TE OGH 2010/4/20 1Ob53/10s

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Veröffentlicht am 20.04.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef W*****, vertreten durch Dr. Janko Tischler jun, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Dr. Franz L*****, vertreten durch Dr. Karl Wilfinger, Rechtsanwalt in Bad Aussee, wegen 88.992,50 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2010, GZ 6 R 181/09y-13, womit das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 19. August 2009, GZ 38 Cg 36/09i-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

B e g r ü n d u n g :

Rechtliche Beurteilung

Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Rechtsanwalts, einen rechtsunkundigen Mandanten zu belehren. Der Rechtsanwalt hat gegebenenfalls auch wirtschaftliche Auswirkungen eines von Vertragsparteien beabsichtigten Rechtsgeschäfts zu berücksichtigen und insbesondere über jene Umstände aufzuklären, von denen er annehmen muss, dass sie den Vertragsparteien unbekannt seien. Die Belehrungspflicht entfällt erst dann, wenn der Rechtsanwalt mit Grund annehmen kann, dass der Mandant die Rechtslage vollständig erfasst hat (2 Ob 224/97y mwN). Der beklagte Rechtsanwalt wäre zwecks Wahrnehmung seiner - auch dem Kläger als Verkäufer der Liegenschaft gegenüber - bestehenden anwaltlichen Aufklärungspflichten demnach verpflichtet gewesen, mit dem Kläger Kontakt aufzunehmen.

Es entspricht aber auch ständiger Rechtsprechung, dass über dem Mandanten bereits Bekanntes keine Belehrungspflicht besteht (2 Ob 224/97y). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war dem Kläger der Umstand, dass ihm im Kaufvertrag kein Wohnrecht an dem auf seiner Liegenschaft befindlichen Wohnhaus eingeräumt werden sollte, bekannt, weil dies zwischen den Vertragspartnern so besprochen worden war. Es musste dem Kläger - selbst ohne Rechtskundigkeit - demnach auch bewusst sein, dass er nach dem Verkauf seiner Liegenschaft keinen Rechtsanspruch mehr haben werde, das darauf befindliche Wohnhaus weiterhin zu benutzen. Aus diesem Grund führt es zu keiner Haftung wegen Verletzung anwaltlicher Belehrungs- und Aufklärungspflichten, wenn der beklagte Rechtsanwalt dem Kläger diese Konsequenz nicht vor Augen geführt und ihn nicht darauf hingewiesen hat, die neuen Eigentümer könnten gegen ihn möglicherweise die Räumungsklage einbringen. Es gehört auch nicht zu den Aufgaben eines Rechtsanwalts, auf eine Abänderung zwischen den Parteien bereits festgelegter Vertragspunkte hinzuwirken (RIS-Justiz RS0026707). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe den Beweis der Kausalität der mangelnden Aufklärung für den eingetretenen Schaden nicht erbracht, ist daher nicht zu beanstanden.

Dass der Kläger aus gesundheitlichen oder sonstigen maßgeblichen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, die Tragweite seiner rechtsgeschäftlichen Erklärungen zu erfassen, wurde nicht behauptet.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E93818

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0010OB00053.10S.0420.000

Im RIS seit

10.06.2010

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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