TE OGH 2010/3/25 5Ob232/09t

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Veröffentlicht am 25.03.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Agnes G*****, vertreten durch König-Ermacora-Lässer, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Antragsgegner Stefan G*****, vertreten durch Dr. Gerhard Thaler, Rechtsanwalt in Kirchbichl, wegen Durchsetzung von Verwalterpflichten (§ 52 Abs 1 Z 6 WEG), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss und Teilsachbeschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 10. September 2009, GZ 4 R 244/09z-46, womit infolge Rekurses der Antragstellerin der Beschluss und Teilsachbeschluss des Bezirksgerichts Rattenberg vom 11. Mai 2009, GZ 1 Msch 8/04m-41, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe teilweise bestätigt, dass er zu lauten hat:

„Das Begehren der Antragstellerin, gegen den Antragsgegner eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 EUR zu verhängen sowie ihm eine weitere Geldstrafe in Höhe von 6.000 EUR zur Erzwingung der Abrechnungen für die Jahre 2002 bis 2005 anzudrohen, wird abgewiesen.“

Im Übrigen wird der angefochtene Teilsachbeschluss (Abweisung des Begehrens auf Legung einer Verwalterabrechnung für das Jahr 2006) aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

B e g r ü n d u n g :

Die Parteien sind die einzigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 273, GB *****. Der Antragsgegner ist Mehrheitseigentümer und Hausverwalter.

Seit dem Jahr 1995 leisten die Parteien von ihnen einvernehmlich festgesetzte Beiträge zur Rücklage von 40,91 EUR (die Antragstellerin) und 104,65 EUR (der Antragsgegner).

Die eigentlichen „Betriebskosten“ der Liegenschaft wie Wasser, Kanal, Grundsteuer, Strom etc bezahlt jeder der Miteigentümer selbst.

Im ersten Rechtsgang hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung 5 Ob 258/07p vom 8. 1. 2008 dem Antragsgegner als Hausverwalter aufgetragen, binnen 14 Tagen ein auf die Eigentümergemeinschaft lautendes und für die Antragstellerin jederzeit einsehbares Rücklagenkonto einzurichten und alle Ein- und Auszahlungen ausschließlich über dieses Konto zu führen.

Gleichzeitig wurde über den Antragsgegner eine Geldstrafe von 500 EUR verhängt.

Dem Antragsgegner wurde unter Androhung einer Geldstrafe von 1.000 EUR aufgetragen, binnen 14 Tagen ordentliche und richtige Verwaltungsabrechnungen für die Abrechnungsperioden 2002 bis 2005 vorzulegen.

Am 6. 3. 2008 eröffnete der Antragsgegner unter der Bezeichnung „Rücklagenkonto G*****-G*****“ ein Eigenkonto, auf das beide Miteigentümer die auf sie entfallenden Rücklagenbeiträge einzahlen. Die Antragstellerin hat jederzeit Einsicht in dieses Konto.

Mit Schriftsatz vom 12. 3. 2008 wies der Antragsteller diesen Umstand dem Erstgericht nach und legte Rücklagenabrechnungen für die Jahre 2002 bis 2005, aus denen die Eingänge samt jeweiligem Datum und die Verwendungen von Rücklagenbeträgen ersichtlich sind. Dazu wurde eine Kontoverdichtung (Beilage 18) vorgelegt, aus der jeweils konkret die Veränderungen des Rücklagenkontos für die maßgeblichen Zeiträume ersichtlich sind.

Nahezu zeitgleich hatte die Antragstellerin beantragt, die dem Antragsgegner angedrohte Geldstrafe von 1.000 EUR über ihn zu verhängen sowie eine weitere Geldstrafe in Höhe von 6.000 EUR zur Erzwingung der Vorlage der Abrechnungen für die Jahre 2002 bis 2005 anzudrohen.

Diese Anträge auf Erzwingung der bereits im Teilsachbeschluss 5 Ob 258/07p aufgetragenen Rechnungslegung hielt die Antragstellerin bis zuletzt aufrecht.

Gleichzeitig beantragte sie, dem Antragsgegner unter Androhung einer neuerlichen Geldstrafe die Verwaltungsabrechnung auch für das Jahr 2006 aufzutragen.

Das Erstgericht wies die Anträge der Antragstellerin zur Gänze ab. Es vermengte dabei allerdings verfahrensrechtlich einerseits die Erzwingung bereits rechtskräftig auferlegter Verpflichtungen mittels Verhängung oder Androhung von Ordnungsstrafen und andererseits den neuen Sachantrag auf Legung der Abrechnung für das Jahr 2006.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass nunmehr dem Teilsachbeschluss des Obersten Gerichtshofs insoweit entsprochen worden sei, als der Antragsgegner ein entsprechendes, für die Antragstellerin jederzeit einsehbares Rücklagenkonto errichtet habe und die Abrechnungen der Jahre 2002 bis 2005 auch insofern den gesetzlichen Erfordernissen entsprächen, als daraus exakt die Daten der erfolgten Einzahlungen wie auch deren Höhe und die daraus geleisteten Zahlungen zu entnehmen seien.

Das dagegen von der Antragstellerin angerufene Rekursgericht bestätigte insoweit den erstinstanzlichen Beschluss bzw Teilsachbeschluss (eine weitere Teilaufhebung mit Zurückverweisung an das Erstgericht erfolgte ohne Rechtskraftvorbehalt und ist nicht Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof).

Das Rekursgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass nunmehr gesetzmäßige Abrechnungen für die Jahre 2002 bis 2005 erfolgt seien und auch im Übrigen der Antragsgegner bei Errichtung des Rücklagenkontos iSd § 20 Abs 6 WEG vorgegangen sei. Dass das Rücklagenkonto nicht auf die Eigentümergemeinschaft selbst laute, sondern auf die beiden Miteigentümer, sei nicht zu beanstanden. Weitere Mängel der Abrechnung, die nicht bereits im Titelverfahren geltend gemacht worden seien, seien vom Rekursgericht nicht mehr zu prüfen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung nicht zulässig sei.

Gegen den Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung, mit dem der erstinstanzliche Beschluss in seinen Punkten 1.) und 2.) bestätigt wurde, richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Rekursentscheidung aufzuheben, in eventu dahin abzuändern, dass dem Antrag auf Verhängung und Androhung von Geldstrafen Folge gegeben werde.

Der Antragsgegner hat von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet und darin beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil dem angefochtenen rekursgerichtlichen Beschluss nicht mit notwendiger Deutlichkeit der Umfang des Entscheidungswillens des Rekursgerichts entnommen werden kann.

Der Revisionsrekurs ist auch teilweise im Sinn des in ihm gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

Das Rekursgericht hat einerseits ausdrücklich die Punkte 1.) und 2.) des erstinstanzlichen Beschlusses bestätigt und dem Rekurs insoweit nicht Folge gegeben, andererseits bei Aufzählung der abgewiesenen Teile des Entscheidungsbegehrens aber unterlassen, auf das Abrechnungsbegehren hinsichtlich des Jahres 2006 einzugehen. Auch aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses kann diesbezüglich keine Klarheit gewonnen werden, weil darin auf das Abrechnungsjahr 2006 nicht eingegangen wird. Während nämlich das Erstgericht in Punkt 2.) seiner Entscheidung ausdrücklich eine Abrechnungsvorlage für die Jahre 2002 bis einschließlich 2006 verneinte und abwies, erfolgte in Punkt 1.) des Spruchs der Rekursentscheidung eine Bestätigung dieser Entscheidung ausdrücklich nur für die Jahre 2002 bis 2005, ohne auch das weitere Jahr 2006 mitzuerwähnen oder sonst spruchmäßig zu behandeln und damit (inhaltlich) zu erledigen, obwohl auch dieses vom Rekursantrag der Antragstellerin - Punkt a) bb) in ON 42 (AS 257) - ausdrücklich mitumfasst war. Die insofern bewirkte Mangelhaftigkeit des Verfahrens iSd § 66 Abs 1 Z 1 iVm § 57 Z 1 AußStrG war über entsprechende Rüge der Revisionswerberin wahrzunehmen.

Das Rekursgericht wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit dem vom Erstgericht abgewiesenen Begehren auf Legung der Rücklagenabrechnung für das Jahr 2006 inhaltlich auseinanderzusetzen haben.

Darüber hinaus ist der Revisionsrekurs der Antragstellerin aber nicht berechtigt. Nach den maßgeblichen Feststellungen lässt sich beurteilen, dass nunmehr dem Auftrag des § 20 Abs 6 WEG entsprochen wurde. Dass das Konto nicht auf die Eigentümergemeinschaft, sondern auf die beiden (einzigen Mit-)Eigentümer lautet, ist bei der hier vorliegenden Sonderkonstellation (nur zwei Mit- und Wohnungseigentümer) nicht zu beanstanden.

Aus den maßgeblichen Feststellungen ergibt sich weiters, dass nunmehr eine materielle Kontrolle der Abrechnung und damit eine Überprüfung der Gebarung des Antragsgegners als Hausverwalter nach dem Zweck der Rechnungslegungspflicht auch im Sinne der Vorentscheidung 5 Ob 258/07p gewährleistet ist. Durch die gelieferte Kontoverdichtung sind die entsprechenden Zahlungseingänge ausreichend nachvollziehbar dokumentiert.

Die formellen und inhaltlichen Anforderungen, die an eine Abrechnung zu stellen sind, ergeben sich hier wie grundsätzlich aus dem Zweck der Rechnungslegungspflicht (vgl RIS-Justiz RS0070610 ua). Dabei ist im Anlassfall nochmals in den Vordergrund zu stellen, dass die Antragstellerin und der Antragsgegner die einzigen Wohnungseigentümer der Liegenschaft sind, jeder Wohnungseigentümer die spezifisch auf ihn entfallenden Betriebskosten selbst entrichtet, sodass Gegenstand der Abrechnung nur ein Rücklagenkonto ist, auf das gleichbleibende Anteile eingezahlt und von dem die Kosten anfallender Reparaturen getragen werden.

Durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ist geklärt, dass die Verhängung einer Geldstrafe zum Zweck der Durchsetzung von Verwalterpflichten nach § 34 Abs 3 WEG keinen repressiven Strafcharakter hat, sondern nur auf eine künftige Willensbeugung des Verpflichteten abzielt (vgl RIS-Justiz RS0117530 [T2]). Der Zweck der Strafe ist aber weggefallen, wenn dem Auftrag, wenn auch verspätet, aber doch nachgekommen wurde.

Zu Recht haben daher die Vorinstanzen das Begehren auf Verhängung bzw Androhung weiterer Ordnungsstrafen hinsichtlich der Abrechnungen der Jahre 2002 bis 2005 abgewiesen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG aF. Die Bestimmungen der Novellierung des § 37 Abs 3 MRG durch das WohnAußStrBeglG sind noch nicht anzuwenden, weil das Verfahren nicht nach dem 31. 12. 2004 anhängig geworden ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

8 außerstreitige Wohnrechtssachen,

Textnummer

E93713

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0050OB00232.09T.0325.000

Im RIS seit

28.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

27.04.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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