Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Insolvenzverwaltungsges.m.b.H, FN 34973g, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Kardinalschütt 7, als zu AZ 41 S 78/08f des Landesgerichts Klagenfurt bestellte Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des A*****, A***** Kärnten, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Brandl, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Urkundenhinterlegung und Ersichtlichmachung in der EZ 509 und der EZ 275 beide GB *****, über den Revisionsrekurs des Landes K*****, vertreten durch Frimmel/Anetter Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt am Wörthersee, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 16. Dezember 2009, AZ 3 R 236/09d, womit der Rekurs der Liegenschaftseigentümerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Spittal/Drau vom 14. Juli 2009, AZ Uh 8/09, teilweise zurückgewiesen bzw ihm teilweise nicht Folge gegeben wurde, den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
B e g r ü n d u n g :
Mit der Behauptung, sie sei Eigentümerin eines auf Grundstück Nr 79/36 der EZ 509 KG ***** und Grundstück Nr 78/1 der EZ 275 KG ***** errichteten Superädifikats und habe dieses mit Kaufvertrag vom 15. 1. 2009 an den A***** Ö***** (Gemeinschuldnerin) veräußert, welcher Vertrag auch konkursgerichtlich genehmigt worden sei, begehrte die Antragstellerin die gerichtliche Hinterlegung der Urkunde Kaufvertrag vom 25. 1. 2009 zum Erwerb des Eigentumsrechts am bezeichneten Superädifikat für die Käuferin und im Weiteren auf den EZ 509 und EZ 275 jeweils die Ersichtlichmachung der Urkundenhinterlegung.
Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag.
Während die Eigentümerin der EZ 509 dies unbekämpft ließ, erhob die Eigentümerin der Liegenschaft EZ 275 dagegen Einspruch, in eventu Rekurs.
Das Rekursgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Rekurs der Liegenschaftseigentümerin, soweit es sich gegen die Bewilligung der Urkundenhinterlegung richtete, zurückgewiesen, im Übrigen ihm nicht Folge gegeben.
Dabei wies es darauf hin, dass seit Inkrafttreten des BGBl I 2008/100 mit Wirkung ab 1. 1. 2009 die Bestimmung des § 19 UHG ersatzlos beseitigt worden und damit ein Einspruch gegen die Ersichtlichmachung eines Bauwerks nicht mehr vorgesehen sei.
Im Urkundenhinterlegungsverfahren komme dem Liegenschaftseigentümer - mangels Beschwer - keine Rechtsmittellegitimation gegen einen Beschluss zu, mit dem aus Anlass der Übertragung des Eigentums an einem Superädifikat die Hinterlegung der Übertragungsurkunde angeordnet werde. Ob einem bestehenden Bauwerk die Superädifikatseigenschaft iSd § 435 ABGB zukomme, könne nur im Rechtsweg entschieden werden. Diesfalls stehe dem zu Unrecht mit einem Bauwerk belasteten Liegenschaftseigentümer nur eine Löschungsklage analog § 61 GBG zu. Insoweit sei ihr Rekurs daher zurückzuweisen. Soweit die Rekurslegitimation des Liegenschaftseigentümers hinsichtlich der Ersichtlichmachung zwar zu bejahen sei, komme dem Rekurs jedoch im Ergebnis keine Berechtigung zu. Das Argument der Rekurswerberin, es bestehe bloß ein prekaristisches Benützungsrecht, dies abweichend von der vorgelegten Grundbuchsurkunde, könne aufgrund des geltenden Neuerungsverbots nicht geprüft werden. Maßgeblich für die Bewilligung sei ausschließlich der Inhalt des vorgelegten Kaufvertrags.
Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege, ob nach Aufhebung des § 19 UHG durch die Grundbuchs-Novelle 2008 die Rekurslegitimation eines Liegenschaftseigentümers hinsichtlich eines Hinterlegungsbeschlusses nach wie vor zu verneinen sei. Bisher sei nämlich das Bestehen eines diesbezüglichen Rechtsschutzdefizits (auch) mit dem Hinweis auf die nun nicht mehr mögliche Erhebung eines Einspruchs nach § 19 UHG verneint worden (RIS-Justiz RS0077190 [T1]; 5 Ob 7/96).
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Liegenschaftseigentümerin mit dem Antrag auf Abänderung bzw Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Abweisung des Antrags auf Urkundenhinterlegung.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.
Während nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der Grundbuchs-Novelle 2008 (BGBl I 2008/100) nach § 10 Abs 1 UHG unter bestimmten Voraussetzungen im Gutsbestandsblatt des Grundbuchs ersichtlich gemacht wurde, dass ein Bauwerk iSd § 435 ABGB besteht und der Ersichtlichmachung ein Einspruchsverfahren nachfolgen konnte, wenn ein Buchberechtigter die Existenz oder den behaupteten Umfang des Superädifikats bestritt, wobei allerdings die Nachprüfung einer Überbaueigenschaft im Hinterlegungsverfahren schon bisher nicht möglich war (vgl NZ 1986, 93; NZ 1988, 47; vgl auch Spielbüchler in Rummel3 Rz 4 zu § 297 ABGB), beseitigte die Grundbuchs-Novelle 2008 durch Aufhebung des § 19 UHG das Einspruchsverfahren und ersetzte die Bestimmung durch die neue Regelung des § 10 Abs 1a UHG. Danach ist nicht mehr das Bestehen eines Bauwerks, sondern nur der Umstand der Urkundenhinterlegung für ein Bauwerk ersichtlich zu machen. Die Ersichtlichmachung hängt auch nicht mehr davon ab, ob die Hinterlegung mit Zustimmung des Eigentümers erfolgte.
Den Materialien zur Grundbuchs-Novelle 2008 (RV 542 BlgNR 23. GP, 15 f; abgedruckt auch in Kodek, Grundbuchsrecht ErgBd 116 zu § 10 UHG) ist der Grund für diese gesetzliche Änderung zu entnehmen: Es gehe nur darum, einer Partei, die im Grundbuch die betroffene Einlage einsehe, die Möglichkeit zu bieten, erforderlichenfalls weitere Nachforschungen darüber anzustellen, ob es sich tatsächlich um ein Bauwerk iSd § 435 ABGB handle. Die Ersichtlichmachung betreffe nur eine unbestreitbare Rechtstatsache, durch die weder der Grundeigentümer noch andere Buchberechtigte beschwert sein könnten. Es sei daher auch nicht erforderlich, die Ersichtlichmachung von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen oder den Buchberechtigten einen Rechtsbehelf zur Abwehr der Ersichtlichmachung zu geben. Sie sollen nur weiterhin davon verständigt werden, dass mit einer Urkundenhinterlegung das Bestehen eines Bauwerks geltend gemacht werde, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich möglichst rasch über die konkrete Sachlage zu informieren.
Nach wie vor kann daher der Liegenschaftseigentümer eine Hinterlegung, mit der seine Sache zu Unrecht mit einem Überbau belastet wird, mit Löschungsklage bekämpfen (3 Ob 516, 517/90, SZ 63/100 = JBl 1991, 238). Dass dies einen „unnotwendigen Zeit- und Kostenaufwand“ verursache, kann hiegegen somit nicht zielführend ins Treffen geführt werden.
Die neue Gesetzeslage lässt also entgegen der Vermutung des Rekursgerichts bei Verweigerung einer Rekursmöglichkeit des Liegenschaftseigentümers gegen eine Urkundenhinterlegung kein Rechtsschutzdefizit entstehen.
Neuerlich sei darauf hingewiesen, dass die Ersichtlichmachung - auch weiterhin - in keiner Weise rechtsbegründend wirkt, sondern nur Übersichtszwecken dient und für die rechtliche Beurteilung des Bauwerks belanglos ist (RIS-Justiz RS0077228; Rassi in Kodek, ErgBd Rz 1 und 2 zu § 10 UHG).
Schließlich ist den Einwänden der Liegenschaftseigentümerin noch entgegenzuhalten, dass zufolge § 9 Abs 2 UHG für eine Hinterlegung der Nachweis nicht erforderlich ist, dass der, gegen den sich der durch die Hinterlegung beabsichtigte Rechtserwerb richtet (der Vormann, § 21 GBG), Eigentümer der Liegenschaft oder sonst zur Bestellung des Rechts befugt war.
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
Schlagworte
7 Grundbuchsachen,Textnummer
E93758European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0050OB00032.10G.0325.000Im RIS seit
31.05.2010Zuletzt aktualisiert am
14.06.2012