TE OGH 2010/4/15 6Ob236/09p

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Veröffentlicht am 15.04.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** S**********, vertreten durch Dr. Herwig Hammerer, Rechtsanwalt in Krems, gegen die beklagte Partei F***** S**********, vertreten durch Mag. Dr. Thomas Nirk, Rechtsanwalt in Wien, wegen Widerrufs und Unterlassung, über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 30. Juni 2009, GZ 1 R 226/08b-30, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 30. Mai 2008, GZ 9 C 853/07z-7, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

2. Hingegen wird der Revision der beklagten Partei Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wieder hergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.314,98 EUR (darin 219,60 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 1.976,27 EUR (darin 123,71 EUR Umsatzsteuer und 1.234 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Der Beklagte ist aufgrund eines Kaufvertrags vom 7. Jänner 2004 Eigentümer einer unbebauten, an einen öffentlichen Gehsteig angrenzenden Liegenschaft im Ortsgebiet einer niederösterreichischen Stadtgemeinde. Der Kläger ist Bürgermeister dieser Gemeinde.

Auf dem Grundstück des Beklagten befand sich früher eine Tankstelle, deren bauliche Anlagen von der Rechtsvorgängerin des Beklagten im Jahr 2003 zur Gänze entfernt worden waren. Seit dem Jahr 1966 stand auf der Liegenschaft außerdem ein Lichtmast für die öffentliche Straßenbeleuchtung, der am 21. August 2003 anlässlich der Tankstellenabbrucharbeiten ebenfalls abgetragen wurde. Erst nach dem Kauf durch den Beklagten, im Frühjahr 2005, wurde der Lichtmast im Auftrag der Stadtgemeinde an der alten Stelle wieder errichtet. Weder der erstmaligen Aufstellung im Jahr 1966 noch der Wiedererrichtung eineinhalb Jahre nach der Entfernung lag ein Bescheid der Stadtgemeinde als Baubehörde zu Grunde. Der Beklagte wurde von der beabsichtigten Wiedererrichtung nicht verständigt.

Anfang Mai 2007 errichtete der Beklagte auf seinem Grundstück eine von der Straße und vom Gehsteig aus ungehindert sichtbare Tafel mit der Aufschrift: „Weil der Bürgermeister 'irrtümlich' eine falsche Baulandbestätigung ausstellte, wurden hier drei wertvolle Arbeitsplätze verhindert!!! Dafür setzt er ohne Rechtsgrundlage einen Lichtmast auf mein Grundstück!!!“ sowie in etwas kleinerer Schrift: „Anmerkung: Zuletzt wurden solche grobe Eigentumsverletzungen bis 1945 praktiziert !!! (ähnlich einer Zwangsenteignung)“.

Das Klagebegehren ist (nur) auf Unterlassung der Behauptung des Beklagten, der Kläger würde ohne Rechtsgrundlage auf sein Grundstück einen Lichtmasten setzen, sowie deren Widerruf samt Veröffentlichung gerichtet. Die Behauptung sei unwahr, weil die Aufstellung des Lichtmasts insbesondere auf § 31 Abs 8 NÖ BauO gestützt werden könne. Selbst wenn aber keine ausreichende gesetzliche Grundlage für das Aufstellen des Lichtmasts bestanden haben sollte, habe der Kläger nicht vorsätzlich rechtswidrig gehandelt. Der Beklagte werfe dem Kläger jedoch eine willkürliche, nicht dem Gesetz entsprechende Führung seiner Amtsgeschäfte vor. Diese Behauptung sei geeignet, ihn in seinem Erwerb und Fortkommen als Bürgermeister zu beeinträchtigen.

Der Beklagte wandte ein, die Behauptung einer mangelnden Rechtsgrundlage für die Aufstellung des Lichtmasts sei wahr. Er habe das Grundstück von seiner Rechtsvorgängerin mit der vertraglichen Zusage der Lastenfreiheit, ohne einen vorhandenen Lichtmast und ohne erkennbare Bestandrechte Dritter erworben. Der Mast sei von der Stadtgemeinde erst eineinhalb Jahre nach dem Kauf neu auf seinem Grundstück errichtet worden, obwohl es technisch ohne weiters möglich gewesen wäre, ihn auf den öffentlichen Grund zu setzen. Der Beklagte sei in seiner Heimatgemeinde politisch aktiv und deshalb in besonderem Maß berechtigt, Missstände in der Verwaltung aufzuzeigen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. In der (allein) streitgegenständlichen Aussage, der Beklagte habe ohne Rechtsgrundlage einen Lichtmast auf dem Grundstück des Klägers errichtet, könne keine Ehrverletzung im weitesten Sinne erblickt werden. Die Behauptung sei auch wahr, weil die Errichtung trotz Widerstands des Beklagten ohne einen in § 7 Abs 6 NÖ BauO vorgesehenen Bescheid erfolgt sei. Der Kläger habe insofern vorsätzlich gehandelt, als er schon vor der öffentlichen Behauptung des Beklagten gewusst habe, dass kein Einvernehmen über die Aufstellung des Lichtmasts bestand.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nach Ergänzung des Beweisverfahrens teilweise Folge. Es verpflichtete den Beklagten zu der begehrten Unterlassung, bestätigte jedoch die Abweisung des Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehrens.

Die Äußerung des Beklagten enthalte entgegen der Beurteilung des Erstgerichts eine unwahre Tatsachenbehauptung. Die Durchsetzung der verwaltungsrechtlichen Verpflichtung eines Grundeigentümers, auf seiner Liegenschaft die Errichtung von Anlagen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs zu dulden, erfordere weder nach den in Frage kommenden Bestimmungen der StVO noch nach der NÖ BauO zwingend die Erlassung eines Bescheids. Die Rechtsvorgängerin des Beklagten habe Aufstellung und Betrieb des Lichtmasts auf ihrem Grundstück über Jahrzehnte hinweg widerspruchslos geduldet, sodass ein subordinationsrechtlicher Vertrag vorliege, der wie ein Bescheid auch dingliche Wirkung gegen nachfolgende Eigentümer entfalte.

Die plakatierten Äußerungen des Beklagten seien in ihrer Gesamtheit auch ehrverletzend, weil sie die Handlungsweise des Klägers in die Nähe nationalsozialistischer Willkürherrschaft rückten, weshalb dem Unterlassungsbegehren nach § 1330 Abs 1 ABGB stattzugeben sei. Ein Widerrufs- und Veröffentlichungsanspruch nach § 1330 Abs 2 ABGB bestehe jedoch nicht, weil dem Beklagten die Unkenntnis der komplizierten einschlägigen Rechtslage subjektiv nicht vorwerfbar sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, aber nicht 20.000 EUR übersteige (§ 500 Abs 2 ZPO idF vor dem BudgetbegleitG 2009) und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die Anerkennung eines subordinationsrechtlichen Vertrags und seiner dinglichen Wirkung eine erhebliche Rechtsfrage darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Beide Streitteile haben gegen diese Entscheidung eine jeweils von der Gegenseite beantwortete Revision erhoben. Nur die Revision des Beklagten ist zulässig, weil sie eine Verkennung der Rechtslage durch das Berufungsgericht aufzeigt; sie ist im Ergebnis auch berechtigt.

1. Revision des Beklagten

Die gegen den „gesamten Umfang” der zweitinstanzlichen Entscheidung (offenbar gemeint aber: den klagsstattgebenden Teil) gerichtete Revision tritt der Auffassung des Berufungsgerichts entgegen, die klagsgegenständliche Behauptung sei unwahr. Weder könne aus dem Sachverhalt ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Rechtsvorgängerin des Beklagten und der Stadtgemeinde abgeleitet werden, noch könne ein solcher Vertrag ohne jede Publizität dinglich gegen den nachfolgenden Liegenschaftseigentümer wirken.

Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Der Oberste Gerichtshof ist zur Fällung grundlegender Entscheidungen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts nicht berufen (RIS-Justiz RS0113455 [T3]), sodass die Auslegung verwaltungsrechtlicher Normen auch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründen kann, solange den Vorinstanzen dabei keine krasse Fehlentscheidung unterlaufen ist.

In der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs wird die vom Berufungsgericht für erheblich erachtete Frage der Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge nicht in Zweifel gezogen, wenn der Inhalt im Gesetz determiniert ist und im Streitfall eine Erledigung durch anfechtbaren Bescheid zu erfolgen hat (vgl VfSlg 17.101, 9.226; vgl auch Eberhard, Der verwaltungsrechtliche Vertrag - Kritische Überlegungen zu einem rechtlichen Phänomen, JAP 2002/2003, 205). Ob ein verwaltungsrechtlicher Vertrag auch konkludent, insbesondere nur durch widerspruchslose Duldung faktischen Verwaltungshandelns nach der NÖ BauO bzw der StVO zu Stande kommen kann und ob ihm unter diesen Umständen wie einem Bescheid dingliche Wirkung zukommen könnte, ist grundsätzlich keine in die Leitentscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs fallende Rechtsfrage.

Im vorliegenden Verfahren kommt dieser Frage aber auch keine streitentscheidende Bedeutung zu, weil der im Jahr 1966 - allenfalls - auf subordinationsvertraglicher Grundlage gesetzte Lichtmast über eigene Veranlassung der Behörde dauerhaft wieder entfernt wurde. Zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Beklagten und noch mehr als ein Jahr danach war auf dem Grundstück kein Lichtmast vorhanden. Bei diesem Sachverhalt stellt sich nicht mehr die Frage, ob der Beklagte als Eigentumsnachfolger, so wie im Fall der Erlassung eines nach § 9 NÖ BauO dinglich wirkenden Bescheids, zur weiteren Duldung des 1966 rechtmäßig errichteten Lichtmasts verpflichtet gewesen wäre, sondern ob die Rechtsgrundlagen für eine Neuerrichtung bestanden haben.

Nach § 31 Abs 8 NÖ BauO 1996 ist der Eigentümer mindestens vier Wochen vor der Aufstellung oder Anbringung von Teilen der öffentlichen Straßenbeleuchtung auf seinem Grundstück zu verständigen. Er hat die Inanspruchnahme seines Eigentums zu diesem Zweck zu dulden, sofern die Benützung des Grundstücks und des Bauwerks nicht beeinträchtigt werden. Wird die Inanspruchnahme des fremden Eigentums verweigert, hat die Baubehörde über Notwendigkeit, Umfang und Dauer der Inanspruchnahme oder Verpflichtung zu entscheiden und die Duldung dem belasteten Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten aufzutragen (§ 31 Abs 9 iVm § 7 Abs 6 NÖ BauO).

Nach den Feststellungen hat der Kläger das nach § 31 Abs 8 NÖ BauO vorgesehene Verfahren nicht durchgeführt. Weder wurde dem Beklagten vor der Aufstellung des Lichtmasts durch die vorgeschriebene Verständigung rechtliches Gehör verschafft, noch hat der Kläger als Baubehörde erster Instanz nach Bekanntwerden des fehlenden Einverständnisses des Grundeigentümers einen anfechtbaren Bescheid erlassen, der es dem Beklagten ermöglicht hätte, einer Duldungspflicht entgegenstehende Gründe im Rechtsmittelverfahren geltend zu machen.

Insbesondere haben sich seit der Entfernung des alten Lichtmasts nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht nur die Eigentumsverhältnisse geändert, sondern auch die Grenzen des Grundstücks und die Art seiner Nutzung. Diesen Umständen kommt insofern Relevanz zu, als sowohl eine Beeinträchtigung der geänderten Benützung (§ 31 Abs 8 NÖ BauO), als auch die technische Möglichkeit der Errichtung des Lichtmasts auf öffentlichem Gut (§ 7 Abs 6 NÖ BauO; § 33 Abs 1 StVO) eine Inanspruchnahme des Grundstücks des Beklagten ausschließen würden. Umstände für die Annahme einer Gefahr im Verzug, die der Baubehörde gemäß § 7 Abs 6 NÖ BauO Sofortmaßnahmen erlaubt hätte, sind nicht hervorgekommen.

Vor diesem Hintergrund bedarf die Beurteilung des Berufungsgerichts im Interesse der Rechtseinheit und Rechtssicherheit der Korrektur. Der Anspruch auf Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung nach § 1330 Abs 2 ABGB besteht, wenn jemand Tatsachen verbreitet, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden und deren Unwahrheit er kannte oder kennen musste. Als „Tatsachen“ iSd § 1330 Abs 2 ABGB gelten Umstände, Ereignisse oder Eigenschaften mit einem greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm an Hand bestimmter oder doch zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit überprüfbaren Inhalt. „Unwahr“ ist eine Äußerung nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn ihr sachlicher Kern im Zeitpunkt der Äußerung nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt (vgl 6 Ob 96/04t; 6 Ob 244/09i).

Äußerungen über die Rechtsfolgen einer bestimmten Gesetzeslage können sowohl Tatsachenbehauptungen, als auch reine Werturteile sein. Je weniger die zu beurteilende Rechtsfolgenbehauptung nicht einfach aus dem Gesetz abzulesen ist, sondern auf einem Vorgang der persönlichen Erkenntnisgewinnung beruht, je eingehender die Grundlagen dieses Erkenntnisprozesses dargestellt werden, und je deutlicher zum Ausdruck kommt, dass eine subjektive Überzeugung im geistigen Meinungsstreit vertreten wird, umso eher wird ein reines Werturteil vorliegen (4 Ob 138/99v, SZ 72/118 - Inkassobüro; 4 Ob 55/00t -„Standesvergehen höchsten Ranges”).

Die hier relevante Behauptung, der Kläger habe „ohne Rechtsgrundlage” einen Lichtmast auf dem Grundstück des Beklagten errichtet, ist völlig allgemein gehalten. Schon ihre unübersehbar laienhafte Formulierung und die Präsentation auf einer selbst gebastelten Tafel lassen für unbefangene Durchschnittsleser keinen Zweifel darüber offen, dass hier keine juristisch fundierte Tatsachenbehauptung erhoben wird, sondern der Schreiber einfach seiner Empörung über eine subjektiv als ungerecht empfundene Behandlung Luft machen wollte (Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1330 Rz 8). Diese Wertung des Beklagten ist auch, berücksichtigt man die vom Kläger als Bürgermeister und Baubehörde erster Instanz unterlassenen Verfahrensschritte, sachlich zumindest nicht unvertretbar. Gerade gegenüber einem politischen Amtsträger stellt die Verbreitung einer solchen Behauptung in der lokalen Öffentlichkeit eine im Rahmen des Rechts auf Meinungsfreiheit zu duldende Kritik dar (vgl Reischauer aaO Rz 17).

Die Revisionsausführungen des Beklagten enthalten zwar keine Argumente gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die inkriminierte Äußerung sei auch als ehrverletzend iSd § 1330 Abs 1 ABGB zu qualifizieren; im Rahmen der Behandlung einer zulässigen Revision hat der erkennende Senat jedoch die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts in jeder Hinsicht zu überprüfen.

Mit seiner Begründung, der Beklagte habe das Verhalten des Klägers durch den Vergleich mit „Zwangsenteignungen vor 1945” in die Nähe nationalsozialistischer Willkürherrschaft gerückt, übergeht das Berufungsgericht, dass der Kläger ein Verbot gerade dieses Vergleichs gar nicht begehrt hat, weshalb ihm auch eine vollinhaltliche Klagsstattgebung dagegen keine Abhilfe schaffen könnte. In der allein streitgegenständlichen Behauptung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts - ein Vorwurf, der praktisch in jedem Rechtsmittelverfahren erhoben wird - kann aber keine Ehrverletzung erblickt werden.

2. Zur Revision des Klägers

Der Kläger bekämpft den abweisenden Teil der zweitinstanzlichen Entscheidung mit der wesentlichen Begründung, dem Beklagten sei subjektiv als Verschulden anzurechnen, die Handlungsweise des Klägers mit „Zwangsenteignungen vor 1945” verglichen zu haben. Die Unvertretbarkeit dieser Gleichstellung habe dem Kläger jedenfalls bewusst sein müssen. Bei Begehung einer Ehrenbeleidigung in der breiten Öffentlichkeit bestehe entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts ein verschuldensunabhängiger Widerrufsanspruch.

Auf den Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts geht der Kläger nicht weiter ein, seine Ausführungen zeigen aber auch sonst keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf.

Zum Wahrheitskern der vom Beklagten erhobenen Behauptung eines mangelhaften Verwaltungsverfahrens und ihrer mangelnden Eignung, für sich allein die persönliche Ehre des Klägers zu verletzen, ist auf die Erledigung der Revision des Beklagten zu verweisen. Ein Widerrufsanspruch nach § 1330 Abs 2 ABGB setzt aber zunächst die Unwahrheit der behaupteten Tatsachen voraus. Der Kläger übersieht bei seiner weiteren Argumentation auch, dass der vom Beklagten gezogene Vergleich der Aufstellung des Lichtmasts mit „Zwangsenteignungen vor 1945” mangels Formulierung eines auf sein Verbot gerichteten Klagebegehrens nicht streitgegenständlich ist. Wie eine Äußerung im Einzelfall zu verstehen ist, hängt im Übrigen auch so sehr von den Umständen des konkreten Falls ab, dass dieser Frage keine darüber hinausgehende Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukommt (6 Ob 123/08v; 6 Ob 50/09k).

Nur der Revision des Beklagten war somit Folge zu geben und das klagsabweisende Ersturteil wieder herzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Für die Revisionsbeantwortung des Beklagten, der auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers nicht hingewiesen hat und dessen Ausführungen sich in einem unzulässigen Verweis auf seine Revisionsschrift erschöpfen, gebührt mangels zweckentsprechender Rechtsverfolgung kein Kostenersatz (RIS-Justiz RS0043616; RS0007029).

Textnummer

E93853

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00236.09P.0415.000

Im RIS seit

13.06.2010

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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