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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §144;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der L GmbH & Co KG (als Rechtsnachfolgerin der L GmbH) in Trumau, vertreten durch Wolczik, Knotek, Wurst, Winalek, Rechtsanwälte in Baden, Pergerstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 4. Februar 2000, GZ. RV 897- 09/99, betreffend Straßenverkehrsbeitrag 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1999, Zl. 98/16/0145, verwiesen. Schon den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses ist u.a. zu entnehmen,
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dass auf Grund von Nachschauaufträgen des Finanzamtes Baden vom 30. März 1992 bei der Beschwerdeführerin eine Nachschau gemäß § 144 Abs. 1 BAO stattfand, und zwar betreffend Straßenverkehrsbeiträge 1/1990 - 10/1991 bzw. 11/1991 bis laufend;
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dass diese Nachschau hinsichtlich der genannten Straßenverkehrsbeiträge keine Beanstandungen ergab und
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dass auf Grund eines Prüfungsauftrages vom 19. Mai 1994 bei der Beschwerdeführerin eine Buch- und Betriebsprüfung u.a. betreffend Straßenverkehrsbeitrag 1990 - 1992 stattfand, wobei der am 27. Oktober 1994 gemäß § 150 BAO erstellte Bericht in seinem Punkt 10. Folgendes aussagt:
"... 10.) Von der Gesellschaft wurden bisher zahlreiche Auflieger als überzählig und damit gemäß § 2 Z. 9 StVBG als beitragsfrei behandelt. Die Ermittlungen der Bp ergaben, daß die derartig als beitragsfrei behandelten Anhänger jedoch von einem Fahrzeug eines anderen Beitragsschuldners gezogen und somit der Beifreiungstatbestand des § 2 Z. 9 StVBG nicht gegeben ist.
Es ergeben sich folgende Nachzahlungen:
1991 S 151.120,--
1992 S 364.920,--
Nachschau 1993 S 343.600,-
-."
Daraufhin setzte das Finanzamt Baden mit Bescheid vom 14. Dezember 1994, StNr. 420/5817 Referat 03, gemäß § 201 BAO für das Jahr 1992 Straßenverkehrsbeitrag in Höhe von S 1,793.000,-- fest, indem es aus dem Betriebsprüfungsbericht (unter Hinweis auf diesen) die Nachzahlung von S 364.920,-- übernahm und dem vom Beschwerdeführer zuvor erklärten Betrag von S 1,428.080,-- hinzurechnete.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit der Begründung, die vorgenommene Wiederaufnahme sei nicht berechtigt, weil die gemäß § 144 BAO durchgeführte Nachschau keine Beanstandung ergeben habe. Demgegenüber seien neue Tatsachen nicht hervorgekommen.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie die Ergebnisse der Betriebsprüfung aus dem Jahr 1994 wiedergab und gegenüber dem von der Beschwerdeführerin für das Jahr 1992 erklärten Betrag eine Differenz in Höhe von S 364.920,-- ermittelte, und zwar unter Anführung der jeweils betroffenen Fahrzeuge, Auflieger und Anhänger.
Rechtlich wies die belangte Behörde darauf hin, dass betreffend das Jahr 1992 keine Wiederaufnahme erfolgt sei, sondern dass der Straßenverkehrsbeitrag mit dem Bescheid vom 14. Dezember 1994 erstmals festgesetzt worden sei.
Zuvor hatte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin den Inhalt der beabsichtigten Berufungsentscheidung vorgehalten, worauf seitens der Beschwerdeführerin keine Resonanz erfolgt war.
Gegen den Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass keine Abgabenfestsetzung gemäß § 201 BAO vorgenommen wird bzw. dass ein bescheidmäßig abgeschlossenes Verfahren nicht gemäß § 303 BAO wieder aufgenommen und dass ihr nicht zusätzlich Straßenverkehrsbeitrag vorgeschrieben wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 5 des auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Straßenverkehrsbeitragsgesetzes 1978 lautet auszugsweise:
"(1) Der Beitragsschuldner hat die Fahrzeuge mit inländischem Kennzeichen, mit welchem beitragspflichtige Güterbeförderungen durchgeführt werden, dem Finanzamt anzuzeigen...
(2) Der Beitragsschuldner hat für jedes abgelaufene Kalenderjahr bis zum 31. März des darauf folgenden Kalenderjahres auf amtlich aufgelegten Vordrucken die Erklärung über die von ihm bei der Güterbeförderung eingesetzten Fahrzeuge mit inländischem Kennzeichen abzugeben. In dieser Erklärung sind die Art, das Kennzeichen, die höchste zulässige Nutzlast der Fahrzeuge, die Kalendermonate, für eine Beitragsschuld entstanden ist, und die darauf entfallenden Beiträge samt summenmäßiger Zusammenstellung anzuführen...".
§ 6 Abs. 1 leg. cit. lautet:
"(1) Für die Erhebung des Beitrages ist bei Beförderungen mit Fahrzeugen mit inländischem Kennzeichen das Finanzamt zuständig, dem die Erhebung der Umsatzsteuer des Beitragsschuldners obliegt. Fehlt ein derartiges Finanzamt, so hat das Wohnsitzfinanzamt des Beitragsschuldners den Betrag zu erheben. Der vom Beitragsschuldner selbst zu berechnende Beitrag ist jeweils bis zum 10. des dem Entstehen der Beitragsschuld folgenden Kalendermonats an das Finanzamt zu entrichten."
§ 144 Abs. 1 BAO lautet:
"(1) Für Zwecke der Abgabenerhebung kann die Abgabenbehörde bei Personen, die nach abgabenrechtlichen Vorschriften Bücher oder Aufzeichnungen, die nach abgabenrechtlichen Vorschriften Bücher oder Aufzeichnungen zu führen haben, Nachschau halten. Nachschau kann auch bei einer anderen Person gehalten werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass gegen diese Person ein Abgabenanspruch gegeben ist, der auf andere Weise nicht festgestellt werden kann.
§ 201 leg. cit. lautet:
"Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabenpflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, ist ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn der Abgabenpflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen."
Kern der Beschwerdeausführungen ist - wie schon im Verwaltungsverfahren - das Argument, die Nachschau gemäß § 144 BAO habe keine Beanstandung ergeben und es sei zu Unrecht eine Wiederaufnahme bzw. Festsetzung des Straßenverkehrsbeitrages erfolgt. Außerdem wird mangelhafte Begründung des angefochtenen Bescheides behauptet.
Zunächst ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem oben zitierten Erkenntnis Zl. 98/16/0145 klargestellt hat, dass eine Nachschau gemäß § 144 BAO nur eine beaufsichtigende Maßnahme zum Zwecke der äußeren Kontrolle darstellt. Aus dem Ergebnis einer derartigen Kontrollmaßnahme ergibt sich insbesondere kein Hindernis für eine Buch- und Betriebsprüfung gemäß §§ 147 ff BAO.
Der Straßenverkehrsbeitrag ist eine Selbstbemessungsabgabe (vgl. z.B. Stoll, BAO-Kommentar 2121).
Voraussetzung für die Erlassung eines Bescheides gemäß § 201 BAO ist u.a., dass sich die Selbstbemessung als unrichtig erweist (Stoll, a.a.O. 2120; Ritz BAO-Kommentar2 Rz 4 zu § 201 BAO), wobei es nicht auf die subjektive Vorgangsweise des Abgabenpflichtigen bei Abgabe der Erklärung ankommt (Stoll, a.a.O. 201, 203, und die dort zitierte hg. Judikatur). Die besonderen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme eines Verfahrens sind für die Erlassung eines Bescheides gemäß § 201 BAO nicht erforderlich.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weil die belangte Behörde auf Grund der Ergebnisse der Buch- und Betriebsprüfung (denen die Beschwerdeführerin trotz Vorhaltes des beabsichtigten Inhalts der später erlassenen Berufungsentscheidung nicht substantiell entgegengetreten ist) und der sich daraus ergebenden Unrichtigkeit der von der Beschwerdeführerin für das Jahr 1992 abgegebenen Erklärung zur Erlassung des angefochtenen Bescheides verpflichtet war.
Da auch die Behauptung, der angefochtene Bescheid sei unzulänglich begründet, jeder Grundlage entbehrt, war die Beschwerde insgesamt als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG).
Mir Rücksicht auf die durch die zitierte Literatur und Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. Dezember 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000160303.X00Im RIS seit
02.04.2001