Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** P*****, vertreten durch Dr. Anton Tschann, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen die beklagte Partei K***** Bau GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Battlog, Rechtsanwalt in Schruns, wegen 26.311,95 EUR sA und Feststellung, über die Revision und den Rekurs der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Oktober 2008, GZ 3 R 134/08t-43, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 4. Juli 2008, GZ 10 Cg 43/07a-38, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Der Rekurs wird zurückgewiesen.
2. Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Zwischenurteil wird aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Zu 1.:
Der von der Beklagten erhobene Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts (Punkt II der Berufungsentscheidung) ist unzulässig:
Dass das Berufungsgericht die Revision gegen das von ihm gefällte Zwischenurteil zulässig erklärte, hat mit der Anfechtbarkeit des von ihm gefassten Aufhebungsbeschlusses nichts zu tun; insbesondere wird dadurch nicht ein - insoweit fehlender - Zulassungsausspruch ersetzt (8 Ob 76/84 [„zum Rechtskraftvorbehalt“]).
Gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist gegen berufungsgerichtliche Beschlüsse, soweit dadurch das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur zulässig, wenn das Berufungsgericht dies ausgesprochen hat. Durch diese Formulierung wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Zulässigkeit des Rekurses gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss an einen ausdrücklichen Zulassungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz gebunden ist. Fehlt - wie hier - ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts, dann ist auch ein „außerordentlicher Rekurs” ausgeschlossen (stRsp; RIS-Justiz RS0043898; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 519 Rz 55 mwN). Im Umfang der Bekämpfung des vom Berufungsgericht gefassten Aufhebungsbeschlusses gegenüber der Beklagten ist daher die Anrufung des Obersten Gerichtshofs absolut unstatthaft (zu allem: 3 Ob 4/09y).
In seiner Rechtsmittelbeantwortung hat der Kläger auch zum Rekurs der Beklagten Stellung genommen. Allerdings weist die Rekursbeantwortung auf die absolute Unzulässigkeit des Rekurses gegen den Aufhebungsbeschluss nicht hin. Insoweit ist die Rechtsmittelbeantwortung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, weshalb der Kläger die darauf entfallenden Kosten seiner Rechtsmittelbeantwortung selbst zu tragen hat.
Zu 2.:
Die Gemeinde T***** beabsichtigte im Jahr 2004 in der örtlichen Hauptschule eine Biomasse- Nahwärmeversorgungsanlage zu errichten. Mit der Planung und Bauaufsicht beauftragte sie die C***** GmbH. Diese bediente sich hinsichtlich der Architektenleistungen des Architekten DI P***** als Subunternehmer.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 18. 12. 2003 wurde die Biomasseheizwerk T***** GmbH gegründet. Gesellschafter sind die Gemeinde T***** und die Agrargemeinschaft T*****. Im Einvernehmen zwischen der Gemeinde T***** und der Biomasseheizwerk T***** GmbH wurden von Letzterer die vertraglichen Rechte und Pflichten betreffend das Projekt Biomasse-Heizwerk übernommen. Die Auftragserteilung an die einzelnen ausführenden Professionisten erfolgte durch die Biomasseheizwerk T***** GmbH.
Die Beklagte war mit der Durchführung der Baumeisterarbeiten beauftragt. Der Kläger war am 13. 10. 2004 auf der Baustelle als Mitarbeiter seines Arbeitgebers Elektro B***** GmbH mit Elektroarbeiten befasst. Dabei versuchte er, durch eine Öffnung der Kellerdecke über eine Anlegeleiter in den Kellerraum zu gelangen. Als er die Leiter bestieg, rutschte diese weg und der Kläger stürzte 5 m tief auf den Betonboden, wodurch er schwer verletzt wurde. Im Verfahren 38 Cg 63/05w des Landesgerichts Feldkirch machte der Kläger daraufhin gegen die Biomasseheizwerk T***** GmbH Schadenersatzansprüche über insgesamt 36.061,24 EUR sA geltend. Mit rechtskräftigem Zwischenurteil des Landesgerichts Feldkirch vom 31. 10. 2006 wurde die Schadenersatzforderung dem Grunde nach als zu Recht bestehend erkannt.
Mit der am 10. 12. 2007 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrt der Kläger aus diesem Unfall von der beklagten BauGmbH Schadenersatz in Höhe von insgesamt 26.311,95 EUR sA und die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle zukünftigen Schäden des Klägers aus dem Unfall vom 13. 10. 2004 auf der Baustelle Hauptschule T*****. Dazu brachte er im Wesentlichen vor, die dortige Leiter sei von der Beklagten auf die Baustelle gebracht und nach Abschluss der Bauarbeiten über Ersuchen des Architekten DI P***** auf der Baustelle belassen worden. Die Bauherrin habe - entgegen ihren diesbezüglichen gesetzlichen Verpflichtungen nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) - weder einen Baustellenkoordinator noch einen Projektleiter bestellt, eine Vorankündigung im Sinn des § 6 BauKG unterlassen und auch keinen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) erstellt. Der Beklagten sei erkennbar gewesen, dass kein Baustellenkoordinator bestellt worden sei. Sie wäre verpflichtet gewesen, die Bauherrin und die anderen Unternehmer über das Fehlen eines Baustellenkoordinators zu unterrichten. „Mit ihrer Unterlassung“ habe sie grob fahrlässig (auch) gegen ihre Verpflichtung verstoßen, mit anderen Werkunternehmern zusammenzuarbeiten und ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet der Gefahrenverhütung zu koordinieren und einander über die Gefahren zu informieren (hier vor allem über die aus der unterlassenen Bestellung eines Baustellenkoordinators resultierende Gefahr [§ 8 Abs 1 ASchG]). Wäre die Beklagte dieser Informationspflicht nachgekommen und hätte sie die Bestellung eines Baustellenkoordinators (und Erstellung eines SiGe-Planes) bei der Bauherrin eingefordert, hätte diese den Anforderungen entsprochen. Die Haftung der Beklagten ergebe sich auch aus dem von ihr mit dem Bauherrn abgeschlossenen Werkvertrag, der Schutzwirkungen zu Gunsten der Dienstnehmer der anderen beteiligten Unternehmen - hier des Klägers - aus der Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber Dritten entfalte. Die Beklagte habe allen der Verhinderung von Gefahren dienenden Normen, insbesondere §§ 3, 7, 8 und 10 ASchG, zuwidergehandelt und daher auch mehrfach gegen Schutzgesetze verstoßen. Sie hafte nach dem Ingerenzprinzip, weil die von ihrer Leiter ausgehende Gefahr nicht beseitigt worden sei.
Der Kläger habe beim Unfall eine offene Unterschenkelfraktur sowie Abschürfungen an Kniegelenken und Händen erlitten. Als Dauerfolge verbleibe eine Bewegungseinschränkung des Sprunggelenks und damit die eingeschränkte Gehfähigkeit, und es seien auch Spätfolgen zu erwarten, sodass der Kläger ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche künftigen Schäden aus dem Unfall vom 13. 10. 2004 habe.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie habe ihre Baumeisterarbeiten bereits abgeschlossen gehabt, als sich der Unfall des Klägers ereignet habe. Dass die Bestellung eines Baustellenkoordinators unterblieben sei, sei nicht unfallskausal gewesen. Zum Unfallszeitpunkt habe die Beklagte keinen Einfluss mehr auf die Abläufe auf der Baustelle gehabt. Die Auftraggeberin sei in den Ausschreibungsunterlagen darauf hingewiesen worden, dass ein Baustellenkoordinator bestellt werde. Eine Warn- und Hinweispflicht auf das Erfordernis eines Baustellenkoordinators habe daher für die Beklagte nicht bestanden. Die Beklagte habe sämtliche Verpflichtungen im Sinn des § 3 ASchG erfüllt, weil bei Ausführung der Baumeisterarbeiten niemand zu Schaden gekommen sei. Die Berufung des Klägers auf § 10 ASchG gehe ins Leere, weil auf der Baustelle nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien. Nach Abschluss ihrer Baumeisterarbeiten sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, die ordnungsgemäße Befestigung der Leiter zu überwachen. Im Übrigen beträfen die Bestimmungen des BauKG die Bauherrin und nicht die auf der Baustelle tätigen Professionisten, ebenso die Bestimmung des § 1169 ABGB. Der Vertrag zwischen der Beklagten und der Bauherrin entfalte keine Schutzwirkung zugunsten Dritter, hier des Klägers.
Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren ohne Beweisaufnahme aus rechtlichen Erwägungen ab. Die Klagsabweisung wurde vom Berufungsgericht aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
In dem auf den Grund des Anspruchs eingeschränkten fortgesetzten Verfahren brachte der Kläger noch vor, die Gefährlichkeit der Leiter sei für die Beklagte erkennbar gewesen. Die Arbeiten der Beklagten seien im Zeitpunkt des Unfalls noch nicht abgeschlossen gewesen. Die Leiter sei die ganze Zeit über mangelhaft aufgestellt und befestigt gewesen. Die Beklagte habe davon ausgehen müssen und sei auch davon ausgegangen, dass die Leiter auch nach Beendigung ihrer Arbeiten an der Baustelle weiterhin als Zugang der Handwerker zum Heizraum benützt werde.
Die Beklagte erwiderte, dass die Leiter nach Fertigstellung der Baumeisterarbeiten entfernt und die Öffnung zum Heizkeller mit Brettern vollständig abgedeckt worden sei. Ca zehn Minuten vor dem Unfall seien noch vier Leute der Firma K***** Installationen GmbH über die Leiter von unten nach oben gestiegen und sei diese noch mit der Schaltafel abgesichert gewesen, sodass die Absicherung innerhalb kürzester Zeit entfernt worden sein müsse. In dieser Zeit hätte auch ein Baustellenkoordinator nicht für eine entsprechende Abhilfe sorgen können. Im Übrigen hätte ein Baustellenkoordinator auch davor keine Sicherheitsmängel feststellen können, weil die Leiter in einem 25 cm hohen Betonsockel abgesichert gewesen und nach Beendigung der Baumeisterarbeiten zur Gänze entfernt worden sei. Die Beklagte sei am 28. 9. 2004 zum letzten Mal auf der Baustelle gewesen, um Sanierungsarbeiten durchzuführen; die Schlussrechnung sei bereits am 14. 10. 2004 gelegt worden.
Auch im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Dazu traf es im Wesentlichen noch folgende Feststellungen:
Die Beauftragung der einzelnen ausführenden Handwerker betreffend das Bauprojekt erfolgte jeweils durch den Bauherrn nach den Ergebnissen der Ausschreibung seitens der C***** GmbH bzw des von ihr als Subunternehmer beigezogenen Architekten DI P*****, dem die Planungs- und Bauaufsichtsleistungen soweit sie Bau- und Architektenleistungen im engeren Sinn betrafen, oblagen. Neben der für die Baumeisterarbeiten zuständigen Beklagten war unter anderem die Firma Elektro B*****, bei welcher der Kläger beschäftigt war, auf der Baustelle tätig. Insgesamt zogen sich die Bauarbeiten über einen Zeitraum von jedenfalls mehr als vier Monaten hin.
Seitens der Bauherrin wurde weder ein Baustellenkoordinator noch ein Projektleiter im Sinn des BauKG bestellt. Dem Geschäftsführer der Biomasseheizwerk T***** GmbH war im Zeitpunkt der entsprechenden Auftragserteilungen und der Bauarbeiten die gesetzliche Verpflichtung zur Bestellung eines Baustellenkoordinators nicht bekannt; dies obwohl in dem von DI P***** erstellten Leistungsverzeichnis festgehalten ist, dass sich der Auftragnehmer verpflichte, Anordnungen und Weisungen des Baustellenkoordinators, die dieser in seiner ihm übertragenen Funktion als Aufseher zur Einhaltung des SiGe-Plans und der Unterlage für spätere Arbeiten treffe, zu befolgen und seine Dienstnehmer anzuweisen, Anordnungen und Weisungen unverzüglich umzusetzen. Der Geschäftsführer der Bauherrin ging vielmehr davon aus, dass sich die C***** GmbH bzw der von dieser mit der Bauaufsicht beauftragte DI P***** sich um die entsprechenden Vorschriften und deren Einhaltung kümmern würden. Eine Vorankündigung betreffend die Baustelle im Sinn des § 6 BauKG erfolgte nicht. Ein SiGe-Plan nach dem BauKG wurde nicht erstellt.
Der Heizraum der Biomasse-Heizanlage wurde anschließend an die bisherige im Keller befindliche Heizanlage der Hauptschule in einem ein Kellergeschoß tiefer gelegenen Raum errichtet. Über dem neuen, tiefer gelegenen Heizraum befand sich eine zur Einbringung des Heizkessels erforderliche Öffnung in der ursprünglichen Kellerdecke, zu welcher vom aus dem Altbestand stammenden Teil des Heizraums über den darunter liegenden neuen Heizraum eine Anlegeleiter führte. Die Oberkante der Öffnung der Kellerdecke lag dabei etwa 4,9 m über dem Betonboden des unteren neuen Teils des Heizraums. Die Leiter war am oberen Anlegepunkt im Bereich der Öffnung nicht fixiert. Am unteren Aufstandspunkt war die Leiter im Unfallszeitpunkt an ein auf einer Schaltafel aufgenageltes bzw aufgeschraubtes Querbrett anliegend. Diese Schaltafel lag lose auf dem Boden des Raums und war im Unfallszeitpunkt nach jeder Richtung hin verrückbar. Die Schaltafel war nicht mit dem Boden verbunden. Die Anlegeleiter war in einem Winkel von höchstens 58 Grad zur Bodenfläche aufgestellt.
Vor dem Unfallereignis war die Schaltafel mit einer weiteren Schaltafel gegen zwei in diesem Bereich befindliche Betonpfeiler abgespreizt. Die Schaltafeln waren dabei nicht miteinander verbunden. Wann vor dem Unfall und von wem die zweite Schaltafel, welche zur Abstützung der Leiter aufgelegt war, entfernt wurde, steht nicht fest. Nicht feststellbar ist auch, wer die Leiter, die von der Beklagten auf die Baustelle gebracht worden war, abgesichert durch die Schaltalfelkonstruktion aufgestellt hatte. Der Zugang über die Leiter wurde von nahezu allen Arbeitern auf der Baustelle mehr oder weniger regelmäßig benutzt.
Die Beklagte hatte die von ihr zu erbringenden Baumeisterarbeiten am 28. 9. 2004 beendet und die Baustelle geräumt. Solange die Beklagte an der Baustelle tätig war, stellte sich die Situation hinsichtlich der vom Heizraum alt durch die Öffnung nach oben führenden Aluleiter völlig anders dar als zum Unfallszeitpunkt. Ursprünglich bestand im Heizraum alt im Bereich des Stiegenabgangs zum Heizraum neu ein ca 25 cm tiefer Betonabsatz im Boden des Heizraums alt, in den die Leiter eingestellt und dadurch vor einem Verrutschen gesichert war. In dieser Position befand sich der Fußpunkt der Leiter auch weiter gegen die Öffnung und deren Auflagepunkt in der Öffnung versetzt, sodass die Leiter auch eine steilere Stellung einnahm. Diese (sichere) Leiterposition stand schließlich nicht mehr zur Verfügung, als durch die Beklagte der Betonabsatz beseitigt und im Heizraum alt ein neuer Estrich verlegt worden war. Mit der Verlegung des Estrichs musste zwangsläufig die Leiter überhaupt entfernt werden, da bis zur Austrocknung des Estrichs dieser auch nicht zwecks Zugangs über die Leiter benützbar war. Die Estricharbeiten waren die letzten Arbeiten der Beklagten auf der Baustelle. Die Leiter wurde bis zum Verlassen der Baustelle durch die Beklagte nicht mehr im Bereich der Unfallstelle zur Benützung aufgestellt. Die Beklagte hat die Leiter lediglich über Ersuchen des DI P*****, angelehnt an eine Hauswand, auf der Baustelle zurückgelassen. Wer die Leiter schließlich wieder in den Bereich der Unfallstelle gebracht und dort aufgestellt hat, steht nicht fest.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass die Leiter während der Tätigkeit der Beklagten auf der Baustelle nicht unzulässig gesichert - wie zum Unfallszeitpunkt -, sondern durch das Anstellen in einer 25 cm tiefen Betonmulde ausreichend gesichert gewesen sei. Selbst wenn die Sicherung durch Aufstellung im Betonabsatz unzulänglich gewesen sein sollte, wäre die solcherart mangelhafte Leiteraufstellung nicht ursächlich für den Schadenseintritt gewesen. Für das schließlich unfallskausale, unzureichend gesicherte Aufstellen der Leiter zum Unfallszeitpunkt sei die Beklagte auch hinsichtlich der Wahrnehmung von Warnpflichten und der Verpflichtung zur Beseitigung der erkennbaren Gefahrenquelle nicht verantwortlich gewesen, weil die Leiter - solange die Beklagte an der Baustelle, den Auftrag ausführend, tätig gewesen sei - „sicher oder jedenfalls anders aufgestellt gewesen“ sei. Dass von Seiten der Beklagten nach Beendigung ihrer Tätigkeit die Sicherheit der aufgestellten Leiter zu überprüfen gewesen wäre, sei vom Kläger zu Recht nicht einmal behauptet worden; der mangelnde Kraftschluss mit dem Boden sei für den Geschäftsführer der Beklagten nach Beendigung der eigenen Arbeiten nicht zwingend erkennbar gewesen. Ein für den Schaden des Klägers ursächlicher Verstoß der Beklagten gegen die zu Gunsten Dritter bestehenden Schutz- und Sorgfaltsvorschriften liege sohin nicht vor.
Ob die Beklagte verpflichtet gewesen sei, den Bauherrn auf seine erforderliche Bestellung eines Baustellenkoordinators hinzuweisen, könne dahingestellt bleiben: Aufgrund des Leistungsverzeichnisses, in dem auf die Notwendigkeit eines Baustellenkoordinators ausdrücklich hingewiesen worden sei, sowie aufgrund der Betrauung eines Professionisten (C***** GmbH bzw DI P*****) habe die Beklagte nämlich davon ausgehen können, dass der Bauherr entsprechend informiert sei und durch die professionelle Bauaufsicht auch für einen Baustellenkoordinator gesorgt bzw diese Aufgabe selbst übernehmen werde. Da während des Zeitpunkts der Tätigkeit der Beklagten an der Baustelle Sicherheitsmängel, die Zweifel über eine entsprechende Sicherheitsvorsorge durch einen Baustellenkoordinator durch die Bauaufsicht hätten aufkommen lassen müssen, nicht vorgelegen seien, sei die Beklagte nicht zu entsprechenden Nachfragen und Recherchen verpflichtet gewesen. Dieselben Überlegungen gälten auch für den fehlenden SiGe-Plan. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen.
Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es das Leistungsbegehren mit Zwischenurteil als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannte (Punkt I. der Berufungsentscheidung) und die Abweisung des Feststellungsbegehrens unter Zurückverweisung der Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht aufhob (Punkt II. der Berufungsentscheidung). Es sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen die Entscheidung zu Punkt I. zulässig sei. Da die Haftung der Beklagten für die Unfallschäden des Klägers schon auf Grundlage der vom Erstgericht getroffenen - vom Berufungsgericht nicht überprüften - Feststellungen bejaht werden müsse, sei auf die Mängel- und auf die Sachverhaltsrüge der Berufung des Klägers nicht einzugehen.
Wie das Berufungsgericht bereits im Aufhebungsbeschluss ausgeführt habe, erschöpften sich die im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) normierten Verpflichtungen des Arbeitgebers nicht nur im Schutz seiner eigenen Arbeitnehmer. Zu den in § 8 ASchG normierten Koordinierungspflichten der Arbeitgeber auf dem Gebiet der Gefahrenverhütung gehöre zweifelsohne auch, Bauherrn auf die Verpflichtung zur Bestellung eines Baustellenkoordinators im Sinn der Bestimmungen des BauKG hinzuweisen. Eine solche Verpflichtung für Baumeister sei im Übrigen auch der Regierungsvorlage zum Bundesgesetz über die Koordination bei Bauarbeiten (1462 BlgNR XX. GP [10]) zu entnehmen.
Dass auf der Baustelle in der Hauptschule T***** gleichzeitig oder nacheinander Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber beschäftigt gewesen seien, sei unstrittig, sodass für die Bauherrin jedenfalls die Verpflichtung zur Bestellung eines Baustellenkoordinators bestanden habe, zumal die Bauherrin die Aufgaben eines Baustellenkoordinators nicht selbst habe wahrnehmen können. Im Sinn der den Arbeitgeber treffenden Verpflichtungen nach den §§ 3, 7 und 8 ASchG sei die beklagte Partei daher schon bei Beginn ihrer Tätigkeit verpflichtet gewesen, die Bauherrin auf die Notwendigkeit der Bestellung eines Baustellenkoordinators hinzuweisen.
Die im Leistungsverzeichnis des planenden und bauleitenden Architekten DI P***** aufscheinende Verpflichtung der Auftragnehmer, Anordnungen und Weisungen des Baustellenkoordinators zu befolgen und seine Dienstnehmer anzuweisen, die Anordnungen und Weisungen des Baustellenkoordinators unverzüglich umzusetzen, habe die Beklagte nicht ihrer Verpflichtung enthoben, die Bauherrin auf die Notwendigkeit der Bestellung eines Baustellenkoordinators hinzuweisen, zumal ihr bekannt gewesen sei, dass auf der Baustelle kein Baustellenkoordinator vorhanden gewesen sei und sie sich zuvor auch nicht vergewissert habe, dass die Bauherrin die Notwendigkeit der Bestellung eines Baustellenkoordinators bekannt sei.
Bei den angeführten Bestimmungen des ASchG und des BauKG (§§ 3 und 5) handle es sich um Schutznormen im Sinn des § 1311 ABGB, die der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer auf Baustellen dienten. Die Übertretung einer Schutznorm mache für den durch die Übertretung verursachten Schaden insofern haftbar, als durch die Schutznorm gerade dieser Schaden verhindert werden solle. Dabei könne nicht zweifelhaft sein, dass die Verpflichtung zur Bestellung eines Baustellenkoordinators und die sich aus § 8 Abs 1 ASchG abgeleitete Verpflichtung, den Bauherrn auf die Notwendigkeit zur Bestellung eines Baustellenkoordinators hinzuweisen, gerade der Gefahrenverhütung auf Baustellen dienten (wie hier der von der gefährlich aufgestellten Anlegeleiter ausgehenden Gefahr). Im Fall der Verletzung einer Schutznorm habe der Geschädigte bloß die objektive Übertretung der Schutznorm zu beweisen, welchen Nachweis der Kläger erbracht habe. Dem Schädiger obliege der Beweis, dass er sich entweder vorschriftsmäßig verhalten habe oder dass der Schaden auch bei vorschriftsmäßigem Verhalten eingetreten wäre (rechtmäßiges Alternativverhalten) oder ihn an der Übertretung dieses Schutzgesetzes keine subjektive Sorgfaltswidrigkeit, also kein Verschulden getroffen habe.
Diesen Entlastungsbeweis habe die Beklagte nicht erbracht. Als Baumeister sei beim Geschäftsführer der Beklagten die Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen des ASchG und des BauKG vorauszusetzen und es sei ihm bekannt gewesen, dass die Bauherrin einen Baustellenkoordinator nicht bestellt habe, obwohl ein solcher gemäß § 3 Abs 1 BauKG zu bestellen gewesen wäre. Der Geschäftsführer der Beklagten habe auch nicht davon ausgehen können, dass die Bauherrin in Kenntnis der gesetzlichen Verpflichtung zur Bestellung eines Baustellenkoordinators dieser Verpflichtung nicht entsprochen habe, weshalb die diesbezüglich unterlassene Information der Bauherrin der Beklagten als Sorgfaltsverstoß anzulasten sei. Dass im Fall rechtmäßigen Verhaltens, nämlich der Aufforderung der Bauherrin zur Bestellung eines Baustellenkoordinators zur Vermeidung von Gefahren für die Sicherheit oder Gesundheit der Arbeitnehmer, die Leiter zum Unfallszeitpunkt ebenso gefährlich aufgestellt gewesen und der Unfall des Klägers mit den gleichen Folgen eingetreten wäre, habe die Beklagte ebenfalls nicht bewiesen, weshalb sie aufgrund der Schutznormverletzung deliktisch für den Schaden des Klägers hafte.
Dass die Beklagte gegenüber dem Kläger keine werkvertragliche Haftung mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter treffe, weil er im Rahmen des von seinem Arbeitgeber mit der Bauherrin abgeschlossenen Werkvertrags einen deckungsgleichen vertraglichen Direktanspruch gegen die Bauherrin habe, der im Verfahren 38 Cg 63/05w des Landesgerichts Feldkirch bereits dem Grunde nach rechtskräftig festgestellt worden sei, sei vom Berufungsgericht bereits im Aufhebungsbeschluss vom 9. 4. 2008 ausgeführt worden.
Da die Beklagte schon wegen der Verletzung der Hinweispflicht auf Bestellung eines Baustellenkoordinators für die Unfallsfolgen zu haften habe, komme den Fragen, ob die Baumeistertätigkeit der Beklagten auf der Baustelle vor dem Unfall beendet gewesen sei, ob die Anlegeleiter bereits während ihrer früheren Tätigkeit gefahrenträchtig aufgestellt gewesen sei und ob die Beklagte die Gefährlichkeit der Aufstellung der Leiter zum Unfallszeitpunkt habe erkennen können oder nicht, keine rechtserhebliche Bedeutung zu, weshalb die diesbezüglich bekämpften Feststellungen des Erstgerichts auf sich beruhen könnten und es auch nicht der Aufnahme weiterer Beweise im Sinn der Mängelrüge bedürfe. Es könne auch dahingestellt bleiben, ob für die Baustelle die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 ASchG für die Erstellung eines SiGe-Plans vorgelegen sei und ob eine Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger auch wegen der unterlassenen Aufklärung der Bauherrin hinsichtlich des fehlenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans sowie nach dem Ingerenzprinzip zu bejahen wäre, weil der Beklagten die gefährliche und nicht der AM-VO entsprechende Aufstellung der Anlegeleiter zum Unfallszeitpunkt zuzurechnen sei.
Wegen der Einschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruchs sei daher hinsichtlich des auf den Titel des Schadenersatzes gegründeten Zahlungsbegehrens vom Berufungsgericht mit Zwischenurteil auszusprechen, dass dieses dem Grunde nach zu Recht bestehe.
Bei Feststellungsbegehren dürfe hingegen über die Haftung für künftige Schäden kein Zwischenurteil zum Grund des Anspruchs gefällt werden, weil für die Bejahung des Anspruchsgrundes alle Anspruchsvoraussetzungen feststehen müssten, dann aber schon eine Endentscheidung über den Feststellungsanspruch gefällt werden könne. Da das Erstgericht keine Feststellungen getroffen habe, ob beim Kläger mit künftigen Schäden aus dem Unfall vom 13. 10. 2004 zu rechnen sei oder nicht, könne über das Feststellungsbegehren auch nicht mit Teilurteil abgesprochen werden. Vielmehr sei das Ersturteil hinsichtlich der Abweisung des Feststellungsbegehrens (Punkt II des Spruchs) aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es sich bei den hier zu lösenden Rechtsfragen der Haftung eines Arbeitgebers wegen der unterlassenen Aufforderung des Bauherrn zur Bestellung eines gesetzlich notwendigen Baustellenkoordinators trotz eines von diesem bestellten Bauleiters um rechtserhebliche Fragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO handle, zu welchen eine oberstgerichtliche Judikatur fehle.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klageabweisenden Sinn; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig. Sie ist mit ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.
Die Beklagte macht geltend, dass sich während ihrer Tätigkeit auf der Baustelle kein Unfall ereignet habe. In diesem Zusammenhang habe der Kläger auch keinen Gesetzesverstoß der Beklagten nachgewiesen. Selbst eine während der Tätigkeit der Beklagten mangelhaft aufgestellte Leiter wäre aber nicht unfallskausal gewesen, weil sie nach Abschluss der Arbeiten von der Beklagten entfernt worden sei. Eine Rechtspflicht der Beklagten, danach weiter die Sicherheit der Leiter zu überprüfen und dafür Sorge zu tragen, dass Arbeitnehmer-Schutzvorschriften eingehalten würden, habe der Kläger gar nicht behauptet, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen und würde die Sorgfaltserfordernisse überspannen. Es liege kein für den Schaden des Klägers ursächlicher Verstoß der Beklagten gegen bestehende Rechtsvorschriften vor.
Der Kläger vertritt hingegen den Standpunkt, ein Kausalitätsnachweis sei gar nicht erforderlich. Vielmehr sei die Beklagte verpflichtet gewesen, auf die Notwendigkeit der Bestellung eines Baustellenkoordinators hinzuweisen. Den ihr obliegenden Gegenbeweis, dass sich der Unfall auch bei Bestellung eines Baustellenkoordinators mit denselben Folgen ereignet hätte, habe die Beklagte gar nicht angetreten. Daher gehe ihr Argument, es habe sie nach Beendigung ihrer Arbeiten keine Rechtspflicht getroffen, weiter für die Einhaltung von Arbeitnehmer-Schutzvorschriften Sorge zu tragen, ins Leere.
Dazu ist vorweg klarzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung (zuletzt: 7 Ob 136/09i mwN) die Kausalität einer Unterlassung für einen Schaden dann nicht gegeben ist, wenn derselbe Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun entstanden wäre. Auch die Beweislast, dass bei pflichtgemäßem Verhalten der Schaden nicht eingetreten wäre, trifft aber grundsätzlich den Geschädigten. Die Anforderungen an den Beweis des bloß hypothetischen Kausalverlaufs sind (lediglich) geringer als die Anforderungen an den Nachweis der Verursachung bei einer Schadenszufügung durch positives Tun. Die Frage, wie sich die Geschehnisse entwickelt hätten, wenn der Schädiger pflichtgemäß gehandelt hätte, lässt sich nämlich naturgemäß nie mit letzter Sicherheit beantworten, weil dieses Geschehen eben nicht tatsächlich stattgefunden hat. Dem Schädiger steht dann der Nachweis offen, dass ein anderer Verlauf wahrscheinlicher sei (zu allem auch: 7 Ob 57/09x mwN).
Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist es Ziel des seit 1. 7. 1999 die Baustellen-Richtlinie umsetzenden BauKG (BGBl I 37/1999), die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer auf Baustellen durch die Koordinierung bei der Vorbereitung und Durchführung von Bauarbeiten zu gewährleisten. Über die gemäß § 1 Abs 5 BauKG unberührt bleibenden Verpflichtungen der Arbeitgeber, nach dem ASchG für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu sorgen, hinaus, sollen Pflichten primär des Bauherrn sowie der von ihm mit der Erfüllung von (ursprünglich) Bauherrnpflichten betrauten Koordinatoren begründet werden. Das BauKG richtet sich damit in erster Linie an den Bauherrn, also an denjenigen, der das wirtschaftliche Risiko aus der Errichtung des Bauwerks trägt und an der Spitze der „Haftungspyramide“ steht (RIS-Justiz RS0124219).
Den Baustellenkoordinator treffen im Interesse des Arbeitnehmerschutzes umfangreiche, in § 5 BauKG ausführlich beschriebene Koordinations-, Organisations-, Überwachungs- und Informationspflichten (Egglmeier-Schmolke, Das Bauarbeitenkoordinationsgesetz, bbl 2000, 53 f mwN; dieselbe, Haftung für Unfälle auf Baustellen [2. Teil] bbl 2007, 90; Weselik, Bauarbeitenkoordinationsrecht 31 f; 2 Ob 272/03v).
Gemäß § 3 Abs 1 BauKG trifft den Bauherrn die Verpflichtung, für die Ausführungsphase einen Baustellenkoordinator zu bestellen, wenn auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig werden. Die früher auf die Fürsorgepflicht des Werkbestellers gemäß § 1169 ABGB gestützte Koordinationspflicht des Bauherrn wird nunmehr im Regelungsbereich des BauKG durch dieses als Schutzgesetz konkretisiert (Lukas/Resch, Haftung für Arbeitsunfälle am Bau 16, 26). Das BauKG als lex specialis verdrängt insoweit den bisherigen Ansatz bei § 1169 ABGB (RIS-Justiz RS0123294; 2 Ob 272/03v = SZ 2003/158 mwH).
Bestellt der Bauherr - wie hier - keinen Baustellenkoordinator, trägt er selbst die Verantwortung für die diesem vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben (2 Ob 272/03v mwN). Die - in diesem Fall den Bauherrn selbst treffende - Haftung für eine allfällige Pflichtverletzung des Baustellenkoordinators ist mangels besonderer Regelung nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Danach stellt sich der Pflichtenkatalog des BauKG als Schutzgesetz zu Gunsten der Arbeitnehmer im Sinn des § 1311 ABGB dar, wie sich dies schon völlig unzweifelhaft aus dem im § 1 Abs 1 BauKG beschriebenen Gesetzeszweck ergibt (so schon 2 Ob 272/03v). Kommt ein Arbeitnehmer infolge fehlender Sicherheitsvorkehrungen zu Schaden, so liegt darin eine Schutzgesetzverletzung, auf die nach der Rechtsprechung die Beweislastumkehr gemäß § 1298 ABGB zur Anwendung kommt. Der Baustellenkoordinator ist Sachverständiger im Sinn des § 1299 ABGB und haftet daher für die inhaltliche Fachgerechtigkeit seiner Leistungen (RIS-Justiz RS0119450).
Da die den Koordinatoren auferlegten Pflichten weit über die gemäß § 1169 ABGB bestehende (bereits dargelegte) Fürsorgepflicht hinausreichen (vgl 1 Ob 233/03a), erfolgt damit eine gewaltige Ausweitung der Bauherrnpflichten. Für den Bauherrn ist es daher ganz wesentlich, zu wissen, wann er Koordinatoren bestellen muss (Egglmeier-Schmolke, Haftung für Unfälle auf Baustellen [2. Teil], bbl 2007, 82 [83]). Einer diesbezüglichen Hinweispflicht des Werkunternehmers gegenüber dem Bauherrn, auf die sich der Kläger berufen will, kommt demnach vor allem im Verhältnis zwischen diesen Vertragsparteien Bedeutung zu; würde doch die Unterlassung eines solchen Hinweises Aufklärungs- und Schutzpflichten verletzen, die der Werkunternehmer gegenüber dem Bauherrn einzuhalten hat, wenn dadurch bei ihm die dargelegte massive Pflichtenvermehrung eintritt.
Mit den aus der Verletzung einer die Beklagte treffenden Hinweispflicht abgeleiteten Direktansprüchen des Klägers gegen die Beklagte hat dies hingegen nichts zu tun. Auch Egglmeier-Schmolke (aaO, bbl 2007, 94) vertritt in diesem Zusammenhang daher lediglich den Standpunkt, der Unternehmer könnte im Fall einer Haftung des Bauherrn für einen geschädigten Arbeitnehmer „regresspflichtig“ werden, wenn er ihn zum Beispiel über die Notwendigkeit eines SiGe-Planes nicht oder falsch aufgeklärt hätte; hierher gehöre auch die Verpflichtung des Unternehmers, den Bauherrn auf eine verpflichtende Koordinatorenbestellung hinzuweisen.
Durch solche, hier unterlassene Hinweise sind die Interessen des Klägers also gar nicht betroffen; ändert sich doch für ihn durch die unterbliebene Bestellung eines Baustellenkoordinators lediglich die Person des Haftpflichtigen, nicht aber der Haftungsumfang. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann der Kläger gegen die Beklagte daher keine Direktansprüche aus einer Schutzgesetzverletzung (durch die Nichterfüllung der behaupteten Hinweispflichten gegenüber der Bauherrin und den anderen auf der Baustelle tätigen Werkunternehmern) ableiten.
Die Berechtigung des vom Kläger erhobenen Schadenersatzanpruchs hängt vielmehr davon ab, ob der Beklagten ein ursächlicher Verstoß gegen andere bestehende Rechtsvorschriften vorzuwerfen ist. Letzteres wird im Ersturteil - angesichts der festgestellten Tatsachen zutreffend - verneint. Die dazu getroffenen Feststellungen des Erstgerichts sind jedoch bekämpft und die Beweisrügen des Klägers wurden vom Berufungsgericht bisher ebenso wenig erledigt wie die Rüge der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz. Demgemäß kann erst nach Absicherung der Tatsachengrundlage über den Klagsanspruch abschließend entschieden werden (7 Ob 179/09p).
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
Textnummer
E93444European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0070OB00017.09I.0303.000Im RIS seit
29.04.2010Zuletzt aktualisiert am
13.02.2013