Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil, Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj A***** S*****, geboren am ***** 2006, wegen Unterhalts, aus Anlass der Vorlage des „außerordentlichen" Revisionsrekurses des Vaters D***** S*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 13. Juli 2009, GZ 1 R 108/09y-U-36, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-West vom 26. Februar 2009, GZ 412 P 32/08f-U-26, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht verpflichtete den Vater D***** S*****, für seine Tochter A***** S*****, angefangen vom 1. 4. 2008 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes, einen Unterhaltsbetrag von monatlich 20 EUR zu bezahlen. Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Vaters nicht Folge. Dem Rekurs der Mutter M***** S***** wurde hingegen Folge gegeben und der Beschluss des Erstgerichts dahin abgeändert, dass der Vater zur Bezahlung eines Unterhaltsbetrags von insgesamt monatlich 72 EUR verpflichtet wurde. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde vom Rekursgericht nicht zugelassen, weil es an den Kriterien des § 62 Abs 1 AußStrG fehle.
Gegen die Rekursentscheidung richtet sich der „Widerspruch" des Vaters, worin er unter anderem geltend macht, mit der gerichtlichen Entscheidung nicht einverstanden zu sein und höchstens einen Unterhalt von 30 EUR leisten zu können.
Das Erstgericht erteilte dem Vater einen erfolglosen Verbesserungsauftrag (Zulassungsvorstellung; Vertretungspflicht) und legte sodann dem Rekursgericht die Eingabe des Vaters als „Rekurs" vor. Dieses stellte den Akt wieder an das Erstgericht mit der Aufforderung zurück, bezüglich der Eingabe des Vaters ein Verbesserungsverfahren hinsichtlich der Zulassungsvorstellung unter Hinweis auf die Vertretungspflicht durchzuführen. Sollte die Verbesserung - unter Fristsetzung - nicht gelingen, sei die als „ao Revisionsrekurs" zu wertende Eingabe direkt dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 69 Abs 4 AußStrG).
Das Erstgericht legte daraufhin - ohne Durchführung eines weiteren Verbesserungsverfahrens - dem Obersten Gerichtshof die Eingabe des Vaters als „außerordentlichen Revisionsrekurs" vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Vorgangsweise der Vorinstanzen steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Bei Ansprüchen auf den gesetzlichen Unterhalt ist das Dreifache der Jahresleistung als Wert des strittigen Rechts anzunehmen (§ 58 Abs 1 JN; RIS-Justiz RS0042366 ua). Der im Rekursverfahren strittige Monatsbetrag beträgt äußerstenfalls 72 EUR, der Dreijahresbetrag daher äußerstenfalls 2.592 EUR (72 EUR x 36). Der Wert des Entscheidungsgegenstands, über den das Rekursgericht entschieden hat, übersteigt somit nicht den aufgrund des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl I 2009/52, maßgeblichen Betrag von 30.000 EUR. Das Datum der Entscheidung der zweiten Instanz liegt nach dem 30. 6. 2009.
Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs, außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG, jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Vor einer nachträglichen Zulassung eines derartigen Revisionsrekurses durch die zweite Instanz ist der Oberste Gerichtshof funktionell unzuständig (5 Ob 40/09g; RIS-Justiz RS0109516 ua).
Die Eingabe des Vaters war daher dem Obersten Gerichtshof nicht als „außerordentlicher" Revisionsrekurs vorzulegen. Ein solcher wäre nur dann zulässig - und dann dem Obersten Gerichtshof gemäß § 69 Abs 4 AußStrG vorzulegen - wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR übersteigt oder soweit er nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist (§ 62 Abs 5 AußStrG). Dies ist hier aber nicht der Fall. Der Akt ist daher dem Erstgericht zurückzustellen, das die Eingabe des Vaters neuerlich dem Rekursgericht vorzulegen haben wird (§ 69 Abs 3 AußStrG), wobei es der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten bleibt, ob die Eingabe bereits den Erfordernissen einer Zulassungsvorstellung iSd § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder einer Verbesserung bedarf (9 Ob 52/09a; RIS-Justiz RS0109595 ua).
Textnummer
E93119European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0090OB00084.09G.0126.000Im RIS seit
25.02.2010Zuletzt aktualisiert am
14.06.2012