Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin B***** D*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen den Antragsgegner A***** F***** D*****, vertreten durch Mag. Guido Zorn, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 6. Oktober 2009, GZ 48 R 225/09g-70, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 25. Juni 2009, GZ 14 C 7/06z-59, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der „außerordentliche“ Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht teilte mit Beschluss vom 25. 6. 2009 das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse der Streitteile auf; unter anderem übertrug es das Wohnrecht an der Ehewohnung allein auf die Antragstellerin, der es eine Ausgleichszahlung von 35.000 EUR auftrug.
Gegen diese Entscheidung erhoben beide Streitteile Rekurs.
Das Rekursgericht gab mit Beschluss vom 6. 10. 2009 unter Spruchpunkt 1. dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Unter Spruchpunkt 2. gab es dem Rekurs des Antragsgegners Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Den gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhobenen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der Antragstellerin wies das Erstgericht mit Beschluss vom 18. 11. 2009 zurück, weil ein Beschluss, mit dem das Rekursgericht den Beschluss des Gerichts erster Instanz aufgehoben und diesem eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen habe, nur dann anfechtbar sei, wenn das Rekursgericht ausgesprochen habe, dass der Revisionsrekurs zulässig sei.
Dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs der Antragstellerin gab das Rekursgericht mit Beschluss vom 12. 1. 2010 teilweise Folge. Es änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass der „außerordentliche“ Revisionsrekurs der Antragstellerin nur insoweit zurückgewiesen werde, als er sich gegen Spruchpunkt 2. der rekursgerichtlichen Entscheidung vom 6. 10. 2009 richte. In Bezug auf die Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses gegen Spruchpunkt 1. der Rekursentscheidung hob es den angefochtenen Beschluss ersatzlos auf. Dieser Beschluss blieb unangefochten.
Nunmehr legt das Erstgericht den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der Antragstellerin dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel der Antragstellerin, mit dem sie die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin anstrebt, dass ihr eine Ausgleichszahlung nicht auferlegt werde, ist - wie das Erstgericht zutreffend erkannte - jedenfalls unzulässig:
1. Vorauszuschicken ist, dass die Rechtskraft des Beschlusses des Rekursgerichts, insoweit es den Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts ersatzlos aufhob, den Obersten Gerichtshof nicht bindet. Der Oberste Gerichtshof ist nämlich nicht an eine Entscheidung zweiter Instanz gebunden, mit der die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof - in Abänderung eines erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses - bejaht wurde (RIS-Justiz RS0042787; Zechner in Fasching/Konecny2 § 507 ZPO Rz 1 mwN).
2. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann es bei einem als einheitlich anzusehenden Anspruch auch nur einen einheitlichen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses oder der Revision geben (RIS-Justiz RS0118275; RS0037838 [T34]).
2.1. Gemäß § 85 EheG hat das Gericht auf Antrag (eines Ehegatten) die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse nur (also subsidiär) zu entscheiden, soweit sich die Ehegatten über die Aufteilung nicht einigen. Der verfahrensrechtliche Anspruch auf gerichtliche Entscheidung ist nach seinem Inhalt unabhängig von der formellen Antragstellung als gemeinschaftlicher Antrag beider vormaliger Ehegatten aufzufassen (4 Ob 242/00t; RIS-Justiz RS0057603).
2.2. Die Zuweisung des Wohnrechts an der Ehewohnung und Übertragung der Lebensversicherungen an die Antragstellerin, die Übernahme von Verbindlichkeiten in ihr alleiniges persönliches Zahlungsversprechen und die Auferlegung einer Ausgleichszahlung stellen wegen ihrer wechselseitigen Abhängigkeit eine Einheit dar (vgl 6 Ob 191/98a; 5 Ob 548/81; RIS-Justiz RS0007209).
2.3. Infolge dieser Einheit hätte das Rekursgericht, das den Aufteilungsbeschluss des Erstgerichts zur Gänze aufhob, auch nur einen einheitlichen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses machen können. Da es den Aufteilungsantrag nicht teilerledigt hat, kam und kommt als Anfechtungsgegenstand nur der Aufhebungsbeschluss in Betracht. Dieser ist aber nicht anfechtbar, weil das Rekursgericht nicht ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs zulässig ist (§ 64 Abs 1 AußStrG; RIS-Justiz RS0030814; RS0109580).
Textnummer
E93442European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00034.10H.0319.000Im RIS seit
30.04.2010Zuletzt aktualisiert am
05.07.2012