich während seiner Flucht in der russischen Föderation aufgehalten habe, könne ihm kein Asyl gewährt werden.

In der dagegen erhobenen Berufung vom 18. Dezember 1997 brachte der Beschwerdeführer vor, er habe sein Vorbringen genügend substantiiert und als Asylgrund angegeben, er habe es in seinem Heimatland nicht mehr ausgehalten, weil er als Angehöriger der Bakongo-Volksgruppe verfolgt worden sei. Der Umstand, dass die Bakongo-Volksgruppe für die Regierung noch keine ausreichende Gefahr darstelle, um ernst genommen zu werden, schließe allfällige Massakrierungen nicht aus. Auch habe er durch Vorlage von Lichtbildern und einer Kopie des Haftbefehles bewiesen, dass er geschlagen sowie verhaftet worden sei. Dass diese der Behörde vorgelegten Fotos offensichtlich im April entwickelt worden seien, schließe nicht aus, dass es für den Bruder im Jänner 1997 Negativabzüge gegeben hätte. Eine diesbezügliche Frage sei jedoch an seinen Bruder nicht gestellt worden. Es lägen auch keine Widersprüche in seinen Aussagen vor. In den unterschiedlichen Bezeichnungen des Gefängnisses liege kein Widerspruch, da auch von österreichischen Gefängnissen viele differierende Bezeichnungen gebräuchlich seien. Der Name "Police Nationale" bedeute grundsätzlich nichts anderes als staatliche Polizei; auch in Österreich lebe mit Sicherheit eine Vielzahl von Menschen, die den Unterschied zwischen Gendarmerie und Polizei nicht kennen würden. Der Umstand, dass die ihn verprügelt habenden angolanischen Soldaten Hoheitsabzeichen des Staates Zaire getragen hätten, könne seiner Glaubwürdigkeit ebenfalls nichts anhaben, da es gerade Soldaten in dieser Region mit dem Ursprung ihrer Uniformen nicht so genau nehmen würden. So trügen selbst Staatspräsidenten dieser Region Fantasieuniformen aller Art. Was die Theorie des sicheren Drittlandes betreffe, sei dem Akt nicht zu entnehmen, dass er hätte wissen müssen, dass der ehemalige kommunistische, diktatorische und mit dem Staatsgefüge Angolas befreundete Staat UdSSR ihm tatsächlich Asyl gewähren würde. Auch habe er den Vertrag mit seinem Schlepper erfüllen und diesem Glauben schenken müssen, dass er in Österreich Asyl erhalten werde. Da sohin dem Bundesasylamt keinerlei Anlassgründe dafür vorgelegen seien, seine persönliche Glaubwürdigkeit auch nur irgendwie in Zweifel zu ziehen, und es auch keinerlei Widersprüche noch verfälschte bzw. gefälschte Beweismittel gebe, liege die Ursache für die Abweisung des Asylantrages wohl einzig und allein darin, dass sich die Behörde afrikanische Zustände nicht vorstellen könne.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 AsylG ab. Im Rahmen der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung sei dem Beschwerdeführer neuerlich Gelegenheit geboten worden, seine Fluchtgründe zu schildern. Er habe die Behörde nun dahingehend überzeugen können, dass er infolge Kenntnis der politischen Landschaft sowie "detailreichen Kenntnis" der angolanischen "Fußballlandschaft" tatsächlich angolanischer Staatsangehöriger sei. Als Fluchtgrund habe er sich im Wesentlichen darauf berufen, als "Wahlhelfer" der Partei PTP-ANA von Seiten der Sicherheitsbehörden seines Heimatstaates festgenommen und inhaftiert worden zu sein.

Im weiteren Vorbringen wären jedoch eine Mehrzahl von Ungereimtheiten bzw. Widersprüchlichkeiten in seinen Angaben aufgetreten:

So habe er den Namen des Gefängnisses, in welchem er festgehalten worden sei, vor der Berufungsbehörde mit "Viana-Gefängnis" angegeben, wohingegen er vor der Behörde erster Instanz den Namen mit "Estrada de Catete" zu Protokoll gegeben habe. In der Berufungsverhandlung mit dem zweitgenannten Namen konfrontiert habe er ausgeführt, dass dieser Begriff eine große Straße in Luanda bezeichne, wo es früher auch ein Gefängnis gleichen Namens gegeben habe. In welchem Stadtviertel sich dieses Gefängnis befunden habe bzw. befindet, habe er nicht richtig anzugeben vermocht. Weiters sei er nicht in der Lage gewesen, auch nur einige der Hauptstraßen der Stadt Luanda richtig zu bezeichnen bzw. überhaupt zu benennen.

Auf Befragen, ob etwa einer seiner Verwandten bei der Polizei tätig wäre, habe er im Rahmen der Berufungsverhandlung spontan geantwortet, dass er einen Onkel bei der Polizei habe. Mit seiner vor der Behörde erster Instanz gemachten Aussage konfrontiert, dass er dort angegeben habe, einen Cousin bei der Polizei zu haben, habe er dargelegt, dass er mit Cousin den Onkel gemeint habe; dies auf Grund der Tatsache, dass sein Onkel sich in einem ähnlichen Alter wie er selbst befinde. Würde er subjektiv seinen Onkel üblicherweise als Cousin bezeichnen, so würde er dies doch im gesamten Verfahren so handhaben.

In der Berufungsverhandlung habe er weiters angegeben, dass sein Onkel bei der Sicherheitspolizei (Police de Securite) und nicht, wie vor dem Bundesasylamt zu Protokoll gegeben, bei der "Police Nationale" gewesen sei. Weiters habe er dazu befragt, welche Tätigkeit sein Verwandter bei der Polizei ausübe, im Gegensatz zu seiner erstinstanzlichen Aussage nunmehr geantwortet, dass dieser Leute verfolgt und Informationen geliefert habe.

Auch betreffend die Fluchtmodalitäten aus dem Gefängnis gebe es krasse Widersprüche: So habe er vor der Behörde erster Instanz diesbezüglich zu Protokoll gegeben, sein "Cousin" habe eine Wache bestochen, welche die Zelle geöffnet und ihn hinausgeführt habe, wo vor dem Gefängnis sein Cousin in einem Auto gewartet habe. Im Rahmen des vor der belangten Behörde abgeführten Rechtsgespräches habe er diesbezüglich ganz konkret zu Protokoll gegeben, dass er es ausgenützt habe, die Zelle zu verlassen, als eine Anzahl von jedenfalls mehr als zehn Personen in der Zelle einquartiert worden sei und es ihm in der allgemeinen Unruhe gelungen sei, aus der Zelle zu entweichen. Nach Heraustreten aus der Zelle sei er von einem bestochenen Wärter in den Besucherraum geführt worden und habe dort seinen "Onkel" gesehen, der dann mit ihm gemeinsam das Gefängnis verlassen habe.

Auch habe er im erstinstanzlichen Verfahren zu Protokoll gegeben, dass er sich nach dem Verlassen des Gefängnisses in einem leeren Haus in einem verlassenen Viertel der Stadt Luanda aufgehalten bzw. mehrfach seine Unterkunft gewechselt habe, während er vor der belangten Behörde angegeben habe, sich ausschließlich in einem Haus monatelang aufgehalten zu haben.

Auf die von ihm im Rahmen des Erstverfahrens vorgelegten Farbfotos der geltend gemachten Misshandlung seitens uniformierter Sicherheitsorgane angesprochen, habe er nunmehr zu Protokoll gegeben, dass diese Fotos im Augenblick seiner Verhaftung bzw. unmittelbar danach von seinem Onkel, welcher sich gegenüber den Misshandlern nicht zu erkennen gegeben habe, gemacht worden seien, wohingegen er vor der Behörde erster Instanz angegeben habe, dass er nicht wisse, wer diese Fotos gemacht habe.

Auch sei der Beschwerdeführer nach der Bezeichnung des ursprünglich am 22. Jänner 1993 stattgefunden habenden Massakers an etwa 100 Angehörigen der Volksgruppe der Bakongo befragt worden, wozu er angegeben habe, jährlich an dem diesbezüglichen Gedenkmarsch teilgenommen bzw. diesen im Jahre 1997 sogar mitorganisiert zu haben. Nähere diesbezügliche Aussagen habe er jedoch nicht machen können. Es sei jedoch davon auszugehen, dass es einer Person, welche einen Gedenkmarsch zum Andenken an Opfer einer eigenen Volksgruppe mitorganisiert habe, auch zumutbar sei, den allgemeinen, in seinem Heimatland gebräuchlichen Ausdruck für dieses Ereignis bzw. diesen Tag namhaft zu machen, welcher allgemein "Blutiger Freitag" genannt wird.

Letztlich sei noch zu erwähnen, dass der im Verfahren zur Bezeugung seiner Identität vorgelegte Reisepass von der zuständigen kriminaltechnischen Untersuchungsstelle mit Befund vom 12. Jänner 1998 als mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht authentisch ausgestellt qualifiziert worden ist.

Da sohin der Beschwerdeführer im durchgeführten Ermittlungsverfahren eine Mehrzahl an Ungereimtheiten, Widersprüchlichkeiten und Unplausibilitäten in seinen Angaben gemacht, sowie zum Beweis seiner Identität ein jedenfalls als zweifelhaft einzustufendes Dokument vorgelegt habe, sei ihm bei einer Gesamtbetrachtung seiner Aussagen jegliche persönliche Glaubwürdigkeit abzuerkennen gewesen.

Folglich sei es nicht möglich gewesen, die vom Beschwerdeführer im Rahmen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ins Treffen geführten Umstände bzw. Ereignisse als Sachverhalt festzustellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, dass ihm von Seiten des Bundesasylamtes infolge dessen Unkenntnis hinsichtlich diverser Fakten sowie der tatsächlichen Situation in Angola bereits insofern Unrecht getan worden sei, als ihm ein falsches Vorbringen vorgeworfen worden sei und man ihm falsche Vorhalte gemacht habe, die in der Folge zu einer Verwirrung seiner Person und den damit verbundenen unpräzisen Aussagen geführt hätten.

Er habe im Verfahren vor der erstinstanzlichen Behörde ausdrücklich angeführt, im Gefängnis "Estrada de Catete" festgehalten worden zu sein, in weiterer Folge sei ihm jedoch vom zuständigen Beamten erklärt worden, dass es dort überhaupt kein Gefängnis gebe, sondern es sich dabei um einen Straßennamen handeln würde. Daher habe er den Gefängnisnamen auf "Viana" korrigiert. Tatsächlich gebe es, wie sich nun vor dem Bundesasylsenat herausgestellt habe, selbstverständlich ein Gefängnis namens "Estrada de Catete". Da ihm jedoch bereits vom Bundesasylamt mitgeteilt worden sei, dass es kein Gefängnis dieses Namens gebe, sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als im Verfahren vor dem Bundesasylsenat darauf hinzuweisen, dass es dort maximal ein Gefängnis gleichen Namens gegeben hätte.

Ebenso verhielte es sich mit dem "Bloody Friday". Im Verfahren vor dem Bundesasylamt habe man ihm mitgeteilt, dass es im Jahr 1993 kein Massaker an Angehörigen der Bakongo gegeben hätte. Dabei habe es sich um einen offensichtlich falschen Vorhalt gehandelt.

Da er dem Bundesasylsenat seine Situation geschildert und die Irrtümer des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, aufgeklärt habe, sei es unverständlich, wie die Feststellungen des Bundesasylamtes auch nur ansatzweise in den Bescheid des Bundesasylsenates einfließen haben können.

Auch habe er sowohl einen Haftbefehl als auch Lichtbilder vorgelegt und somit den Beweis erbracht, dass er in seinem Heimatland verfolgt werde. Er habe sowohl detailliertes Wissen der politischen Landschaft als auch der sportlichen Fragen kundgetan sowie Straßennamen und Namen des Viertels, wo er gewohnt habe, gewusst; ebenso den Namen der Straße, wo sein Arbeitsplatz, das Fußballstadion, gelegen sei, und den Namen dieses Stadtviertels sowie die auf Seite 6 des Verhandlungsprotokolls der Berufungsverhandlung angeführten Straßen und Viertel.

Weiters sei es ihm gelungen, den Irrtum betreffend seinen Verwandten bei der Polizei, der ihm zur Flucht verholfen habe, aufzuklären, und es gehe auch der Vorwurf, er habe den Namen der Dienststelle seines Verwandten einmal als "Police de Securite", einmal als "Police Nationale" bezeichnet, ins Leere, da die wörtliche Übersetzung von "Police Nationale" nationale Polizei sei. Weil die nationale Polizei Sicherheitsaufgaben erfülle, sei auch die Bezeichnung "Police des Securite" gerechtfertigt.

Zum Vorhalt, er habe vor dem Bundesasylsenat - nicht jedoch vor dem Bundesasylamt - dargetan, welche Tätigkeit sein Onkel ausübe, sei darauf hinzuweisen, dass er vor dem Bundesasylsenat gefragt worden sei, was denn ein Polizist täte, und er dies dort beschrieben habe.

Letztendlich habe das Verfahren vor dem Bundesasylamt nicht verifizieren können, warum sein Reisepass angeblich tatsächlich gefälscht sein solle.

Da sein Vorbringen mithin sowohl substantiiert, als auch plausibel und in sich schlüssig sei, beantrage er die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde gemäß § 33a VwGG abzulehnen, in eventu kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Insoweit sich der Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 549 ff abgedruckte hg. Judikatur). Die Beschwerdeausführungen lassen aber aus folgenden Gründen Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen:

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei im abgeführten Verwaltungsverfahren sowohl von der Behörde erster Instanz als auch vom Bundesasylsenat durch falsche Vorhalte derart verwirrt worden, dass er die ihm als Unglaubwürdigkeit ausgelegten unpräzisen Aussagen gemacht habe, kann nicht beigetreten werden. Zutreffend ist zwar, dass im erstinstanzlichen Verfahren fälschlicherweise der Vorhalt gemacht worden ist, dass es im Jahre 1993 kein Massaker an Angehörigen der Bakongo gegeben hätte. Auch dass ein Gefängnis namens "Estrada de Catete" nicht bekannt sei, ist in dieser Absolutheit nicht richtig, wobei relativierend jedoch darauf hinzuweisen ist, dass gemäß der im Akt einliegenden Auskunft des deutschen Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Schleswig vom 21. April 1996 dieses Gefängnis Ende 1993 wegen "baulichen Verfalls" geschlossen worden sei. Bei diesen im weiteren Verfahren korrigierten Irrtümern der erstinstanzlichen Behörde handelt es sich um Vorhalte, welchen die Eignung zu einer derartig weit reichenden Verwirrung des Beschwerdeführers im gesamten weiteren Verfahren, dass damit alle Widersprüche erklärt wären, nicht beigemessen werden kann. Alle übrigen Vorhalte betreffend Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten in den Ausführungen des Beschwerdeführers sowohl vor der erstinstanzlichen als auch vor der belangten Behörde waren zutreffend und konnten vom Beschwerdeführer nicht überzeugend erklärt werden.

Tatsächlich verhält es sich so, dass der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht in der Lage war, sich zu entscheiden, in welchem Gefängnis er nun angeblich inhaftiert gewesen sei (in der mündlichen Verhandlung schien sich der Beschwerdeführer auf das Gefängnis "Viana" festzulegen, dies ist nach den Beschwerdeausführungen aber wieder fraglich), und auf welche Art und Weise er aus dem Gefängnis geflohen sei.

Weiters hat der Beschwerdeführer im Verfahren die unterschiedliche Verwandtschaftsbezeichnung seines nahen Verwandten, der ihm zur Flucht aus dem Gefängnis verholfen haben soll, nicht schlüssig erklären können.

Wie die belangte Behörde weiters zutreffend ausführt, ist es wenig glaubwürdig, dass jemand, der an der Organisation eines Gedächtnismarsches mitgewirkt haben will, den in seinem Heimatland gebräuchlichen Ausdruck für den Tag, an dem das dem Gedächtnismarsch zu Grunde liegende Ereignis stattgefunden hat, nicht kennt. Auch den Widerspruch zum Zustandekommen der Fotos konnte der Beschwerdeführer nicht zufrieden stellend aufklären.

Daran ändert auch nichts, dass der Reisepass des Beschwerdeführers zweimal untersucht wurde, wobei anlässlich der ersten Untersuchung keine Bedenken gegen dessen Echtheit geäußert wurden, und daher das die Zweifel an der Echtheit des zweiten Gutachtens heranziehende Argument der belangten Behörde allein für sich keine schlüssige Aussage zur Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers zu der ihm widerfahrenen Behandlung zulässt.

Hinzu kommt, dass nach den im Akt befindlichen Beweismitteln (deutsche Berichte aus Ende 1999) eine Verfolgung weder von Angehörigen der Volksgruppe der Bakongo noch von Mitgliedern der Partei PDP-ANA auf Grund Organisation eines Gedächtnismarsches für den "Blutigen Freitag" zu ersehen ist, was die Beweiswürdigung der belangten Behörde zu der vom Beschwerdeführer behaupteten Verhaftung noch unterstreicht.

Dass der Beschwerdeführer im abgeführten Verwaltungsverfahren nicht unerhebliche geographische Kenntnisse sowie von den Fußball betreffenden sportlichen Belangen in Angola dargetan hat, wurde von der belangten Behörde zutreffend dahingehend in ihre Erwägungen miteinbezogen, dass sie in ihrem Bescheid ausdrücklich festgestellt hat, dass der Beschwerdeführer tatsächlich angolanischer Staatsangehöriger ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000010228.X00

Im RIS seit

08.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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