Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. April 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Romstorfer als Schriftführer in der Strafsache gegen Viera R***** und Jana T***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Viera R*****, die Berufung der Jana T***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagter gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. Dezember 2009, GZ 064 Hv 92/09f-109, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten R***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
G r ü n d e :
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Viera R***** und Jana T***** jeweils des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A) und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (B) schuldig erkannt.
Danach haben sie von Oktober 2008 bis Februar 2009 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) gemeinsam mit zumindest der abgesondert verfolgten Denisa H***** Suchtgift in einer das 25fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 3.200 Gramm Heroin (160 Gramm reines Heroin) und 2.400 Gramm Methamphetamin (1.440 Gramm reines Methamphetamin)
A./ eingeführt, indem sie es von der Slowakei nach Wien schmuggelten,
B./ in Wien dem abgesondert verfolgten Roman Ha***** überlassen.
Rechtliche Beurteilung
Viera R***** bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf Z 5, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Das Rechtsmittel verfehlt sein Ziel.
Mit dem Vorbringen, die Feststellungen zur eingeführten und überlassenen Suchtgiftmenge würden sich nur auf die vagen Angaben und Schätzungen der Angeklagten gründen (Z 5 vierter Fall), wird kein Begründungsmangel dargetan, sondern lediglich die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld kritisiert.
Das Vorliegen einer „Übermenge“ (§ 28a Abs 4 Z 3 SMG) und der auf deren Einfuhr und Überlassung gerichtete Vorsatz wurden der Erstangeklagten - der Beschwerde zuwider - nicht bloß „unterstellt“, sondern logisch und empirisch einwandfrei aus den Schilderungen der Angeklagten im Vorverfahren, deren persönlichen Verhältnissen, „ihrem kontinuierlich auftretenden Verlangen nach Suchtgift“ sowie den wöchentlichen fünf Fahrten und den dabei jeweils transportierten Mengen geschlossen (US 19 f).
Der Reinheitsgehalt des inkriminierten Suchtgifts wurde auf US 6 konstatiert und zur Begründung dieser Annahme in nicht zu beanstandender Weise auf die Aussage der Erstangeklagten, die Angaben des Zeugen V***** und die Gerichtserfahrung verwiesen (US 14). Von den erstgerichtlichen Erwägungen zur Gerichtsnotorietät konnte die Beschwerdeführerin auch nicht überrascht werden (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 463), weil die Frage des Reinheitsgehalts nicht nur bereits in der Anklageschrift thematisiert wurde (ON 82; der Reinheitsgehalt des Heroins wurde dort sogar mit 10 % angenommen), sondern ausdrücklich Gegenstand der Erörterung in der Hauptverhandlung war (ON 108/69).
Soweit die Beschwerde (inhaltlich § 281 Abs 1 Z 5a StPO) das Unterlassen der Einholung weiterer Beweismittel moniert, insbesondere „Gutachten oder polizeiliche Wahrnehmungen zum durchschnittlichen Reinheitsgrad und Beweise hinsichtlich des Transportsgefäßes“, legt sie nicht dar, wodurch sie an einer dementsprechenden sachgerechten Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert worden wäre (RIS-Justiz RS0115823).
Das Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a), das bloße Mitfahren bei einem Suchtgifttransport begründe noch keine Mittäterschaft, übergeht die Urteilsfeststellungen, wonach die (drei) Frauen bewusst und gewollt beim grenzüberschreitenden Transport des Suchtgifts zusammenwirkten (US 6 f). Soweit die Rüge hiezu aus der Verantwortung der Angeklagten andere Schlüsse zieht, verfehlt sie - im Bereich der Beweiswürdigungskritik verbleibend - den gesetzlichen Anfechtungsrahmen.
Die von der Rüge reklamierte Feststellung zum Vorsatz, eine übergroße Menge an Suchtgift einzuführen (Z 10), findet sich - der Beschwerde zuwider - auf US 8 f, wonach es die Angeklagten ernstlich für möglich hielten und billigend in Kauf nahmen, dass sie einerseits „insgesamt mehr als 75 Gramm reines Heroin bzw mehr als 250 Gramm reines Methamphetamin oder doch insgesamt eine solche Menge“ einführten und dass sie andererseits kontinuierlich Suchtgift dem Ha***** überließen bzw beim Überlassen durch die anderen Aufpasserdienste leisteten, wodurch aufgrund des damit einhergehenden Additionseffekts die konstatierten Mengen erreicht würden.
Welche Konstatierungen darüber hinaus zur Beurteilung des Tatvorsatzes notwendig wären, legt die Nichtigkeitsbeschwerde nicht dar. Die Begründung für das angenommene Wissen der Angeklagten um die übergroße Menge findet sich - neuerlich - auf US 19 f (inhaltlich Z 5).
Entgegen der Sanktionsrüge verstieß die Berücksichtigung des „massiven Überschreitens des 25fachen der Grenzmenge“ bei der Strafbemessung nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (vgl § 32 Abs 3 StGB; RIS-Justiz RS0088028; Ebner in WK2 § 32 Rz 64). Auch die Wertung einer „Vielzahl an einzelnen Angriffen“ als erschwerend bei Vorliegen einer Subsumtionseinheit (hier nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG) begründet keine Nichtigkeit, weil die einzelnen Straftaten rechtlich selbständig und damit auch einer Erfassung durch § 33 Z 1 StGB zugänglich bleiben (RIS-Justiz RS0090570).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E93793European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0150OS00022.10I.0421.000Im RIS seit
05.06.2010Zuletzt aktualisiert am
05.06.2010