TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/21 98/06/0219

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Veröffentlicht am 21.12.2000
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Index

L10107 Stadtrecht Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs4;
AVG §58 Abs3;
BauRallg;
ROG Tir 1997 §41 Abs2;
Statut Innsbruck 1975 §29 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des C M in I, vertreten durch Dr. P G, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. Oktober 1998, Zl. I-6045/1998, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: A W in R), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Mitbeteiligte ist Eigentümer der Grundparzelle 2, KG A. Das Grundstück ist nach dem Flächenwidmungsplan Nr. AL-F1 als Freiland gewidmet und als archäologisches Grabungsgebiet ausgewiesen. Auf diesem Grundstück befindet sich ein - ehedem konsenslos errichteter - Holzstadel im Ausmaß von 3,80 x 2,50 x 2,30 m, der zur Lagerung von Obst, Gemüse und Gartengeräten verwendet wird.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Nachbargrundstücks Gp. Nr. 3, KG A.

Im Jahre 1989 hatte der Mitbeteiligte die gegenständliche Liegenschaft samt Stadel erworben. Eine nachträglich von ihm beantragte Baubewilligung war mit Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 27. Februar 1995 gemäß § 3 Abs 1 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. für Tirol 11/1994, in der Fassung des Gesetzes vom 7. Juli 1994, LGBl. 82/1994, (im Folgenden: Freilandbautengesetz), zunächst bewilligt worden. Nach Aufhebung des § 3 Freilandbautengesetz mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 1996, G 189/96 u.a., wurde mit weiterem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom selben Tag, B 1074/95, der vom Beschwerdeführer bekämpfte Bewilligungsbescheid aufgehoben, die beantragte Bewilligung im weiteren Verfahren mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 1997 u.a. unter Bezugnahme auf § 41 Abs. 2 TROG 1997 abgewiesen und in weiterer Folge ein baupolizeilicher Abbruchauftrag gegen den Mitbeteiligten erlassen.

Mit Bauansuchen vom 25. Oktober 1997 begehrte der Mitbeteiligte nach Modifizierung seines Projektplanes (durch Entfernung des Vorbaus und des Abortes) neuerlich die (nachträgliche) Baubewilligung für den auf seiner Grundparzelle befindlichen Stadel.

Mit Bescheid vom 20. Juli 1998 erteilte der Stadtmagistrat Innsbruck gemäß § 58 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 1998 und § 31 Abs. 10 Tiroler Bauordnung 1989 iVm § 41 Abs. 2 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 die angestrebte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen. Die Behörde ging dabei von den Ergebnissen der Begutachtung und der Bauverhandlung sowie davon aus, die vom Beschwerdeführer erhobenen, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 1996, G 189/96 u.a., gestützten Einwendungen betreffend die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes seien unbegründet, weil sich die erteilte Bewilligung nicht auf die vom Verfassungsgerichtshof mit dem zitierten Erkenntnis aufgehobene Gesetzesbestimmung des § 3 Freilandbautengesetzes stütze, sondern auf § 41 Abs. 2 TROG 1997. Auch ein Abbruchbescheid ändere nichts an der Bewilligungsfähigkeit des gegenständlichen Projekts, weil nach § 5 des Freilandbautengesetzes die Vollstreckung bestehender Abbruchbescheide bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Baubewilligungsverfahren unzulässig sei. Auch ändere der (abweisliche) Vorbescheid nichts an der Zulässigkeit einer neuerlichen Entscheidung, weil sich die vorliegende Entscheidung auf eine andere Rechtslage (nämlich die nach dem TROG 1997) stütze und durch Abriss des angebaut gewesenen Trockenklos sich auch die zu beurteilende Sachlage geändert habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er seine bereits in der Bauverhandlung erhobenen Einwendungen wiederholte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Nach kurzer Wiedergabe des Verfahrensganges führte die belangte Behörde begründend aus, Gegenstand des vorliegenden Bauansuchens sei die nachträgliche Bewilligung eines bereits bestehenden ortsüblichen Stadels in Holzbauweise für land- und forstwirtschaftliche Zwecke, sowie für die Lagerung von Obst, Gemüse und Gartengeräte. Die angeführte Nutzungsbeschränkung für die in Rede stehende Grundparzelle "archäologisches Grabungsgebiet" sei lediglich ein Hinweis, der grundsätzlich nur im Zuge von konkreten Baumaßnahmen zu beachten sei. Im Gegenstandsfalle handle es sich um ein bereits bestehendes Gebäude, sodass dieser Hinweis nicht zum Tragen komme. Die behauptete Gleichheitswidrigkeit sei von der Behörde nicht zu prüfen gewesen, da ausschließlich der Verfassungsgerichtshof gesetzesprüfende Kompetenz habe. Auch die erfolgte Aufhebung des § 3 Freilandbautengesetz berühre den gegenständlichen Fall nicht, weil nicht diese Bestimmung, sondern jene des § 41 TROG 1997 angewendet worden sei. Der Hinweis auf die den Beschwerdeführer selbst betreffenden abweislichen Baubescheide gehe schon deshalb fehl, weil Gegenstand seines Bauansuchens ein Wohnhaus mit Stall gewesen sei und somit kein vergleichbarer Sachverhalt vorliege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde erstattete unter gleichzeitiger Vorlage der Verwaltungsakten eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.

Auch der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Erlassung des angefochtenen Bescheides durch die zuständige und richtig besetzte Behörde, in seinem Recht darauf, dass nicht über ein inhaltsgleiches Verfahren zweimal entschieden werde, in seinem Recht auf widmungsgemäße Verwendung des Grundstückes Nr. 2 nach dem Flächenwidmungsplan und in seinem Recht auf ein dem Gesetz entsprechendes Verfahren verletzt. Im Einzelnen begründet er seine Beschwerde dahingehend, der Erstbescheid sei vom Stadtmagistrat, der beschwerdegegenständliche Bescheid vom Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck erlassen worden. Gemäß § 9 Innsbrucker Stadtrecht seien der Gemeinderat, der Stadtsenat, der Bürgermeister und die Verwaltungsausschüsse sowie der Stadtmagistrat die Organe der Stadt. Nach § 11 Innsbrucker Stadtrecht bestehe der Stadtsenat aus dem Bürgermeister, dem ersten und dem zweiten Bürgermeisterstellvertreter und acht weiteren Mitgliedern (Stadträten). Gemäß § 36 Innsbrucker Stadtrecht bestehe der Stadtmagistrat aus dem Bürgermeister als Vorstand sowie dem Magistratsdirektor und den übrigen Bediensteten. Aus dem angefochtenen Bescheid könne nicht entnommen werden, wer Mitglied des Stadtsenates, insbesondere wer Vorsitzender bei der Beschlussfassung des angefochtenen Bescheides gewesen sei. Der Bescheid sei "daher" von einer unrichtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen worden. Gemäß § 31 Innsbrucker Stadtrecht sei der Bürgermeister zur Leitung der gesamten Stadtverwaltung berufen, ihm unterstünden alle Bediensteten der Stadt. Damit obliege dem Bürgermeister der Vollzug der der Stadt im eigenen Wirkungsbereich zukommenden Aufgaben. Ihm komme auch in seiner Funktion als Vorstand des Stadtmagistrates volle Weisungsbefugnis zu. Auch wenn dieser mit Zustimmung des Stadtsenates auch andere Mitglieder des Gemeinderates mit der Wahrnehmung von Geschäften seines Wirkungskreises betrauen könne, seien doch die betreffenden Geschäfte nach seinen Weisungen und unter seiner Verantwortung zu besorgen. Damit könne der Bürgermeister in concreto nicht als Bürgermeister dem Stadtsenat präsidieren, wenn dieser über eine Berufung gegen einen Bescheid des Stadtmagistrates zu entscheiden habe. Derselbe Bürgermeister sei auch Vorsitzender des Stadtsenates, der auf Einberufung durch den Bürgermeister nach Bedarf zusammentrete. Aus dem angefochtenen Bescheid sei nicht zu entnehmen, wer als physische Person den Vorsitz geführt habe. Es habe nun der Bürgermeister sowohl an der Beschlussfassung über den erstinstanzlichen, als auch an jener über den zweitinstanzlichen Bescheid teilgenommen, er sei als Kommissionsmitglied daher befangen gewesen. Es sei zwar für den Stadtmagistrat vorgesehen, dass der Bürgermeister an Stelle des Magistratsdirektors einen anderen der rechtskundigen Verwaltungsbeamten des Stadtmagistrates mit der Vertretung des Magistratsdirektors betrauen könne, es sei aber im Innsbrucker Stadtrecht eine Vertretung des Stadtsenates durch einen rechtskundigen Verwaltungsbeamten nicht vorgesehen. Daher hätte der angefochtene Bescheid nicht "für den Stadtsenat" durch Senatsrat Dr. K. "im Auftrag" des Bürgermeisters gefertigt werden dürfen. Des Weiteren besitze er als Nachbar der in Rede stehenden Liegenschaft und als Partei des Bauverfahrens das Recht, dass eine zu seinen Gunsten entschiedene Bausache nicht neuerlich aufgerollt werde. Der Beschwerdeführer habe schon im bisherigen Verfahren darauf hingewiesen, dass das Bauvorhaben mit dem Bescheid des Stadtmagistrates vom 12. September 1997 entschieden worden sei und dieses Bauvorhaben mit dem dem Bescheid vom 20. Juli 1998 zu Grunde liegenden Bauvorhaben identisch sei. Schließlich gehe es um denselben, schon durch Jahre in der Natur bestandenen Stadel, der nur in der Weise abgeändert worden sei, als die baubehördliche Bewilligung für das angebaute Klo nicht mehr beantragt werde. Auch hinsichtlich des Zweckes ergebe sich aus den wiedergegebenen Baubeschreibungen praktisch kein Unterschied. Nach der Baubeschreibung werde dieses Grundstück land- und forstwirtschaftlich genutzt, eine forstwirtschaftliche Nutzung erfordere allerdings ein Gebäude nicht; die landwirtschaftliche Nutzung könne - angesichts der Größe der dem Mitbeteiligten gehörigen Liegenschaft - nur auf einen Hobbybetrieb schließen lassen. Es sei überdies festgestellt worden, dass ein Bauer aus A. das Grundstück mähe, das Heu jedoch nicht einmal auf dem gegenständlichen Grundstück eingebracht und aufbewahrt werden solle, sodass auch Ortsüblichkeit nicht anzunehmen sei. Art und Größe des Stadels müssten sich zunächst nach dem Bedarf der vom Stadel aus zu bewirtschaftenden Fläche, dann aber auch danach richten, welche Bewirtschaftungsgegenstände im Stadel untergebracht werden müssten. Diesbezügliche Feststellungen seien nicht getroffen worden. Überdies sei ein Stadel erst dann ortsüblich, wenn die Errichtung desselben auch auf Grund der Größe jener Fläche, deren Zweck er dienen solle, gerechtfertigt und dementsprechend angepasst sei. In diesem Falle sei auch die Feststellung der belangten Behörde, der Stadel sei ortsüblich, aktenwidrig. Auch in der Änderung der Rechtslage sei keine Änderung eingetreten, da nach wie vor die Tiroler Bauordnung 1989 anzuwenden sei.

Im Übrigen rügt der Beschwerdeführer, es sei zu Unrecht nicht auf seine Verweise auf die Vorakten eingegangen worden.

Dieser Argumentation kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anschließen.

Gemäß § 51 Abs. 1 der am 1. März 1998 in Kraft getretenen Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15/1998, ist in der Stadt Innsbruck Behörde im Sinne dieses Gesetzes der Stadtmagistrat, soweit in den Abs. 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist. Über Berufungen gegen Bescheide des Stadtmagistrates entscheidet der Stadtsenat. Gegen dessen Entscheidungen ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Eine Vorstellung an die Landesregierung findet nicht statt.

Nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides hat "der Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck" über die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 20. Juli 1998 erhobene Berufung entschieden. Auch die Fertigungsklausel des angefochtenen Bescheides ("Für den Stadtsenat") lässt keinen anderen Schluss zu.

Gemäß § 11 Abs. 1 des Innsbrucker Stadtrechtes in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 36/1983, besteht der Stadtsenat aus dem Bürgermeister, dem ersten und dem zweiten Bürgermeisterstellvertreter und acht weiteren Mitgliedern, die nach Abs. 2 leg. cit. vom Gemeinderat aus seiner Mitte nach den Bestimmungen der Innsbrucker Wahlordnung gewählt werden. Eine Bestimmung, dass den Parteien die Namensliste der Mitglieder des Stadtsenates zur Kenntnis zu bringen wäre, ist im Innsbrucker Stadtrecht 1975 nicht enthalten.

Ist die bescheiderlassende Behörde - wie hier - eine Kollegialbehörde, so ist nach § 58 Abs. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 4 AVG dem Erfordernis der Bezeichnung der Behörde durch ihre - bloße - Bezeichnung im Bescheid Rechnung getragen; der namentlichen Anführung der einzelnen Mitglieder der Kollegialbehörde bedarf es mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage nicht (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 20. September 1988, Zl. 87/12/0047, und vom 7. Juli 1992, Zl. 92/08/0018). Der Beschwerdeführer wurde daher nicht dadurch in seinen Parteirechten verkürzt, dass aus der angefochtenen Entscheidung die Namen der Mitglieder der über seine Berufung befindenden Kollegialbehörde nicht hervorgehen, zumal ihm als Partei des Verfahrens nach Anfrage ein Anspruch auf die Bekanntgabe der Mitglieder der über seine Berufung entscheidenden belangten Behörde zugekommen wäre und er nicht behauptet, diese vergeblich verlangt zu haben. Dass der Stadtsenat unrichtig zusammengesetzt gewesen wäre, wird auch vom Beschwerdeführer nicht konkret behauptet. Von Amts wegen aufzugreifende Bedenken in dieser Richtung bestehen auf Grund der Aktenlage nicht.

Insoweit sich die Bedenken des Beschwerdeführers gegen die Person des Bürgermeisters sowohl als Vorstand der Behörde erster Instanz (§ 36 Abs. 1 Innsbrucker Stadtrecht) als auch als Mitglied der Behörde zweiter Instanz (§ 29 Abs. 2 leg. cit.) richten, ist ihm zunächst zu entgegnen, dass er in dieser Funktion nicht zur Entscheidung berufenes Organ war.

Insoweit der Beschwerdeführer erkennbar die mangelnde Bescheidqualität des angefochtenen Bescheides infolge des Mangels einer gesetzmäßigen Unterfertigung geltend macht, ist ihm entgegen zu halten, dass nach § 29 Abs. 2 Innsbrucker Stadtrecht der Bürgermeister im Stadtsenat den Vorsitz führt. In dieser Funktion hat er auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Ausfertigung von Berufungsbescheiden dieser Kollegialbehörde zu sorgen. Im Beschwerdefall lautet die Unterfertigung: "Für den Stadtsenat: Der Bürgermeister: Im Auftrag: e.h. (leserliche) Unterschrift, (Dr. K) Senatsrat". Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 11.3.1983, 82/17/0068, VwSlg. 5767 F/1983, aus den einem Vorsitzenden eines Kollegialorgans zukommenden Leitungsbefugnissen abgeleitet, dass "sofern gesetzlich nicht ausdrücklich etwas anderes angeordnet ist", der Vorsitzende in einem solchen Fall diesen Bescheid in rechtlich einwandfreier Weise unterfertigt. Gleiches hat mangels ausdrücklicher anders lautender Regelung auch für Bescheide des über Berufungen in Bauangelegenheiten erkennenden Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck zu gelten. Auch im Innsbrucker Stadtrecht ist die Leitungsbefugnis des Vorsitzenden in Bezug auf die Einberufung zu den Sitzungen ausdrücklich genannt, so dass es rechtlich unbedenklich ist, wenn als die Erledigung gemäß § 18 Abs 4 AVG Genehmigender der Vorsitzende einschreitet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1998, Zl. 97/06/0063). Schritt daher auch im Beschwerdefall der Bürgermeister der Stadt Innsbruck in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Stadtsenates als die Erledigung gemäß § 18 Abs. 4 AVG Fertigender ein, so ist diese Vorgangsweise rechtlich unbedenklich, weil es sich dabei um eine (bloße) Bekanntgabe des kollegial gebildeten Willens durch den Vorsitzenden nach außen handelt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 28. November 1990, Zl. 90/02/0115).

Dass sich der Vorsitzende dabei vertreten ließ, ändert an dieser Einschätzung nichts. Damit entspricht der angefochtene Bescheid jedenfalls der Bestimmung des § 18 Abs. 4 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998. Die behauptete formale Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt somit nicht vor.

2. Zu den inhaltlichen Bedenken des Beschwerdeführers:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt:

Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, u.v.a.).

Nach § 58 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15/1998 sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Baubewilligungsverfahren und Verfahren auf Grund von Bauanzeigen nach der bisherigen Tiroler Bauordnung weiterzuführen, wenn das betreffende Bauvorhaben auch nach diesem Gesetz bewilligungspflichtig oder zumindest anzeigepflichtig ist.

Das beschwerdegegenständliche Bauansuchen wurde am 28. Oktober 1997 eingebracht; Gegenstand dieses Bauansuchens ist jedenfalls eine nach § 20 Abs. 2 lit. c TBO 1998 anzeigepflichtige Maßnahme. Im Sinne des § 58 Abs. 1 TBO 1998 ist auf den Beschwerdefall daher noch die Rechtslage nach der Tiroler Bauordnung 1989 in der im Zeitpunkt vor Inkrafttreten der TBO 1998 geltenden Fassung anzuwenden.

Gemäß dem § 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 33/1989, sind die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn als Rechte definiert, die in einer Bestimmung der Tiroler Bauordnung oder einer auf der Grundlage der Tiroler Bauordnung ergangenen Verordnung begründet sind, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dienen. Danach können subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, auf die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden.

Soweit der Nachbar in subjektiven Rechten betroffen werden kann, ist er berechtigt, das Vorliegen einer rechtskräftig entschiedenen Sache (res judicata) geltend zu machen (vgl. die in Hauer, Tiroler Baurecht2, Seite 179, unter Zlen. 47 und 48 abgedruckte hg. Judikatur). Die Rechtskraft eines Bescheides erfasst jedoch nicht einen Sachverhalt, der sich nach Erlassung des Bescheides geändert hat. Eine Änderung des Sachverhaltes liegt auch bereits bei Änderung des Antrages vor, es sei denn, dass sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren nur dadurch unterscheidet, dass es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist. Die Wesentlichkeit einer Sachverhaltsänderung ist dabei nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen rechtskräftigen Entscheidung erfahren hat (siehe hiezu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1971, Slg. Nr. 8035/A, und vom 19. Mai 1988, Zl. 86/06/0255 = BauSlg. Nr. 1120). In diesem Zusammenhang ist der Begriff "Identität der Sache" in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus zu beurteilen (siehe dazu ausführlicher die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, in E 3 ff zu § 68 Abs. 1 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Im Beschwerdefall wurde die Abweisung des (ursprünglichen) Bauansuchens des Mitbeteiligten (mit Bescheid vom 12. September 1997) auch darauf gestützt, dass diesem Ansuchen in Folge der durch den Verfassungsgerichtshof mit dessen Erkenntnis vom 29. November 1996, G 189-193/96-8, ausgesprochenen Aufhebung des § 3 Freilandbautengesetz die gesetzliche Grundlage entzogen worden sei. Als weiteren - nicht näher begründeten - Abweisungsgrund hatte die Behörde erster Instanz die Ansicht vertreten, das gegenständliche Objekt könne in der derzeitigen Ausführung nicht unter die Bestimmung des § 41 Abs. 2 TROG 1997 subsumiert werden.

Durch die in den Einreichplänen vorgenommenen Änderungen (Entfernung von Vordach und Kloanbau), die auch in der Begründung des Bescheides zum Ausdruck kommen, liegen im Sachverhalt andere (neue) und damit wesentlich geänderte Umstände vor. Dieselbe, eine neue Entscheidung hindernde "Sache" im Sinne des § 68 AVG liegt nicht vor.

Der Beschwerdeführer sieht sich des Weiteren in seinem Recht auf Gleichbehandlung verletzt, weil ihm die Bauführung auf der angrenzenden Liegenschaft nicht bewilligt worden war. Dem genügt es entgegenzuhalten, dass allfällige Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 7 B-VG) einerseits in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes fallen und andererseits nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes kein Recht auf Gleichbehandlung in dem Fall besteht, wenn gegenüber einer anderen Person in einer gleichartigen Situation eine gesetzwidrige Vollziehung erfolgt ist (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Juni 1981, VfSlg. 9169). Abgesehen davon stellt das ins Treffen geführte Recht auf Gleichbehandlung kein Nachbarrecht im Sinne des § 30 Abs. 4 TBO dar.

Der Beschwerdeführer bestreitet im Weiteren auch die "Ortsüblichkeit" des verfahrensgegenständlichen Stadels.

Der Beschwerdeführer weist grundsätzlich zutreffend darauf hin, dass bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit sowohl auf die äußere Form als auch auf die Funktion des Gebäudes abzustellen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. August 1996, Zl. 95/06/0200). Laut der im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen Beschreibung des Objekts handelt es sich um eine 3,80 x 2,50 x 2,30 m große Baulichkeit in Holzbauweise mit Satteldach, welches mit Dachziegeln eingedeckt ist.

Ortsüblichkeit im Sinne des Gesetzes liegt gemäß der hg. Judikatur (vgl. dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom 29. August 1996) auch nur vor, wenn das Gebäude entsprechend dem sonst üblicherweise gegebenen Verwendungszweck benützt wird. Bei der Bewilligung einer solchen Baulichkeit ist zunächst von dem im Antrag genannten Verwendungszweck auszugehen, ohne dass der Behörde nach § 41 Abs. 2 TROG 1997 eine differenzierte Prüfung der ökonomischen Notwendigkeiten auferlegt ist. Ergibt sich allerdings in der Folge eine mit dem angegeben Verwendungszweck in Widerspruch stehende Verwendung, stünde einem baupolizeilichen Auftragsverfahren nichts im Weg. Nach den nicht von vornherein anzuzweifelnden Angaben des Mitbeteiligten dient der Stadel der "Lagerung von Obst, Gemüse und Gartengeräten" und damit einem landwirtschaftlichen Zweck, wie auch der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 5. Dezember 1997 bestätigte. Da weder nach dem Inhalt der Beschwerde noch nach dem vorliegenden Akteninhalt hinsichtlich der Größe und Bauart des Stadels etwas gegen die Annahme der Ortsüblichkeit desselben spricht und auch die oben wiedergegebene beabsichtigte Verwendung keinen Missbrauch indiziert, kann der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit in der rechtlichen Subsumtion durch die belangte Behörde erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Dezember 2000

Schlagworte

Behördenbezeichnung Behördenorganisation Planung Widmung BauRallg3 Unterschrift des Genehmigenden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998060219.X00

Im RIS seit

14.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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