Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gabriele Griehsel (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Stefan Jöchtl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Serhat Kutlu Y*****, TR-*****, vertreten durch Mag. Claudia Steegmüller, Rechtsanwältin in Wien, diese vertreten durch e/n/w/c Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Waisenpension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Jänner 2010, GZ 10 Rs 109/09m-48, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1
ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Strittig ist im vorliegenden Fall allein die Frage, ob beim Kläger die Kindeseigenschaft nach § 252 Abs 2 Z 2 ASVG vorliegt. Nach dieser Gesetzesstelle besteht die Kindeseigenschaft auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind seit der Vollendung des 18. Lebensjahres oder seit dem Ablauf des in Z 1 genannten Zeitraums infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig ist. Erwerbsunfähigkeit im Sinne dieser Gesetzesstelle liegt nach der bereits vom Berufungsgericht zitierten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor, wenn jemand wegen des nicht nur vorübergehenden Zustands der körperlichen und geistigen Kräfte und nicht nur wegen der ungünstigen Lage des Arbeitsmarkts oder wegen vorübergehender Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nicht imstande ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bzw als Selbständiger einen nennenswerten Erwerb zu erzielen (vgl RIS-Justiz RS0085556, RS0085536). Hiebei ist nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats die Verweisbarkeit bei Inanspruchnahme einer Leistung aus der österreichischen Pensionsversicherung auch bei im Ausland wohnhaften Personen nach den Verhältnissen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt zu beurteilen (10 ObS 101/06k = SSV-NF 20/43; 10 ObS 125/03k = SSV-NF 17/57; 10 ObS 47/02p = SSV-NF 16/10 ua). Bei der vom Kläger begehrten Waisenpension handelt es sich um eine Leistung aus der österreichischen Pensionsversicherung (vgl § 222 Abs 1 Z 3 lit a ASVG), für die daher der erwähnte Grundsatz der Maßgeblichkeit des inländischen Arbeitsmarkts für die Beurteilung der Verweisbarkeit gilt.
Aus den richtig verstandenen Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich zweifelsfrei, dass der Kläger trotz seines deutlich eingeschränkten Leistungskalküls weiterhin imstande ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Büroreinigungsarbeiten zu verrichten. Die erstgerichtliche Feststellung „Vom Psychischen her wären dem Kläger Büroreinigungsarbeiten möglich, auch wenn er dabei Büroräume betreten müsste, in denen noch Personen arbeiten, wenn er mit diesen keinen Kontakt aufnehmen muss“ geht auf eine entsprechende Fragestellung an die neurologisch-psychiatrische Sachverständige in der mündlichen Gutachtenserörterung am 10. 6. 2008 (ON 21) zurück. Die diese Frage bejahende Antwort der Sachverständigen ist im Zusammenhang damit zu sehen, dass nach dem medizinischen Leistungskalkül beim Kläger unter anderem Arbeiten, die mit häufigen Personen- oder Kundenkontakten verbunden sind, ausgeschlossen sind und es nach den Ausführungen des berufskundlichen Sachverständigen in der Tagsatzung am 10. 6. 2008 bei der genannten Verweisungstätigkeit zu keinen solchen Kontakten kommt. Die oben erwähnte erstgerichtliche Feststellung darf daher nicht losgelöst von der weiteren Feststellung des Erstgerichts gesehen werden, wonach der Kläger trotz seines deutlich eingeschränkten Leistungskalküls zur Berufstätigkeit einer Büroreinigungskraft in einem Reinigungsunternehmen noch imstande ist. Die daraus resultierende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kläger damit noch in der Lage ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen nennenswerten Erwerb zu erzielen, und daher nicht infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig iSd § 252 Abs 2 Z 2 ASVG ist, steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in vergleichbaren Fällen (vgl 10 ObS 446/97d; 10 ObS 228/93 = SSV-NF 7/119 ua).
Die außerordentliche Revision war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Schlagworte
Sozialrecht,Textnummer
E93848European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:010OBS00044.10H.0413.000Im RIS seit
11.06.2010Zuletzt aktualisiert am
22.07.2010