Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin Rosa Maria F*****, vertreten durch Dr. Brigitte Birnbaum, Dr. Rainer Toperczer und Mag. Dieter Pfannhauser, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Antragsgegner Josef F*****, vertreten durch Dr. Géza Simonfay, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß §§ 81 ff EheG, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 16. Dezember 2009, GZ 23 R 145/09k-57, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Purkersdorf vom 4. Mai 2009, GZ 2 C 60/07f-48, teilweise abgeändert wurde, den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit 2.855,90 EUR (darin enthalten 475,68 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.
Text
B e g r ü n d u n g :
Die am 24. 3. 1978 geschlossene Ehe der Streitteile, der zwei Kinder (geboren 1978 und 1980) entstammen, wurde mit Urteil vom 20. 11. 2006 gemäß § 55 EheG geschieden. Die eheliche Lebensgemeinschaft wurde Anfang 1994 aufgehoben. Ehewohnung war ein Einfamilienhaus in Niederösterreich, das jeweils zur Hälfte den Streitteilen gehört. Zugunsten der geschiedenen Ehegatten ist ein wechselseitiges Veräußerungs- und Belastungsverbot eingetragen.
Das Erstgericht übertrug gegen eine Ausgleichszahlung von 142.800 EUR den Hälfteanteil des Antragsgegners an die Antragstellerin und sprach aus, dass hinsichtlich des auf der Liegenschaft haftenden Kredits die Antragstellerin Hauptschuldnerin sowie der Antragsgegner Ausfallsbürge seien. Es legte seiner Entscheidung noch folgenden (relevanten) Sachverhalt zugrunde:
Der Antragsgegner arbeitete bereits vor Eheschließung als Bankangestellter. Die Antragstellerin hatte 1977 ein Studium an der „BOKU“ begonnen und arbeitete nebenbei im Gastgewerbe. Ab April 1979 war sie nach der Geburt der Tochter wieder voll berufstätig. Nach der Geburt des Sohnes brach die Antragstellerin ihr Studium ab und arbeitete „Vollzeit“ in der Gastronomie. Solange die Kinder klein waren, arbeitete sie hauptsächlich in der Nacht und verdiente zwischen 10.000 und 18.000 ATS (monatlich) netto. Ihr Dienst begann um 17 Uhr abends und endete um Mitternacht. Die Antragstellerin versorgte die Kinder in der Früh und untertags, der Antragsgegner übernahm die Kinderbetreuung am Abend und in der Nacht. Als die Tochter acht oder neun Jahre alt war, begann die Antragstellerin bereits um 15 Uhr zu arbeiten. Eine Zeitlang arbeitete sie auch mittags. Sie holte danach die Kinder vom Kindergarten oder von der Schule ab und fuhr am Abend wieder in die Arbeit. Zwischen 1987 und 1989 verdiente sie bei Heurigenbetrieben zwischen 25.000 und 35.000 ATS (monatlich) netto. Um die Kinder besser betreuen zu können, begann sie 1989 bei der Firma Nordsee zu arbeiten, wo sie anfangs 14.000 ATS, 1990 20.000 ATS, 1992 26.000 ATS und 1993 36.000 ATS, jeweils monatlich netto verdiente. Nebenbei führte sie den Haushalt, indem sie kochte, bügelte, die Wäsche wusch, einkaufen ging und das Haus sauber hielt. Sie kümmerte sich auch um die Kindererziehung, beispielsweise begleitete sie ihre Tochter bis zu deren 12. Lebensjahr zum Eislauftraining.
Der Antragsgegner verdiente als Bankangestellter ab 1984 ca 1.400 EUR, später ca 2.000 EUR, und von 1990 bis 1992 ca 2.700 EUR netto monatlich. Im Haushalt kümmerte er sich um das Service der Autos und um Haus und Garten. Der schulische Erfolg seiner Kinder war ihm ein Anliegen, so erkundigte er sich oftmals in den Schulen der Kinder und organisierte einmal Nachhilfeunterricht für seinen Sohn in Physik.
1985 kauften die Ehegatten eine Liegenschaft in Niederösterreich, auf der ein Einfamilienhaus (die Ehewohnung) errichtet wurde. Als Käufer trat nur der Antragsgegner auf, weil die Antragstellerin ursprünglich plante, sich in der Gastronomie selbständig zu machen. Die Ehegatten hielten es aufgrund dieses Plans für besser, dass die Antragstellerin nicht im Grundbuch aufschien. Der Kaufpreis von 1.020.000 ATS wurde zu 420.000 ATS aus angespartem Vermögen finanziert, die Restfinanzierung erfolgte über Kredit. 1987 wurde mit dem Hausbau begonnen; beide Ehegatten, denen der Hausbau sehr wichtig war, haben dabei tatkräftig mitgeholfen. Die monatlichen Kreditraten wurden von dem gemeinsamen Konto der Ehegatten, auf das beide Gehälter eingingen und von dem sämtliche Ausgaben beglichen wurden, abgebucht. Im April 1993 wechselte der Antragsgegner seinen Arbeitsplatz. Aufgrund dieses Wechsels zu einer anderen Bank kam es zu einer Umschuldung. Der ursprüngliche Kredit wurde getilgt, die neue Arbeitgeberin des Antragsgegners räumte den Ehegatten einen Kredit über rund 860.000 ATS ein. Im Oktober 1993 nahmen die Ehegatten gemeinsam ein Darlehen beim Land Niederösterreich über 370.000 ATS sowie einen Kredit über ca 165.000 ATS bei einer Bausparkasse auf. Mit diesem Geld wurde begonnen, den ersten Stock des Hauses auszubauen. Der Antragsgegner führte diese Arbeiten selbst durch.
Über Initiative der Antragstellerin schlossen beide Ehegatten am 24. 8. 1994 einen Schenkungsvertrag, in dem die Hälfte der Liegenschaft an die Antragstellerin übertragen wurde. Diese trug die Kosten für die Übertragung alleine. Mit dieser Schenkung wollten die Ehegatten ihre güterrechtlichen Beziehungen regeln.
1993 erhielt der Antragsgegner in sechs Teilbeträgen eine Abfertigung von insgesamt rund 716.000 ATS. Er transferierte dieses Geld auf ein eigenes Konto. Letztlich verwendete er einen Teil dieser Abfertigung (rund 445.000 ATS), um die noch offenen, das Haus betreffenden Kredite zu reduzieren. 271.000 ATS von der Abfertigung behielt er, ebenso verblieben ihm während der Ehe angesparte Guthaben aus Bausparverträgen. 1995 tilgte er zwei noch offene, das Haus betreffende Kredite bzw Darlehen. Auch nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Jahr 1994 traten die Ehegatten nach außen weiterhin gemeinsam als Ehepaar auf. Ab 1994 teilten die Ehegatten, die kein gemeinsames Konto mehr hatten, die laufenden Ausgaben so auf, dass der Antragsgegner die Kreditraten, die Betriebskosten und die Erhaltung für das Haus bezahlte, die Antragstellerin hingegen die Ausgaben für die Kinder und den Haushalt. Der Antragsgegner leistete der Antragstellerin keinen Unterhalt für die Kinder. Die Antragstellerin, die trotz Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich weiterhin den Haushalt führte, leistete 1999 an Zahlungen für das Haus 39.000 ATS. Im Jahr 2000 ließ sie ein Badezimmer im ersten Stock des Hauses einbauen und bezahlte dafür insgesamt 11.548,73 EUR. 2004 leitete der Antragsgegner im Zuge von Umbauarbeiten in ein Zimmer im oberen Stock Wasserrohre ein, errichtete einen zweiten Carport, legte im Stiegenhaus neue Fliesen und strich Holzteile im Außenbereich neu. Das Haus hat einen Verkehrswert von 377.000 EUR. Das Badezimmer im Dachgeschoss bewirkte eine Wertsteigerung von 5.079 EUR, der Carport von 4.380 EUR, die Einleitung der Wasserrohre im Dachgeschoss von 691 EUR, der Fliesenbelag auf der Terrasse von 2.274 EUR, die Sparrenverkleidung von 400 EUR, der Dachbodenausbau von 15.643 EUR. Der Fliesenbelag im Erdgeschoss führte zu einer Wertminderung von 320 EUR.
In der rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht von einem Aufteilungsschlüssel von 60 : 40 zu Gunsten der Antragstellerin aus, da sie nicht wesentlich weniger verdient, den Haushalt geführt und sich um die Kinder gekümmert hätte. Die Zuweisung der Liegenschaft an sie entspreche der Billigkeit, weil der Antragsgegner nach seinen eigenen Angaben nicht mehr als 100.000 EUR Ausgleichszahlung aufbringen könne. Nach Ende der Lebensgemeinschaft habe der Antragsgegner die Kredite bei der Bank und bei der Bausparkasse getilgt, deren Höhe in etwa dem Guthaben aus den Bausparverträgen und der Abfertigung entsprochen habe. Es sei daher billig, diese Positionen gegeneinander aufzuheben, weshalb nur das Haus samt Liegenschaft im Wert von 357.000 EUR (Verkehrswert minus Wohnbauförderungsdarlehen) aufzuteilen sei. Die Wertsteigerungen durch die dem Antragsgegner zuzuordnenden Investitionen seien etwa so hoch wie die von der Antragstellerin finanzierten, weshalb sie nicht zu berücksichtigen seien.
Das von beiden Parteien angerufene Rekursgericht änderte den angefochtenen Beschluss in der Hauptsache dahin ab, dass es zusätzlich die Übertragung des im Haus vorhandenen Inventars (mit Ausnahme der persönlichen Fahrnisse des Antragsgegners) sowie die Löschung des zu Gunsten der Ehegatten wechselseitig eingeräumten Belastungs- und Veräußerungsverbots anordnete und den Antragsgegner zur Räumung der Liegenschaft binnen einem Monat nach Erhalt der auf 150.000 EUR erhöhten Ausgleichszahlung verpflichtete. Es sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs „zum Rekurs der Antragstellerin zulässig, zum Rekurs des Antragsgegners hingegen nicht zulässig“ sei. Der Zweck eines während aufrechter Ehe zu Gunsten der Ehegatten wechselseitig einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbots, das nach Lehre und Judikatur einer Aufteilung der Liegenschaft in einem Verfahren nach den §§ 81 ff EheG nicht entgegenstehe, liege darin, eine Veräußerung oder Belastung der Liegenschaft durch den anderen Ehepartner während aufrechter Ehe zu verhindern. Werde aber in weiterer Folge im Zuge des Aufteilungsverfahrens die Liegenschaft dem anderen Ehegatten übertragen, könne das Belastungs- und Veräußerungsverbot keinen weiteren Zweck mehr erfüllen. Die Nichtvornahme einer auf § 93 EheG gegründeten Anordnung der Löschung würde zu dem unbilligen Ergebnis führen, dass einem Ehegatten gegen eine (hier hohe) Ausgleichszahlung zwar die Liegenschaft zur Gänze übertragen werde, dieser faktisch jedoch keine Verfügungsgewalt erlangen würde. Der Fortbestand des Belastungs- und Veräußerungsverbots würde auch mangels verfügbarer, im Rang vorgehender grundbücherlicher Sicherheiten die Aufnahme des zur Finanzierung der Ausgleichszahlung erforderlichen Kredits unmöglich machen. Diese eingeschränkte Verfügbarkeit über die Liegenschaft bedeutete eine deutliche Wertminderung, die sich dann im Ergebnis - zu Lasten des Antragsgegners - auch in einer deutlich geringeren Ausgleichszahlung niederschlagen müsste. Die - vereinzelt gebliebene - Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 3 Ob 522/85 habe zwar die Auffassung vertreten, dass ein derartiges Belastungs- und Veräußerungsverbot durch eine gerichtliche Anordnung nicht gelöscht werden könne und eine Löschung über einen Grundbuchsantrag bzw im Fall der Verweigerung der Zustimmung des jeweils anderen Ehegatten im streitigen Rechtsweg durchzusetzen wäre. Diese Durchsetzung im streitigen Verfahren würde aber einer umfassenden und abschließenden Aufteilung des ehelichen Vermögens - wie von den §§ 81 ff EheG beabsichtigt - entgegenstehen. Eine jüngere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 522/93) sehe - allerdings bei einem anders gelagerten Sachverhalt - die Löschung eines zu Gunsten eines Ehegatten einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbots durchaus als notwendige Anordnung iSd § 93 EheG, die auch ohne Antrag vorzunehmen sei. Dies sei in Literaturmeinungen dahin verstanden worden, dass die Löschung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots als erforderliche Maßnahme zur Durchführung der Aufteilung angesehen werde. Die Zuweisung der Liegenschaft samt Inventar sei durch einen entsprechenden Antrag der Antragstellerin gedeckt und entspreche dem Grundsatz einer möglichst umfassenden und abschließenden Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens. Die Behauptungen des Antragsgegners, nicht sämtliches Inventar sei von dem in die Aufteilungsmasse fallenden „Hausratsbegriff“ umfasst, seien unzulässige Neuerungen. Außerdem sei nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens zum Zeitpunkt der Befundaufnahme am 16. 5. 2008 kein „bewertungsrelevantes“ Zubehör auf der Liegenschaft vorhanden gewesen. Die Schenkung eines Hälfteanteils im Jahr 1994 sei iSd § 97 EheG keine wirksame Vereinbarung über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, weil der in Abs 2 leg cit geforderte ursächliche Zusammenhang mit dem erst zwölf Jahre danach eingeleiteten Scheidungsverfahren fehle. Das während der Ehe errichtete Haus falle als gemeinsam erwirtschaftetes Vermögen trotz der Schenkung des Hälfteanteils in die Aufteilungsmasse. Der vom Erstgericht angenommene Aufteilungsschlüssel sei auch dann gerechtfertigt, wenn tatsächlich die Antragstellerin - wie vom Antragsgegner in seiner Beweisrüge ausgeführt - keine Einkünfte in der festgestellten Höhe erzielt hätte, weil sie - selbst nach den Rekursbehauptungen - zumindest ab 1. 7. 1984 durch ihre Berufstätigkeit einer Doppelbelastung ausgesetzt gewesen sei. Aus diesem Grund müsse die zu diesem Punkt erhobene Beweisrüge des Antragsgegners nicht erledigt werden. Was die wechselseitigen Leistungen nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft Anfang 1994 betreffe, so habe zwar der Antragsgegner die Rückzahlung der Kreditverbindlichkeiten alleine übernommen, es seien ihm aber Vermögenswerte von rund 30.600 EUR (Abfertigung und Erlöse aus Bausparverträgen) alleine verblieben. Ein Wertausgleich sei daher nicht erforderlich, was auch für das Verhältnis zwischen den wechselseitigen werterhöhenden Investitionen gelte. Die Kritik des Antragsgegners an mangelnden Feststellungen zu diesen beiden Punkten sei daher nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Antragsgegners ist zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Sämtliche in diesem Aufteilungsverfahren getroffenen Anordnungen (Übertragung der Liegenschaft gegen eine Ausgleichszahlung, Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbots, Räumungsverpflichtung und Übernahme der Ausfallsbürgschaft) stehen in einem tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang und können keinesfalls isoliert betrachtet werden. Damit kann es zu der Rekursentscheidung nur einen einheitlichen Ausspruch über die Zulässigkeit (oder Unzulässigkeit) des Revisionsrekurses geben (RIS-Justiz RS0118275). Trotz der Gliederung des Rechtsmittels des Antragsgegners in ordentlichen und außerordentlichen Revisionsrekurs ist es zur Gänze als ordentliches Rechtsmittel zu behandeln.
2. Die Bestimmungen der §§ 82, 87 und 97 EheG sind in ihrer Fassung vor der Novellierung durch das Familienrechtsänderungsgesetz (FamRÄG) 2009, BGBl I 2009/75, anzuwenden, weil der verfahrensleitende Antrag vor dem 1. 1. 2010 eingebracht wurde (Art 18 § 3 FamRÄG 2009).
3. § 97 Abs 1 Satz 1 EheG schließt grundsätzlich einen Verzicht auf den Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens, zu dem nach § 81 Abs 2 EheG jedenfalls die Ehewohnung gehört, aus. Davon sind nach § 97 Abs 2 Satz 1 EheG Vereinbarungen, die die Ehegatten im Zusammenhang mit einem Verfahren unter anderem auf Scheidung schließen, ausgenommen. Ein derartiger Zusammenhang ist bei einem etwa zwölfjährigen Zeitraum, der zwischen der Vereinbarung und der Einleitung eines Scheidungsverfahrens verstrichen ist, nicht gegeben. Zwar ist in erster Linie auf den inhaltlichen, also den funktionalen Zusammenhang zwischen Vereinbarung und dem späteren Scheidungsverfahren abzustellen, während das zeitliche Element vor allem Indizfunktion hat. Ein funktionaler Zusammenhang wird angenommen, wenn entweder zumindest bei einem Ehegatten die auch dem anderen Ehegatten bekannte Absicht besteht, auf Scheidung zu klagen, oder wenn beide Ehegatten beabsichtigen, sich einvernehmlich scheiden zu lassen (Stabentheiner in Rummel, ABGB³ § 97 EheG Rz 3 mwN). Für eine derartige Absicht bietet der festgestellte Sachverhalt aber keinen ausreichenden Anhaltspunkt: Zwischen den Ehegatten bestand zwar ab 1994 keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr, sie lebten aber nach wie vor im selben Haus und traten nach außen hin weiter als Ehepaar bzw Familie auf. Die Schenkung sollte ihre güterrechtlichen Beziehungen regeln. Von einer vorweggenommenen Vereinbarung über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens wegen eines bevorstehenden Scheidungsverfahrens ist nirgends die Rede. Damit rückt der zeitliche Aspekt eindeutig in den Vordergrund, ein Zusammenhang zwischen einem Scheidungsverfahren ist auszuschließen.
Das in Lehre und Judikatur teils unterschiedlich gelöste Problem, ob § 97 Abs 1 Satz 1 EheG eine absolute Unzulässigkeit einer Vereinbarung über eine bestimmte Teilung ehelichen Gebrauchsvermögens bedeutet oder ob im Sinn einer inhaltlichen Differenzierung eine derartige Vereinbarung im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen ist (zum unterschiedlichen Meinungsstand siehe Stabentheiner aaO Rz 1), stellt sich im konkreten Fall nicht. Das vom Antragsgegner begehrte Ergebnis, der Antrag auf Übertragung der Liegenschaft müsse aufgrund einer wirksamen Vereinbarung abgewiesen werden, scheidet nämlich jedenfalls aus. Die gewünschte Konsequenz stünde auch im auffallenden Widerspruch zu dem in erster Instanz erhobenen Begehren des Antragsgegners, ihm die Liegenschaft zuzuweisen.
4. § 82 Abs 1 Z 1 EheG nimmt unter anderem Sachen von der Aufteilung aus, die ein Dritter einem Ehegatten geschenkt hat. Sachen, die ein Ehegatte dem anderen geschenkt hat, fallen nicht unter diese Ausnahme (RIS-Justiz RS0057377; 1 Ob 158/08d), was hier unabhängig von der Frage eines dringenden Wohnbedürfnisses (§ 82 Abs 2 Satz 1 EheG) für das gemeinsam errichtete Haus (Ehewohnung) gilt. Dieses wurde während der aufrechten ehelichen Gemeinschaft aus gemeinsamen Anstrengungen der Ehegatten geschaffen und fällt somit entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers zur Gänze in die Aufteilungsmasse. Bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens kommt es nicht auf die Eigentumsverhältnisse an. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung ist vielmehr das Gewicht und der Umfang des Beitrags jedes Ehegatten zur Schaffung des aufzuteilenden Vermögens von vorrangiger Bedeutung (§ 83 Abs 1 EheG). Dazu wird bei der - im Revisionsrekurs ebenfalls bekämpften - Aufteilungsquote Stellung genommen werden.
5. Der Antragsgegner meint, dass die vom Rekursgericht angeordnete Zuweisung des Inventars ohne Durchführung eines Beweisverfahrens, welche Gegenstände dem Hausratsbegriff zuzuordnen seien, nicht zulässig und überdies von der Antragstellerin gar nicht beantragt worden sei. Abgesehen davon, dass das Gericht im Aufteilungsverfahren an die Anträge oder die Aufteilungsvorschläge grundsätzlich nicht gebunden ist (RIS-Justiz RS0109615), ist der zuletzt erhobene Vorwurf unberechtigt: Die Antragstellerin hat letztlich auch die Zuweisung aller im Haus befindlicher Fahrnisse beantragt (AS 289, 303/I). Jene Gegenstände, die der Antragsteller in seinem Revisionsrekurs beansprucht (AS 207/II), wurden in seinem erstinstanzlichen Vorbringen nie erwähnt. Soweit es sich um seine persönliche Kleidung handelt, zählt diese ohnehin zu seinen persönlichen Fahrnissen, die von der Übertragung an die Antragstellerin ausdrücklich ausgenommen sind. Die unterlassene Durchführung eines Beweisverfahrens, welche Gegenstände nun konkret als Inventar oder Hausrat zu qualifizieren seien, betrifft einen grundsätzlich nicht revisiblen (RIS-Justiz RS0043111 [T22]) Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens.
6. Die bereits vom Rekursgericht zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 3 Ob 521, 522/85 verneinte - ohne nähere Begründung - die Berechtigung des Gerichts, im Aufteilungsverfahren im Rahmen der Übertragung des Hälfteanteils an einer Liegenschaft das jeweils zu Gunsten der früheren Ehegatten einverleibte Veräußerungs- und Belastungsverbot aufzuheben oder das Erlöschen dieser Verbote festzustellen. Das Rekursgericht hatte in diesem Zusammenhang auf die notwendige Einbringung eines Grundbuchsantrags bzw die erforderliche Durchsetzung des Löschungsanspruchs im Prozessweg verwiesen.
In 4 Ob 522/93 wurde die Löschung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots als eine nach § 93 EheG - auch ohne Antrag - zulässige Anordnung gewertet; dieser Fall betraf allerdings kein wechselseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot im Verhältnis zwischen den geschiedenen Ehegatten. Diese waren vielmehr aus einem Belastungs- und Veräußerungsverbot berechtigt, das zu Lasten der Mutter der Ehefrau als Liegenschaftseigentümerin einverleibt war.
Die im Revisionsrekurs zitierte Entscheidung 7 Ob 530/93 enthält zwar ebenfalls (unter Hinweis auf eine Literaturstelle und die Entscheidung 3 Ob 521, 522/85) die allgemeine Aussage, dass das Gericht im Außerstreitverfahren nicht berechtigt sei, bücherlich einverleibte Veräußerungs- und Belastungsverbote aufzuheben. Diese Entscheidung betraf aber - ähnlich wie 4 Ob 522/93 - kein wechselseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot im Verhältnis zwischen den geschiedenen Ehegatten. Berechtigt waren die Eltern des Ehegatten und Geschenkgeber.
Richtig ist, dass nach der höchstgerichtlichen Judikatur ein zwischen den Ehegatten vereinbartes und bücherlich eingetragenes Veräußerungs- und Belastungsverbot durch die Scheidung der Ehe alleine nicht seine dingliche Rechtswirkung verliert (5 Ob 124/01y; 5 Ob 210/08f = EF-Z 2009/74 [Höllwerth]). Das gilt aber genauso für andere dingliche Rechte, wie etwa für das jeweilige Hälfteeigentum an der Ehewohnung. Auch dieses wird nicht durch die rechtskräftige Scheidung aufgehoben. Das Schicksal der Ehewohnung entscheidet sich erst im Aufteilungsverfahren. Die darin angeordnete Übertragung dinglicher Rechte ist nur Grundlage für die grundbücherliche Durchführung. Gerade dieser, im Revisionsrekurs betonte Fortbestand des Veräußerungs- und Belastungsverbots nach der Ehescheidung zeigt die (auch von Höllwerth aaO gesehene) Notwendigkeit, bei Übertragung eines Hälfteanteils einer Liegenschaft an den anderen Ehegatten die Löschung eines wechselseitigen Veräußerungs- und Belastungsverbots als Maßnahme iSd § 93 EheG anzuordnen. Die Durchsetzung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbots im streitigen Rechtsweg widerspräche dem grundsätzlichen Vorrang des außerstreitigen Aufteilungsverfahrens, das darauf abzielt, eine endgültige und abschließende Verteilung der Vermögenswerte zu erreichen. Wie bereits das Rekursgericht zutreffend (§ 71 Abs 3 AußStrG) aufgezeigt hat, würde das Fortbestehen des Belastungs- und Veräußerungsverbots nach Zuweisung der gesamten Liegenschaft an einen Ehegatten dessen Verfügungsmöglichkeiten einschränken, eine Kreditaufnahme zur Finanzierung einer Ausgleichszahlung erschweren und den Wert der Liegenschaft deutlich verringern. Damit hat die Übertragung eines Hälfteanteils an einer Liegenschaft an den anderen Ehegatten und Hälfteeigentümer in der Regel nur einen Sinn, wenn sie mit der Löschung des wechselseitigen Belastungs- und Veräußerungsverbots verbunden ist.
7. Der Antragsgegner sieht die von den Vorinstanzen angenommene Aufteilungsquote deshalb als nicht gerechtfertigt an, weil er selbst einen Beitrag zur Kindererziehung und Haushaltsführung geleistet habe und die den Entscheidungen zugrunde gelegte Relation zwischen den Einkommen der Ehegatten unrichtig sei. Die Antragstellerin habe nämlich weniger verdient als festgestellt, während der Antragsgegner zusätzlich pro Jahr 80.000 ATS Erfolgsprämien bezogen hätte. Schon das Rekursgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass die Judikatur im Allgemeinen einen gleichteiligen Aufteilungsschlüssel auch in den Fällen annimmt, in denen sich die Erwerbstätigkeit des einen und die Haushaltsführung und Kinderbetreuung des anderen Ehegatten gegenüberstehen (Nachweise bei Stabentheiner aaO §§ 83 f EheG Rz 3 und Hopf/Kathrein, Eherecht² § 83 EheG Anm 17). Der Schwerpunkt bei der Kinderbetreuung und der Haushaltsführung lag aber eindeutig bei der Antragstellerin, auch wenn der Antragsgegner zweifellos seinen Beitrag leistete. Immerhin war die Antragstellerin während des Tages, also zu einer Zeit, wo bei dem Säuglingsalter entwachsenen Kleinkindern einiges an Betreuungsaufwand anfällt, für die Versorgung der Kinder zuständig. Als die Kinder etwa neun bzw elf Jahre alt waren, wechselte sie den Arbeitsplatz, um die Kinder besser betreuen zu können. Ein geringeres Einkommen der Antragstellerin während ihrer Beschäftigung oder eine fehlende Erwerbstätigkeit von 1979 bis 1983 würde sich auf die Wertung ihres Beitrags nicht negativ auswirken, weil sie während eines Großteils der Ehe berufstätig war, durch ihre Erwerbstätigkeit zum Haushaltseinkommen beisteuerte, den Haushalt führte, die Kinder betreute und auch tatkräftig beim Hausbau mitwirkte. Selbst die vom Antragsgegner in der Beweisrüge angestrebten Feststellungen würden nichts an der Quote zu Gunsten der Antragstellerin ändern. Damit begründet es auch keine Mangelhaftigkeit, dass das Rekursgericht auf die diesbezügliche Beweisrüge des Antragsgegners nicht eingegangen ist.
8. Letztlich ist auch die Argumentation des Antragsgegners nicht berechtigt, soweit sie sich auf die nach 1994 getätigten Investitionen bezieht. Das Erstgericht hat ohnedies festgestellt, dass der Antragsgegner ab dem Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft (1994) die Kreditraten, die Betriebskosten und die Erhaltung des Hauses alleine finanzierte. Ebenso berücksichtigt wurde die dem Antragsgegner zuzurechnende Wertsteigerung des Hauses, insbesondere durch die Errichtung des Carports. Die alleinige Belastung des Antragsgegners mit den Betriebskosten seit 1994 hat das Rekursgericht ohnehin in der Form veranschlagt, dass es die Ausgleichszahlung auf 150.000 EUR erhöht hat. Was die nach Auffassung des Revisionsrekurswerbers von den Vorinstanzen zu Unrecht nicht berücksichtigten werterhaltenden Maßnahmen (Reparaturen etc) betrifft, so hat der Antragsgegner weder in erster Instanz noch in seinem Rekurs diese von ihm zusätzlich getragenen Aufwendungen der Höhe nach beziffert, was er im Übrigen auch im Revisionsrekurs unterlässt. Es lässt sich daher nicht einmal größenordnungsmäßig abschätzen, ob dieser behauptete, zusätzliche Erhaltungsaufwand irgendeine Auswirkung auf die im Rahmen des Aufteilungsverfahrens zu treffende Billigkeitsentscheidung - wie etwa die Bemessung der Ausgleichszahlung - haben könnte. Eine solche Konsequenz zeigt der Revisionsrekurs nicht auf.
9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 Abs 2 AußStrG. Der Antragsgegner ist mit seinem Rechtsmittel zur Gänze unterlegen, weshalb er die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen hat.
Schlagworte
FamilienrechtTextnummer
E93852European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0010OB00033.10Z.0420.000Im RIS seit
11.06.2010Zuletzt aktualisiert am
13.02.2013