TE OGH 2010/1/18 9Nc2/10h

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Veröffentlicht am 18.01.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. M*****M***** Graz, vertreten durch Plankel Mayrhofer & Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, ***** Wien, vertreten durch die Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 24.693,72 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.

Text

Begründung:

Die in Graz wohnhafte Klägerin begehrt mit ihrer beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage Zahlung des Ausgleichsanspruchs von zuletzt 24.693,72 EUR sA gemäß § 24 HVertrG 1993. Nach dem Einspruch der Beklagten gegen den vom Erstgericht erlassenen Zahlungsbefehl und zwei Tagsatzungen zur mündlichen Streitverhandlung, worin die Parteienvernehmung der Klägerin teilweise durchgeführt wurde, beantragte die Klägerin die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht. Die von ihr beantragten Zeugen seien wie sie selbst in Graz und Umgebung wohnhaft.

Die Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus und verwies insbesondere darauf, dass es der Klägerin bei Einbringung der Klage gemäß § 4 Abs 1 ASGG freigestanden wäre, die Zuständigkeit des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht in Anspruch zu nehmen. Es lägen keine wesentlichen, nachträglich entstandenen Gründe vor, die nun eine Delegierung zweckmäßig erscheinen lassen. Die Delegierung liege ausschließlich im Interesse der Klägerin.

Das Arbeits- und Sozialgericht Wien legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag der Klägerin vor, ohne eine Stellungnahme zur beantragten Delegierung abzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag der Klägerin ist gerechtfertigt. Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Richtig ist, dass eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen darf und nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen soll. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589 ua). Davon ist hier auszugehen. Nicht nur die Klägerin selbst, sondern alle 16 von ihr beantragten Zeugen haben ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz, ebenso zwei von der Beklagten beantragte Zeugen. Dass die Beklagte auch noch drei weitere Zeugen aus Wien namhaft machte, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit. Das wird hier durch eine Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz erreicht, weil in diesem Fall der überwiegende Teil des Beweisverfahrens vor dem dann erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, ohne dass die meisten der aus dem Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz stammenden Zeugen eine weite und kostspielige Anreise in Kauf nehmen müssen. Von der damit erreichbaren Verfahrenskonzentration, Kosten- und Zeitersparnis profitieren beide Parteien.

Es ist richtig, dass die Klägerin gemäß § 4 Abs 1 Z 1 lit a und c ASGG die Klage bereits von Anfang an beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht hätte einbringen können. Richtig ist auch, dass diese Vorgangsweise zweckmäßiger gewesen wäre, weil die Klägerin voraussehen hätte können, dass die von ihr namhaft gemachten Zeugen im Sprengel dieses Gerichts wohnen. Das ändert aber nichts daran, dass es auch im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch zweckmäßig ist, die Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht zu delegieren, weil im Sprengel dieses Gerichts der Großteil der zu vernehmenden Zeugen wohnt. Es gibt keinen Grundsatz, dass nicht mehr delegiert werden dürfte, wenn der Kläger die Unzweckmäßigkeit seiner Vorgangsweise hätte voraussehen können (9 Nc 3/09d ua).

Anmerkung

E929329Nc2.10h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0090NC00002.10H.0118.000

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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