TE OGH 2010/2/23 4Ob11/10m

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Veröffentlicht am 23.02.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** K*****, vertreten durch Gerscha Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Thomas Nitsch und Dr. Sacha Pajor, Rechtsanwälte in Mödling, wegen Eintragung einer Änderung im Gesellschafterstand (Streitwert 17.850 EUR), im Verfahren über den Revisionsrekurs der Masseverwalterin im Konkurs der beklagten Partei Dr. Brigitte Stampfer, Rechtsanwältin, Wien 13, Stadlergasse 27, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 30. November 2009, GZ 1 R 238/09s-37, mit welchem der Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 9. Oktober 2009, GZ 10 Cg 2/09t-26, ersatzlos behoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluss behob das Rekursgericht einen nach § 7 KO gefassten Unterbrechungsbeschluss des Erstgerichts und trug diesem die Fortsetzung des Verfahrens auf. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Masseverwalterin, die das Vorliegen des vom Rekursgericht angenommenen Gemeinschuldnerprozesses bestreitet und daher eine Unterbrechung anstrebt. Das Erstgericht legte den Revisionsrekurs zur Entscheidung vor, ohne Revisionsrekursbeantwortungen einzuholen.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu hat der Senat erwogen:

1. Das Datum der erstinstanzlichen Entscheidung lag nach dem 1. April 2009. Die Fragen der Zweiseitigkeit und der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels sind daher nach Art XIV Abs 2 ZVN 2009, BGBl I 2009/30, nach den §§ 521, 521a ZPO idF der Novelle zu beurteilen. Nach § 521a Abs 1 ZPO idF ZVN 2009 ist der Rekurs gegen einen Beschluss, der nicht bloß verfahrensleitend ist, nach Eintritt der Streitanhängigkeit zweiseitig. Damit kehrt die neue Regelung das bisherige Regel-Ausnahme-Verhältnis um (G. Kodek, Änderungen im Rechtsmittelverfahren durch die ZVN 2009 und das Budgetbegleitgesetz 2009 - Ein Überblick, Zak 2009, 249 [250]).

2. Nach 6 Ob 201/09s ist der Begriff der „verfahrensleitenden" Entscheidung im Sinne des prozessleitenden Beschlusses „im engeren Sinn" zu verstehen, der auch sonst abweichenden Regeln unterliege (§ 522 Abs 1 ZPO). Damit sei nach der neuen Rechtslage nicht nur das Rekursverfahren gegen die Zurückweisung einer Klage nach Streitanhängigkeit, sondern auch das Rekursverfahren gegen verfahrensbeendende und verfahrensgestaltende Beschlüsse „wie etwa die Unterbrechung" zweiseitig.

3. Es kann dahinstehen, ob diese - in 6 Ob 201/09s nicht entscheidungserhebliche - Auffassung in ihrer Allgemeinheit zutrifft, hat doch der Oberste Gerichtshof Unterbrechungsbeschlüsse bisher als verfahrensleitend qualifiziert (10 ObS 334/89 mwN; 9 Ob 140/00d; 10 Ob 15/05m; zum [neuen] Außerstreitverfahren ausdrücklich 3 Ob 85/06f = EvBl 2006/143 und in der Sache auch 6 Ob 87/07y = SZ 2007/86; vgl in der Literatur etwa Rechberger in Rechberger3 § 425 ZPO Rz 3 und E. Kodek in Rechberger3 § 522 ZPO Rz 2), was dem Gesetzgeber bei der Neufassung von § 521a Abs 1 ZPO bekannt gewesen sein müsste. Denn selbst wenn auf dieser Grundlage der Rekurs gegen Unterbrechungsbeschlüsse im Allgemeinen weiterhin einseitig sein sollte, wäre eine Unterbrechung nach § 7 KO doch anders zu beurteilen. Denn hier stellt sich nicht nur die Frage, ob das Verfahren fortzusetzen ist, sondern auch mit wem. Im konkreten Fall verneinte das Erstgericht mit seinem Beschluss die Prozessführungsbefugnis der Gemeinschuldnerin; dieser Beschluss hatte daher dieser gegenüber (in einem weiteren Sinn) prozessbeendenden Charakter. Dasselbe gilt für die nun angefochtene Behebung dieses Beschlusses in Bezug auf den Masseverwalter. Strittig ist daher in Wahrheit nicht nur der Stillstand oder die Fortsetzung des Verfahrens, sondern - damit untrennbar verbunden - die Frage, wer überhaupt am Prozess beteiligt ist. Damit gehen die Beschlüsse der Vorinstanzen jedenfalls über eine bloße Prozessleitung hinaus. Zumindest in diesem Fall ist das Revisionsrekursverfahren daher nach der Grundregel des § 521a Abs 1 ZPO zweiseitig.

4. Aus diesem Grund sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen. Zwar hat die Klägerin bereits eine Rechtsmittelbeantwortung erstattet; dies ist jedoch auch der beklagten Gemeinschuldnerin zu ermöglichen. Dabei hat die Zustellung des Revisionsrekurses (§ 521a Abs 1 ZPO) an die bisherigen Beklagtenvertreter zu erfolgen. Zwar haben diese die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekanntgegeben; nach § 36 Abs 1 ZPO wird das aber auch im Verhältnis gegenüber dem Gericht (RIS-Justiz RS0035744) erst mit der Anzeige der Bestellung eines anderen Rechtsanwalts wirksam (Fucik in Rechberger3 § 36 ZPO Rz 2 mwN).

Textnummer

E93389

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0040OB00011.10M.0223.000

Im RIS seit

04.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

14.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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