TE OGH 2010/3/25 2Ob190/09v

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Veröffentlicht am 25.03.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Land Oberösterreich, 4021 Linz, Bahnhofplatz 1, vertreten durch Mag. Heimo Lindner, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei O***** Versicherung Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und andere, Rechtsanwälte in Linz, wegen 37.337,91 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. Juni 2009, GZ 3 R 44/09z-11, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 21. Dezember 2008, GZ 4 Cg 228/08d-5, bestätigt wurde, den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.964,34 EUR (darin 327,39 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

B e g r ü n d u n g :

Ein Lenker verschuldete mit einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW einen Verkehrsunfall, bei dem ein damals 19-jähriger Mann schwerst verletzt wurde. Dieser gilt im Sinn des Oberösterreichischen Behindertengesetzes 1991 (Oö BhG) als behindert und erhält vom klagenden Land aufgrund eines Bescheids vom 20. 12. 2005 seit 15. 9. 2005 Hilfe durch geschützte Arbeit in Verbindung mit einer externen Unterbringung in einer geschützten Werkstätte des Vereins zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung. Die Kosten der gewährten Maßnahmen werden vom klagenden Land getragen.

Dieses begehrt von der Beklagten den Ersatz der Aufwendungen für den Verletzten im Zeitraum vom 15. 9. 2005 bis Ende 2007 abzüglich einer Zahlung der Beklagten. Der Aufwand des Landes enthalte sämtliche Lohnkosten des Geschädigten brutto, die Sachkosten sowie die Kosten für die persönliche Betreuung des Verletzten. Dabei werde der wirtschaftliche Gewinn mit der Arbeitsleistung des Geschädigten abgerechnet, wodurch der ungedeckte Aufwand des klagenden Landes festgestellt werden könne. Dadurch entstehe der sogenannte „Tagessatz“, der mit den Anwesenheitstagen des Geschädigten multipliziert werde. Die Kosten für soziale Eingliederung und persönliche Betreuung, denen die Leistungen der klagenden Partei nach dem Oö BhG vorwiegend dienten, fielen unter weitere Bedürfnisse und Heilungskosten (§ 1323 ABGB). Die Leistungen der klagenden Partei seien daher sachlich kongruent zu Schadenersatzansprüchen des Verletzten. Die klagende Partei erbringe die Leistungen für den Geschädigten nicht, um den Schädiger zu entlasten.

Die Beklagte wendete ein, weder die Einrichtung und Erhaltung von Arbeitsplätzen im Rahmen der Hilfe durch geschützte Arbeit bzw die Zurverfügungstellung solcher Arbeitsplätze durch die klagende Partei noch die Inanspruchnahme dieser Leistungen durch den Verletzten stellten einen Schaden dar, den die Beklagte bzw ihr Versicherungsnehmer verursacht habe. Mit dem Begehren eines bestimmten Tagessatzes würde kein unfallkausaler Schaden geltend gemacht. Die Leistungen des klagenden Landes stellten keine Leistungen im Rahmen vermehrter Bedürfnisse dar, seien medizinisch nicht erforderlich und keine Heilungskosten iSd § 1323 ABGB. Die Klage sei unschlüssig, weil nicht klar sei, wie sich der Klagsbetrag zusammensetze bzw für welche konkreten Leistungen (Lohnkosten, Sachkosten, Kosten der persönlichen Betreuung) Ersatz begehrt werde.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht vertrat im Wesentlichen die Ansicht, die Aufwendungen der klagenden Partei könnten nicht als Heilungskosten oder vermehrte Bedürfnisse iSd § 1325 ABGB bzw § 13 EKHG qualifiziert werden. Die durch den Unfall gegebene psychische Beeinträchtigung sei durch das Schmerzengeld abgegolten. Allfällige Aufwendungen zur Erhöhung des Selbstwertgefühls und zur Förderung der durch die Unfallfolgen verminderten sozialen Kontakte wären vom Verletzten aus dem Schmerzengeld zu bestreiten.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Personen, die aufgrund von Unfallfolgen nicht in der Lage seien, mit nicht behinderten Menschen auf dem Arbeitsmarkt mit Erfolg zu konkurrieren, gegenüber dem Unfallgegner Ansprüche auf Ersatz der Kosten ihrer Beschäftigung in einer geschützten Werkstätte haben, nicht vorhanden sei.

Die Revision ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die klagende Partei ist aus dem Verkehrsunfall nicht unmittelbar geschädigt. Nach allgemeinen Regeln kann aber - abgesehen von § 1327 ABGB - nur der unmittelbar Geschädigte den Ersatz seines Schadens verlangen, es sei denn, es läge eine bloße Schadensverlagerung vor (RIS-Justiz RS0022638; RS0021473; RS0020106; RS0022608; RS0022612; RS0043287; zum Ersatzanspruch eines Fürsorgeverbandes vgl RS0059107). Obwohl sich das klagende Land als Zessionar auf eine rechtsgeschäftliche Zession der Ansprüche des Verletzten als Zedenten stützt, begehrt es nicht den Ersatz eines dem Verletzten (als unmittelbar Geschädigten) entstandenen, bloß verlagerten Schadens; es macht vielmehr einen eigenen, daher bloß mittelbaren und somit nicht ersatzfähigen Schaden geltend, den es nach „Tagessätzen“ berechnet. Überdies könnte die Ermittlung des zahlenmäßig nicht konkretisierten Tagessatzes nach dem Klagsvorbringen nicht nachvollzogen werden, obwohl - wie ausgeführt - die Beklagte bereits in erster Instanz auf die diesbezügliche Unschlüssigkeit des Klagebegehrens hingewiesen hat.

Da sich bereits aus diesen Erwägungen die mangelnde Berechtigung des Klagebegehrens ergibt, kommt es auf die vom Berufungsgericht aufgezeigte Rechtsfrage nicht mehr an.

Die Revisionswerberin zeigt keine (sonstige) erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E93709

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0020OB00190.09V.0325.000

Im RIS seit

28.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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