Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Helmut W*****, ehemaliges Mitglied des Stiftungsvorstands, *****, vertreten durch Dr. Wolfram Wutzel, Rechtsanwalt in Linz, wegen Einleitung einer Sonderprüfung nach § 31 PSG betreffend die im Firmenbuch des Landesgerichts Linz zu FN ***** eingetragene H*****-Privatstiftung mit dem Sitz in L*****, über den Revisionsrekurs des ehemaligen Vorsitzenden des Stiftungsvorstands Dr. Walter R*****, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 30. September 2009, GZ 6 R 138/09w-30, mit dem der Rekurs des ehemaligen Vorsitzenden des Stiftungsvorstands gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom 1. Juli 2009, GZ 13 Fr 616/09d-22, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Dr. Walter R***** ist schuldig, der H***** Privatstiftung, *****, vertreten durch Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, die mit 556,99 EUR (darin 92,83 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig:
Das Rekursgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Parteistellung im Verfahren nach § 31 PSG.
1. Nach § 31 PSG kann jedes Stiftungsorgan und jedes seiner Mitglieder zur Wahrung des Stiftungszwecks bei Gericht die Anordnung einer Sonderprüfung beantragen. § 45 GmbHG sieht eine gleichlautende Befugnis für bestimmte Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor (Bestellung von Revisoren), § 118 AktG für die Aktionäre einer Aktiengesellschaft, sofern ihre Anteile eine bestimmte Mindestquote des Grundkapitals erreichen (Bestellung von Prüfern).
1.1. Nach jüngerer, jedoch völlig herrschender Auffassung in der gesellschaftsrechtlichen Literatur schützen all diese Bestimmungen das Interesse der juristischen Person, weshalb am Verfahren zur Bestellung der Sonderprüfer, Prüfer und Revisoren zwar jeweils die juristische Person und der Antragsteller beteiligt sind, nicht jedoch die übrigen Gesellschafter, das vertretungsbefugte Organ oder ein Mitglied desselben (Reich-Rohrwig, Spezielle Fragen der Bucheinsicht und der Sonderprüfung bei der GmbH, JBl 1987, 426; S. Schmidt in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG [2003] § 118 Rz 28; Gellis/Feil, GmbH-Gesetz6 [2006] § 45 Rz 8; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ [2007] § 45 Rz 12; N. Arnold, PSG² [2007] § 31 Rz 8; Enzinger in Straube, GmbHG [2008] § 45 Rz 12).
1.2. Diese Auffassung entspricht auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (HS 6606/11; 6 Ob 10/82 SZ 56/19; ebenso OLG Wien NZ 1993, 285).
1.3. Sowohl N. Arnold (PSG² [2007] § 31 Rz 8) als auch Enzinger (in Straube, GmbHG [2008] § 45 Rz 12) haben bereits dargelegt, dass sich an dieser Rechtslage auch durch das Inkrafttreten des Außerstreitgesetzes idF BGBl I 2003/111 nichts geändert hat. Durch dessen § 2 sei zwar der Parteibegriff des Verfahrens außer Streitsachen neu geregelt worden, die übrigen Gesellschafter, das vertretungsbefugte Organ und dessen Mitglieder würden durch die Entscheidung des Gerichts jedoch nicht betroffen.
1.4. Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst (6 Ob 45/09z) zu § 2 AußStrG neu klargestellt, dass auch im Verfahren außer Streitsachen nur derjenige rechtsmittellegitimiert ist, der durch die bekämpfte Entscheidung (formell oder materiell) beschwert ist. Formelle Beschwer liegt vor, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrundeliegenden Antrag des Rechtsmittelwerbers zu seinem Nachteil abweicht. Die formelle Beschwer reicht aber nicht immer aus. Der Rechtsmittelwerber muss auch materiell beschwert sein. Materielle Beschwer liegt vor, wenn die rechtlich geschützten Interessen des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung beeinträchtigt werden (RIS-Justiz RS0041868, RS0006641). Es muss ein subjektives Recht betroffen sein, nicht nur wirtschaftliche, ideelle oder sonstige Interessen (RIS-Justiz RS0006497 [T2, T7]). Dies ist nicht abstrakt, sondern bezogen auf die konkrete Stellung einer Verfahrenspartei in dem einzelnen zu entscheidenden Fall zu beurteilen (6 Ob 289/07d mwN).
2. Der ehemalige Vorsitzende des Stiftungsvorstands setzt sich in seinem Revisionsrekurs mit all diesen Argumenten, auf die sich zum Teil bereits das Rekursgericht bei Zurückweisung seines Rekurses gestützt hat, mit keinem Wort auseinander. Sein Rechtsmittel erschöpft sich argumentativ vielmehr darin, dass ihm „das Erstgericht offenkundig Parteistellung zuerkennen wollte", dass „wenn sich ein Beschluss auch an eine bestimmte Person richtet, so hat diese jedenfalls in formeller Hinsicht Parteistellung" sowie „dass in materieller Hinsicht [seine] Parteistellung [sich] aus dem Inhalt des [erstinstanzlichen] Beschlusses [ergibt], da beispielsweise namentlich die Unterfertigung des Abtretungsvertrags vom 2. 2. 2006 durch den [Revisions-]Rekurswerber überprüft werden solle".
Da es allerdings a) nicht in der Macht des Erstgerichts steht, einer Partei Parteistellung zuzuerkennen, wenn eine solche tatsächlich nicht gegeben ist, b) formelle Beschwer auch vor dem Hintergrund des § 2 AußStrG allein nicht ausreicht und c) durch eine Sonderprüfung die Interessen der Privatstiftung geschützt werden sollen, die Bestellung von Sonderprüfern jedoch nicht unmittelbar in die rechtlich geschützte Stellung des ehemaligen Vorsitzenden des Stiftungsvorstands eingreift, war dessen Revisionsrekurs zurückzuweisen.
Textnummer
E92957European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00234.09V.0114.000Im RIS seit
13.02.2010Zuletzt aktualisiert am
30.09.2011