TE Vfgh Erkenntnis 1998/6/9 B2437/97

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.06.1998
beobachten
merken

Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979

Norm

BDG 1979 §38

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versetzung eines Zollwachebeamten zur Gendarmerie wegen des aufgrund des Schengener Übereinkommens verminderten Personalbedarfs; ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren; ausreichende Berücksichtigung der persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beschwerdeführers

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Bis zu den in Rede stehenden Versetzungen war er auf eine Planstelle im Bereich des Bundesministeriums für Finanzen, Untergliederung Finanzlandesdirektion (Zollwachdienst), ernannt. In diesem Planstellenbereich war seine letzte Dienststelle die Mobile Überwachungsgruppe (MÜG) Achleiten.

Um die durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und zum Schengener Übereinkommen vorhandenen Überkapazitäten von Zollwachebeamten an der Staatsgrenze zu Deutschland zu vermindern und gleichzeitig den Personalbedarf der Grenzgendarmerie für die verstärkte Grenzkontrolle an den Außengrenzen der Europäischen Union - im konkreten Fall an der oberösterreichisch-tschechischen Grenze - zu befriedigen, wurde im Herbst 1996 eine Informationsveranstaltung für Zollwachebeamte betreffend den freiwilligen Übertritt zur Bundesgendarmerie durchgeführt.

Aufgrund dessen erklärte sich der Beschwerdeführer am 3. Dezember 1996 mit seiner Versetzung zur Bundesgendarmerie von Amts wegen mit 1. April 1997 einverstanden und gab zwei örtliche Verwendungswünsche (Gendarmerieposten Schärding und Gendarmerieposten Suben/Autobahn) bekannt.

Mit Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 14. März 1997 wurde der Beschwerdeführer (gleichzeitig mit 130 anderen Zollwachebeamten) gemäß §38 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. 333, idF BGBl. 550/1994, (in der Folge kurz: BDG), von Amts wegen mit Wirksamkeit vom 1. April 1997 in den Planstellenbereich des Bundesministeriums für Inneres versetzt.

Mit einem weiteren, diesmal vom Bundesminister für Inneres erlassenen Bescheid vom 20. März 1997 wurde der Beschwerdeführer gleichfalls gemäß §38 BDG mit Wirksamkeit vom 1. April 1997 vom Bundesministerium für Inneres zum Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich (LGK OÖ) versetzt und am Grenzüberwachungsposten Leopoldschlag eingeteilt.

2. Während der erste Bescheid unbekämpft blieb, erhob der (nunmehrige) Beschwerdeführer gegen den zweiten Bescheid Berufung an die (gemäß §41a BDG eingerichtete) Berufungskommission beim Bundeskanzleramt (im folgenden kurz: Berufungskommission). Diese gab mit Bescheid vom 7. Juli 1997 dem Rechtsmittel keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Gegen den eben erwähnten Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die Berufungskommission legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Sie begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Die hier in erster Linie maßgebenden Bestimmungen des BDG lauten:

"Versetzung

§38.(1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung an einen anderen Dienstort auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.

(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor

......

(4) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist - ausgenommen in den Fällen des Abs3 Z3 und 4 sowie in jenen Fällen, in denen abweichend vom Abs3 Z4 noch keine rechtskräftige Disziplinarstrafe verhängt worden ist - unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.

(5) ...."

III. Der Verfassungsgerichtshof

hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.a) Der Beschwerdeführer macht geltend, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein.

Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (vgl. VfGH 24.9.1996 B2450/95; 25.11.1996 B2326/96 u.a. Zlen.) könnte eine Verletzung des erwähnten Grundrechtes nur durch eine willkürliche Gesetzeshandhabung stattgefunden haben.

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10337/1985, 11436/1987, VfGH 9.6.1997 B4869/96).

Ein solcher Vorwurf ist der Berufungskommission im vorliegenden Fall nicht zu machen:

b) Der Beschwerdeführer begründet seinen Vorwurf damit, die Behörde habe die Bestimmung des §38 Abs4 BDG mißachtet. Er führt dazu aus:

"Die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beschwerdeführers wurden nicht berücksichtigt und wurde nicht festgestellt, daß dem Beschwerdeführer durch eine allfällige Versetzung ein wesentlicher Nachteil entstehen würde, zumal andere geeignete Beamte zur Verfügung stehen, denen durch eine allfällige Versetzung ein wesentlicher wirtschaftlicher Nachteil nicht entsteht.

Die von der belangten Behörde zur Beurteilung herangezogene alphabetische Reihung der Optanten ist nicht vollständig, insbesondere sind dem Beschwerdeführer namentlich namhaft zu machende Beamte bekannt, die durch eine Versetzung einen wirtschaftlichen Nachteil nicht erleiden würden."

c) Im angefochtenen Bescheid wird - der Aktenlage entsprechend - folgender Sachverhalt geschildert:

"Eine vom ... LGK OÖ eingesetzte siebenköpfige Kommission, der auch Personalvertreter der Bundesgendarmerie angehörten, hat eine Einteilungsliste für 135 Versetzungswerber der Zollwache, in der auch der BW (= Berufungswerber / das ist der nunmehrige Beschwerdeführer) enthalten war, aufgrund der aktenkundigen und aus dem Personalakt ersichtlichen persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse erstellt. Die für die Reihung maßgeblichen Daten sind in dieser Reihungsliste enthalten. Die Berufungskommission konnte sich davon durch Einsichtnahme in diese Reihungsliste überzeugen. Der den BW betreffende Ausschnitt aus dieser Liste wurde zum gegenständlichen Versetzungsakt genommen. Ebenso wurde eine tabellarische Erfassung der Anzahl der Versetzungswerber vorgelegt, aus der genau hervorgeht, daß sich die Kommission mit den entsprechenden Daten (Wohnort, Familienstand, Dienstrang, ...) eingehend beschäftigt hat. Die Berufungskommission konnte sich durch Einsichtnahme in die entsprechende Tabelle, über die Personalbedarfsplanung für den Grenzdienst und die Ausgleichsmaßnahmen, die mit Inkrafttreten des Schengener Durchführungsübereinkommens notwendig sind, öberzeugen. Diese Liste wurde mit Schreiben vom 14. März 1997 dem Bundesministerium für Inneres vorgelegt. Dieses hat die vorgeschlagene Einteilung der Kommission des LGK OÖ bis auf eine einzige Ausnahme, die jedoch nicht den BW betraf, nicht geändert.

...

Der dargestellte Sachverhalt wurde durch die Berufungskommission bei der ergänzenden Beweisaufnahme durch Einsichtnahme in den Personalakt des BW, sowie durch die Einvernahme des BW und durch die zeugenschaftliche Einvernahme des Gruppeninspektors P.K. (LGK OÖ) als sachkundige Auskunftsperson und der vorgelegten Unterlagen (alphabetische Reihung der Optanten mit den Gesamtdaten, Personalbedarfsplanung für den Grenzdienst, tabellarische Übersicht über die Optanten) festgestellt."

Nach einer Wiedergabe des §38 Abs4 BDG kommt die Berufungskommission zu nachstehenden Schlußfolgerungen:

"Der gesetzlich vorgeschriebene Vergleich kommt aber nur dann in Betracht - und nur dann wäre die Versetzung unzulässig - wenn es einen anderen für die Versetzung geeigneten Beamten gibt und dieser im Gegensatz zu dem zunächst für die Versetzung ins Auge gefaßten Beamten durch die Versetzung keinen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil erleidet (VwGH 25.1.1995, Zl. 94/12/0284 und andere).

Gibt es jedoch einen derartigen Vergleichsbeamten nicht, sondern erleiden alle in Betracht kommenden Beamten durch die Versetzung einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil, der bei den einzelnen jedoch unterschiedlich hoch sein kann, dann bleibt für die Anwendung des Vergleiches kein Raum. Die Dienstbehörde ist insbesondere nicht verpflichtet, jenen Beamten zu ermitteln, dessen wirtschaftlicher Nachteil durch die Versetzung am niedrigsten zu beziffern ist. Das vom BW genannte Punktesystem - das im übrigen vom BW nicht genauer beschrieben wurde - kann daher nicht zur Anwendung kommen (vergleiche VwGH 14.10.1992, Zl. 89/12/0088 und 29.12.1993, Zl. 93/12/0236).

Nach Auffassung der Berufungskommission hat die Behörde I. Instanz die gesetzlichen Bestimmungen für die Versetzung des BW eingehalten (Berücksichtigung der persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse, Feststellung des wesentlichen wirtschaftlichen Nachteiles und Reihung von Vergleichsbeamten). Die vom LGK OÖ eingesetzte Kommission bot Gewähr für eine ausgewogene Reihung. Dabei konnte auch das gegen den BW geführte Disziplinarverfahren nicht außer Betracht bleiben. Die vorgelegten Beweismittel überzeugten die Berufungskommission, daß die Reihung nach objektiven und nachprüfbaren Kriterien vorgenommen wurde. In der alphabetischen Reihung der Optanten wurden die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse aufgenommen und nach Aussage der Auskunftsperson von der Kommission berücksichtigt.

Der BW konnte vor der Berufungskommission nicht konkret aufzeigen, daß an seiner Stelle ein anderer geeigneter Beamter zur Dienstleistung in Leopoldschlag zur Verfügung steht (§38 Abs4 BDG). Der Vorwurf einer willkürlichen oder gar schikanösen Vorgangsweise wurde nicht erhoben und ist aufgrund der Aktenlage nicht ersichtlich, auch wenn sich der BW - wie er selbst ausführt - subjektiv ungerecht behandelt fühlt. Die Berufungskommission konnte jedenfalls keine objektive Ungerechtigkeit bei der Reihung feststellen."

d) Die Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Sie hat in ihre Überlegungen auch §38 Abs4 BDG einbezogen und hiebei die Rechtslage - wenn überhaupt - nicht schwerwiegend verkannt.

Die getroffene behördliche Entscheidung ist also nicht mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel belastet. Ob der Entscheidung auch darüber hinaus eine in jeder Hinsicht richtige Gesetzesanwendung zugrundeliegt, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch nicht in dem - hier vorliegenden - Fall, daß eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 9541/1982 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfGH 24.9.1996 B2450/95; 25.11.1996 B2326/96 u.a. Zlen.).

2. Der Beschwerdeführer wurde sohin aus den in der Beschwerde vorgetragenen Erwägungen weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, daß dies aus anderen, in der Beschwerde nicht dargelegten Gründen der Fall gewesen wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Dienstrecht, Versetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B2437.1997

Dokumentnummer

JFT_10019391_97B02437_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten