TE OGH 2010/1/19 4Ob198/09k

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Veröffentlicht am 19.01.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** L*****, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Ing. N***** B*****, vertreten durch Forcher-Mayr, Kantner und Ruetz Rechtsanwältepartnerschaft in Innsbruck, wegen 9.872,50 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 31. Juli 2009, GZ 1 R 144/09k-17, womit das Urteil des Bezirksgerichts Spittal an der Drau vom 31. März 2009, GZ 2 C 99/09k-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 744,43 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 124,07 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist die Alleinerbin nach einem am 19. Dezember 2006 verstorbenen Mann, der am 26. Februar 1977 die Vaterschaft zu der am 28. April 1976 von seiner damaligen Ehegattin geborenen Tochter anerkannte, obwohl er wusste, dass er nicht der Vater des Kindes ist. Er hatte die Beziehung zur Kindesmutter erst aufgenommen, als diese bereits im 6. Monat schwanger war.

Mit Urteil vom 31. Mai 2002 wurde über Klage des Staatsanwalts festgestellt, dass der Beklagte der leibliche Vater des Kindes ist. Der in der Zwischenzeit verstorbene Scheinvater hatte zu Lebzeiten keinerlei Regressansprüche an den Beklagten gestellt.

Mit der am 15. Mai 2008 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten den Rückersatz von 9.872,50 EUR, die ihr Rechtsvorgänger (Scheinvater) an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck als Ersatz für an das Kind geleistete Unterhaltsvorschüsse refundiert hatte. Der Scheinvater habe einen Aufwand für den Kindesunterhalt getragen, den nach dem Gesetz der Beklagte hätte tragen müssen.

Der Beklagte wendete ein, der verstorbene Scheinvater habe freiwillig aus Zuneigung und ausschließlich aus persönlichen Gründen Unterhalt geleistet. Ihm habe bei den Unterhaltszahlungen ein Verpflichtungswille gefehlt. Da er immer gewusst habe, in Wahrheit nicht der Vater zu sein, scheide auch Irrtum aus. Überdies sei die Klageforderung verjährt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Der Scheinvater könne seinen Unterhaltsaufwandsanspruch nach § 1042 ABGB nur innerhalb von 3 Jahren nach Rechtskraft der Statusentscheidung geltend machen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Rechtsprechung zum Regress des Scheinvaters im Umfang von an den Unterhalt bevorschussenden Bund refundierter Beträge zulässig sei. Für den Lauf der Verjährung komme es nur auf die objektive Möglichkeit zur Geltendmachung des Anspruchs an, die subjektive Kenntnis des Scheinvaters von der Statusentscheidung sei hingegen ohne Bedeutung. Der Regress des Scheinvaters sei nach § 1042 ABGB (und nicht nach § 1358 ABGB) zu beurteilen. Es bestehe kein Grund, bei Geltendmachung von Verwendungsansprüchen zwischen Leistungen des Scheinvaters an den Unterhaltsberechtigten selbst und Zahlungen an den den Unterhalt bevorschussenden Bund zu differenzieren.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin, mit der sie die Klagestattgebung anstrebt, ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Wer für einen anderen einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen, hat das Recht, Ersatz zu fordern (§ 1042 ABGB). Erbringt (wie im vorliegenden Fall) ein vermeintlich selbst dazu Verpflichteter Unterhaltsleistungen, so wird ihm nach Beseitigung des ihn als Vater feststellenden Rechtsakts von Lehre und Rechtsprechung gegen den in Wahrheit nach dem Gesetz Unterhaltspflichtigen ein Ersatzanspruch nach § 1042 ABGB gewährt (3 Ob 134/08i = JBl 2009, 367 mwN; RIS-Justiz RS0020073). Der Umfang dieses Ersatzanspruchs bestimmt sich nach der Leistung des Scheinvaters einerseits und ist andererseits durch die dem wahren Unterhaltsschuldner nach dem Gesetz obliegende Unterhaltsverpflichtung begrenzt. Die Unterhaltsverpflichtung des Scheinvaters kann sich aus der Ehelichkeitsvermutung in Ansehung des unterhaltsberechtigten Kindes oder - wie hier - aus einem Vaterschaftsanerkenntnis des Scheinvaters ergeben. Der Nutzen des leiblichen Vaters und wahren Unterhaltspflichtigen liegt dabei darin, dass im Umfang der vom Scheinvater erbrachten Leistungen der gesetzliche Unterhaltsanspruch des Kindes erloschen ist und er, der wahre Unterhaltsschuldner, von seiner Verpflichtung im Ausmaß der vom Scheinvater (Verkürzten) erfüllten Unterhaltsschuld befreit ist (3 Ob 134/08i mwN).

Gemäß § 1478 ABGB kann jede Verjährungsfrist erst dann zu laufen beginnen, wenn für den Gläubiger die objektive Möglichkeit der Geltendmachung seines Anspruchs bestand. Daraus leitete der Oberste Gerichtshof ab, dass die Verjährung des Anspruchs eines aufgrund eines Vaterschaftsanerkenntnisses feststehenden unehelichen Vaters gegen den leiblichen Vater des Kindes auf Ersatz von Unterhaltsleistungen gemäß § 1042 ABGB nicht vor der rechtskräftigen Beseitigung jenes Anerkenntnisses beginnen kann, das ihn unterhaltspflichtig gemacht hat (RIS-Justiz RS0122888). Erst mit der Rechtskraft des Urteils, in dem festgestellt worden ist, dass das Kind kein Kind des Scheinvaters ist, besteht für die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs gegen den leiblichen Vater kein der Verjährung einzelner Unterhaltsleistungen entgegenstehendes rechtliches Hindernis mehr (3 Ob 134/08i mwN; 2 Ob 175/07k = RZ 2008/13). Die Verjährungsfrist eines Anspruchs nach § 1042 ABGB folgt aus Gründen des Schuldnerschutzes der des getilgten Anspruchs (RIS-Justiz RS0119861). Dies gilt auch für getilgte Unterhaltsansprüche (8 Ob 68/06t; 2 Ob 175/07k). Da Unterhaltsansprüche gemäß § 1480 ABGB in 3 Jahren verjähren, sind die von der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin des Scheinvaters mehr als 3 Jahre nach Rechtskraft der Statusentscheidung (4. Juli 2002) klageweise nach § 1042 ABGB geltend gemachten Ersatzansprüche verjährt.

Der Umstand, dass die Unterhaltsleistungen, deren Ersatz die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Scheinvaters begehrt, nicht direkt an das Kind sondern an den Unterhaltsvorschüsse gewährenden Bund geleistet wurden, vermag daran nichts zu ändern. Auf die Bestimmung des § 26 Abs 3 UVG, wonach Unterhaltsansprüche nicht verjähren, soweit auf sie Vorschüsse geleistet wurden, kann sich die Klägerin nicht berufen. Diese Bestimmung begünstigt ausschließlich die Unterhaltsvorschüsse gewährende Republik Österreich, die im gesamtstaatlichen Interesse (Gemeinschaft der Steuerzahler) bei der Verjährung begünstigt wird (§§ 1472, 1485 ABGB). Diese Bevorzugung ist als sachlich gerechtfertigt anzusehen.

Der Argumentation der Klägerin, die Zahlung ihres Rechtsvorgängers an den Bund habe gemäß § 1358 ABGB den Übergang der Regressforderung des Bundes auf den Scheinvater bewirkt, steht entgegen, dass dieser zum damaligen Zeitpunkt mangels Beseitigung des Vaterschaftsanerkenntnisses Unterhaltsschuldner war und er somit keine materiell fremde Schuld, sondern eine auch materiell eigene Schuld erfüllte.

Der insgesamt unberechtigten Revision musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Textnummer

E93070

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0040OB00198.09K.0119.000

Im RIS seit

18.02.2010

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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