Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 2. März 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klein als Schriftführerin in der Strafsache gegen Thomas R***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall, 15 StGB, AZ 39 Hv 2/09d des Landesgerichts Wiener Neustadt, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Wien vom 13. Jänner 2010, AZ 18 Bs 417/09v (ON 175), und vom 21. Jänner 2010, AZ 18 Bs 4/10k (ON 182), nach Einsichtnahme der Generalprokuratur in die Akten in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Thomas R***** wurde mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 15. Oktober 2009, GZ 39 Hv 2/09d-93b, des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall, 15 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer dreieinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er von März bis Juni 2008 in M***** und Wien mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in elf Fällen sieben im Urteilsspruch namentlich genannte Personen durch die Vorgabe, Magister der Rechtswissenschaften und Sohn eines renommierten Rechtsanwalts zu sein und als solcher über die Kanzlei seines Vaters bzw selbst juristische Leistungen zu erbringen und erbracht sowie Ausgaben getätigt zu haben, zur Übergabe von insgesamt 6.497,25 Euro Bargeld verleitet und (in einem Fall) zu verleiten versucht, wodurch die Getäuschten in selber Höhe am Vermögen geschädigt wurden und werden sollten.
Über die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten (ON 167) wurde bislang noch nicht entschieden.
Mit den angefochtenen Beschlüssen gab das Oberlandesgericht Wien seinen Beschwerden gegen die am 25. November 2009 (ON 121) und am 29. Dezember 2009 (ON 156) beschlossene Fortsetzung der - im unmittelbaren Anschluss an den Vollzug zweier Freiheitsstrafen mit Wirksamkeit ab 25. Oktober 2009 über ihn verhängten (ON 93) - Untersuchungshaft durch das Landesgericht Wiener Neustadt nicht Folge und ordnete seinerseits jeweils die Fortsetzung der Haft aus dem schon vom Erstgericht angenommenen Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b und c StPO an (ON 175, 182).
Rechtliche Beurteilung
Soweit sich die Grundrechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 21. Jänner 2010 richtet, war sie schon mangels Ausschöpfung des Instanzenzugs zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0114487 [insbesondere T6, T8, T9, T11 bis T15]), weil der - ordnungsgemäß durch einen Verteidiger vertretene - Angeklagte in der Haftverhandlung vom 29. Dezember 2009 bloß unsubstantiiert Beschwerde ergriffen, gleichzeitig auf deren „schriftliche Ausführung“ verzichtet (ON 155 S 2) und es in der Folge unterlassen hat, die nunmehr erhobenen Einwände im Beschwerdeverfahren zu thematisieren. Nach Maßgabe der durch § 1 Abs 1 GRBG verlangten, nicht bloß formalen (nämlich durch Anrufung des Rechtsmittelgerichts), vielmehr auch inhaltlichen Ausschöpfung (vgl § 88 Abs 1 erster Satz StPO) sind im Verfahren über eine Grundrechtsbeschwerde aber nur jene - nicht allein die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts betreffenden - Argumente im Sinn des § 3 Abs 1 GRBG beachtlich, welche der Beschwerdeführer bereits in einer zulässigen Beschwerde gegenüber dem Rechtsmittelgericht geltend gemacht hatte (vgl dazu instruktiv: 13 Os 55/09a).
Die Grundrechtsbeschwerde verfehlt aber auch in Betreff des Beschlusses des Oberlandesgerichts Wien vom 13. Jänner 2010 die gesetzesgemäße Ausführung.
Abgesehen davon, dass auf Einwände gegen die Haftvoraussetzung dringenden Tatverdachts angesichts der Verurteilung in erster Instanz nicht einzugehen wäre (RIS-Justiz RS0061112; Kirchbacher/Rami, WK-StPO § 173 Rz 4), orientiert sie sich mit der unsubstantiierten Behauptung, dringender Tatverdacht sei „jedenfalls nicht gegeben“, nicht an den Anfechtungskriterien einer Grundrechtsbeschwerde, wonach die Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts nur nach Maßgabe der Voraussetzungen der Mängel- und Tatsachenrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO) in Frage gestellt werden kann (vgl dazu RIS-Justiz RS0114488, RS0112012, RS0110146).
Das Vorbringen gegen die Annahme des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr erschöpft sich in wörtlicher Wiederholung der entsprechenden Ausführungen in der gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 25. November 2009 erhobenen Beschwerde (ON 128), unterlässt solcherart jede Auseinandersetzung mit der - durch identifizierenden Verweis auf Vorentscheidungen hinlänglich determinierten (vgl zu Verweisen im Allgemeinen für viele: 13 Os 81/07x mwN; 14 Os 109/08y) - Argumentation des Oberlandesgerichts und verfehlt damit den gesetzlichen Bezugspunkt (vgl RIS-Justiz RS0110146, RS0106464). Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof die - schon in der gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 18. November 2009, AZ 18 Bs 381/09z (ON 112), gerichteten Grundrechtsbeschwerde wortgleich erhobenen (ON 127) - Einwände des Beschwerdeführers bereits in dem in dieser Strafsache ergangenen Erkenntnis vom 30. Dezember 2009, AZ 14 Os 158/09f, erörtert und dargelegt, dass damit keinerlei Willkür (vgl dazu RIS-Justiz RS0117806) bei der Annahme des in Rede stehenden Haftgrundes aufgezeigt wird.
Soweit die Beschwerde letztlich auch die Verhältnismäßigkeit der Haft anzweifelt und mehrfache Verletzung des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen (§§ 9 Abs 2, 177 Abs 1 StPO) behauptet, steht ihr erneut mangelnde Erschöpfung des Instanzenzugs entgegen, weil eine entsprechende Bekämpfung - entgegen anderslautender Beteuerung in der Grundrechtsbeschwerde - in der Beschwerde gegen den Beschluss des Erstgerichts unterlassen wurde (ON 128).
Die Grundrechtsbeschwerde war daher zur Gänze ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E93536European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0140OS00016.10Z.0302.000Im RIS seit
07.05.2010Zuletzt aktualisiert am
07.05.2010