Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred J*****, vertreten durch Dr. Peter Sellemond, Dr. Walter Platzgummer, Mag. Robert Sellemond, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Charlotte V*****, wegen 7.000 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 12. November 2009, GZ 4 R 422/09a-5, womit über Rekurs der klagenden Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 19. Oktober 2009, GZ 11 C 460/09b-2, bestätigt wurde, den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
B e g r ü n d u n g :
Mit der am 28. 9. 2009 eingebrachten Mahnklage begehrt der Kläger die Erlassung eines Zahlungsbefehls über 7.000 EUR sA. Er habe von der Beklagten ein in einem näher bezeichneten Hotel gelegenes Restaurant beginnend mit 1. 9. 2003 gepachtet. Das Pachtverhältnis sei vom Kläger durch gerichtliche Aufkündigung zum 30. 6. 2009 beendet worden. Zur Sicherstellung der Ansprüche der Beklagten aus dem Pachtvertrag habe der Kläger bei Beginn des Bestandverhältnisses eine Kaution in Form einer Bankgarantie über 8.000 EUR zur Verfügung gestellt. Der Pachtgegenstand sei am 1. 7. 2009 in einwandfreiem, teilweise sogar deutlich verbessertem technischen Zustand zurückgestellt worden. Dessen ungeachtet habe die Beklagte die Bankgarantie im September 2009 zur Gänze in Anspruch genommen und die volle Kautionssumme zu Lasten des Klägers ausbezahlt erhalten. Aus der zu Unrecht in Anspruch genommenen Kautionssumme schulde die Beklagte dem Kläger aus dem Titel der Bereicherung zumindest den klageweise geltend gemachten Teilbetrag von 7.000 EUR.
Das Erstgericht wies die Klage a limine wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs zurück. Es ging davon aus, dass über die Höhe des rückforderbaren Kautionsbetrags (§ 16b Abs 2 MRG) nunmehr gemäß § 37 Abs 1 Z 8b MRG zwingend im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden sei. Diese Bestimmung sei in allen Verfahren anzuwenden, die nach dem 31. 3. 2009 anhängig geworden seien.
Das Rekursgericht gab dem dagegen vom Kläger erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil es im Hinblick auf die Unklarheiten in der sprachlichen Fassung des § 16b MRG einer Klarstellung der maßgeblichen Fragen durch das Höchstgericht bedürfe.
Das Rekursgericht billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers sämtliche Kautionsrückforderungsansprüche des Mieters nach Beendigung des Bestandverfahrens umfassend in das Außerstreitverfahren verwiesen seien.
Dagegen wendet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen ersatzlos aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Allerdings bedarf es keiner Lösung der in der Literatur umstrittenen (vgl Koller, Feststellung des rückforderbaren Kautionsbetrags im Außerstreitverfahren - eine erste Bestandsaufnahme, wobl 2009, 115; ders, Kautionsrückforderung im streitigen Verfahren nach der WRN 2009 - Eine Erwiderung, wobl 2009, 268; Würth, Einige Bemerkungen zu den neuen Kautionsregelungen, wobl 2009, 265; Garai, Nur ein Problem zu lösen! Kautionsrückforderung und § 37 Abs 1 Z 8b MRG, RZ 2009, 128; Prader, WRN 2009 - „Problemkind“ Kaution, immolex 2009, 134) und in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nur obiter beantworteten (6 Ob 104/09a = wobl 2010/5 [Vonkilch]) Frage, ob im Geltungsbereich der WRN 2009 einer Leistungsklage des Mieters auf Rückzahlung der Kaution § 37 Abs 1 Z 8 lit b MRG entgegen steht:
Im hier zu beurteilenden Fall behauptet der Kläger nämlich ausdrücklich, einen Unternehmenspachtvertrag abgeschlossen zu haben. Nach den für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs allein maßgeblichen Klageangaben (RIS-Justiz RS0013639; RS0102190) unterliegt der Bestandvertrag, mit welcher sich der Kläger zur Beibringung einer Kaution in Form einer Bankgarantie verpflichtete, weder dem Voll- noch dem Teilanwendungsbereich des MRG. Nun gilt zwar die neue Bestimmung des § 16b MRG gemäß § 16b Abs 4 MRG auch im Teilanwendungsbereich des MRG (vgl dazu Stabentheiner, Die Wohnrechtsnovelle 2009, Zugleich auch ein kleiner Abriss über die dadurch neu geregelte Kaution im Mietrecht, wobl 2009, 97 [107 f]). Für jedoch dem MRG gar nicht unterliegende Bestandverhältnisse steht aber das mietrechtliche Außerstreitverfahren nach wie vor nicht zur Verfügung. Über Kautionsrückforderungsansprüche des Pächters ist daher jedenfalls im Streitverfahren zu entscheiden.
Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren in der Sache über die vom Kläger sohin zulässigerweise im Streitverfahren eingebrachte Klage zu entscheiden haben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
Schlagworte
ZivilverfahrensrechtTextnummer
E93750European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0050OB00026.10F.0325.000Im RIS seit
31.05.2010Zuletzt aktualisiert am
14.06.2012