Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter V*****, vertreten durch Mag. Georg Morent, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Phillip W*****, vertreten durch Dr. Ulrich Frysak, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. September 2009, GZ 44 R 446/09b-52, womit über Rekurs der klagenden Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 10. Juni 2009, GZ 42 C 84/07i-47, abgeändert wurde, den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidung des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass sie einschließlich des bestätigenden Teils insgesamt wie folgt zu lauten hat:
„1. Das Klagebegehren, der Anspruch der beklagten Partei aus dem Urteil des Amtsgerichts Warschau vom 8. September 2005, AZ 2 III RC 306/03, sei ab 1. April 2007 in Ansehung eines monatlich 50 EUR übersteigenden Unterhaltsbetrags erloschen, wird zurückgewiesen.
2. In Ansehung des Klagebegehrens, der Anspruch der beklagten Partei aus dem zu 1. genannten Titel sei in Ansehung des von der beklagten Partei betriebenen Unterhaltsrückstandes von 28.741,19 PLN erloschen, wird die von der beklagten Partei erhobene Einrede der mangelnden internationalen Zuständigkeit verworfen und dem Erstgericht in diesem Umfang die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
3. Die Kosten des Zwischenstreits werden gegenseitig aufgehoben.“
Die Kosten des Rekursverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.
Die Revisionsrekursbeantwortung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
B e g r ü n d u n g :
Der in Österreich wohnhafte Kläger wurde mit Urteil des Amtsgerichts Warschau vom 8. September 2005 - in Abänderung einer Unterhaltsentscheidung dieses Gerichts vom 10. Mai 1999 - zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts an seinen in Polen lebenden Sohn, den am 21. Mai 1991 geborenen Beklagten, von 600 PLN im Zeitraum 9. Juli 2003 bis 7. September 2005 und von 700 PLN beginnend ab 8. September 2005 verpflichtet.
Über Antrag des Beklagten bewilligte das Bezirksgericht Leopoldstadt mit Beschluss vom 16. Mai 2007 aufgrund des am selben Tag für vollstreckbar erklärten Titels die Forderungs- und Fahrnisexekution für einen behaupteten Unterhaltsrückstand von 6.885,72 EUR samt näher aufgeschlüsselter Zinsen sowie für laufenden Unterhalt in Höhe von 183,87 EUR (700 PLN) ab 1. April 2007.
Einem gegen die Vollstreckbarerklärung vom Verpflichteten (Kläger) erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Gegen die Exekutionsbewilligung gab das Gericht zweiter Instanz dem Rekurs dahin Folge, dass es den Antrag auf Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung des laufenden Unterhalts abwies und die Entscheidung des Erstgerichts im Übrigen mit der Begründung aufhob, dass bei einem unechten Fremdwährungstitel die geschuldete Leistung in ausländischer Währung zu nennen sei. Die betreibende Partei (Beklagter) werde im Zuge eines Verbesserungsverfahrens die geschuldete Leistung in diesem Sinn zu bezeichnen haben.
Mit Beschluss vom 10. Juni 2008 bewilligte das Bezirksgericht Leopoldstadt - nach entsprechender Verbesserung des Exekutionsantrags - zur Hereinbringung des behaupteten Unterhaltsrückstands von 28.741,19 PLN samt näher aufgeschlüsselter Zinsen die Forderungsexekution nach § 294a EO und die Fahrnisexekution. Zur Hereinbringung des laufenden Unterhalts von monatlich 700 PLN ab 1. April 2007 bewilligte das Erstgericht die Forderungsexekution.
Mit der am 14. Dezember 2007 beim Erstgericht eingelangten Oppositionsklage stellt der Kläger das Begehren, der Anspruch des Beklagten aus dem näher bezeichneten Urteil des Amtsgerichts Warschau sei hinsichtlich eines monatlich 50 EUR übersteigenden Unterhaltsbetrags erloschen.
Er bringt vor, er erziele ein monatliches Durchschnittseinkommen von 805,07 EUR. Bis zur Einleitung des Exekutionsverfahrens habe er regelmäßig Unterhaltsbeiträge zwischen 45 und 60 EUR monatlich geleistet. Diese Beträge habe die Mutter in ihrer Rückstandsberechnung nicht berücksichtigt. Der betriebene Anspruch sei in Höhe der für die Vergangenheit geltend gemachten Unterhaltsansprüche im Umfang der geleisteten Zahlungen erloschen. Ferner liege Verjährung hinsichtlich der geltend gemachten Unterhaltsrückstände bis 10. März 2004 vor. Schließlich hätten sich die Einkommensverhältnisse des Klägers erheblich verändert. Er habe einen erhöhten Eigenbedarf für Medikamente und ärztliche Untersuchungen. Er beziehe eine Invaliditätspension und sei nicht im Stande, ein höheres Einkommen zu erzielen. Durch die geleisteten Zahlungen in Höhe von durchschnittlich 50 EUR monatlich habe er seine Unterhaltspflichten dem Beklagten gegenüber erfüllt.
Der Beklagte wendet ein, dass mit der Einbringung einer Oppositionsklage gegen einen Unterhaltstitel der Schutzgedanke des Art 5 Nr 2 EuGVVO nicht unterlaufen werden dürfe. Der im Oppositionsverfahren Beklagte habe seinen Wohnsitz nicht in Österreich. Die Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts liege daher nicht vor. Bereits das Amtsgericht Warschau habe in seiner Unterhaltsentscheidung das nun erstattete Vorbringen des Klägers, mit welchem eine Änderung der Einkommensverhältnisse behauptet werde, „erörtert und verworfen“. Die Frage, ob das Vorbringen des Klägers überhaupt geeignet wäre, den polnischen Unterhaltstitel abzuändern oder aufzuheben, sei jedenfalls nach polnischem Recht zu beurteilen.
Das Erstgericht wies die Klage zurück. Nach Art 5 Nr 2 EuGVVO bestehe ein Klägergerichtsstand des Unterhaltsberechtigten, der nicht gezwungen sein solle, seinen Anspruch vor jenem Gericht geltend zu machen, das für den Unterhaltsverpflichteten zuständig sei. Daraus folge, dass das Gericht des Vollstreckungsstaats, wie hier Österreich, auf keinen Fall und ohne Rücksicht auf die Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO überprüfen dürfe, ob der im Ursprungsstaat (Polen) zuerkannte Betrag noch angebracht sei. Der vorliegenden Oppositionsklage mangle es daher - was die Geltendmachung einer Änderung der wirtschaftlichen Situation des Unterhaltsverpflichteten betreffe - an der internationalen Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts.
Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass die vom Beklagten erhobene Einrede der „mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit“ verworfen wurde. Über Zulassungsbeschwerde des Beklagten sprach das Rekursgericht nachträglich aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil keine gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu vorliege, ob der Unterhaltsverpflichtete bei Vorliegen eines ausländischen Exekutionstitels mit Oppositionsklage eine Verminderung seiner Leistungsfähigkeit geltend machen könne.
Rechtlich vertrat das Rekursgericht die Auffassung, dass eine Oppositionsklage gemäß § 35 Abs 2 EO beim Exekutionsgericht einzubringen sei. Gemäß Art 22 Nr 5 EuGVVO seien für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand hätten, die Gerichte des Mitgliedstaats ausschließlich zuständig, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden solle oder durchgeführt worden sei. Der Oberste Gerichtshof habe bereits ausgesprochen (3 Ob 20/02s; 3 Ob 93/03b), dass der Unterhaltspflichtige Gründe, aufgrund derer der Unterhaltsanspruch nachträglich erloschen sei, nur mit Oppositionsklage geltend machen könne. Demnach sei nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Zuständigkeit für Unterhaltsoppositionsklagen gemäß Art 22 Nr 5 EuGVVO gegeben.
Dagegen wendet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Die am 14. Jänner 2010 eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung ist verspätet: Der Beschluss des Rekursgerichts, mit welchem der Zulässigkeitsausspruch nachträglich geändert und dem Kläger die Erstattung einer Beantwortung binnen 14 Tagen (§ 521a Abs 1 ZPO idF der ZVN 2009) aufgetragen wurde, wurde dem Klagevertreter am 23. Dezember 2009 zugestellt. Da die in den §§ 35 bis 37 EO bezeichneten Streitigkeiten Ferialsachen sind (§ 224 Abs 1 Z 5 ZPO), verlängerte die verhandlungsfreie Zeit vom 24. Dezember 2009 bis 6. Jänner 2010 die Beantwortungsfrist nicht.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig. Der Revisionsrekurs ist auch teilweise berechtigt.
Im Revisionsrekurs verweist der Beklagte zutreffend darauf, dass keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorliegt, die die Anwendbarkeit des Art 22 Nr 5 EuGVVO für Oppositionsklagen gegen Unterhaltstitel bejaht.
I. Vorauszuschicken ist, dass der bei Einleitung des Verfahrens minderjährige Beklagte mittlerweile die Eigenberechtigung erlangte (Art 10 Z 1 des polnischen Zivilgesetzbuches - ZGB); diesem Umstand trug der Vertreter der Mutter (bisherige gesetzliche Vertreterin des Beklagten) dadurch Rechnung, dass er sich bereits im Rekursverfahren als unmittelbarer Vertreter des Beklagten bezeichnete. Die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens zur Prüfung, ob der Beklagte die bisherigen Verfahrensschritte seiner gesetzlichen Vertreterin genehmigt, ist daher entbehrlich.
II. Hat das Rekursgericht - wie im vorliegenden Fall - in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung eine Prozesseinrede verworfen und liegt kein anderer die Zulässigkeit eines Revisionsrekurses ausschließender Grund des § 528 ZPO vor, kann der Oberste Gerichtshof nach der nunmehr als herrschend zu bezeichnenden Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0121604; zuletzt 2 Ob 245/08f) zur Überprüfung der rekursgerichtlichen Entscheidung mit Revisionsrekurs angerufen werden.
III. Art 22 Nr 5 EuGVVO bestimmt für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist.
1. Hauptgrund für die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte am Ort der Vollstreckung der Entscheidung besteht darin, dass es nur Sache der Gerichte des Vertragsstaats ist, in dessen Hoheitsgebiet die Vollstreckung durchgeführt werden soll oder wird, in diesem Gebiet die Vorschriften über die Tätigkeit der Vollstreckungsbehörden anzuwenden. Art 22 Nr 5 EuGVVO darf nicht weiter ausgelegt werden, als sein Zweck es erfordert, da er bewirkt, dass den Parteien die ihnen sonst gegebene Möglichkeit der Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen genommen wird und dass sie in bestimmten Fällen vor einem Gericht zu verklagen sind, das für keine von ihnen das Gericht des Wohnsitzes ist (EuGH C-261/90, Reichert/Dresdner Bank, Slg 1992, I-02149 zu Art 16 Nr 5 EuGVÜ; RIS-Justiz RS0112833).
2. Unter Art 22 Nr 5 EuGVVO fallen Verfahren, die sich aus der Inanspruchnahme von Zwangsmitteln ergeben, insbesondere bei der Herausgabe oder Pfändung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen im Hinblick auf die Vollstreckung von Entscheidungen oder Urkunden. Ebenfalls fallen Streitigkeiten, die sich bei diesen Verfahren ergeben, unter die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts des Vollstreckungsorts (EuGH C-261/90).
Es geht somit um Durchsetzungsverfahren auf der Basis eines bereits bestehenden, in einem vorangegangenen Erkenntnisverfahren erwirkten Titels. Einzubeziehen sind allerdings gegen die Zwangsvollstreckung als solche gerichtete Abwehrschritte des Vollstreckungsschuldners oder Dritter. Es ist ausschließlich Sache des Vollstreckungsstaats, seine eigenen Vollstreckungsorgane und seine eigenen Vollstreckungsverfahren zu kontrollieren (Mankowsi in Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht² Art 22 Brüssel I-VO Rz 54; EuGH C-261/90; 5 Nd 515/97 = EvBl 1997/96).
3. In der Lehre wird für die Beurteilung, ob ein Verfahren unter Art 22 Nr 5 EuGVVO zu subsumieren ist, auf die „Vollstreckungsnähe“ abgestellt. Darunter wird verstanden, dass das Verfahren unmittelbar die Zwangsvollstreckung zum Gegenstand hat (Geimer/Schütze, EuZVR² Art 22 EuGVVO Rz 272; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht8 Art 22 EuGVVO Rz 61; Burgstaller/Neumayr, Internationales Zivilverfahrensrecht Art 22 EuGVVO Rz 45).
König (Die Oppositionsklage [§ 35 EO] und Art 22 Nr 5 EuGVVO, ÖJZ 2006/60, 933) beurteilt unter Berufung auf Nelle (Anspruch, Titel und Vollstreckung im internationalen Rechtsverkehr [2000]) die „Vollstreckungsnähe“ anhand bestimmter Kriterien (ua Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts, Anhängigkeit eines Vollstreckungsverfahrens, Wirkung der Entscheidung auf den titulierten Anspruch) und sieht dabei als maßgeblich an, ob sich der Rechtsbehelf primär gegen die konkrete Vollstreckbarkeit des Titels oder auch gegen den titulierten Anspruch richtet und ob sich die Rechtskraft der Entscheidung nur auf die Anlassexekution bezieht.
4. Der EuGH (C-220/84, AS-Autoteile Service GmbH/Pierre Malhe, Slg 1985 02267 = IPRax 1986, 232) hat die deutsche Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 dZPO) wegen ihres engen Zusammenhangs mit dem Vollstreckungsverfahren zwar grundsätzlich als unter Art 16 Nr 5 EuGVÜ fallend qualifiziert (Rz 12), allerdings mit der wesentlichen Einschränkung, dass damit noch nicht geklärt sei, welche Einwendungen eine Partei geltend machen kann, ohne die Grenzen des Art 16 Nr 5 EuGVÜ zu überschreiten. Im Anlassfall wurde ausgesprochen (Rz 17), dass mit einer Vollstreckungsabwehrklage nicht die Aufrechnung gegen den zu vollstreckenden Anspruch mit einer Forderung geltend gemacht werden kann, für deren selbständige Geltendmachung die Gerichte des Exekutionsstaate nicht zuständig wären (anders für den bloßen Aufrechnungseinwand EuGH C-341/93, Danvaern Production A/S/Schuhfabriken Otterbeck GmbH&Co, Slg 1995 I-02053).
IV. Verfahrensentscheidend ist, ob die vom Kläger eingebrachte Oppositionsklage unter Art 22 Nr 5 EuGVVO zu subsumieren ist.
1. Für die Beantwortung dieser Frage kann die Einordnung der Oppositionsklage im österreichischen Verfahrensrecht als „exekutionsrechtliche“ Klage nicht allein ausschlaggebend sein. Vielmehr ist wesentlich, ob die Oppositionsklage als „vollstreckungsnah“ (s III.3) zu qualifizieren ist.
2. Nach völlig herrschender österreichischer Rechtsprechung und einem Teil der Lehre (3 Ob 277/75 = SZ 49/68, verstärkter Senat; RIS-Justiz RS0001674; zuletzt 3 Ob 139/08z; Jakusch in Angst, EO² § 35 Rz 4; Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, Exekutionsordnung, § 35 Rz 16 ff; aA Neumayr, Exekutionsrecht² 142 ff iSd „Einzelwirkungstheorie“; Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht5 Rz 198 im Sinn einer Qualifikation der Oppositionsklage als negative Feststellungsklage) greift das den Einwendungen nach § 35 EO stattgebende Urteil den Anspruch selbst an, es wirkt daher nicht nur für die Anlassexekution, sondern über diese hinaus. Es bewirkt aufgrund nachträglicher Sachverhaltsänderungen eine Änderung des im Exekutionstitel verfügten materiellen Rechtsanspruchs. Die Einstellung der Anlassexekution nach § 35 Abs 4 EO ist nur die Folge des dem Klagebegehren stattgebenden Urteils, nicht aber der ausschließliche Zweck der Klage („Kombinationstheorie“).
3. Es stellt sich daher die Frage, ob aus diesem in der österreichischen Rechtsprechung herrschenden Verständnis vom Wesen der Oppositionsklage - das dem Interesse an einer möglichst umfassenden und damit ökonomischen Bereinigung und der Rechtssicherheit dient (König, ÖJZ 2006/60, 933; Dullinger aaO § 35 Rz 20) - zwingend abzuleiten ist, dass die Oppositionsklage, weil sie gegen den titulierten Anspruch als solchen gerichtet ist, niemals unter Art 22 Nr 5 EuGVVO fallen kann.
3.1. Von einem Teil der Lehre wird - allerdings teilweise ohne nähere Begründung - die Auffassung vertreten, dass die Oppositionsklage in den Anwendungsbereich des Art 22 Nr 5 EuGVVO fällt, also eine ausschließliche österreichische internationale Zuständigkeit für Oppositionsklagen, die im Rahmen eines österreichischen Exekutionsverfahrens erhoben werden, gegeben ist (Tiefenthaler in Cerny/Tiefenthaler/Kodek, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht³ Art 22 EuGVVO Rz 50; Simotta in Fasching/Konecny² V/1 Art 22 EuGVVO Rz 161 f; Mayr, Europäisches Zivilprozessrecht [2006] Rz 221).
3.2. Burgstaller/Neumayr (aaO Art 22 EuGVVO Rz 45 f) unterstellen die Oppositionsklage dem Art 22 Nr 5 EuGVVO, allerdings mit der Einschränkung, dass es aus europarechtlicher Sicht problematisch sei, einer exekutionsrechtlichen Klage wie der Oppositionsklage auch eine über die Exekution hinausgehende Feststellungswirkung zum materiellen Anspruch zuzubilligen (so auch Dullinger aaO § 35 Rz 18). Rechberger/Oberhammer (aaO Rz 202) bezeichnen die Meinung, dass die Oppositionsklage unter Art 22 Nr 5 EuGVVO fällt, als zweifelhaft (ebenso Oberhammer, Der europäische Vollstreckungstitel: Rechtspolitische Ziele und Methoden, JBl 2006, 477 [500] und McGuire, Rechtsbehelfe des Schuldners gegen den EU-Vollstreckungstitel, ecolex 2006, 83 [85] zum Europäischen Vollstreckungstitel).
3.3. König (ÖJZ 2006/60, 934; ders in König/Mayr, Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich [2007] 126 ff) folgert, dass aus der Sicht der gegenwärtigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung für Klagen gemäß § 35 EO die inländische Gerichtsbarkeit des Art 22 Nr 5 EuGVVO nicht zur Verfügung stehe. Das ergebe sich daraus, dass nach herrschendem Verständnis das Urteil im Oppositionsprozess auch über den dem Titel selbst zugrunde liegenden Anspruch abspreche. Anderes gelte für das Oppositionsgesuch gemäß § 40 EO, weil es nur auf die Einstellung der gegenwärtigen Exekution abziele und darüber hinaus keine Rechtskraftwirkung entfalte. Die „Vollstreckungsnähe“ des Oppositionsgesuchs sei damit evident.
Auch Schlosser (EU-Zivilprozessrecht³ [2009] Art 22 EuGVVO Rz 25) meint, dass Art 22 Nr 5 EuGVVO auf die österreichische Oppositionsklage nicht anwendbar sei, weil das Urteil im Oppositionsprozess auch Rechtskraft über den Fortbestand des titulierten Anspruchs entfalte.
Musger (Die Zwangsvollstreckung aufgrund ausländischer Titel aus der Sicht des Erstrichters, in Bajons/Mayr/Zeiler, Die Übereinkommen von Brüssel und Lugano [1997] 266 ff), geht davon aus, dass der Schutzgedanke des Art 5 Nr 2 EuGVÜ (nun EuGVVO) unterlaufen würde, ließe man eine Berücksichtigung von geänderten Umständen in einem Verfahren des Vollstreckungsstaats zu. Auch wenn man bei Unterhaltsentscheidungen keinen europäischen Rechtskraftbegriff vertrete, könne somit eine Änderung der Umstände weder in einem Rechtsbehelf noch in einer Oppositionsklage eingewendet werden.
3.4. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts lässt sich weder aus der Entscheidung 3 Ob 20/02s (JBl 2003, 191) noch aus der Entscheidung 3 Ob 93/03b (SZ 2003/174) ableiten, dass der Oberste Gerichtshof generell die Aussage getroffen hätte, die Klage nach § 35 EO falle jedenfalls unter Art 16 Nr 5 EuGVÜ (nun gleichlautend: Art 22 Nr 5 EuGVVO): Ganz im Gegenteil wurde in der Entscheidung 3 Ob 20/02s ausdrücklich die in 4 Ob 7/02m (ZfRV 2003/22) vertretene Auffassung gebilligt, wonach der Unterhaltsschuldner, der eine Anpassung des Titels - etwa wegen Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse - erstrebe, nur die internationale Zuständigkeit nach Art 2 und 5 Nr 2 EuGVÜ in Anspruch nehmen könne; unter Art 16 Nr 5 EuGVÜ (nun gleichlautend: Art 22 Nr 5 EuGVVO) falle diese Klage nicht. Inhaltlich wurde nur über die Frage entschieden, ob Gründe für ein nachträgliches Erlöschen des Unterhaltsanspruchs mit dem Rechtsbehelf des Art 36 EuGVÜ gegen die Vollstreckbarerklärung geltend gemacht werden. Der Oberste Gerichtshof verneinte dies.
Schließlich wurde auch in der Entscheidung 3 Ob 93/03b lediglich ausgesprochen, dass der Antragsgegner Oppositionsgründe, die nicht zugleich (auch) konventionskonforme Versagungsgründe sind, nicht mit Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Titels, sondern nur mit Oppositionsklage geltend machen kann. Im Anlassfall, der die behauptete Zahlung nach Ergehen des Titels betraf, bedurfte es allerdings keines detaillierten Eingehens darauf, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Oppositionsklage unter Art 22 Nr 5 EuGVVO (dort noch Art 16 Nr 5 EuGVÜ) fällt.
Die Entscheidung 3 Ob 142/03h befasste sich damit, ob die behauptete Zahlung, die einen Oppositionsgrund darstelle, auch im dort noch anzuwendenden Widerspruchsverfahren (§ 84 EO) geltend gemacht werden könne.
4. Zur Anwendung des Art 22 Nr 5 EuGVVO auf das Oppositionsverfahren wurde erwogen:
4.1. Nach ständiger Rechtsprechung kann der Verpflichtete das gänzliche oder teilweise Erlöschen eines vollstreckbaren Unterhaltsanspruchs, wenn ein Exekutionsverfahren bereits anhängig ist, mit Oppositionsklage geltend machen (RIS-Justiz RS0000824; zuletzt 3 Ob 56/09w), wobei auch und gerade das Recht auf Herabsetzung oder Aufhebung des Unterhaltsanspruchs wegen wesentlicher Veränderung der maßgebenden Umstände ein Oppositionsklagegrund ist (3 Ob 33/03d uva).
4.2. Daraus ist zu folgern, dass eine Oppositionsklage, mit der eine seit Titelschaffung eingetretene Veränderung der Verhältnisse (hier: behauptete verminderte Leistungsfähigkeit des Klägers) geltend gemacht wird, nicht in den Anwendungsbereich des Art 22 Nr 5 EuGVVO fällt. Tragende Begründung dafür ist jedoch nicht das in der österreichischen Rechtsprechung herrschende Verständnis von der Rechtsnatur der Oppositionsklage (vgl IV.2), sondern der von Musger (aaO 267 f) hervorgehobene Gedanke, der auch in der herrschenden Lehre zur Abänderungsklage nach deutschem Recht (§ 323 dZPO) vertreten wird (Kropholler aaO Art 5 EuGVVO Rz 66; Schlosser aaO Art 5 EuGVVO Rz 13; Mankowsi aaO Art 22 Brüssel I-VO Rz 58 je mwN), dass der Schutzgedanke des Art 5 Nr 2 EuGVVO unterlaufen würde, ließe man eine Berücksichtigung von geänderten Umständen in einem Verfahren des Vollstreckungsstaats zu.
Bereits in der Entscheidung 4 Ob 7/02m wurde darauf verwiesen, dass für Klagen auf Abänderung einer Unterhaltsentscheidung im Anwendungsbereich des EuGVÜ die internationale Zuständigkeit nach Art 2 oder Art 5 Nr 2 EuGVÜ neu zu bestimmen ist. Das gilt selbst dann, wenn das autonome Recht des Gerichtsstaats das Abänderungsverfahren als Rechtsbehelfverfahren gegen die abzuändernde Entscheidung auffasst (ebenso 5 Ob 41/09d; Geimer/Schütze aaO Art 5 EuGVVO Rz 196).
Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich daraus, dass der Klägergerichtsstand des Art 5 Nr 2 EuGVVO aus der Erwägung geschaffen wurde, dass der Unterhaltsberechtigte nicht genötigt sein soll, seinen Anspruch vor dem Gericht geltend zu machen, das für den Beklagten zuständig ist, wobei das Gericht am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten am besten in der Lage ist, die Unterhaltsbedürftigkeit festzustellen und den Unterhaltsbetrag festzulegen (Kropholler aaO Art 5 EuGVVO Rz 54).
Diese Zielsetzung würde konterkariert, billigte man dem Unterhaltsschuldner zu, den Gerichtsstand des Art 22 Nr 5 EuGVVO für eine Klage in Anspruch zu nehmen, die darauf abzielt, dem im Wohnsitz-(Aufenthalts-)staat des Unterhaltsberechtigten geschaffenen Unterhaltstitel wegen der behaupteten Notwendigkeit der Neubemessung des Unterhalts die Vollstreckbarkeit zu versagen. Die Frage, ob der festgesetzte Unterhalt noch der materiellen Rechtslage entspricht oder wegen geänderter Verhältnisse neu festzusetzen ist, ist vor einem nach Art 2, 5 Nr 2 EuGVVO zuständigen Gericht zu prüfen.
Das muss auch für eine auf geänderte Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen gestützte Oppositionsklage gelten, weil es dabei um neue, anspruchshindernde Umstände geht, über die in einem Erkenntnisverfahren abzusprechen ist, das nicht den erforderlichen Zusammenhang mit dem anhängigen Exekutionsverfahren aufweist. Wenn der Hauptgrund für den ausschließlichen Gerichtsstand des Ortes der Zwangsvollstreckung in den besonderen Beziehungen zum Vollstreckungsstaat liegt, es also Sache des Gerichts des Vollstreckungsstaats ist, dessen „Vorschriften über die Tätigkeit der Vollstreckungsbehörden anzuwenden“ (EuGH C-261/90), fehlt die von König (ÖJZ 2006/60, 933) so bezeichnete „besondere Nähe zum Vollstreckungsstaat“ ebenso wie bei der deutschen Abänderungsklage nach § 323 dZPO (Änderung von Urteilen zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen) und § 654 dZPO: Nach in Deutschland herrschender Meinung hat der neu geltend gemachte Unterhaltsanspruch die gleiche Rechtsnatur wie der Klageanspruch des Vorprozesses und betrifft (dem Grunde nach) den gleichen Streitgegenstand (Gottwald in Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung³ § 323 Rz 4 mwN). Es geht also um die Beseitigung des alten und die Schaffung eines neuen Titels. Das darauf abzielende Verfahren steht auch dann, wenn bereits ein Exekutionsverfahren anhängig ist, nicht in dem vom EuGH geforderten engen Zusammenhang mit dem Exekutionsverfahren. Diese Erwägungen gelten auch für die auf veränderte Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen gestützte Oppositionsklage nach § 35 EO.
An diesem Ergebnis könnte sich auch dann nichts ändern, wenn man - der Anregung Königs (ÖJZ 2006/60, 934) folgend - dem Oppositionsurteil bei Bestehen eines ausländischen Sitzes (Wohnsitzes) des betreibenden Gläubigers bloß auf die Anlassexekution beschränkte Wirkung zuerkennen wollte: Auch dann nämlich würde dem Unterhaltstitel, der auch zur Exekutionsführung auf den laufenden Unterhalt berechtigt, durch das stattgebende Urteil die Vollstreckbarkeit genommen. Bei dieser Betrachtungsweise würde zwar die materiellrechtliche Berechtigung des Unterhaltsanspruchs nur im Wege einer Vorfragenbeurteilung erfolgen; der Unterhaltsberechtigte müsste aber faktisch die Undurchsetzbarkeit des Titels an sich hinnehmen. Erst durch eine neue Unterhaltsentscheidung bzw die feststellende Entscheidung, dass der ursprüngliche Unterhaltsanspruch nach wie vor besteht, die in dem nach Art 2, 5 Nr 2 EuGVVO zuständigen Staat zu erwirken wäre, würde er (neuerlich) über einen vollstreckbaren Unterhaltstitel verfügen. Ob eine solche Möglichkeit überhaupt in allen Mitgliedstaaten besteht, ist fraglich, kann aber dahinstehen, weil eine solche Auslegung jedenfalls im Ergebnis den Zweck der Art 2 und 5 Nr 2 EuGVVO vereiteln würde.
Ein Rechtsschutzdefizit für den Unterhaltspflichtigen ist bei der dargelegten Auslegung nicht ersichtlich: Unter bestimmten Voraussetzungen (vgl Jakusch aaO § 42 Rz 39a) kann auch ein Exekutionsverfahren, dem ein ausländischer Exekutionstitel zugrundeliegt, aufgeschoben werden (§ 42 Abs 1 Z 1 EO analog; vgl auch Musger aaO 268). Ein erwirkter Titel über das Erlöschen des Unterhaltsanspruchs wäre ein Einstellungsgrund (§ 39 Abs 1 Z 1 EO).
4.3. Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten:
Auf eine Oppositionsklage, mit welcher geänderte Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen behauptet werden, ist Art 22 Nr 5 EuGVVO nicht anwendbar. Vielmehr ist die internationale Zuständigkeit nach den Vorschriften der EuGVVO neu zu bestimmen.
Zur Frage, ob dem Unterhaltsschuldner, der wegen geänderter Verhältnisse eine Änderung des Unterhaltstitels anstrebt, nur die internationale Zuständigkeit am Wohnsitz des Unterhaltsberechtigten oder auch jene nach Art 5 Nr 2 2. Fall EuGVVO am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsberechtigten offen steht (vgl dazu die Nachweise auf den Meinungsstand in 4 Ob 7/02m), muss hier nicht Stellung genommen werden, weil der Beklagte weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat.
4.4. Die Zuständigkeitsfrage ist in Ansehung des Oppositionsgrundes der behaupteten Zahlung anders zu entscheiden:
4.5. Behauptet der Verpflichtete Zahlung und strebt er deshalb gemäß § 40 EO die Einstellung der Exekution an oder erhebt er gemäß § 35 EO Oppositionsklage, greift die über diese Begehren absprechende Entscheidung nicht in den Titel an sich ein. Das ergibt sich beim Oppositionsgesuch bereits aus dem Wesen des Streitgegenstands, der nur die Einstellung der Exekution umfasst (König ÖJZ 2006/60, 933).
Der Umstand, dass nach herrschender österreichischer Rechtsprechung das Oppositionsurteil auch im Fall der Zahlung darüber abspricht, dass der titulierte Anspruch (nicht mehr) besteht, beruht auf dem spezifisch österreichischen Verständnis vom Streitgegenstand im Oppositionsverfahren, stellt aber den ursprünglichen Bestand des Titels nicht in Frage (s auch § 35 Abs 1 EO, wonach nur nachträgliche Sachverhaltsänderungen zur Oppositionsklage berechtigen). Anders als beim Einwand der verminderten Leistungsfähigkeit wird durch den Zahlungseinwand aber nicht der Weiterbestand des Unterhaltstitels an sich berührt, sondern nur aufgrund der Zahlung das Erlöschen eines im Exekutionsverfahren betriebenen Anspruchs auf Unterhaltsrückstände ausgesprochen. Es wird somit, vergleichbar dem Hauptbeispiel für eine rechtsvernichtende Einwendung, die mit der deutschen Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 dZPO) geltend gemacht werden kann (Karsten Schmidt in Münchener Kommentar³ 767 Rz 60), lediglich geprüft, ob das im Titel vorgeschriebene Verhalten gesetzt wurde.
Der Unterschied zwischen einem aufgrund einer Vollstreckungsabwehrklage wegen der behaupteten Erfüllung eingeleiteten Verfahren gegenüber einem aus demselben Grund abgeführten österreichischen Oppositionsverfahren besteht zwar darin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Nachweise bei Karsten Schmidt aaO § 767 Rz 41, 96) Streitgegenstand nicht der Anspruch an sich, sondern nur die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Titel ist. Allerdings wird auch beim österreichischen Oppositionsurteil, das einen Zahlungseinwand behandelt, ausgehend von der in der österreichischen Rechtsprechung vertretenen zweigliedrigen (Begehren und anspruchsbegründender Sachverhalt) Streitgegenstandstheorie (Nachweise bei Fasching/Klicka in Fasching/Konecny² III § 411 ZPO Rz 41; Fasching aaO § 226 ZPO Rz 44 je mwN) nur darüber mit Rechtskraftwirkung abgesprochen, dass der Anspruch wegen der geleisteten Zahlung nicht mehr besteht.
Dass aber der Einwand des Verpflichteten, er habe Zahlung geleistet, als geradezu typisch „vollstreckungsnah“ (s auch § 40 EO) zu beurteilen ist, kann nicht bezweifelt werden und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH, der die grundsätzliche Unterstellung etwa der deutschen Vollstreckungsabwehrklage unter Art 22 Nr 5 EuGVVO bejaht, sofern der dort erhobene Einwand in einem engen Zusammenhang mit dem Vollstreckungsverfahren steht (C-220/84): Hauptanwendungsfall der mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend zu machenden Einwendung gegen den durch Urteil festgestellten Anspruch ist der Erfüllungseinwand; weiters beispielhaft angeführt werden in der Literatur Erlass, Verzicht oder Unmöglichkeit der Leistung (Karsten Schmidt aaO Rz 60, 62 mwN). Wenn nun der EuGH in Kenntnis der deutschen Rechtslage zwar zum Erfüllungssurrogat der Aufrechnung (Zahlung durch Aufrechnung) die Vollstreckungsnähe verneinte, grundsätzlich aber die Vollstreckungsabwehrklage dem Art 16 Nr 5 EuGVÜ unterstellte, muss daraus abgeleitet werden, dass jedenfalls der Zahlungseinwand vollstreckungsnah ist. Das wird besonders deutlich, wenn man sich eine Zahlung des Verpflichteten vor dem Vollstreckungsorgan (an dieses für den Gläubiger) vor Augen hält. Es wäre nur schwer verständlich, wenn der Verpflichtete in diesem Fall seinen Anspruch auf Beendigung der Exekution und auf Feststellung des Erlöschens des Anspruchs des Gläubigers vor das nach Art 2 bzw Art 5 Nr 2 EuGVVO zuständige Gericht tragen müsste, das eine in einem ausländischen Exekutionsverfahren erfolgte Zahlung zu prüfen hätte. Ähnlich verhält es sich wohl mit den übrigen Oppositionsgründen des § 40 EO (Stundung, Verzicht), was aber hier nicht weiter zu untersuchen ist.
Diesem Ergebnis steht auch die Entscheidung 5 Nd 515/97 (EvBl 1998/96) nicht entgegen: Dort wurde ein Begehren auf Feststellung, dass eine Zwangsvollstreckung (wegen Erfüllung) unzulässig sei, ausschließlich mit der Begründung, dass ein Exekutionsverfahren im Anlassfall noch gar nicht anhängig war, als nicht unter Art 16 Nr 5 LGVÜ (gleiche Rechtslage nach EuGVÜ und EuGVVO) qualifiziert.
4.4.2. Daraus folgt:
Wendet sich der Verpflichtete des Exekutionsverfahrens als Oppositionskläger gegen den betriebenen Anspruch mit der Begründung, er habe Zahlung geleistet, fällt das darüber abzuführende Oppositionsverfahren in den Anwendungsbereich des Art 22 Nr 5 EuGVVO.
5. Das gilt im Ergebnis auch für den vom Kläger erhobenen, nicht näher substantiierten Verjährungseinwand: Da ein Unterhaltstitel geschaffen wurde, kann sich dieser Einwand denknotwendig nur auf eine behauptete Vollstreckungsverjährung beziehen. Ob aber der Exekution ein Vollstreckungshindernis wie die Vollstreckungsverjährung entgegensteht, ist eine Frage, die im Impugnationsverfahren zu klären ist (vgl Jakusch aaO § 36 Rz 21d zum Fall des § 575 Abs 3 ZPO). Dass die Impugnationsklage unter Art 22 Nr 5 EuGVVO fällt, weil im Impugnationsurteil nur über die (Un-)Zulässigkeit der Anlassexekution abgesprochen wird, entspricht der einhelligen Lehre (Burgstaller/Neumayr aaO Art 22 EuGVVO Rz 45 f; Tiefenthaler aaO Art 22 EuGVVO Rz 50; Simotta aaO Art 22 EuGVVO Rz 163; McGuire aaO 85; Oberhammer/Rechberger aaO Rz 216).
Eine inhaltliche Auseinandersetzung damit, woraus der Kläger diese „Vollstreckungsverjährung“ ableiten will, hat bei der hier allein maßgeblichen Beurteilung des Vorliegens der internationalen Zuständigkeit hingegen nicht zu erfolgen.
V. Daraus ergeben sich für den vorliegenden Fall folgende Konsequenzen:
Die Klagezurückweisung durch das Erstgericht ist in jenem Umfang berechtigt, in welchem die Oppositionsklage ausschließlich auf die behauptete verminderte Leistungsfähigkeit des Klägers gestützt wurde. Das Begehren, der Anspruch des Klägers auf (laufenden) Unterhalt sei ab 1. April 2007 hinsichtlich eines monatlich 50 EUR übersteigenden Unterhaltsbetrags erloschen, wird lediglich auf diesen Oppositionsklagegrund der behaupteten Änderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Klägers gestützt. In diesem Umfang ist daher die erstgerichtliche Klagezurückweisung mangels Vorliegens der internationalen Zuständigkeit wiederherzustellen.
Soweit hingegen der Kläger Teilzahlungen von Unterhaltsrückständen für die Vergangenheit und „Verjährung“ in Ansehung bestimmter betriebener Unterhaltsrückstände behauptet, ist mit dem Rekursgericht davon auszugehen, dass in diesem Punkt die internationale Zuständigkeit gemäß Art 22 Nr 5 EuGVVO gegeben ist. Im Umfang des betriebenen Anspruchs über den Unterhaltsrückstand ist daher die rekursgerichtliche Entscheidung zu bestätigen.
Das Erstgericht wird sich dabei im fortzusetzenden Verfahren auf eine inhaltliche Prüfung der behaupteten Zahlung bestimmter Rückstände (allenfalls der „Verjährung“) zu beschränken haben; eine Prüfung der behaupteten verminderten Leistungsfähigkeit des Klägers kommt aus den dargelegten Gründen auch für den betriebenen Unterhaltsrückstand nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung für den infolge des Einwandes des Beklagten abgeführten Zwischenstreits über das Vorliegen der internationalen Zuständigkeit gründet sich auf §§ 43 Abs 1, 50 ZPO: Das Obsiegen der Parteien (Kläger in Ansehung des Unterhaltsrückstandes; Beklagter in Ansehung des laufenden Unterhalts) ist als gleichwertig einzustufen. Es ist daher sowohl bezüglich der auf den Zwischenstreit entfallenden erstinstanzlichen Verfahrenskosten als auch in Ansehung der Kosten der Rekursverfahren mit Kostenaufhebung vorzugehen. Da der Kläger sich am Revisionsrekursverfahren nicht wirksam beteiligte, war auszusprechen, dass der Beklagte die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen hat.
Schlagworte
5 Exekutionssachen,Textnummer
E93684European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00012.10A.0324.000Im RIS seit
26.05.2010Zuletzt aktualisiert am
21.06.2019