TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/21 99/06/0097

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Veröffentlicht am 21.12.2000
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82006 Bauordnung Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BauG Stmk 1995 §13 Abs1;
BauG Stmk 1995 §13 Abs2;
BauG Stmk 1995 §13 Abs8;
VwGG §24 Abs3;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §47;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des FP in G, vertreten durch Dr. RH, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 17. Mai 1999, Zl. A 17-C-24.884/1998-8, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Dipl. Ing. KG in F, vertreten durch Mag. Dr. EM, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bauansuchen vom 30. Juni 1998 (eingelangt beim Magistrat Graz am 11. September 1998) beantragte der Beschwerdeführer den "Um- und Zubau des bestehenden Gasthofes 'S...' - Neuerrichtung des Erdgeschoßes und Dachgeschoßes des Wohngebäudes (ehemals Nebengebäudes) + Parkplatz für 15 PKW". Auf Grund der im Akt einliegenden Pläne ist ersichtlich, dass dieses neu zu errichtende Wohngebäude teils an der Grundgrenze des nördlich gelegenen Nachbargrundstückes des Mitbeteiligten teils in einem Abstand von 1,25 m von der Grundgrenze gelegen ist. Aus den Plänen ergibt sich gleichfalls, dass der Keller, die östliche Gebäudefront im Erdgeschoß und jener nördlich in einer Länge von 3,5 m an der Grundgrenze verlaufende Teil der Gebäudemauer Altbestand sind. Im Übrigen ist eine Neuerrichtung des Erdgeschoßes und des Dachgeschoßes mit Wohnungen vorgesehen.

Der Beschwerdeführer legte im Verfahren ein Gutachten des Univ. Prof. Dipl. Ing. Dr. F.H. vom 15. Juli 1997 zu der Frage vor, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme gemäß § 13 Abs. 8 Stmk. BauG zuträfen. In diesem Gutachten wird zur Frage des Interesses der Altstadterhaltung zusammenfassend Folgendes ausgeführt:

"Die Wallfahrtskirche 'Maria-Grün' und das Gasthaus 'S...'

bilden ein funktionelles und - vor Bebauung des Talschlusses von 'Maria-Grün' - ein formales Ensemble, wie aus historischen Landschaftsbeschreibungen und Wanderführern entnommen werden kann. Der vom Gasthaus S... zur Wallfahrtskirche 'Maria-Grün' führende und auf die Kirche ausgerichtete, in der Fall-Linie verlaufende Weg ist typisch für Führung und Anlage historischer, vom Wallfahrtsort sternförmig führender Wallfahrtswege.

Da zudem das Tal 'Maria-Grün' als Weinanbaugebiet genutzt wurde, entsprach die Lage des Gasthauses 'S...' der in der Steiermark typischen Kammbebauung in Weinbaugebieten."

Zu der Frage der "baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz" des verfahrensgegenständlichen Gasthauses führte der Sachverständige zusammenfassend Folgendes aus:

"Die paarhofartige Anlage des Gasthauses 'S...' und seines sogenannten 'Nebengebäudes' bildet ein markantes Beispiel für baupolizeiliche Regelungen, die in Landgemeinden des Bundeslandes Steiermark vor Inkrafttreten der Steiermärkischen Bauordnung 1957 gehandhabt wurden. Die strikte Berücksichtigung der Gemeinde- bzw. Katastralgemeindegrenzen bei Baumaßnahmen - selbst wenn, wie im vorliegenden Fall die Grundstücke beiderseits der Gemeinde- bzw. Katastralgemeindegrenze ein und demselben Eigentümer aufweisen - unterscheidet sich im Bundesland Steiermark grundlegend von den 'grenzüberschreitenden' Baumaßnahmen im Westen Österreichs."

Zur Frage der historischen Bedeutung des Gasthauses wird ausgeführt:

"Durch den Besuch des k.u.k. Hofes im Jahre 1830 und das anlässlich dieses Besuches von Josef Franz Kaiser her ausgegebene 'Erinnerungs-Tableau' erhielt der Gasthof eine hohe lokalhistorische Bedeutung."

Zur Frage des Hoftyps wird im Ergebnis ausgeführt:

"Die Anlage des Gasthauses 'S...' und seines sog. 'Nebengebäudes' entspricht dem traditionellen, aus dem Haufenhof entwickelten, ostalpinen Paarhof und bildet in diesem Sinne ein Ensemble. In diesem Zusammenhang wird auf die Definition von H.J.

Kadatz3 verwiesen:

'...

     Ensemble (franz.) Komplex baulicher Anlagen in einem größeren

... landwirtschaftlichen Zusammenhang (Gebäude, Höfe ...), die

willkürlich oder planmäßig entstanden sind u. sich durch ... ihre

spezielle gesellschaftliche (gegenwärtige oder historische) Bedeutung auszeichnen. ..."

Das Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Graz nahm dazu am 20. November 1998 Stellung. Dabei wurde festgestellt, dass die grundlegende Frage zu klären sei, in welchem Ausmaß eine Bausubstanz, die als baukulturell bemerkenswert zu bezeichnen wäre, noch existiere und welche Maßnahmen zur Erhaltung dieser Bausubstanz durchgeführt worden seien. Aus den vorliegenden Planunterlagen sei ersichtlich, dass das ursprüngliche Gebäude Nebennutzungen enthalten habe. Nunmehr sei im Erdgeschoß und im Dachgeschoß eine Wohnnutzung vorgesehen. Dieses Gebäude sei weiters im Wesentlichen als Neubau zu bezeichnen, weil lediglich ein Teil des Kellergeschoßes vom Altbestand übernommen worden, ansonsten aber sowohl das Erdgeschoß als auch das Dachgeschoß neu errichtet worden sei. Lediglich im Erdgeschoß werde eine bestehende "Altmauer" im Bereich des Nord-Ost-Giebels dieses Hauses dargestellt. Wenn es sich aber im Wesentlichen um einen Neubau handle, dann könne nicht davon gesprochen werden, dass Maßnahmen zur Erhaltung des (eventuell baukulturell bemerkenswerten) Altbestandes gesetzt worden seien, sondern, dass Neubaumaßnahmen gesetzt worden seien, um eine dem Betrieb dienliche Funktion (hier: Wohnungen) an dieser Stelle zu errichten. Es sei daher der Frage, ob zur Erhaltung von baukulturell bemerkenswerter Bausubstanz (Ensemble) geringere Abstände zu den Nachbargrundgrenzen zugelassen werden könnten, aus der Sicht des Stadtplanungsamtes die Grundlage entzogen. Inwieweit die Errichtung des nordwestlichen Traktes des Gasthauses "S..." an der Stelle und in der Lage des zu Teilen abgetragenen ehemaligen Nebengebäudes im Interesse der Erhaltung einer baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz liege, lasse sich bei diesem Projekt insbesondere aus der Ansicht West entnehmen. Im Erdgeschoß sei zum nördlichen Nachbarn ein ca. 22 m langer und 1 m breiter (also unproportionierter Balkon hergestellt, mit einer Reihe von Fenstern und Türen zu diesem und im darüberliegenden Dachgeschoß seien im Steildach Dachflächenfenster zur Belichtung der Wohnräume eingefügt worden. Im Westen sei im Dachgeschoß eine Loggia errichtet und im sogenannten "Kellergeschoß-Bestand" sei ein überdachter Freiplatz hergestellt worden. Weiters sei dem angeführten ursprünglichen Bauakt auch zu entnehmen, dass das Gebäude verlängert worden sei, dass die ursprüngliche Raumhöhe im Erdgeschoß und die ursprüngliche Firsthöhe erhöht worden sei. Der nordwestliche Trakt zeige keinen qualitätsvollen Entwurf bzw. kein sensibel gestaltetes Projekt. Insbesondere aus der Ansicht West sei klar zu entnehmen, dass es sich um ein durchschnittlich gestaltetes und "eher unproportioniertes" Projekt handle. Es seien an diesem Gebäude aus der Sicht des Stadtplanungsamtes nicht Maßnahmen zur Erhaltung einer Bausubstanz getätigt, sondern Maßnahmen zur hauptsächlichen Entfernung des Altbestandes getätigt worden. Es sei daher auch nicht davon auszugehen, dass dieser im Wesentlichen als "Neubau" zu bezeichnende bauliche Bereich hinsichtlich seiner Baukörperkontur dem Altbestand gleichkomme. Da die alte Bausubstanz lediglich im Kellerbereich (teilweise) existiere, sei es entbehrlich, darüber zu befinden, ob es sich bei der entfernten Bausubstanz um eine ehemalig baukulturell bemerkenswerte Bausubstanz gehandelt habe. Der Frage, ob das nicht mehr existierende Nebengebäude mit dem Hauptgebäude ein Ensemble gebildet habe bzw. ob diese Ensemblewirkung baukulturell bemerkenswert gewesen sei, könne in der jetzigen baulichen Situation keine entscheidende Bedeutung zugemessen werden. Jedenfalls bilde der im Wesentlichen neu errichtete nordwestliche Trakt im Kontext mit dem Hauptgebäude keine bemerkenswerte bauliche Substanz (weder für sich selbst, noch im Ensemble der Gesamtanlage) und stehe auch nicht im Interesse einer zwischenzeitlich verlorenen (weil abgetragenen) eventuell baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz.

In der Stellungnahme des Sachverständigen Univ.Prof. Dipl. Ing. Dr. F.H. vom 21. Jänner 1999 wurde ergänzend die Frage behandelt, ob die Häusergruppe des Anwesens "S..." einen Komplex baulicher Anlagen bilde, der den Festlegungen nach § 13 Abs. 8 Stmk. BauG entspreche.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Graz vom 2. März 1999 wurde dem verfahrensgegenständlichen Bauansuchen nicht stattgegeben.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich aus den Plänen ergebe, dass das neu zu errichtende Wohngebäude mit einem Abstand von 1,25 m zur Grundgrenze situiert werden solle. Mit der Einreichung sei ein Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. Dr. techn. F.H. vorgelegt worden, wonach die Ausnahmebestimmungen des § 13 Abs. 8 Stmk. BauG für den Umbau des Gasthauses zuträfen. Es werde in diesem Gutachten versucht, eine Begründung für die Abstandsverkürzung zu finden, wobei der Sachverständige offensichtlich bemüht sei, die historische Bedeutung des Gasthauses und die historisch gesellschaftliche Bedeutung des Anwesens durch den Besuch durch Kaiser Franz I. und seinen Hofstaat im Jahr 1830 darzulegen. Die belangte Behörde sehe keinen Zusammenhang zwischen diesen angeblichen kaiserlichen Besuchen des Ausflugslokales und der jetzigen Situation, die eine eindeutige Verletzung der Abstandsbestimmungen darstelle und vom Antragsteller eine Auslegung des § 13 Abs. 8 leg. cit. zum Nachteil des Nachbarn verlange. Der Sachverständige könne sich zwar bei seiner Gutachtensäußerung auf einen ausführlichen Befund stützen, es fehlte jedoch der Zusammenhang des Befundes mit dem tatsächlichen Gutachten, der die Notwendigkeit der Abstandsverletzung schlüssig darlegen sollte. Es werde offensichtlich versucht, ein bereits bestehendes Objekt nachträglich den gesetzlichen Bestimmungen anzugleichen. Der Versuch des Sachverständigen scheitere jedoch daran, dass bei dem vorliegenden Bauvorhaben weder eine baukulturell bemerkenswerte Bausubstanz vorhanden sei noch das Interesse des Ortsbildschutzes eine Abstandsverkürzung zulasse. Die Behörde erster Instanz habe sich ausführlich mit dem vom Gesetzgeber gewählten Begriff "Erhaltung einer baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz (Ensemble)" auseinander gesetzt und habe richtigerweise den Schluss gezogen, dass die Neuerrichtung dieses Gästehauses keinesfalls baukulturell bemerkenswert sei, noch ein Ensemble erhalten werden sollte, welches die Abstandsverringerung zulassen würde. Bei der Normierung dieser Ausnahmebestimmung sei vom Gesetzgeber das Interesse der Erhaltung der baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz vor das Interesse des Nachbarn auf Einhaltung der gesetzlichen Abstände gestellt worden, sodass die Behörde bei Zulassung dieser Abstandsbestimmung diese öffentlichen Interessen streng zu prüfen habe und nur bei besonderen Anlässen diese Ausnahmen zulassen dürfe. Im vorliegenden Fall seien jedoch keinerlei Gründe gegeben, die auf eine bemerkenswerte Bausubstanz oder eine Erhaltung eines Ensembles wiesen. Vielmehr habe der Beschwerdeführer offensichtlich ohne entsprechende Bewilligung ein altes Wirtschaftsgebäude beseitigt und in viel größeren Formen ein Gästehaus errichtet, das nunmehr nachträglich einer baubehördlichen Bewilligung unterzogen werden solle. Es sei bereits im erstinstanzlichen Verfahren dargelegt worden, dass der Neubau keine gestalterische Qualität aufweise und dieser nordwestliche Trakt im Kontext mit dem Hauptgebäude keine bemerkenswerte bauliche Substanz (weder für sich selbst, noch im Ensemble der Gesamtanlage) bilde und eine Begründung der Abstandsverletzung nicht gegeben sei. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten seien nicht geeignet, die Interessen der Erhaltung einer baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz darzustellen. Weder sei das Gasthaus historisch bedeutend, noch handle es sich hier um eine typische Hofform oder einen Hoftyp, der baukulturell bemerkenswert wäre.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie der Mitbeteiligte - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), sind Gebäude entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinander gebaut, muss ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um 4, ergibt (Gebäudeabstand). Gemäß § 13 Abs. 2 leg. cit. muss jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschoße, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand). Gemäß § 13 Abs. 8 Stmk. BauG kann die Behörde geringere Abstände von den Nachbargrundgrenzen und Nachbargebäuden zulassen

-

für Nebengebäude oder

-

wenn dies im Interesse des Ortsbildschutzes, der Altstadterhaltung, des Denkmalschutzes oder der Erhaltung einer baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz (Ensemble) liegt.

In der Beschwerde wird geltend gemacht, dass die Unterschreitung des vorgeschriebenen Abstandes im Antrag mit der Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 13 Abs. 8 Stmk. BauG dahingehend begründet worden sei, dass ein Teil einer historischen Ensemblebildung wieder hergestellt werde. Zur Untermauerung dieses Standpunktes seien ein Gutachten bzw. eine Stellungnahme des Univ.Prof. Dipl. Ing. Dr. techn. F.H. vom 15. Juli 1997 und vom 21. Jänner 1999 beigebracht worden, die vollinhaltlich zum Beschwerdevorbringen erhoben werde. Es sei ohne eine gutachterliche Auseinandersetzung die Auffassung vertreten worden, dass das Gutachten unrichtig sei. Die belangte Behörde habe unzutreffend die Auffassung vertreten, dass keinerlei Gründe vorlägen, die auf eine bemerkenswerte Bausubstanz oder eine Erhaltung eines Ensembles wiesen. Es sei auch unrichtig, dass die Wiedererrichtung in viel größeren Formen erfolgt sei. Eine Auseinandersetzung über die exakten Größenverhältnisse habe nachvollziehbar nicht stattgefunden. Gemäß § 13 Abs. 8 Stmk. BauG sei wesentlich, ob das Ensemble insgesamt eine bemerkenswerte Bausubstanz darstelle. Im Gutachten sei dargelegt worden, dass die Anlage dem traditionellen, aus dem Haufenhof entwickelten, ostalpinen Paarhof entspreche und in diesem Sinne ein Ensemble darstelle.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde haben sich mit dem Gutachten und der zentralen Frage, ob im vorliegenden Fall von der Erhaltung einer baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz (Ensemble) gesprochen werden könne, auseinander gesetzt. Der Amtssachverständige des Stadtplanungsamtes behandelte das vorgelegte Gutachten im erstinstanzlichen Verfahren und konnte die dort vertretene Auffassung, dass der Tatbestand der Erhaltung einer baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz vorliege, nicht teilen. Wie schon die erstinstanzliche Behörde ausgeführt hat, setzt das Erfordernis der Erhaltung einer solchen Bausubstanz das Bestehen einer "baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz" voraus. Vom Vorliegen einer solchen Bausubstanz im Bezug auf das ehemalige Nebengebäude kann aber schon deshalb keine Rede mehr sein - auch dies hat die erstinstanzliche Behörde entsprechend dargelegt -, da dieses Nebengebäude bis auf geringe Teile der Kellermauern unbestritten und gemäß dem ausdrücklichen Ansuchensgegenstand einem Neubau gewichen ist, der nicht nur im Verwendungszweck, sondern auch in seiner inneren Einteilung und seinen Abmessungen einschließlich der Firsterhöhung vom ehemaligen Nebengebäude (gemäß der im Akt einliegenden "Gegenüberstellung der Bauzustände" von Architekt Dipl. Ing. E.G. aus dem Jahre 1998 im Schnitt 1:100 sowie im Grundriss 1:100) entscheidend abweicht. Es ist daher jedenfalls das Kriterium der Erhaltung einer bestehenden Bausubstanz nicht erfüllt. Indem das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten diesen maßgeblichen Aspekt des Kriteriums der Erhaltung einer baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz (Ensemble) außer Acht gelassen hat, ist nicht zu beanstanden, wenn weder die Behörde erster Instanz noch die belangte Behörde diesem Gutachten gefolgt sind. Wenn in der Beschwerde im Besonderen auf den vom Sachverständigen herausgearbeiteten Hoftyp des Paarhofes hingewiesen wird, ist dem - abgesehen von der fehlenden bestehenden Bausubstanz auch in dieser Hinsicht - zu entgegnen, dass vom Vorliegen eines solchen typischen ostalpinen Paarhofes schon deshalb keine Rede mehr sein kann, weil die Eigenschaft des ehemaligen Nebengebäudes aufgegeben wurde. Der traditionelle Paarhof als typische Bauernhausform setzte sich aus dem Wohnhaus und dem getrennt davon stehenden Stall zusammen.

Die belangte Behörde hat daher - wie schon die Behörde erster Instanz - das vorliegende Bauansuchen zu Recht wegen Verletzung des sich aus § 13 Abs. 2 Stmk. BauG ergebenden Grenzabstandes abgewiesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil für die Überreichung einer Gegenschrift keine Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG zu entrichten ist.

Wien, am 21. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999060097.X00

Im RIS seit

12.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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