TE Vwgh Erkenntnis 2001/1/23 2000/11/0034

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Veröffentlicht am 23.01.2001
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Index

44 Zivildienst;

Norm

ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Jürgen Kronberger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Oppolzergasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Dezember 1999, Zl. 214859/5- IV/10/99, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der (im Jahr 1974 geborene) Beschwerdeführer ist seit 9. Mai 1997 zivildienstpflichtig.

Mit Schreiben vom 15. Juni 1999 beantragte er die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes mit der Begründung, dass ihn die Zivildienstleistung in eine schwere wirtschaftliche Notlage bringen würde. Seine Mutter sei 1996 gestorben. Sein Vater habe sich nie um ihn gekümmert. Er habe 1996 mit dem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien begonnen und vorerst eine Waisenpension von S 3.506,60, die Studienbeihilfe (S 3.380) und die Familienbeihilfe bezogen. Nach dem Tod seiner Mutter habe er an seelischer Unausgeglichenheit, Planlosigkeit, Konzentrationsschwäche und Schlafstörungen gelitten. Deshalb habe er den ersten Studienabschnitt nicht in der vorgeschriebenen Zeit geschafft. Dies habe zur Folge gehabt, dass er die erhaltene Studienbeihilfe zurückzahlen müsse. Als ihm alle Beihilfen gestrichen worden seien, sei er gezwungen gewesen, sich neben seinem Studium um Arbeit umzusehen. Er arbeite derzeit als Assistent der Geschäftsführung bei einem näher bezeichneten Unternehmen. Er habe von seiner Mutter eine Eigentumswohnung geerbt, die ihn monatlich S 3.416,-- koste. Außerdem seien noch Strom, Telefon und Heizung zu bezahlen. Weiters besitze er ein Auto, welches er unbedingt benötige, da er im Außendienst tätig sei. Er sei alleinstehend und habe keine ihn unterstützenden Familienangehörigen. Die Zivildienstleistung würde ihn daher in eine schwierige Situation bringen. Bei Ableistung des Zivildienstes habe er verminderte Chancen auf einen Wiedereinstieg in das Berufsleben. Die Gefahr der Arbeitslosigkeit sei sehr groß. Sämtliche Unternehmer, die lukrative Stellungen anböten, verlangten einen bereits abgeleisteten Präsenzdienst. Eine Aufschiebung des Zivildienstes bringe für ihn ebenso wenig wie die "Umstellung auf den Präsenzdienst", weil damit sein Problem nicht beseitigt werde und er wiederum nur Zeit verliere.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 Zivildienstgesetz 1986 - ZDG ab. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe jeder Zivildienstpflichtige in Kenntnis der noch vor ihm liegenden staatsbürgerlichen Dienstleistungsverpflichtung die Planung und Gestaltung seiner wirtschaftlichen (beruflichen) Angelegenheiten im Interesse einer Harmonisierung mit der Verpflichtung zur Zivildienstleistung so vorzunehmen, dass für den Fall der Zuweisung vorhersehbare oder zu befürchtende Schwierigkeiten vermieden oder möglichst verringert werden. Nach dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Lebenslauf habe er ab 1998 eine berufliche Tätigkeit ausgeübt. Er habe sein Studium vernachlässigt, woraus sich die Rückzahlung der Förderungen ergeben habe. Anlässlich einer Vorsprache bei der belangten Behörde am 1. September 1999 habe er auf einen in Aussicht stehenden "Internet-Job" verwiesen, jedoch in der Folge entgegen seiner Ankündigung keine Beweismittel vorgelegt.

Der Beschwerdeführer habe seit 9. Mai 1997 mit der Ableistung des Zivildienstes rechnen müssen. Ihm habe bewusst sein müssen, dass es infolge der Vernachlässigung des Studiums und der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit zur Rückzahlung der gewährten staatlichen Förderungen kommen werde. Er habe in der Zwischenzeit nie durchgehend gearbeitet. Es sei auch nichts hervorgekommen, was den Beschwerdeführer daran gehindert hätte, die entstandenen finanziellen Verbindlichkeiten (zumindest teilweise) zurückzuzahlen. Er habe seine derzeitige wirtschaftliche Situation selbst zu verantworten. Diese sei nicht auf unvorhersehbare Umstände zurückzuführen. Der Beschwerdeführer habe nach seiner Vorsprache am 1. September 1999 keinen Nachweis darüber erbracht, dass er eine neue Arbeitsstelle angetreten oder sich für das Ingenieurpraktikum angemeldet habe. Die finanziellen Verbindlichkeiten seien zu einem Zeitpunkt entstanden, zu dem er bereits mit der Zivildienstleistung habe rechnen müssen. Damit seien die wirtschaftlichen Interessen nicht besonders rücksichtswürdig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen auf seinen Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren ausschließlich wirtschaftliche Interessen geltend gemacht, und zwar einerseits im Hinblick auf seine finanzielle Situation und andererseits aufgrund der Probleme, die er bei der Arbeitsplatzsuche im Hinblick auf die noch nicht erfüllte Zivildienstpflicht habe.

In der vorliegenden Beschwerde vertritt er die Auffassung, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass sich seine rücksichtswürdige wirtschaftliche und familiäre Situation auf einen Umstand gründe, der bereits vor Beginn der Zivildienstpflicht eingetreten sei. Er meint damit - wie sich aus seinem Vorbringen im Rahmen der Verfahrensrüge zweifelsfrei ergibt - den Tod seiner Mutter im Jahr 1996.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer vor dem Eintritt der Zivildienstpflicht wehrpflichtig war, sodass er bereits seit seiner Stellung mit der Erfüllung der Wehrpflicht rechnen musste. Im Übrigen hätte der Beschwerdeführer, wenn er sich aufgrund des Todes seiner Mutter zu einem ernsthaften und zielstrebigen Studium (siehe § 252 Abs. 2 Z. 1 ASVG) nicht in der Lage gesehen hat, die Einberufung zum Grundwehrdienst bzw. ab Beginn der Zivildienstpflicht die Zuweisung zum Zivildienst zum ehestmöglichen Termin beantragen können. Die aktenkundige Einstellung der Auszahlung von Familienbeihilfe und Waisenpension ab Oktober1997 sowie die Verbindlichkeit zur Rückzahlung von Studienbeihilfe und einer Überzahlung von Waisenpension stellen daher keine Umstände dar, aus denen besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen im Sinne der genannten Gesetzesstelle abgeleitet werden können. Auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer im Erbweg von seiner Mutter eine Eigentumswohnung erworben hat, für deren Beibehaltung während der Präsenzdienstleistung bzw. während der Zivildienstleistung er Leistungen zu erbringen habe, kann im Hinblick auf den Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe gemäß den §§ 26 und 33 f HGG 1992 bzw. § 34 ZDG keine besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen begründen.

Das im Verwaltungsverfahren zur Begründung besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei ohne Befreiung von der Zivildienstpflicht gehindert, einen gutbezahlten Arbeitsplatz zu erhalten, weil die meisten Arbeitgeber darauf Wert legten, dass der ordentliche Präsenzdienst bzw. der Zivildienst bereits geleistet sei, war schon deshalb nicht geeignet, besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen zu begründen, weil dieser Nachteil in gleicher Weise alle Wehrpflichtigen und Zivildienstpflichtigen trifft.

Familiäre Interessen gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG setzen voraus, dass Familienangehörige des Zivildienstpflichtigen in ihren eigenen Belangen der Unterstützung durch den Zivildienstpflichtigen bedürfen, die ihnen dieser aber wegen der Leistung des Zivildienstes nicht gewähren könnte (siehe dazu u. a. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2000, Zl. 2000/11/0098, mwN). Umstände, die familiäre Interessen in diesem Sinne begründen könnten, wurden vom Beschwerdeführer nicht behauptet und liegen nach der Aktenlage auch nicht vor.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Jänner 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000110034.X00

Im RIS seit

11.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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