TE OGH 2010/4/21 7Ob234/09a

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Veröffentlicht am 21.04.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Meinhard Novak, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Raiffeisenkasse H*****, vertreten durch Wetzl & Partner Rechtsanwälte GmbH in Steyr, wegen Feststellung, Abgabe von Willenserklärungen und Herausgabe von Urkunden, über den Rekurs der Antragstellerin B***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Monika Krause, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 19. Juni 2009, GZ 5 R 42/08w-51, mit dem der Antrag der B***** Aktiengesellschaft auf Berichtigung des Berufungsurteils abgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Berichtigungsantrag zurückgewiesen wird.

Die Antragstellerin hat die Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte unter anderem die Verpflichtung der Beklagten, sie sei schuldig, in die Übertragung ihres Höchstbetragspfandrechts von 120.000 EUR, haftend ob der Liegenschaft „EZ 401” der KG ***** als „Haupteinlage“ und ob den 55/4347stel Anteilen an der Liegenschaft EZ 616 der KG ***** als „Nebeneinlage“, in Ansehung eines Teilbetrags von 25.200 EUR auf die Klägerin einzuwilligen. Das Erstgericht wies alle Klagebegehren ab. Über Berufung der Klägerin änderte das Berufungsgericht diese Entscheidung weitgehend in eine Klagsstattgebung ab und verpflichtet die Beklagte unter wörtlicher Übernahme des von der Klägerin gestellten Urteilsbegehrens auch zur oben beschriebenen Einwilligung. Eine außerordentliche Revision der Beklagten wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 27. November 2008, 7 Ob 175/08y, zurückgewiesen.

Am 3. Juni 2009 beantragte die B***** Aktiengesellschaft als klagende Partei die Berichtigung des Berufungsurteils zur Verpflichtung zur Einwilligung dahin, das Höchstbetragspfandrecht hafte ob der Liegenschaft „EZ 501“ der KG ***** als Nebeneinlage“ und ob den 55/4347stel Anteilen an der Liegenschaft EZ 616 der KG ***** alsHaupteinlage“. Diese Unrichtigkeiten wären bei sorgfältiger Prüfung der Prozessakten erkennbar gewesen und deshalb einer Berichtigung nach § 419 ZPO zugänglich. Die im rechtskräftigen und vollstreckbaren Berufungsurteil zuerkannten Ansprüche seien mit Abtretungsvertrag vom 27. April 2009/5. Mai 2009 „der klagenden Partei“ (gemeint: der Antragstellerin) abgetreten worden, wozu ein Notariatsakt im Original vorgelegt wurde.

Das Berufungsgericht wies diesen Antrag ab. Es bejahte zwar die Aktivlegitimation der Antragstellerin, da § 234 ZPO wegen des Abschlusses des Prozesses nicht anzuwenden und die behauptete Einzelrechtsnachfolge bescheinigt sei. Es fehle aber an den Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 419 ZPO, weil sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen lasse, dass dessen Spruch offensichtlich falsch sei und nicht dem Willen des Gerichts entspreche.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin, die zu ihrer Legitimation nicht Stellung nimmt.

1. Die Zulässigkeit des Rekurses ist zu bejahen. Die formelle Beschwer der Antragstellerin verleiht ihr grundsätzlich die Rechtsmittellegitimation. Der außerhalb des Berufungsverfahrens erlassene Beschluss des Berufungsgericht unterliegt weder der Anfechtungsbeschränkung nach § 519 ZPO (Zechner in Fasching/Konecny² § 519 ZPO Rz 1; E. Kodek in Rechberger³, § 519 ZPO Rz 6; vgl RIS-Justiz RS0057215) noch jener nach § 419 Abs 2 Satz 2 ZPO, weil keine weitere anfechtbare Entscheidung im Hauptverfahren ergehen kann (M. Bydlinski in Fasching/Konecny² § 419 ZPO Rz 14 mwN; RIS-Justiz RS0035518).

2. Der Rekurs muss aber erfolglos bleiben, weil es der Rekurswerberin an der Legitimation zur Stellung eines Berichtigungsantrags fehlt.

Nach § 234 ZPO hat die Veräußerung einer in Streit verfangenen Sache oder Forderung auf den Prozess keinen Einfluss; der Erwerber ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners als Hauptpartei in den Prozess einzutreten. Nach der von der Rechtsprechung vertretenen „Irrelevanztheorie“, wonach der Zedent im Prozess gegen den Beklagten weiter sachlegitimiert bleibt, ist in der Sache so zu entscheiden, als ob die Zession überhaupt nicht erfolgt wäre (RIS-Justiz RS0039242). Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich die Frage, wie weit sich „der Prozess“ erstreckt, ob also auch noch ein nach Eintritt der Rechtskraft der Endentscheidung eingeleitetes Verfahren zur Berichtigung des Berufungsurteils unter diesen Begriff fällt oder nicht.

Ein ähnliches Problem wurde in der Judikatur bereits behandelt, und zwar die Frage der aktiven und passiven Legitimation des Einzelrechtsnachfolgers der Hauptprozessparteien bei Rechtsmittelklagen, die verneint wurde (RIS-Justiz RS0032968; RS0044324). Begründet wurde dies zuletzt mit der konsequenten Beachtung der in der Judikatur anerkannten „Irrelevanztheorie“, der Deckung der Legitimation für die Rechtsmittelklage mit der Rechtsmittellegitimation und dem unlösbaren Konnex der Rechtsmittelklagen mit dem Vorprozess; dass sich die Rechtskraftwirkung auf den Einzelrechtsnachfolger erstrecke, verhelfe diesem ebenso wenig (ohne Prozesseintritt als Hauptpartei oder Nebenintervenient) zur Rechtsmittellegitimation im Vorprozess wie zur Klagslegitimation für Rechtsmittelklagen, dies auch nicht bei Einzelrechtsnachfolge nach Beendigung des Vorprozesses (2 Ob 2276/96m). Auf die Kritik der Lehre an dieser Rechtsansicht (Klicka in Fasching/Konecny² § 234 ZPO Rz 34 ff; Jellinek in Fasching/Konecny² Vor §§ 529 ff ZPO Rz 19) braucht nicht eingegangen werden, weil für das Berichtigungsverfahren nicht ernstlich bezweifelt werden kann, dass es Bestandteil des Prozesses ist, der zur zu berichtigenden Endentscheidung führte.

Zum einen handelt es sich nämlich nicht um einen durch eine neuerliche, fristgebundene Klage einzuleitenden Prozess, wie dies für die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklagen nach den §§ 529 ff ZPO vorgesehen ist. Vielmehr normiert § 419 ZPO die jederzeitige Möglichkeit zur Berichtigung, also auf Antrag oder von Amts wegen ohne Bindung an einen Zeitpunkt oder an die Rechtskraft (vgl RIS-Justiz RS0041550; RS0041613). Zu berücksichtigen ist auch der Zweck der Berichtigungsvorschriften, dem Gericht ohne vorhergehende mündliche Verhandlung (§ 419 Abs 2 ZPO) die rasche und ökonomische Anpassung der Entscheidungserklärung an den Entscheidungswillen zu ermöglichen (RIS-Justiz RS0041489 [T3]; RS0041418 [T8]; RS0041362 [T5]; M. Bydlinski in Fasching/Konecny² § 419 ZPO Rz 1). Dem widerspricht die - jedenfalls Beweisaufnahmen erfordernde - Notwendigkeit der materiellrechtlichen Prüfung der Antragslegitimation eines von den Prozessparteien verschiedenen Antragstellers.

Die hier (wenn auch nach Eintritt der Rechtskraft der Hauptentscheidung) erfolgte Abtretung der Klagsforderung auf Einwilligung unterliegt daher den Wirkungen des § 234 ZPO, weshalb sie unbeachtlich ist. Auch für das Berichtigungsverfahren bleibt daher allein die ursprünglich klagende Partei legitimiert.

3. Der Berichtigungsantrag ist daher mangels Antragslegitimation unzulässig, weshalb er vom Berufungsgericht zurückzuweisen gewesen wäre. Deshalb war der angefochtene Beschluss mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der Berichtigungsantrag zurückgewiesen wird.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

Schlagworte

Zivilverfahrensrecht

Textnummer

E93892

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0070OB00234.09A.0421.000

Im RIS seit

18.06.2010

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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