Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Griss als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A***** Corporation, *****, 2. J***** GmbH, *****, 3. J***** N.V., *****, alle vertreten durch Dr. Hans Georg Zeiner und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. H***** GmbH, *****, 2. H***** AG, *****, beide vertreten durch Schwarz Schönherr Rechtsanwälte KG in Wien, wegen Unterlassung, Rückruf, Rechnungslegung, Schadenersatz und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 30. September 2009, GZ 2 R 118/09a-30, den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
B e g r ü n d u n g :
Die Vorinstanzen wiesen den auf die Unterlassung patentverletzender Handlungen gerichteten Sicherungsantrag der Klägerinnen mit der Begründung ab, dass die Beklagten die mangelnde Rechtsbeständigkeit des Klagspatents bescheinigt hätten.
Die Klägerinnen machen als erhebliche Rechtsfrage im Wesentlichen das Fehlen von Rechtsprechung zu den Grenzen des Provisorialverfahrens geltend. Das Gericht dürfe angesichts divergierender Privatgutachten nicht einfach eine Präferenz für eines von mehreren Gutachten zum Ausdruck bringen und zur Entscheidungsbegründung nur darauf verweisen. Dies sei eine Scheinbegründung.
Damit wird jedoch keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt:
Rechtliche Beurteilung
1. Im Sicherungsverfahren ist die Schutzfähigkeit des Patents durch das Gericht selbstständig als Vorfrage zu prüfen. Seine Registrierung begründet einen - allenfalls durch Gegenbescheinigung zu entkräftenden - prima-facie-Beweis für die Rechtsbeständigkeit (17 Ob 26/08k mwN). Die Vorfrage der Gültigkeit oder Wirksamkeit des Klagspatents kann nur dann geprüft werden, wenn dies aufgrund der angebotenen Gegenbescheinigungsmittel mit den Mitteln des Provisorialverfahrens möglich ist. Ob diese ausreichen, einen bestimmten Sachverhalt als bescheinigt annehmen zu können, ist eine Frage der - in dritter Instanz nicht mehr überprüfbaren - Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen (4 Ob 317/83; RIS-Justiz RS0005656 [T3]; 4 Ob 207/99s; 17 Ob 13/09z).
2. Die Vorinstanzen haben keineswegs nur pauschal auf die Richtigkeit eines Gutachtens verwiesen, sondern haben sich auch inhaltlich mit den in den Gutachten aufgeworfenen Fragen der mangelnden Neuheit und fehlenden Erfindungshöhe auseinandergesetzt und schließlich als bescheinigt erachtet, dass jedenfalls die Patentansprüche 1, 2 und 7 neuheitsschädlich getroffen worden sind und dass es hinsichtlich der übrigen Patentansprüche an der erfinderischen Tätigkeit mangelt. An dieses Bescheinigungsergebnis ist der Oberste Gerichtshof gebunden. Die Verwertung der vorliegenden Bescheinigungsmittel (Privatgutachten) durch das Rekursgericht begründet auch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens (vgl 17 Ob 33/09s).
3. Der Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO ist nur dann gegeben, wenn die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie nicht überprüfbar ist (RIS-Justiz RS0042133 [T6]). Auch eine fehlerhafte Beweiswürdigung bildet keine Nichtigkeit nach dieser Gesetzesstelle (RIS-Justiz RS0106079).
4. Die Verneinung eines Verstoßes gegen § 1 UWG durch das Erstgericht haben die Klägerinnen im Rekurs nicht bekämpft. Die Geltendmachung dieses Rechtsgrundes ist ihnen daher in dritter Instanz verwehrt (vgl RIS-Justiz RS0043338).
Schlagworte
Gewerblicher Rechtsschutz,Textnummer
E93635European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0170OB00034.09P.0323.000Im RIS seit
22.05.2010Zuletzt aktualisiert am
05.10.2010