TE OGH 2010/2/24 3Ob212/09m

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Veröffentlicht am 24.02.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter M*****, vertreten durch Dr. Günther Loibner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Berethalmy und Dr. Christiane Berethalmy-Deuretzbacher, Rechtsanwälte in Wien, wegen 63.537,35 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Juli 2009, GZ 5 R 73/09f-15, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 9. April 2009, GZ 29 Cg 128/08f-11, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger betrieb von 1. April 2004 bis 30. September 2007 eine Tankstelle in *****. Das auf unbestimmte Zeit geschlossene Vertragsverhältnis wurde von der beklagten Partei zum 30. September 2007 durch Kündigung beendet.

Der Kläger begehrt nach Kündigung des Tankstellen-Agenturvertrags als Ausgleichsanspruch gemäß § 24 Abs 1 HVertrG brutto 63.537 EUR sA. Diesen Anspruch errechnete der Kläger unter Zugrundelegung der letzten von ihm verdienten Jahresprovision von 115.677,65 EUR, der Annahme eines vom Kläger gewonnenen Stammkundenanteils von 45 % und der Prämisse einer jährlichen Abwanderungsquote der geworbenen Stammkunden von 20 %. Unter Berücksichtigung der gebotenen Abzinsung (2 %) und eines Anteils von 10 % für die von ihm verrichtete administrative Tätigkeit gelangte er zu einem Rohausgleich von 105.895,58 EUR. Diesen Wert kürzte der Kläger - wegen des Anteils der beklagten Partei an der Gewinnung von Stammkunden - um 50 %. Der so berechnete Ausgleichsanspruch betrage netto 52.947,79 EUR und entspreche brutto dem Klagebegehren.

Bereits im Berufungsverfahren bestritt die beklagte Partei Grund und Höhe des vom Kläger geltend gemachten Ausgleichsanspruchs nicht mehr, relevierte jedoch die - im Revisionsverfahren allein strittige - kompensando eingewandte Gegenforderung von 69.600 EUR brutto: In Punkt 5a des Tankstellen-Agenturvertrags sei der Kläger die bei Beendigung des Vertrags fällig gewordene Verpflichtung eingegangen, für den von ihm übernommenen Kundenstock 58.000 EUR netto zu bezahlen. Die Vereinbarung basiere darauf, dass der Tankstellenpächter von der Rechtsprechung als Handelsvertreter qualifiziert werde. Der vom Kläger begehrte Ausgleichsanspruch beruhe auf dem vom Kläger gewonnenen Stammkundenanteil. Auch der Kläger selbst habe aber bei Vertragsbeginn Stammkunden übernommen und davon nachhaltig profitiert. Die beklagte Partei sei daher berechtigt, vom Kläger eine Ausgleichszahlung für die ihm überlassenen Stammkunden zu verlangen. Die Höhe der vereinbarten Einstandszahlung sei angemessen, „bewegt sich doch dieser Betrag genau im Rahmen der Klage“.

Der Kläger replizierte, die Klausel in Punkt 5a des Vertrags sei gemäß § 864a ABGB nicht Vertragsbestandteil geworden. Die Vereinbarung sei überdies gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB bzw sittenwidrig gemäß § 879 Abs 1 ABGB. Die beklagte Partei habe keinen die Einstandszahlung rechtfertigenden Kundenstock übergeben. Durch die Vereinbarung, dass die Zahlung erst bei Vertragsende fällig werden sollte, sei die „Einstandszahlung“ in Wahrheit „Ausstandszahlung“, die dem ausschließlichen Zweck diene, dass die beklagte Partei bei Beendigung des Vertragsverhältnisses im Ergebnis keine Ausgleichszahlung leisten müsse. Es liege ein Verstoß gegen § 27 HVertrG vor. Dafür spreche, dass die beklagte Partei vom Betriebsnachfolger des Klägers die Einstandszahlung abermals in derselben Höhe begehrt habe. Die beklagte Partei veräußere somit den von den Tankstellenbetreibern einmal mitursächlich geworbenen Kundenstock bei jeder Weitergabe der Tankstelle, unabhängig davon, ob die Vertragsbeendigung durch eine Eigenkündigung des Tankstellenbetreibers oder durch eine Unternehmerkündigung erfolge. Auf der Grundlage der von der beklagten Partei verwendeten Verträge könnte die beklagte Partei ihre Tankstellenbetreiber zB jährlich wechseln und von jedem scheidenden Betreiber die Einstandszahlung für den übernommenen Kundenstock verlangen. Es liege auch ein krasses Missverhältnis vor, weil die beklagte Partei dem Kläger zwar Provisionen für den verkauften Treibstoff bezahlt, der Kläger aber seinerseits hohe Pachtzinsleistungen (aufgeschlüsselt S 4 in ON 7) erbracht habe. Die Überlassung eines lebenden Betriebs und des damit verbundenen Kundenstocks sei vom Kläger bereits durch die Leistung einer umsatzabhängigen Pacht angemessen abgegolten worden. Die Vereinbarung einer Einstandszahlung für die vorgebliche Überlassung eines Kundenstocks, die ausschließlich der Vermeidung der Leistung einer Ausgleichszahlung diene, sei unzulässig.

Schließlich (S 7 f in ON 5) bezog sich der Kläger darauf, dass unter Zugrundelegung der Wirksamkeit der vereinbarten „Ausstandszahlung“ der dem Kläger zustehende Ausgleichsanspruch anders zu berechnen wäre: Dann nämlich bestünde kein Anlass, den rechnerisch ermittelten und um den administrativen Anteil gekürzten Rohausgleich aus Billigkeit nochmals um 50 % zu kürzen. In diesem Fall betrage der Rohausgleich des Klägers 105.895,58 EUR, weshalb ihm auch unter Berücksichtigung der von der beklagten Partei eingewendeten Gegenforderung rechnerisch ein Ausgleichsanspruch von 57.474,70 EUR zustünde.

Das Erstgericht erkannte das Klagebegehren mit 63.537,35 EUR als zu Recht bestehend und die eingewendete Gegenforderung bis zur Höhe des Klagebegehrens als zu Recht bestehend und wies das Zahlungsbegehren des Klägers ab.

Es traf folgende Feststellungen:

Vor Übernahme durch den Kläger wurde die Tankstelle von einem anderen Vertragspartner der beklagten Partei betrieben. Dem Kläger wurde bei Übernahme der Tankstelle im Jahr 2004 auch ein bereits bestehender Stammkundenstock überlassen.

Der Verkauf von Treibstoff wurde vom Kläger im Gegensatz zum sonstigen Warenverkauf im Namen und auf Rechnung der beklagten Partei vorgenommen. Der Kläger erhielt für den Treibstoffverkauf Provisionszahlungen von der beklagten Partei.

Der zwischen den Parteien geschlossene Tankstellen-Agenturvertrag ist ein bei der beklagten Partei laufend verwendeter Mustervertrag, der für eine individuelle Gestaltung nur wenig Spielraum lässt.

Punkt 5 des Tankstellen-Agenturvertrags, der auf Seite 3 des Vertrags abgedruckt ist, beinhaltet folgende Regelung:

„5. Benützungsentgelt

VP hat der ***** für die Überlassung der Tankstelle sowie der Nebenanlagen und etwaiger sonstiger Einrichtungen und Geräte folgende Entgelte zu bezahlen:

a) ein einmaliges Entgelt in Höhe von 58.000 EUR zuzüglich USt (Einstandszahlung), mit dem der Kundenstock, dem der VP mit der Tankstelle übernimmt, abgegolten wird, und das bei Beendigung dieses Vertrags zur Zahlung fällig wird, sowie ...“

Der Betrag nach Punkt 5a wurde von einem Mitarbeiter der beklagten Partei berechnet und schließlich eingetragen. Die Berechnung des Betrags wurde von der Rechtsabteilung der beklagten Partei vorgegeben. Der Betrag errechnet sich aus dem Hälfteanteil der letzten Jahresprovision des vorangegangenen Tankstellenbetreibers. Die letzte Jahresprovision des Vorgängers des Klägers betrug 116.000 EUR.

Der in Punkt 5a vorgesehene Betrag wird von der beklagten Partei nicht gefordert, wenn Tankstellenbetreiber das Vertragsverhältnis selbst beenden.

Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses lag der Anteil an Tankkunden, die regelmäßig die Tankstelle des Klägers aufsuchten, bei etwa 45 %. Der administrative Anteil der Tätigkeit des Klägers betrug etwa 10 %, der Anteil der beklagten Partei an der Gewinnung von Stammkunden war mit 50 % anzusetzen.

Rechtlich ging das Erstgericht der Berechnung in der Klage folgend davon aus, dass dem Kläger gemäß § 24 HVertrG ein Ausgleichsanspruch in der geforderten Höhe zustehe.

Die Einstandszahlung sei wirksam vereinbart worden. Die Vereinbarung über die entgeltliche Überlassung eines Kundenstocks sei nicht ungewöhnlich. Überdies finde sich die Vereinbarung gut erkennbar bereits auf Seite 3 des Tankstellen-Agenturvertrags.

Da die Vereinbarung ausdrücklich ein Entgelt für die Überlassung des Kundenstocks vorsehe, liege eine nach § 27 Abs 1 HVertrG unzulässige Bestimmung, die den Ausgleichsanspruch des Klägers aufhebe oder beschränke, nicht vor.

Auch gröblich benachteiligend oder sittenwidrig sei die Vereinbarung nicht. Der Kläger habe einen „laufenden“ Betrieb übernommen.

Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Zu den vom Kläger relevierten Pachtzinszahlungen erachtete das Berufungsgericht, dass der Kläger im Verfahren erster Instanz kein Vorbringen erstattet habe, welchen Pachtzins er bezahlt habe. Nach der Entscheidung 4 Ob 255/97x sei eine Vereinbarung, wonach der Handelsvertreter für die Überlassung des Vertragsgebiets ein Entgelt zu zahlen habe, nicht sittenwidrig, wenn ihm ein Vertragsgebiet übergeben werde, in dem bereits ein Kundenstock geschaffen worden sei, mit dem laufend namhafte Umsätze erzielt werden könnten. § 879 Abs 3 ABGB sei nicht anwendbar, weil die vereinbarte Einstandszahlung Teil des vom Kläger zu leistenden Entgelts und damit Hauptleistung sei.

Die „alternative“ Berechnungsmethode des Klägers scheitere schon daran, dass der Kläger den so errechneten höheren Ausgleichsbetrag nicht begehrt habe.

Der Kläger strebt mit seiner gegen das Berufungsurteil erhobenen außerordentlichen Revision eine Abänderung dahin an, dass die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend erkannt und dem Klagebegehren stattgegeben werden möge. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in der in ihr freigestellten Revisionsbeantwortung die „Nichtzulassung“ der Revision des Klägers; in eventu beantragt sie, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig: Die in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine vereinbarte „Einstandszahlung“ gegen den Unabdingbarkeitsgrundsatz des § 27 Abs 1 HVertrG verstößt, musste in der Entscheidung 4 Ob 285/97x, auf die das Berufungsgericht seine Rechtsauffassung stützte, nicht beantwortet werden. Dort wurde - bei einem im Übrigen keinen einen Tankstellenpachtvertrag betreffenden Sachverhalt - nur die geltend gemachte Sittenwidrigkeit einer Einstandszahlung untersucht.

Die Revision ist im Sinne des Eventualantrags auf Aufhebung auch berechtigt.

In der Revision vertritt der Kläger zusammengefasst die Auffassung, dass ein Handelsvertreter, der für die Überlassung des lebenden Unternehmens bereits laufend Pacht zahle, mit einer erst bei Vertragsende fällig werdenden „Einstandszahlung“ für die Überlassung eines Kundenstocks nicht belastet werden könne, weil dadurch gegen den in § 27 Abs 1 HVertrG geregelten Unabdingbarkeitsgrundsatz verstoßen werde. Überdies sei die Vereinbarung gemäß § 864a ABGB nicht Vertragsbestandteil geworden.

Dazu wurde erwogen:

I. Vorauszuschicken ist, dass der Kläger zutreffend die Auffassung des Berufungsgerichts rügt, wonach er in erster Instanz kein Vorbringen zu der von ihm gezahlten Umsatzpacht erstattete: Ganz im Gegenteil legte der Kläger in erster Instanz detailliert (vgl S 4 in ON 7) dar, welche Pachtzinszahlungen er in welchem Zeitraum leistete. Die beklagte Partei hat dieses Vorbringen auch gar nicht bestritten.

II. Vorauszuschicken ist ferner, dass der Kläger in seiner Revision nur zu § 864a ABGB, zur behaupteten Verletzung des in § 27 Abs 1 HVertrG geregelten Unabdingbarkeitsgrundsatzes und subsidiär zu der „alternativen“ Berechnungsmethode des Ausgleichsanspruchs Ausführungen erstattet.

Auf die in erster Instanz relevierte Sittenwidrigkeit der Vereinbarung gemäß § 879 Abs 1 ABGB geht er nicht mehr ein und zieht in der Revision nicht in Zweifel, dass die in 4 Ob 255/97x (ZfRV 1998/1) vertretene Auffassung richtig ist, wonach weder die Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter noch die innerstaatlichen Regelungen des HVertrG, die der Umsetzung der Richtlinie dienen, Vereinbarungen untersagen, die den Handelsvertreter zu einer Zahlung für die Überlassung eines Kundenstocks verpflichten.

Auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass § 879 Abs 3 ABGB nicht anzuwenden sei, weil die Vereinbarung, für einen bestimmten Teil des überlassenen lebenden Unternehmens „Tankstelle“ (im Anlassfall: Überlassung des Kundenstocks) eine Einmalzahlung zu leisten, als Festlegung einer der Hauptleistungspflichten des Klägers zu verstehen sei, bekämpft die Revision nicht.

Da sich der Kläger in seiner Revision - auch nicht implizit durch ein entsprechendes Sachvorbringen - weder auf den Tatbestand des § 879 Abs 1 ABGB noch auf jenen des § 879 Abs 3 ABGB beruft, kommt ein Eingehen darauf, ob die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zu diesen Themen richtig ist, nicht in Betracht, weil selbständige Streitpunkte (Zechner in Fasching/Konecny IV/1² § 503 Rz 56 mwN) im Revisionsverfahren dann nicht zu prüfen sind, wenn der Revisionswerber sie nicht geltend macht (Zechner aaO § 503 Rz 190; 8 ObA 23/04x je mwN).

III. Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien ist als gesetzlich nicht typisierter (RIS-Justiz RS0017999) Tankstellenvertrag in Form eines Tankstellenpachtvertrags zu qualifizieren (RIS-Justiz RS0020910; 2 Ob 653/84 = JBl 1987, 41; 1 Ob 537/86 = JBl 1986, 721). Auf den jedenfalls auch bestandrechtliche Elemente (1 Ob 537/86) enthaltenden Tankstellenpachtvertrag ist, wenn - wie hier - der Tankstellenbetreiber im Namen und auf Rechnung des Vertragspartners Treibstoff verkauft, das HVertrG anzuwenden. Unstrittig ist, dass dem als Handelsvertreter zu behandelnden Kläger bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ein Ausgleichsanspruch gemäß § 24 Abs 1 HVertrG gebührt (8 ObA 299/01f; 1 Ob 275/07h ua). Ob das nur für jenen Bereich gilt, in den der Tankstellenbetreiber „handelsvertretergleich“ in die Verkaufsorganisation der Mineralölgesellschaft eingegliedert war, also im Anlassfall im Bereich des Treibstoffverkaufs (so mit beachtlichen Argumenten OLG Wien in ecolex 2010/12 [zust Achleitner]), bedarf hier keiner Erörterung, weil bereits im Berufungsverfahren nicht mehr strittig war, dass dem Kläger ein - im Übrigen ohnedies nur für gewonnene „Tankkunden“ begehrter - Ausgleichsanspruch gemäß § 24 Abs 1 HVertrG in der geforderten Höhe gebührt.

IV. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass der Kläger sich in Ansehung des Punktes 5a des Vertrags nicht auf § 864a ABGB berufen kann. Der von den Vorinstanzen zwar nicht zur Gänze festgestellte, aber unstrittige Wortlaut des Punktes 5 des Vertrags regelt das vom Kläger für die Überlassung der Tankstelle zu entrichtende Benützungsentgelt, das einerseits die strittige Einstandszahlung (5a des Vertrags), andererseits das umsatzabhängige laufende Entgelt (Pacht) umfasst (5b des Vertrags). Schon nach dem gesamten Erscheinungsbild der Vertragsurkunde kann - unabhängig von der Frage, ob die Bestimmung überhaupt ungewöhnlich ist - jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass ein durchschnittlich sorgfältiger Leser (Bollenberger in KBB² § 864a Rz 10 mwN) mit einer Entgeltregelung, die an deutlich sichtbarere Stelle unter der Überschrift „Benützungsentgelt“ eingeordnet ist, nicht rechnen musste.

V. Zutreffend zeigt der Kläger jedoch auf, dass die konkrete Vertragsgestaltung darauf zu untersuchen ist, ob durch sie der Unabdingbarkeitsgrundsatz des § 27 Abs 1 HVertrG verletzt wird: Danach kann die Bestimmung des § 24 HVertrG im Voraus durch Vertrag zum Nachteil des Handelsvertreters bzw Versicherungsvertreters weder aufgehoben noch beschränkt werden.

1. Ein unmittelbarer Verstoß gegen § 27 Abs 1 HVertrG liegt nicht vor, lautet die Vereinbarung doch dahin, dass die Zahlung der Abgeltung des Kundenstocks, den der Kläger mit der Tankstelle übernahm, dienen sollte.

Es ist daher zu prüfen, ob in der Vereinbarung in Punkt 5a des Vertrags ein Umgehungsgeschäft zu erblicken ist.

2. Umgehungsgeschäfte verstoßen zwar nicht gegen den Buchstaben des Gesetzes, dessen Anwendung vermieden werden soll, allerdings gegen die gesetzgeberische Intention. Dabei ist es eine Frage des Normzwecks, ob und inwieweit das Verbot gilt und daher durch den Umgehungscharakter des Geschäfts vereitelt würde (stRsp; RIS-Justiz RS0016792; RS0016780; Krejci in Rummel, ABGB³ § 879 Rz 37; Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB IV³ § 879 Rz 26 je mwN). Eine konkrete Umgehungsabsicht ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Zweck der umgangenen Norm präzise fassbar ist (3 Ob 614/89 = SZ 63/50). Zu erforschen ist somit, ob der ausschließliche oder hauptsächliche Zweck der Vereinbarung darin liegt, ein Ergebnis zu erzielen, das nach der Intention des Gesetzgebers nicht gewünscht und mit einem gesetzlichen Verbot belegt ist.

3. Der Zweck des § 27 Abs 1 HVertrG liegt nun darin, den Handelsvertreter davor zu schützen, den auch durch die Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter zwingend gestellten (Art 19 RL; EuGH Rs C-348/07, Turgay Semen/Deutsche Tamoil GmbH = WBl 2009/145) Ausgleichsanspruch durch vor Vertragsbeendigung getroffene Vereinbarungen zu beschränken oder aufzuheben. Verstößt eine Vertragsgestaltung gegen diesen Zweck, ist sie unwirksam. Es ist daher zu prüfen, ob der einzige oder hauptsächliche Zweck der Vereinbarung darin liegt, der beklagten Partei die Zahlung des dem Kläger nach § 24 Abs 1 HVertrG gebührenden Ausgleichs zu „ersparen“. Ist diese Frage zu bejahen, erstreckt sich die umgangene Norm, also jene, welche dem primär gewollten Geschäft entgegensteht (im Anlassfall: § 27 Abs 1 HVertrG) auch auf das Umgehungsgeschäft (6 Ob 287/00z = SZ 74/167 mwN).

4. Um beurteilen zu können, ob der in § 27 Abs 1 HVertrG geregelte Unabdingbarkeitsgrundsatz durch die hier zu beurteilende Vereinbarung verletzt wurde, bedarf es der Feststellung und Bewertung von Indizien, die für, aber auch gegen eine Verletzung des Unabdingbarkeitsgrundsatzes sprechen. Wegen der Vergleichbarkeit der Regelungen des HVertrG mit § 89b dHGB ist für die Herausarbeitung entsprechender Kriterien auch eine Auseinandersetzung mit deutscher Literatur und Rechtsprechung geboten.

4.1 Von einem Teil der Lehre wird vertreten, dass es als gegen die Verletzung des Unabdingbarkeitsgrundsatzes sprechendes Indiz zu werten ist, wenn der Handelsvertreter für seine Zahlung eine reelle Gegenleistung erhält, die Einstandszahlung also echte Gegenleistung für die Übernahme eines gut funktionierenden Kundenstamms und damit für die Möglichkeit der sofortigen provisionsmäßigen Nutzung dieses Kundenstands durch den Handelsvertreter darstellt (Budde, Das Ende der Einstandszahlung im Handelsvertreterrecht?, DB 2005, 2177 [2181]; Emde, Anm zu OLG München 7 U 3194/04 in EWiR 2005, 472; ders, Die Entwicklung des Vertriebsrechts im Zeitraum Oktober 2001 bis September 2002 (Teil II) VersR 2003, 549 [552]; Nocker, Kommentar zum Handelsvertretergesetz [2009] Rz 220).

Der BGH (NJW 1983, 1727) deutet an, dass eine Umgehung des unabdingbaren gesetzlichen Ausgleichsanspruchs dann verwirklicht sein könne, wenn die Vertragspartner einen „unangemessen hohen Übernahmepreis“ vereinbaren. Auch in der Entscheidung 4 Ob 255/97x nimmt der Oberste Gerichtshof auf einen unangemessenen Übernahmepreis Bezug, allerdings nicht im Kontext mit der hier zu beurteilenden Frage der Verletzung des Unabdingbarkeitsgrundsatzes, sondern im Rahmen der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vereinbarung über die Einstandszahlung.

Richtig ist nun, dass in Ansehung einer Einstandszahlung, der eine reelle Gegenleistung des Unternehmers gegenübersteht, der Verdacht der Umgehung entkräftet ist. Zu kurz gegriffen ist es allerdings nach Auffassung des Senats, dabei ausschließlich auf die Höhe der Einstandszahlung (so aber verschiedene deutsche Instanzgerichte, Nachweise bei Westphal, Einstandszahlungen des Handelsvertreters, MDR 2005, 421 [424]) abzustellen: Wesentlich ist vielmehr in einer Gesamtbetrachtung, ob der Handelsvertreter einen Vorteil erlangt, den er ohne Einstandszahlung nicht erlangt hätte. Dieser Vorteil kann nun darin liegen, dass er von Anfang an durch einen bereits vorhandenen Kundenstamm Provisionen verdienen kann. Allerdings könnte dieser Vorteil auch durch die (niedrigere) Provisionshöhe ausgeglichen werden. Erhält der Handelsvertreter ohnedies nur jene Provision, die einem Handelsvertreter, der einen vergleichbaren Kundenstock übernahm, ohne Einstandszahlung üblicherweise gezahlt wird, kann die Übergabe eines Kundenstocks allein die Einstandszahlung nicht rechtfertigen (Westphal aaO 424).

Im vorliegenden Fall ist überdies - worauf der Kläger zutreffend verweist - zu berücksichtigen, dass (s III) kein „typisches“ Handelsvertreterverhältnis vorliegt, bei welchem die Hauptleistungspflicht des Vertreters in der Vermittlungstätigkeit besteht, sondern ein gemischtes Rechtsverhältnis in Form eines Tankstellenpachtvertrags. Der Kläger hatte für die Überlassung des lebenden Unternehmens „Tankstelle“, das mit einheitlichem Tankstellen-Agenturvertrag überlassen wurde und das somit auch und gerade die übernommenen Tankkunden umfasste, den vereinbarten umsatzabhängigen Pachtzins zu entrichten.

Haben die vereinbarungsgemäß erbrachten Pachtzinszahlungen bereits in adäquater Weise die Überlassung des Kundenstocks - der Teil des verpachteten lebenden Unternehmens „Tankstelle“ ist - abgegolten, spricht der Umstand, dass der Kläger über die Pachtzinszahlungen hinaus zur Leistung einer „Einstandszahlung“ verpflichtet wurde, ohne dafür eine (weitere) adäquate Gegenleistung erhalten zu haben, für einen Verstoß gegen § 27 Abs 1 HVertrG.

4.2 Wesentliches Indiz, das für eine Umgehung spricht, stellt der Umstand dar, dass die Zahlung bis zur Fälligkeit des möglichen Ausgleichsanspruchs, also bis zum Vertragsende, gestundet wird. Selbstverständlich steht es den Vertragsparteien frei, die Vorleistungspflicht eines Teils (hier: sofortige Übergabe des Kundenstocks; Zahlung dafür erst bei Vertragsende) zu vereinbaren. Bei einem auf unbestimmte Zeit geschlossenen Dauerschuldverhältnis ist allerdings der Zeitpunkt des Vertragsendes ungewiss. Vereinbart der Unternehmer nun eine bei Vertragsende fällige Gegenleistung, spricht der Umstand, dass er für seine bereits erbrachte Leistung erst zu einem ungewissen, möglicherweise viele Jahre späteren Zeitpunkt eine Gegenleistung erhalten soll, dafür, dass in Wahrheit nicht die Abgeltung seiner Leistung bezweckt ist, sondern es darum geht, den erst bei Vertragsende geschuldeten Ausgleich - durch Schaffung einer Aufrechnungsmöglichkeit - nicht zahlen zu müssen. Fordert - wie im vorliegenden Fall - der Unternehmer die Einstandszahlung überhaupt nur bei seiner Eigenkündigung, also wenn ein Ausgleichsanspruch entsteht, verdichtet sich der Eindruck, dass die Vereinbarung der Einstandszahlung allein auf die Umgehung des Ausgleichsanspruchs abzielt (Westphal aaO 424; Budde aaO 2181; Emde EWiR 2005, 472: Stundung bis Vertragsende sei „typisches Indiz einer Umgehung“).

4.3 Die beklagte Partei kann sich auch nicht darauf berufen, mit der Einstandszahlung werde der Ausgleichsanspruch des scheidenden Pächters abgegolten, und zwar eben jenes Kundenstamms, den der scheidende Pächter erworben habe und der dem neuen Pächter übergeben worden sei:

Richtig ist, dass § 24 Abs 3 Z 3 HVertrG (s auch § 89b Abs 3 Z 3 dHGB) vorsieht, dass der Ausgleichsanspruch nicht besteht, wenn der Handelsvertreter gemäß einer aus Anlass der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Unternehmer getroffenen Vereinbarung die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag an den Dritten überbindet. Diese Regelung, der der Gedanke zugrundeliegt, dass der Vertreter seine Rechte und Pflichten aus dem Vertragsverhältnis nur dann auf einen Dritten übertragen wird, wenn er vom Dritten eine entsprechende Gegenleistung erhält (Nocker aaO Rz 225), ist hier jedoch nicht anwendbar, weil der Kläger mit seinem Pachtvorgänger in keinem Vertragsverhältnis steht.

Die konkrete Vertragsgestaltung bietet auch kein Indiz für die Richtigkeit des Standpunkts der beklagten Partei, sie habe bloß die an den Vorpächter geleistete Ausgleichszahlung überwälzen wollen: Dagegen spricht (s 4.2), dass die Zahlung erst bei Vertragsende fällig werden sollte, also die bezweckte „Überwälzung“ von einem in ungewisser Zukunft liegenden Ereignis abhängig gemacht und die Zahlung überdies nur gefordert wird, wenn das Vertragsverhältnis durch Eigenkündigung der beklagten Partei endet. Endet das Vertragsverhältnis hingegen durch Kündigung des Vertreters, fiele bei dieser Vertragsgestaltung der Unternehmer um den dem Vorpächter geleisteten Ausgleich „um“. Wäre Zweck der Vereinbarung wirklich die Abwälzung des dem Vorpächter bereits gezahlten Ausgleichs auf den neuen Pächter (Kläger), ist nicht nachvollziehbar, warum auf diese Abwälzungsmöglichkeit bei Eigenkündigung des Vertreters verzichtet wird.

Ob bei Vorliegen einer tatsächlich bezweckten Abwälzungsvereinbarung in einer sogenannten „Neukundenregel“, also der Vereinbarung zwischen Unternehmer und Vertreter, dass die übernommenen Altkunden ausgleichsrechtlich als Neukunden zu behandeln sind, ein die Einstandszahlung rechtfertigender Umstand erblickt werden kann (so Thume in Küstner/Thume/Otto, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 2 [2008] 97; OLG München 7 U 3194/04 = EWiR 2005, 471 [Emde]; zweifelnd Westphal aaO 424) kann hier dahinstehen, weil eine solche Vereinbarung nicht getroffen wurde.

4.4 Schließlich kommt auch der vereinbarten Höhe der Einstandszahlung eine gewisse Indizwirkung zu: Nach den Feststellungen berechnet die beklagte Partei die Höhe der Zahlung nach der letzten Jahresprovision des Vorpächters und verlangt von dieser letzten Jahresprovision 50 % als Einstandszahlung. Ausgehend von der in der herrschenden österreichischen Rechtsprechung angewandten Berechnungsmethode für den Ausgleichsanspruch (Nachweise bei Ebner, Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs der Tankstellenpächter, RdW 2008/342), der auch der Kläger folgte, ergibt sich, dass der Unternehmer beim Tankstellenpachtvertrag - je nach anzusetzender Höhe für den administrativen Anteil - in der Regel eine Ausgleichszahlung des scheidenden Handelsvertreters in Höhe von etwa 45 bis 50 % der letzten verdienten Jahresprovision zu gewärtigen hat. Setzt nun der Unternehmer die Einstandszahlung ausgehend von der letzten verdienten Jahresprovision des Vorpächters in eben dieser Höhe fest, kann er - bei etwa gleichbleibenden Umsätzen des neuen Pächters - damit rechnen, bei Vertragsende im Fall des Entstehen eines Ausgleichsanspruchs die nun fällig gewordene Einstandszahlung zur Aufrechnung verwenden zu können und damit nicht Gefahr zu laufen, dem scheidenden Pächter einen Ausgleich zahlen zu müssen.

4.5 Weitere Indizien, die gegen den Umgehungscharakter der Vereinbarung sprechen könnten, wie etwa ein Kündigungsverzicht des Unternehmers für einen längeren Zeitraum (Nocker aaO Rz 222), die Vereinbarung einer besonders langen Vertragsdauer oder die Übertragung des Vertriebs eines besonders qualifizierten Produkts, bei dem die Sogwirkung der eingeführten Marke von besonderer Bedeutung ist (Thume aaO 97), liegen hier nicht vor (vgl die Darstellung der für und gegen eine Umgehungsabsicht sprechenden Indizien bei Emde in Straub, Handelsgesetzbuch [2008] § 89b Rz 262 f).

5. Folgende Konsequenzen ergeben sich aus den dargelegten Grundsätzen für den hier zu beurteilenden Fall:

5.1 Der Kläger hat einen Sachverhalt bewiesen, aus dem gewichtige, für eine Umgehung des § 27 Abs 1 HVertrG durch die Vereinbarung in Punkt 5a des Tankstellen-Agenturvertrags sprechende Indizien abzuleiten sind: Neben dem Umstand, dass die entrichteten Pachtzinse jedenfalls auch die Übernahme des Kundenstocks als Teil des lebenden Unternehmens „Tankstelle“ abgolten, ist die Tatsache hervorzuheben, dass die auch der Höhe nach nicht „unverdächtige“ (s 4.4) Einstandszahlung erst bei Vertragsende fällig werden sollte und die beklagte Partei die Einstandszahlung überhaupt nur fordert, wenn das Vertragsverhältnis durch ihre Kündigung beendet wird, also ein Ausgleichsanspruch entstehen kann. Besondere Vorteile, die dem Kläger zukamen (etwa besonders hohe Provisionsverdienste) sind bisher im Verfahren nicht hervorgekommen.

5.2 Sprechen aber die Indizien, insbesondere die Vereinbarung der Fälligkeit der Einstandszahlung erst bei Vertragsende, wodurch die Möglichkeit der Verrechnung mit dem Ausgleichsanspruch evident wird und die Tatsache, dass die beklagte Partei von der Vereinbarung nur Gebrauch macht, wenn sie selbst das Vertragsverhältnis kündigt, für den Umgehungszweck, liegt es an der beklagten Partei, nachzuweisen, aus welchen Gründen trotz der für eine Umgehung sprechenden Indizien eine Verletzung des Unabdingbarkeitsgrundsatzes des § 27 Abs 1 HVertrG nicht gegeben ist (Emde in Straub, Handelsgesetzbuch § 89b Rz 260; Emde EWiR 2005, 472).

Das Erstgericht wird daher diese Frage mit der beklagten Partei im fortzusetzenden Verfahren zu erörtern haben. Eine Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen im Umfang der Gegenforderung ohne entsprechende Erörterung nur aufgrund der vorliegenden, für eine Umgehung sprechenden Indizien kommt - wegen des Verbots der „Überraschungsentscheidung“ - nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0037300).

6. Als Ergebnis folgt daher:

Vereinbart der Unternehmer mit einem Tankstellenpächter eine bei Beendigung des Vertragsverhältnisses fällig werdende und neben der laufend entrichteten Pacht zu leistende Zahlung für die Übergabe eines bei Vertragsbeginn überlassenen Kundenstocks, die der Höhe nach etwa dem zu erwartenden Ausgleichsanspruch entspricht und die vom Unternehmer nur gefordert wird, wenn das Vertragsverhältnis durch Unternehmerkündigung endet, spricht diese Vertragsgestaltung dafür, dass Zweck der Vereinbarung war, den Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs 1 HVertrG in unzulässiger Weise zu beschränken.

Sprechen Indizien für die Verletzung des Unabdingbarkeitsgrundsatzes des § 27 Abs 1 HVertrG, hat der Unternehmer zu behaupten und zu beweisen, dass wegen besonderer, dem Handelsvertreter verschaffter Vorteile die Einstandszahlung nicht den verpönten Zweck verfolgt.

VI. Ergibt das weitere Verfahren, dass eine Verletzung des Unabdingbarkeitsgrundsatzes des § 27 Abs 1 HVertrG nicht gegeben ist, wird zu berücksichtigen sein, dass das Vertragsverhältnis durch Kündigung der beklagten Partei dreieinhalb Jahre nach Vertragsbeginn endete. In diesem Fall wird, wenn nach Erörterung ein entsprechendes Vorbringen erstattet werden sollte, das Problem der Amortisation der Einstandszahlung zu untersuchen sein.

Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Vertrag konnte nach seinem unstrittigem Wortlaut (Punkt 7) während der ersten drei Vertragsjahre unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist, im vierten Vertragsjahr unter Einhaltung einer viermonatigen Kündigungsfrist, im fünften Vertragsjahr unter Einhaltung einer fünfmonatigen Kündigungsfrist und schließlich ab dem sechsten Vertragsjahr unter Einhaltung einer halbjährigen Frist jeweils zum Monatsletzten von beiden Vertragspartnern gekündigt werden.

Gingen nun die Vertragspartner gerade wegen der Einstandszahlung - so sie überhaupt wirksam vereinbart wurde - bei dem auf unbestimmte Zeit geschlossenen Vertrag gleichwohl von einer Vertragsdauer aus, die es dem Kläger ermöglichte, die Einstandszahlung ganz oder teilweise durch Provisionseinnahmen auszugleichen, läge, wenn die tatsächliche Vertragsdauer geringer ist, eine Regelungslücke vor, die mit den Mitteln ergänzender Vertragsauslegung zu schließen wäre (vgl dazu BGH NJW 1985, 58; Thume aaO 91 ff; Emde in Straub, Handelsgesetzbuch § 89b Rz 268).

In diesem Fall könnte eine ergänzende Vertragsauslegung zum Ergebnis führen, dass der allenfalls in Anwendung des § 273 ZPO zu ermittelnde, nicht amortisierte Teil der Einstandszahlung nicht zu leisten ist.

VII. Abschließend ist auf die „alternative“ Berechnungsmethode des Klägers hinsichtlich seines Ausgleichsanspruchs einzugehen.

Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, auf dessen Ausführungen in diesem Punkt verwiesen wird (§ 510 Abs 3 ZPO), kann sich der Kläger auf diese alternative Berechnungsmethode schon deshalb nicht stützen, weil er das Klagebegehren nicht ausgedehnt hat. Die alternative Berechnungsmethode, die zu einem höheren, außergerichtlich vom Kläger in der nun geltend gemachten Höhe nicht begehrten (vgl Blg ./E) und daher wohl auch präkludierten (§ 24 Abs 5 HVertrG) Ausgleichsanspruch führt, kann die Gegenforderung der beklagten Partei nicht vernichten. Der Kläger hat nicht behauptet, eine außergerichtliche Aufrechnungserklärung abgegeben zu haben. Eine Entscheidung über die Gegenforderung ist prozessual erforderlich. Selbst wenn man daher der alternativen Berechnungsmethode des Klägers folgen wollte, scheitert diese Methode daran, dass eine Feststellung der Klageforderung nur in der begehrten Höhe möglich ist.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Textnummer

E93539

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00212.09M.0224.000

Im RIS seit

10.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

22.04.2016
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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