TE OGH 2010/1/14 13Os132/09z

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.01.2010
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Jänner 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kleibel als Schriftführer in der Finanzstrafsache gegen Kurt S***** wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. Juli 2009, GZ 083 Hv 93/08s-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kurt S***** mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten dadurch Verkürzungen an Umsatzsteuer für das Jahr 1997 und an Einkommensteuer für die Jahre 1997 bis 2002 um insgesamt 103.239,87 Euro bewirkt, dass er keine oder unrichtige Abgabenerklärungen einreichte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 1, 5, 9 lit a, 9 lit b und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl. Die Besetzungsrüge (Z 1) entzieht sich einer meritorischen Erledigung, weil der Beschwerdeführer nach dem nicht bekämpften Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 28) - wie im Übrigen von der Beschwerde ausdrücklich zugestanden wird - den vermeintlich Nichtigkeit begründenden Umstand, dass das erkennende Gericht aus einer Richterin und zwei Schöffen bestand (ON 28 S 1), nicht gerügt hat.

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass der letzte Satz des § 32 Abs 1 StPO mit BGBl I 2009/52 dahin geändert wurde, dass das Landesgericht als Schöffengericht aus einem Richter und zwei Schöffen besteht, womit das Erstgericht im - nach dem Inkrafttreten der genannten Bestimmung gelegenen - Zeitpunkt der Entscheidung (27. Juli 2009) sehr wohl gehörig besetzt war (Jerabek, WK-StPO § 514 Rz 9). Die - von der Beschwerde angesprochene - gegenteilige, im Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 17. Juni 2009 über die Änderungen des StGB, der StPO, des JGG, des StAG und des StVG durch das Budgetbegleitgesetz 2009, JMZ 894000L/4/II3/09, JABl 2009/15, geäußerte Rechtsansicht, wonach für die Änderung der Senatszusammensetzung bei den Landesgerichten als Schöffengerichten „vom Grundsatz der perpetuatio fori auszugehen" und demnach das Strafverfahren in der Besetzung zu führen sei, die im Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der Anklage gesetzlich vorgesehen gewesen ist, vermengt Gerichtsbesetzung mit Gerichtszuständigkeit (eingehend Ratz, WK-StPO § 281 Rz 111 bis 115).

Demnach kann der - in Bezug auf die angesprochene Besetzungsfrage nicht generell unberechtigte (eingehend 13 Os 115/09z, 125/09w) - Einwand fehlender Rügemöglichkeit infolge unklarer Gesetzeslage dahinstehen.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider sind die Feststellungen zu den in Bezug auf das Jahr 1997 bewirkten Verkürzungen an Umsatz- und Einkommensteuer nicht undeutlich (Z 5 erster Fall). Die insoweit kritisierte Urteilspassage bringt vielmehr zweifelsfrei die Ansicht der Tatrichter zum Ausdruck, dass der Beschwerdeführer für Beratungstätigkeiten 560.000 S bezog, diese Leistungen aber pro forma unter der Firma der C***** fakturierte (US 7; vgl auch US 6, 7 f). Das Vorbringen, die angefochtene Entscheidung übergehe die Aussage des Zeugen Walter Ce***** zur Frage der Anwendbarkeit des zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens (Z 5 zweiter Fall), geht schon im Ansatz fehl. Zeuge ist nämlich gemäß § 154 Abs 1 StPO eine vom Beschuldigten verschiedene Person, die zur Aufklärung der Straftat wesentliche oder sonst den Gegenstand des Verfahrens betreffende Tatsachen mittelbar oder unmittelbar wahrgenommen haben könnte und darüber im Verfahren aussagen soll, womit (hier relevierte) Schlussfolgerungen oder Wertungen gar nicht Gegenstand des Zeugenbeweises sind (Kirchbacher, WK-StPO § 154 Rz 8). Die Einwände des Beschwerdeführers gegen die von der Abgabenbehörde im Schätzungsweg (§ 184 BAO) ermittelten Grundlagen für die Abgabenerhebung (ON 28 S 9 iVm ON 20) erörterten die Tatrichter sehr wohl (US 10 bis 12).

Mit der Erklärung, die Ausführungen der Mängelrüge auch auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO zu stützen, orientiert sich die Beschwerde nicht an den Kriterien des solcherart herangezogenen Nichtigkeitsgrundes. Der Ansatz der Rechtsrüge (Z 9 lit a), das Erstgericht treffe keine hinreichenden Feststellungen zur Einkommensteuerpflicht des Beschwerdeführers, setzt sich über die Urteilsannahmen hinweg, wonach dieser jedenfalls von August 1998 an durchgehend in Wien aufhältig gewesen ist (US 7) und überdies die in Rede stehenden Einkünfte aus ausschließlich im Inland ausgeübter gewerblicher Tätigkeit bezogen hat (US 6, 7 f).

Die weitwendigen Ausführungen zu allfälliger Anwendbarkeit des zwischen Österreich und Liechtenstein geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens verfehlen den in den tatrichterlichen Konstatierungen gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit. Wie bereits mehrfach dargelegt, geht die angefochtene Entscheidung davon aus, dass der Beschwerdeführer aus in Österreich ausgeübter gewerblicher Tätigkeit steuerpflichtige Einkünfte bezogen und dabei zur Verschleierung teils unter der Firma von offiziell in Liechtenstein ansässigen - im Übrigen dort weder geleiteten noch operativ tätigen - Unternehmen fakturiert hat (US 6 bis 8), womit die nicht auf diesen Prämissen basierenden Beschwerdeausführungen auf sich zu beruhen haben.

Der Vorwurf, das Erstgericht habe die Berechnungen der Abgabenbehörde in seinen Feststellungen „unkritisch und unreflektiert" übernommen (der Sache nach Z 5 vierter Fall), trifft nicht zu. Die Tatrichter legen vielmehr in mängelfreier, auf konkrete Aktenteile bezugnehmender (13 Os 50/09s) Beweiswürdigung dar, aus welchen Gründen sie den Schätzungen der Finanzbehörde folgen und die Einwände des Beschwerdeführers als widerlegt erachten (US 10 bis 12). Der in der weiteren Rechtsrüge (Z 9 lit b) vorgetragene Verjährungseinwand leitet nicht aus dem Gesetz ab, warum die Bestimmung des § 31 Abs 4 lit b FinStrG, wonach die Zeit, während der wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren geführt wird (vgl ON 1 S 1), nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird, hier nicht anzuwenden sein soll.

Die - solcherart unverständlich auf die Rechtsrüge verweisende - Behauptung der Sanktionsrüge (Z 11), der Verkürzungsbetrag sei „unrichtig festgestellt", entzieht sich mangels argumentativen Substrats einer inhaltlichen Erwiderung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9300913Os132.09z

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0130OS00132.09Z.0114.000

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten