TE Vfgh Beschluss 1998/6/9 B2531/97, B2560/97

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Veröffentlicht am 09.06.1998
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Index

35 Zollrecht
35/01 Bundesverfassungsgesetz

Norm

VfGG §88
Zollrechts-DurchführungsG §120
Zollrechts-DurchführungsG §85a ff

Leitsatz

Abtretung einer Beschwerde gegen die Abweisung einer Berufung durch ein Zollamt an den seit dem EU-Beitritt Österreichs und der Geltung des Zollrechts-Durchführungsgesetzes zuständigen Berufungssenat; Neuregelung des Rechtsschutzes im Bereich des Zollverfahrens; kein Kostenzuspruch

Spruch

I. Die Beschwerde wird an den zuständigen Berufungssenat der Region Linz bei der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich abgetreten.

Kosten werden nicht zugesprochen.

II. Der Verfahrenshilfeantrag auf Gebührenbefreiung wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit seiner auf Art144 B-VG gestützten, am 13. Oktober 1997 zur Post gegebenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bekämpft der Einschreiter Bescheide der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Zlen. 277-3/1997, 414-3/1997). Durch diese wurden die Berufungen gegen die Bescheide des Zollamtes Feldkirch abgewiesen, mit denen dem Einschreiter in Zusammenhang mit der am 5. Dezember 1996 erfolgten Einfuhr von Maschinen zum Spulen von Spinnstoffen Eingangsabgaben vorgeschrieben worden waren. (Eine Berufungsvorentscheidung durch die erstinstanzliche Behörde gemäß §276 BAO erging nicht.)

2. In den §§85a bis 85f Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG), BGBl. 659/1994, idF der 3. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle, BGBl. I Nr. 13/1998, wurde der Rechtsschutz im Bereich des Zollverfahrens einer Neuregelung unterzogen:

a) Gemäß §85a Abs1 Z1 ZollR-DG steht im Rahmen des Geltungsbereichs des §2 Abs1 und 2 leg.cit. (dazu zählt auch die hier vorliegende Abgabensache) gegen Entscheidungen von Zollbehörden als Rechtsbehelf der ersten Stufe (Art243 Abs2 lita Zollkodex - ZK) die Berufung zu (soweit nicht in Abgabenvorschriften ein Rechtsbehelf für unzulässig erklärt wird). Über die Berufung hat gemäß §85b Abs2 ZollR-DG die Behörde, welche die betreffende Entscheidung erlassen hat, mit Berufungsvorentscheidung zu entscheiden.

Nach §85c Abs1 ZollR-DG ist gegen solche Berufungsvorentscheidungen als Rechtsbehelf der zweiten Stufe (Art243 Abs2 litb ZK) die Beschwerde an den örtlich und sachlich zuständigen Berufungssenat (§85d Abs5 ZollR-DG) zulässig.

b) In organisatorischer Hinsicht wird gemäß §85d Abs1 ZollR-DG zwecks Bildung der Berufungssenate das Anwendungsgebiet in drei Regionen unterteilt: Die Region Wien umfaßt den Bereich der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland; die Region Linz umfaßt die Bereiche der Finanzlandesdirektionen für Oberösterreich, Steiermark und Kärnten; die Region Innsbruck umfaßt die Bereiche der Finanzlandesdirektionen für Salzburg, Tirol und Vorarlberg.

Bei der FLD für Wien, Niederösterreich und Burgenland in Wien, der FLD für Oberösterreich in Linz und der FLD für Tirol in Innsbruck ist für die zugehörige Region je eine Berufungskommission zu bilden.

Gemäß §85d Abs5 ZollR-DG hat der Vorsitzende der Berufungskommission aus den Mitgliedern der Berufungskommission die für die Behandlung der Beschwerden jeweils erforderliche Anzahl von Berufungssenaten zu bilden, wobei die Berufungssenate der Region Wien für die Behandlung der Beschwerden aus der Region Linz, die Berufungssenate der Region Linz für die Behandlung der Beschwerden aus der Region Innsbruck und die Berufungssenate der Region Innsbruck für die Behandlung der Beschwerden aus der Region Wien örtlich zuständig sind. Weiters enthält §85d Abs5 ZollR-DG Regelungen für die Zuständigkeitsverteilung zwischen mehreren Berufungssenaten einer Region.

c) §120 Abs1c ZollR-DG lautet auszugsweise:

   "..., die §§... 85a bis 85f, ..., 120 ... in der Fassung des

BGBl. I Nr. 13/1998 treten mit 1. Jänner 1998 in Kraft. ... Die

§§85a bis 85f sind auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach

dem EU-Beitritt ereignet haben. Diese Bestimmungen sind auf

solche Sachverhalte nicht anzuwenden, wenn vor ihrem

Inkrafttreten eine Berufung nicht erhoben wurde oder aber eine

Berufungsvorentscheidung erlassen und ein zulässiger

Vorlageantrag (§276 Abs1 BAO) nicht gestellt wurde; das gleiche

gilt, wenn vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmungen eine

Entscheidung einer Finanzlandesdirektion oder des Bundesministers

für Finanzen nicht beim Verwaltungsgerichtshof oder

Verfassungsgerichtshof angefochten wurde ... Wurde in Fällen, in

denen die §§85a bis 85f anzuwenden sind, gegen eine Entscheidung

einer Finanzlandesdirektion oder des Bundesministers für Finanzen

Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder

Verfassungsgerichtshof erhoben, dann gilt diese als Rechtsbehelf

gemäß den §§85a oder 85c und ist an die zuständige

Rechtsbehelfsinstanz abzutreten."

3. Nach dem letzten Satz des §120 Abs1c ZollR-DG gilt die vorliegende, einen nach dem EU-Beitritt Österreichs eingetretenen Sachverhalt betreffende Beschwerde somit als Rechtsbehelf zweiter Stufe im Sinne des §85c ZollR-DG. Sie war daher an den zur Entscheidung darüber zuständigen Berufungssenat (§85d Abs1 und Abs5 ZollR-DG) abzutreten.

Erst der vom Berufungssenat zu erlassende Bescheid wäre beim Verfassungsgerichtshof bekämpfbar.

4. Da für die vorliegende Abtretung der (Verfassungsgerichtshof-)Beschwerde weder nach dem ZollR-DG noch nach dem VerfGG eine Verpflichtung zum Ersatz von Kosten vorgesehen ist, waren solche nicht zuzusprechen.

5. Da die vom Verfassungsgerichtshof gesetzte Frist zur Vorlage eines Vermögensbekenntnisses (das Schreiben des Verfassungsgerichtshofes wurde am 1. Dezember 1997 zugestellt) ungenützt verstrichen ist, ist der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe hinsichtlich Gebührenbefreiung allein schon wegen Nichterfüllung des Verbesserungsauftrages zurückzuweisen (vgl. VfGH 13.6.1989 B342/89).

6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG bzw. §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Behördenzuständigkeit, Zollrecht, EU-Recht, VfGH / Kosten, VfGH / Abtretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B2531.1997

Dokumentnummer

JFT_10019391_97B02531_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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