TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/21 98/01/0309

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Veröffentlicht am 21.12.2000
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Schick, Dr. Pelant und Dr. Büsser, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des am 3. April 1971 geborenen S P in B, vertreten durch Dr. Friedrich Bubla, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Kaiser-Franz-Ring 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 15. April 1998, Zl. 201.035/0-III/07/98, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein albanischer Staatsangehöriger, stellte am 12. September 1997 einen Antrag auf Gewährung von Asyl.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 7. Oktober 1997 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei in Tirana aufgewachsen und habe dort gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Bruder (im Elternhaus) gelebt. Die Familie lebe von den Gehältern der Eltern, derzeit arbeite jedoch nur der Vater. Der Beschwerdeführer sei seit 1990 Mitglied der Demokratischen Partei Albaniens, seit 1993 habe er auch einen Mitgliedsausweis besessen. Die Mitgliedschaft zu dieser Partei sei Hauptgrund für seine Flucht. Er sei immer Aktivist der Partei gewesen, von 1990 bis 1992 stellvertretender Vorsitzender einer Sektion. Als solcher sei er mit der Werbung neuer Mitglieder und mit der Einhebung von Mitgliedsbeiträgen beauftragt gewesen, sowie damit, die Ziele der Partei der Bevölkerung nahe zu bringen. Im Jahr 1992 habe er "endlich" die Möglichkeit gehabt die Hochschule zu besuchen, weshalb er bis Juli 1996 in Korce studiert habe. Während dieser Zeit habe er lediglich alle ein bis zwei Monate für wenige Tage zu Hause gewohnt, wo er auch seine Ferien verbracht habe. Als Student habe er unter den Studenten für die Partei geworben und sei Mitglied des Jugendforums der Partei für die Universität Korce gewesen. Ab Juli 1996 sei er nach seiner Rückkehr nach Tirana beauftragt worden, als Aktivist für die Demokratische Partei in einer ca. 17 Kilometer von Tirana entfernten Ortschaft tätig zu sein. Seine Aufgabe sei es auch diesmal gewesen, neue Mitglieder zu werben. Er habe diese Aufgabe täglich ausgeführt, und zwar unentgeltlich. Am 29. Juni 1997 hätten in ganz Albanien Wahlen stattgefunden. Bereits zwei bis drei Monate vor den Wahlen (Anfang März 1997) habe er erstmals einen anonymen Brief im Elternhaus vorgefunden, in dem er aufgefordert worden sei, die Partei zu verlassen und für diese nicht mehr tätig zu sein, andernfalls man ihn "liquidieren" werde. Gleichwohl habe er seine politischen Aktivitäten in der oben angegebenen Weise fortgesetzt. Daraufhin habe er bis zu den Wahlen neun weitere anonyme Briefe erhalten. Er sei aber auch in der Weise bedroht worden, dass man seinen Eltern gegenüber erklärt habe, diese mögen ihm raten, mit den Aktivitäten für die Partei aufzuhören. Davon habe ihn sein Vater informiert. Nach Angaben des Vaters handle es sich bei den unbekannten Personen um Mitglieder der Sozialistischen Partei Albaniens. Nach den Wahlen hätten die Sozialistische Partei sowie deren "Ordnungshüter" die Macht bekommen, die Drohungen gegen den Beschwerdeführer seien "immer öffentlicher" geworden. So sei auf sein Elternhaus mit Feuerwaffen geschossen worden. Hunderte Geschoße seien in den späten Abendstunden und auch nachts auf das Haus abgefeuert worden, und zwar "fast jede Nacht". Die "Ordnungshüter" seien mit Polizeiautos am Elternhaus vorbeigefahren. Der Beschwerdeführer sei jedoch nicht verletzt worden. Die Fenster hätten etwa drei bis viermal erneuert werden müssen. Der Beschwerdeführer habe seine politische Tätigkeit bis ca. zwei Tage nach den Wahlen ausgeübt, danach sei es ihm unmöglich gewesen, weiter politisch aktiv zu sein. Er habe sich noch bis zum 7. bzw. 8. Juli 1997 im Elternhaus aufgehalten, sich danach jedoch, um sein Leben zu retten, aber auch in der Hoffnung, dass man seine Familie in Ruhe lassen würde, in das Dorf Kamez ca. sechs bis sieben Kilometer vom Elternhaus entfernt begeben, wo er sich bis zum 7. September 1997 bei einem Verwandten väterlicherseits aufgehalten habe. Sein Vater habe ihn dort wöchentlich besucht und über die Geschehnisse auf dem Laufenden gehalten. Von ihm habe er erfahren, dass am 21. Juli 1997 die Polizei im Elternhaus erschienen sei, dieses gestürmt und nach dem Beschwerdeführer gesucht hätte. Nach der Hausdurchsuchung habe man den Bruder des Beschwerdeführers festgenommen, der ebenfalls Mitglied der Demokratischen Partei Albaniens, nicht aber Aktivist, sei. Dieser sei zur Polizeistation eskortiert, dort festgehalten und misshandelt worden. Schwer verletzt sei er entlassen worden. Während des Aufenthaltes in Kamez habe er keine Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt. Auch vor dem März 1997 seien derartige Probleme nicht aufgetreten. Die Anschläge gegen das Elternhaus habe er nicht angezeigt, weil er nicht gewusst hätte, wo er das hätte tun können. Er sei sich sicher gewesen, dass eine solche Anzeige umsonst gewesen wäre. Niemand würde eine derartige Anzeige annehmen, auch würde ihm niemand glauben. Er sei nicht vorbestraft. Er werde gezielt von einer Person namens A. verfolgt, der ein alter Aktivist und Mitglied der ehemaligen Kommunistischen Partei Albaniens sei. Vom Gesicht her kenne er diesen Mann. Er sei nunmehr Mitglied der Sozialistischen Partei und als solcher für "unseren Stadtteil" zuständig gewesen. A. kenne den Beschwerdeführer und seine Familie sehr gut. Sämtliche Informationen gebe er seiner Partei weiter. Er sei auch derjenige gewesen, der seinem Vater seinerzeit erklärt habe, man solle ihm nahe legen, sämtliche Aktivitäten für die Demokratische Partei aufzugeben. Im Falle seiner Rückkehr befürchte er von bewaffneten Mitgliedern der Sozialistischen Partei "liquidiert" zu werden.

Mit Bescheid vom 28. November 1997 wies das Bundesasylamt den Antrag den Beschwerdeführers gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 ab. Begründend wurde nach detaillierter Wiedergabe des Vorbringens des Beschwerdeführers ausgeführt, die vom Beschwerdeführer erwähnten "Schwierigkeiten" gingen nicht von staatlichen Behörden aus, sondern von Angehörigen der gegnerischen Partei, "also von Dritten". Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes 1991 müsse jedoch entweder von staatlichen Stellen oder einer staatsähnlichen Defacto-Macht ausgehen, oder der betreffende Staat müssen nicht in der Lage oder nicht gewillt sein, die von anderen Stellen ausgehenden Verfolgungen hintanzuhalten. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergebe sich jedoch "nichts dergleichen". Der Beschwerdeführer habe Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes ausdrücklich verneint. Eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention liege daher nicht vor. Im Zusammenhang mit den Angaben des Beschwerdeführers sei auch seine "persönliche Glaubwürdigkeit mit ins Kalkül zu ziehen". Er habe behauptet, dass die gegen ihn gerichteten Drohungen nach den Wahlen fortgesetzt worden seien, und erklärt, dass fast jede Nacht "Ordnungshüter" mit Polizeiautos beim Elternhaus vorbeigefahren seien und dieses beschossen hätten. Diese Aussage entbehre jeder Logik, zumal nicht nachvollziehbar sei, warum staatliche Behörden einfach wahllos Häuser von Zivilisten beschießen sollten, und das fast jede Nacht. Für die erkennende Behörde sei also offensichtlich, dass der Beschwerdeführer versucht habe, einen "asylrelevanten Sachverhalt "zu konstruieren.

In seiner dagegen erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer darauf hin, er habe, anders als es die Erstbehörde dargestellt habe, keineswegs vorgebracht, dass die Beschießungen seines Elternhauses "wahllos" gewesen seien. Alle von ihm dargetanen Sachverhalte würden die vom Asylgesetz 1991 postulierte wohlbegründete Furcht vor Verfolgung rechtfertigen.

Im Berufungsverfahren holte der unabhängige Bundesasylsenat eine Stellungnahme der Österreichischen Botschaft in Tirana über die Situation seit der Machtübernahme der Sozialistischen Partei ein. Basierend auf einer Stellungnahme der Österreichischen Botschaft in Tirana vom 16. Februar 1998 hielt der unabhängige Bundesasylsenat dem Beschwerdeführer vor, es könne allgemein festgestellt werden, dass sich Repressionsmaßnahmen gegen Oppositionsangehörige seit Amtsantritt der neuen Regierung nach den Wahlen vom Juni 1997 gemildert hätten und in einigen Bereichen, vor allem in der Freiheit der Medien, deutliche Fortschritte zu verzeichnen seien. Es sei äußerst unwahrscheinlich, dass Angehörige der Demokratischen Partei Albaniens unmittelbar nach den Wahlen vom Juni 1997 mit Repressionsmaßnahmen rechnen hätten müssen, weil der Austausch der Beamten, die der Demokratischen Partei angehörten, durch die neue Regierung Zeit in Anspruch genommen habe. Da in Albanien auch politische Bindungen vielfach mit persönlichen oder familiären Bindungen verknüpft seien, habe ein Mitglied der Demokratischen Partei unter Umständen mit Nachteilen von Seiten Privater zu rechnen, jedoch unterscheide es sich darin nicht von Mitgliedern anderer Parteien. Allerdings liege eine Verweigerung von Hilfe durch die zuständige albanische Behörde im Bereich des Möglichen. Im Falle einer Rückkehr hätte ein Mitglied der Demokratischen Partei Albaniens kaum mit politischer Verfolgung zu rechnen, außer im Rahmen der Bedeutung der oben beschriebenen persönlichen Beziehungen. Diese Informationen seien von der österreichischen Botschaft in Tirana ermittelt worden und datierten vom Februar 1998. Angesichts dieser Information könne nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seine Heimat wegen seiner Aktivitäten als Mitglied der Demokratischen Partei Albaniens politische Verfolgungen zu befürchten hätte.

Mit Schreiben vom 1. April 1998 nahm der Beschwerdeführer zu diesem Vorhalt Stellung. Es gehe seiner Auffassung nach nicht um die Beamtenschaft, sondern um die nackte Gewalt, welcher sich eine Regierung bedienen könne. Es gehe auch um eine Revanche für die Mitarbeit des Beschwerdeführers in der Wahlkommission. Es stimme weiters nicht, dass Verfolgungshandlungen lediglich Akte zwischen privaten Individuen seien. Sie gingen von einer politisch motivierten "Instanz" aus. Falls dabei auch eine persönliche, etwa sippenbedingte, Motivation hinzukomme, könne dies einen verschärfenden Effekt haben.

Ohne eine mündliche Verhandlung durchzuführen, wies der unabhängige Bundesasylsenat die Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 15. April 1998 gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) ab. Begründend führte der unabhängige Bundesasylsenat aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers anlässlich seiner Ersteinvernahme sei im Bescheid der Erstbehörde richtig und vollständig wiedergegeben worden, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides zum Inhalt des Berufungsbescheides erhoben werde. Nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens, des auf dem Bericht der Österreichischen Botschaft in Tirana basierenden Vorhaltes sowie der Stellungnahme des Beschwerdeführers und einer aus Textbausteinen zusammengesetzten Darstellung der maßgeblichen Rechtslage führte der unabhängige Bundesasylsenat weiter aus, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei eine Verfolgungsgefahr dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohe, hingegen genüge die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung nicht. Dies bedeute im gegenständlichen Fall, dass der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne der GFK sei. Aus dem Bericht der Österreichischen Botschaft Tirana ergebe sich, dass allgemein festgestellt werden könne, dass sich Repressionsmaßnahmen gegen Oppositionsangehörige seit Amtsantritt der neuen Regierung gemildert hätten. Insbesondere habe im Falle einer Rückkehr ins Heimatland ein Mitglied der Demokratischen Partei nach Einschätzung der Botschaft kaum mit politischer Verfolgung zu rechnen. Angesichts dieser aktuellen Lage in Albanien könne nicht davon gesprochen werden, dass dem Asylwerber politische Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohe, vielmehr sei davon auszugehen, dass bloß eine abstrakte Möglichkeit, dass der Asylwerber auf Grund seiner früheren politischen Tätigkeit nunmehr Nachteile für seine Person zu gewärtigen hätte, bestehe. Diese bloß abstrakte und entfernte Möglichkeit einer Verfolgung vermöge jedoch die Flüchtlingseigenschaft nicht zu begründen. Der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme vom 1. April 1998 "auch nicht dargetan", dass er im Vergleich zu anderen Mitgliedern der Demokratischen Partei Albaniens und der diesbezüglich allgemeinen politischen Situation in erhöhtem Maße gefährdet wäre, politisch verfolgt zu werden. In diesem Zusammenhang falle auch auf, dass der Beschwerdeführer angegeben habe, sich ca. zwei Monate in einem ca. 6 bis 7 km vom Elternhaus entfernten Nachbardorf aufgehalten zu haben, wo er während dieses Aufenthaltes keine Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt habe. Es sei ihm sohin bereits im Jahre 1997 durch einen "relativ nahen" Ortswechsel möglich gewesen, sich einer potenziellen Verfolgungsgefahr zu entziehen, sodass auch dieser Umstand gegen eine mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung spreche. Eine Gesamtbetrachtung sowohl der Angaben des Beschwerdeführers als auch des Berichtes der österreichischen Botschaft in Tirana zur allgemeinen Situation im Heimatland des Asylwerbers ergebe, dass dieser nicht Flüchtling im Sinne der GFK sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

§ 7 AsylG lautet:

"Die Behörde hat Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt."

Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen auf die Ausführungen der österreichischen Botschaft in Tirana vom 16. Februar 1998, aus denen sich ihrer Auffassung nach ergibt, dass allgemein festgestellt werden könne, dass sich Repressionsmaßnahmen gegen Oppositionsangehörige seit Amtsantritt der neuen Regierung gemildert hätten. Insbesondere habe im Falle seiner Rückkehr ins Heimatland ein Mitglied der Demokratischen Partei nach Einschätzung der österreichischen Botschaft "kaum" mit politischer Verfolgung zu rechnen. Der Beschwerdeführer ist in seiner Stellungnahme vom 1. April 1998 diesen Ausführungen der österreichischen Botschaft in Tirana, die ihre Erkenntnisquellen nicht offengelegt hat, nicht generell entgegengetreten. Er hat darin allerdings zum Ausdruck gebracht, dass sich in seinem Falle nicht die Frage nach allfälligen Säuberungen in der Beamtenschaft durch die Angehörigen der Sozialistischen Partei Albaniens stelle, sondern es - erkennbar gemeint: vor dem Hintergrund seines bisherigen Vorbringens - um eine "Revanche" von Seite der Regierungspartei für seine Mitarbeit in der Wahlkommission als Angehöriger der Demokratischen Partei gehe.

Die belangte Behörde, die das Vorbringen des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme vor der Erstbehörde nicht für unglaubwürdig erklärt hat, ist im angefochtenen Bescheid auf die vom Beschwerdeführer geschilderte Rolle als aktives Mitglied der Demokratischen Partei im Rahmen der Mitgliederwerbung und der (im Berufungsverfahren behaupteten) Teilnahme als Wahlhelfer nicht eingegangen. Sie hat auch jegliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zum mehrfachen Beschuss seines Elternhauses (behauptetermaßen) durch der Regierungspartei nahe stehende Personen (vom Beschwerdeführer als "Ordnungshüter" bezeichnet) sowie der Androhung der "Liquidierung" unterlassen, ohne dass sie die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers etwa - wie noch die Erstbehörde - für unglaubwürdig gehalten hätte. Angesichts des dem Bescheid zu Grunde gelegten Vorbringens des Beschwerdeführers reichen jedoch die allgemein gehaltenen und ihrerseits nicht näher begründeten Ausführungen der Österreichischen Botschaft in Tirana, die sich die belangte Behörde zu eigen macht, nicht aus, um den Schluss zu rechtfertigen, dass auch ein Angehöriger der Demokratischen Partei, der sich im Zeitraum vor, während und nach den Wahlen im Jahr 1997 in einer, der des Beschwerdeführers vergleichbaren, exponierten Situation befunden hat, nunmehr - d.h.: im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - keine asylrelevante Verfolgung mehr zu befürchten hätte. Der Beschwerdeführer weist in seiner Beschwerde im übrigen zutreffend darauf hin, dass die Österreichische Botschaft in Tirana nur von einer Milderung der Repressionsmaßnahmen gesprochen hat.

Soweit die belangte Behörde weiters aus dem zweimonatigen ungestörten Aufenthalt des Beschwerdeführers in einem Dorf in der Nähe von Tirana schließt, dass es ihm bereits durch einen kleinräumigen Ortswechsel möglich gewesen sei, sich einer "potenziellen Verfolgungsgefahr" zu entziehen, übersieht sie, wie der Beschwerdeführer zutreffend bemerkt, dass er nie angegeben hatte, die albanischen Behörden hätten von diesem Ortswechsel gewusst. Der Schluss aus der nicht erfolgten Behelligung während des Aufenthaltes im erwähnten Dorf auf eine fehlende Verfolgungsgefahr, wie ihn die belangte Behörde anstellt, ist daher nicht gerechtfertigt.

Der angefochtene Bescheid ist nach dem bisher Gesagten mit einem relevanten Begründungsmangel behaftet.

Im Übrigen ist die belangte Behörde darauf aufmerksam zu machen, dass sie nach der nunmehr bereits ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, Zl. 98/20/0567) angesichts neuer Feststellungen im Berufungsbescheid verpflichtet gewesen wäre, gemäß § 67d AVG im Zusammenhang mit Art. II Abs. 2 Z. 43a EGVG vor der Bescheiderlassung eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Der angefochtene Bescheid war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998010309.X00

Im RIS seit

28.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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