TE OGH 2010/3/3 9Ob10/10a

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Veröffentlicht am 03.03.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil, Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) D***** I*****, und 2) Dr. G***** I*****, ebendort, beide vertreten durch Mag. Gerald Griebler, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei B***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Vanis Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen 45.022,65 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 18. Dezember 2009, GZ 3 R 118/09h-14, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Frage der (Teil-)Nichtigkeit des zugrunde liegenden Vergleichs vom 19. 4. 2002 im Umfang des vereinbarten Hauptmietzinsverzichts laut Pkt 6 des Vergleichs war bereits Gegenstand des Revisionsverfahrens zu 7 Ob 160/08t. In der dazu ergangenen Entscheidung sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass ein (relativ) nichtiges und daher anfechtbares Rechtsgeschäft bis zur richterlichen Ungültigkeitserklärung nach Ausübung des Gestaltungsrechts wirksam bleibe und im Rechtsstreit über die Prüfung der Nichtigkeit eines Vertrags bzw Vergleichs - jedenfalls bei Unteilbarkeit eines mehrgliedrigen Schuldverhältnisses - sämtliche Vertragsparteien eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 14 ZPO bildeten, sodass in einem solchen Fall alle (anderen) Vertragspartner auf der Beklagtenseite Parteistellung einnehmen müssten (vgl RIS-Justiz RS0083003). Zudem wurde schon beurteilt, dass ausgehend von den Interessen der ebenfalls am Vergleich beteiligten Bauführerin kein Fall der Teilbarkeit des Schuldverhältnisses vorliege, weil von der Aufhebung des Vergleichs auch die von der Beklagten gegen die Bauführerin erhobenen Schadenersatzansprüche betroffen wären und sich die Bauführerin im Vergleich überdies verpflichtet habe, die Beklagte im Fall einer Anfechtung des Vergleichs schadlos zu halten. Die Kläger hätten daher ein nicht nur gegen die Beklagte, sondern auch gegen die Bauführerin gerichtetes Rechtsgestaltungsbegehren - allenfalls auch im Weg eines gegen alle am Vergleich Beteiligten gerichtetes Leistungsbegehren - erheben müssen.

Diese Grundsätze aus der dem zugrunde liegenden Vergleich vom 19. 4. 2002 betreffenden Entscheidung sind auf den hier zu beurteilenden weiteren Versuch der Kläger, den Vergleich anzufechten, zu übertragen.

2.1 Entgegen den Argumentationsversuchen der Kläger sind Verfügungen über den Gegenstand der Zwangsverwaltung nur relativ unwirksam (RIS-Justiz RS0002823 [T4]) und zudem nur der betreibenden Partei gegenüber, soweit sich die Verfügungen zu deren Nachteil auswirken (RIS-Justiz RS0002823 [T1]; RS0004007). Betreibende Partei des damaligen Zwangsverwaltungsverfahrens war allerdings die Beklagte.

2.2 Die Exekutions- und Verfügungsbeschränkungen des § 42 MRG in Ansehung des Hauptmietzinses sind grundsätzlich nur auf Hauptmietverhältnisse im Vollanwendungsbereich des MRG anzuwenden, soweit nicht förderungsrechtliche oder besondere wohnrechtliche Bestimmungen Gegenteiliges anordnen (Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 42 MRG Rz 2; Angst, Hypothekarische Besicherung und nachträgliche Abtretung von Bestandzinsforderungen, ÖBA 2007, 444 [452]). Die Kläger haben nicht dargelegt, dass das zugrunde liegende Mietverhältnis in den dargestellten Anwendungsbereich fällt. Zudem übersehen sie, dass mit Pkt 6 des Vergleichs nicht über die Hauptmietzinsforderungen zweckwidrig verfügt (vgl Frotz in Korinek/Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz 778), sondern diese zur teilweisen Abgeltung der Schäden der Beklagten aus der Errichtung der Tiefgarage herangezogen und somit durch Aufrechnung getilgt wurden.

2.3 Das von den Klägern noch herangezogene Verbot der Sonderbegünstigungen nach § 47 AO bzw § 150 Abs 5 KO erfasst (nur) vor Abschluss des Ausgleichs oder in der Zeit zwischen dem Abschluss und der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses abgeschlossene Vereinbarungen. Die betroffene Vereinbarung muss somit in einem ausreichenden Zusammenhang mit dem Ausgleich bzw Zwangsausgleich stehen (Riel in Konecny/Schubert § 150 KO Rz 37 f und 43). Ein solcher ist nach der Rechtsprechung gegeben, wenn die Vereinbarung im Hinblick auf einen bevorstehenden gerichtlichen Ausgleich oder aus Anlass eines solchen getroffen wurde (RIS-Justiz RS0051928). Das Verbot der Sonderbegünstigungen greift somit nur unter der Voraussetzung, dass ein Ausgleich bzw Zwangsausgleich tatsächlich zustande kommt (Riel aaO Rz 40 und 42).

Dass über das Vermögen der Kläger ein Insolvenzverfahren eröffnet und in einem solchen Verfahren ein Ausgleich oder Zwangsausgleich abgeschlossen worden wäre, haben sie allerdings ebenfalls nicht behauptet.

3. Die Kläger können sich somit auch im vorliegenden Verfahren nicht auf eine absolute, von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeit des Vergleichs vom 19. 4. 2002 berufen. Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Textnummer

E93465

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0090OB00010.10A.0303.000

Im RIS seit

24.03.2010

Zuletzt aktualisiert am

27.12.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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