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67 Versorgungsrecht;Norm
BEinstG §14 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in F, vertreten durch Mag. Werner Landl & Mag. Martin Edelmann Rechtsanwaltspartnerschaft (OEG) in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 36, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. Juni 2000, Zl. SV (SanR)-420 396/3-2000- Hai, betreffend Feststellung des Grades der Behinderung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der (im Jahr 1952 geborene) Beschwerdeführer gehört auf Grund eines Bescheides des Landesinvalidenamtes für Oberösterreich vom 9. Dezember 1992 ab 15. Juli 1992 zum Kreis der begünstigten Behinderten gemäß § 2 Abs. 1 Behinderteneinstellungsgesetz - BEinstG. Der Grad der Behinderung wurde damals mit 50 v. H. festgestellt.
Mit Schreiben vom 27. September 1999 beantragte der Beschwerdeführer die Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung unter Hinweis auf die Folgen einer am 24. Juni 1999 durchgeführten schweren Operation (Resektion eines großen Aneurysmas im Bereich der Subclavia rechts).
Auf Grund des Gutachtens des ärztlichen Sachverständigen Dr. R. setzte die Erstbehörde das Ausmaß des Grades der Behinderung des Beschwerdeführers mit 60 v. H. fest.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung, in der er im Wesentlichen ausführte, bei richtiger Beurteilung seines im Einzelnen geschilderten Gesundheitszustandes hätte der Grad seiner Behinderung mit mindestens 80 v. H. festgestellt werden müssen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge, als der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers ab 27. September 1999 mit 70 v. H. festgestellt wurde.
In der Begründung dieses Bescheides gab die belangte Behörde unter anderem den Inhalt des im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachtens Dris. R. sowie von drei fachärztlichen Gutachten, die im Zuge des Berufungsverfahrens eingeholt wurden, wieder. Sie führte aus, der Leitende Arzt des Bundessozialamtes Oberösterreich habe zu den Gutachten zusammenfassend festgestellt, dass die Gesamtbehinderung vom Leiden unter sinngemäßer Anwendung der Richtsatzposition 529 im Gutachten Dris. S. (neuralgiforme Schmerzen im Bereich der rechten oberen Thoraxapertur nach Resektion eines Aneurysmas der rechten Arteria subclavia) von 50 %. ausgehe. Dieses Leiden werde durch die Position 191 laut Gutachten Dris. R. (rezidivierende Lumboischialgien mit pseudoradikulärer Symptomatik) mit 40 %., Position 418 laut Gutachten Dris. R. (Chondropathia patellae re. mehr als li.) mit 20 % sowie Position 673 laut Gutachten des Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Dr. Rö. (Stimme heiser und rau) mit 20 % um zwei Stufen auf 70 % angehoben, wobei in der Position 529 eine Überschneidung mit Position 285 im Gutachten Dris. R. (Asthma bronchiale, Zwerchfelllähmung rechts) zu sehen sei.
Die belangte Behörde sehe keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Gutachten zu zweifeln, weshalb der Grad der Behinderung mit 70 v. H. festzustellen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 erster Satz BEinstG sind begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v. H.
Gemäß § 14 Abs. 2 BEinstG (idF BGBl. I Nr. 17/1999) hat, wenn ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vorliegt, auf Antrag des Behinderten das örtlich zuständige Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung (Abs. 3) festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden.
Gemäß § 14 Abs. 3 BEinstG ist der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales ermächtigt, nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates gemäß § 8 Bundesbehindertengesetz - BBG durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung festzulegen. Diese Bestimmungen haben die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf das allgemeine Erwerbsleben zu berücksichtigen und auf den Stand der medizinischen Wissenschaft Bedacht zu nehmen.
Nach der Übergangsbestimmung des § 27 Abs. 1 BEinstG sind bis zum Inkrafttreten der Verordnung gemäß § 14 Abs. 3 für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v. H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Da eine Verordnung gemäß § 14 Abs. 3 BEinstG noch nicht erlassen wurde, hat die belangte Behörde mit Recht die auf Grund des § 7 Abs. 2 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 ergangene Verordnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 9. Juni 1965, BGBl. Nr. 150, über die Richtsätze für die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Vorschriften des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 und die in der Anlage zu dieser Verordnung genannten Richtsätze angewendet.
Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde sei auf die durch Gutachten gesicherten Gesundheitsschädigungen, die in der Vergangenheit eine Einstufung als begünstigter Behinderter zur Folge gehabt hätten, nicht mehr eingegangen, so auf die rezidivierenden Lumboischialgien mit pseudoradikulärer Symptomatik sowie das Asthma bronchiale.
Dem ist entgegenzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer genannten Gesundheitsschädigungen in dem von der Erstbehörde eingeholten Sachverständigengutachten Dris. R. unter den Richtsatzpositionen 191 und 285 beschrieben und beurteilt und in dem - die im Berufungsverfahren eingeholten fachärztlichen Gutachten berücksichtenden - zusammenfassenden Gutachten des Leitenden Arztes des Bundessozialamtes Oberösterreich ausdrücklich in die Gesamtbeurteilung miteinbezogen wurden. Die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände hat nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der oben genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Gesamtleidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller gemäß § 4 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1999, Zl. 94/08/0088, mwN). Die Vorgangsweise des ärztlichen Sachverständigen, auf dessen zusammenfassende Beurteilung die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid stützt, entspricht dieser Rechtslage. Seine Ausführungen sind nicht als unschlüssig zu erkennen, weshalb gegen die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Festsetzung des Grades der Behinderung mit 70 v. H. keine Bedenken bestehen. Der Beschwerdeführer beschreibt in der Beschwerde die Auswirkungen der bei ihm festgestellten Leidenszustände, zeigt aber keine konkreten Umstände auf, aus denen abzuleiten wäre, dass die Gesamtbeurteilung seiner Leiden auf der Basis der dargestellten Rechtslage zu einem 70 v. H. übersteigenden Grad der Behinderung hätte führen müssen.
Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers wurde durch die von der Erstbehörde und im Berufungsverfahren eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten umfassend erhoben. Dass die beschriebenen Leiden einer weiteren Begutachtung bedurft hätten, ist nicht erkennbar, weshalb auch die Verfahrensrüge, soweit sie die Einholung weiterer Gutachten vermisst, nicht begründet ist.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. Jänner 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000110191.X00Im RIS seit
27.03.2001