Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Edhem C*****, geboren am 11. Oktober 2001, und 2. Edin C*****, geboren am 22. Jänner 2007, beide vertreten durch das Land Kärnten als Jugendwohlfahrtsträger (Magistrat der Stadt Villach, Jugendamt, Gerbergasse 6, 9500 Villach), infolge Revisionsrekurses des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz, gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht je vom 5. November 2009, GZ 2 R 225/09d-U38 und 2 R 240/09k-U37, womit infolge Rekurses des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz, die Beschlüsse des Bezirksgerichts Villach je vom 4. Juni 2009, GZ 2 PU 106/07y-24 und -25, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, jeweils eine Gleichschrift des Revisionsrekurses des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz, der Mutter Sevda C***** und dem Vater Adnan C***** zur allfälligen Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14I Tagen zuzustellen, sowie die Akten nach Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung bzw fruchtlosem Verstreichen der Frist erneut dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht hat den beiden Minderjährigen jeweils Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG in Titelhöhe für die Zeit vom 1. 5. 2009 bis 30. 4. 2012 gewährt.
Das Rekursgericht gab den dagegen erhobenen Rekursen des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz, nicht Folge und sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen seine Entscheidungen nicht zulässig sei.
Gegen die Entscheidungen des Rekursgerichts brachte der Bund jeweils mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundene Zulassungsvorstellungen gemäß § 63 Abs 1 AußStrG ein.
Mit Beschluss vom 27. 1. 2010 änderte das Rekursgericht seine Aussprüche über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei. Diesen Beschluss und die Revisionsrekurse des Bundes stellte es dem Jugendwohlfahrtsträger als Vertreter der Kinder zu, der auch eine Revisionsbeantwortung einbrachte. Danach wurde der Akt dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.
Die Aktenvorlage ist verfrüht, weil über die Rechtsmittel derzeit noch nicht entschieden werden kann.
Über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen hat das Pflegschaftsgericht im Verfahren Außerstreitsachen zu entscheiden (§ 10 UVG). Wird ein Revisionsrekurs, oder - wie hier - eine Zulassungsvorstellung, mit der ein ordentlicher Revisionsrekurs verbunden ist, gegen einen Beschluss erhoben, mit dem über die Sache entschieden worden ist, und findet das Gericht erster Instanz keinen Grund zur Zurückweisung, so ist jeder anderen aktenkundigen Partei eine Gleichschrift zuzustellen (§ 68 Abs 1 AußStrG). Unter einem Beschluss „über die Sache“ wird jede Entscheidung über den Verfahrensgegenstand verstanden (RIS-Justiz RS0120860 ua). Die anderen Parteien können binnen 14 Tagen eine Beantwortung des Revisionsrekurses mittels Schriftsatzes überreichen; § 65 Abs 1 zweiter Satz, Abs 2 zweiter Halbsatz, Abs 3 Z 3 bis 6 und § 66 AußStrG sind sinngemäß anzuwenden (§ 68 Abs 1 AußStrG).
Auch die Mutter als Zahlungsempfängerin und der Vater als Geldunterhaltsschuldner sind Parteien iSd § 2 Abs 1 AußStrG (9 Ob 129/06w mwN). Es steht ihnen gemäß § 68 Abs 1 und Abs 3 Z 2 AußStrG frei, eine Revisionsrekursbeantwortung einzubringen.
Wird aufgrund einer Zulassungsvorstellung, die mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbunden ist, vom Rekursgericht der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt, so hat es diesen Beschluss den Parteien zuzustellen und - soweit vorgesehen - dem Revisionsrekursgegner die Beantwortung des Revisionsrekurses freizustellen (§ 63 Abs 5 AußStrG). Die Frist für die Beantwortung des Revisionsrekurses beginnt in diesem Fall mit der Mitteilung des Rekursgerichts, dass „den anderen aktenkundigen Parteien“ die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt werde (§ 68 Abs 3 Z 2 AußStrG). Die Revisionsrekursbeantwortung ist in diesem Fall gemäß § 68 Abs 4 Z 1 AußStrG beim Rekursgericht einzubringen.
Diese Zustellung der Revisionsrekurse an den Vater und die Mutter samt Freistellung der Beantwortung der Rechtsmittel ist hier zu Unrecht unterblieben. Das Rekursgericht wird daher je eine Gleichschrift der Revisionsrekurse (ON U39 und U40) auch der Mutter und dem Vater mit dem Beisatz zuzustellen haben, dass ihnen die allfällige Erstattung einer Beantwortung des zugelassenen Rechtsmittels freisteht. Erst nach Einlangen einer Revisionsrekursbeantwortung dieser beiden weiteren Verfahrensparteien oder nach fruchtlosem Ablauf der Revisionsrekursbeantwortungsfrist wird der Akt wieder vorzulegen sein.
Es ist daher die aus dem Spruch ersichtliche Rückleitungsanordnung an das Rekursgericht zu treffen.
Textnummer
E95704European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0100OB00016.10S.0323.000Im RIS seit
16.12.2010Zuletzt aktualisiert am
20.03.2012