TE OGH 2010/4/22 8ObA25/10z

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Veröffentlicht am 22.04.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gillinger und Josef Wild als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei E***** M*****, Installateur, *****, vertreten durch Dr. Sabine Berger, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Haslauer, Eberl, Hubner, Krivanec & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 7.872,25 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. November 2009, GZ 11 Ra 95/09h-14, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 82 Abs 1 lit d GewO 1859 begründen strafbare Handlungen, die Vertrauensunwürdigkeit hervorrufen, einen Entlassungsgrund (RIS-Justiz RS0060348). Ein Diebstahl führt nach der Rechtsprechung in der Regel zu Vertrauensunwürdigkeit des Arbeitnehmers; diese wird daher grundsätzlich als gegeben angesehen (RIS-Justiz RS0060363; RS0052754). Ein Versuch nach § 15 Abs 2 StGB ist der Vollendung des Delikts gleichgestellt (RIS-Justiz RS0060336; RS0060332 [T3]). Auf den Wert des Deliktsobjekts kommt es grundsätzlich nicht an (RIS-Justiz RS0029672; RS0060332; RS0029329). Für die begründete Annahme, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung ausnahmsweise dennoch nicht unzumutbar ist, müssen besondere Umstände vorliegen (RIS-Justiz RS0060332).

2. Der Kläger führt zutreffend aus, dass für das Versuchsstadium einer strafbaren Handlung der Tatentschluss durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt werden muss (RIS-Justiz RS0089948; vgl RIS-Justiz RS0090069; Hager/Massauer in WK2 §§ 15, 16 Rz 28 ff).

Ausgehend von den getroffenen Feststellungen hat der Kläger die Papierrollen, die er mit nach Hause nehmen wollte, unerlaubt von ihrem Bestimmungsort entfernt. Die Verwendung des Plastiksacks diente nicht nur dem Transport, sondern ebenso der Verheimlichung der entfernten Sachen. Zudem hat der Kläger versucht, den Plastiksack in einem Zwischenlager zu verstecken, um bei seinem Vorhaben nicht entdeckt zu werden. Die Beurteilung, dass er in Ansehung der Papierrollen, die er mit nach Hause nehmen wollte, bereits eine Ausführungshandlung gesetzt habe und nicht lediglich von einer Vorbereitungshandlung gesprochen werden könne, ist keineswegs unvertretbar. Jedenfalls an der Ausführungsnähe seiner Wegnahme- und Verheimlichungshandlungen, die unmittelbar dem gewollten Gewahrsamsbruch dienten, ist nicht zu zweifeln (vgl RIS-Justiz RS0093727). Unerheblich bleibt, dass der Kläger die nicht vom Zueignungsvorsatz betroffene Hälfte der Papierrollen in die Chemieabteilung bringen wollte. Nach den Feststellungen betraf dieses Vorhaben aber nur das Reinigungspapier, also nicht auch die Papierrollen mit tadelloser Qualität. Warum er keinen Mitgewahrsam an den von seiner Wegnahmehandlung umfassten Papierrollen erlangt haben soll, ist nicht verständlich.

3.1 Ob der Entlassungstatbestand des § 82 Abs 1 lit d GewO 1859 letztlich verwirklicht ist, lässt sich nur für den Einzelfall beurteilen (vgl RIS-Justiz RS0029672; RS0029329). Die dafür maßgeblichen Beurteilungsgrundsätze hat das Berufungsgericht zutreffend dargestellt.

Unrichtig ist, dass das Berufungsgericht nicht auf die Umstände des Einzelfalls Bedacht genommen hätte. Tatsächlich hat es in seine Beurteilung konkret den Wert des Deliktsobjekts, die Schuldintensität des Klägers, sein Alter und auch sein bisheriges Verhalten einbezogen. Wenn es in Beachtung dieser Umstände zum Ergebnis gelangte, dass von einem geringfügigen Verstoß und einem nur unerheblichen Wert der betroffenen Sachen nicht gesprochen werden könne und besondere Umstände für die ausnahmsweise Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht gegeben seien, kann darin keine unvertretbare, die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung erblickt werden. Zudem ist zu beachten, dass der Kläger gegenüber dem Produktionsleiter, als er von diesem mit dem Plastiksack ertappt wurde, nicht bei der Wahrheit blieb, sondern behauptete, dass es sich bei den Papierrollen um Ausschussware handle.

3.2 Unrichtig ist, dass nicht festgestellt worden sei, ob der Kläger die mängelfreien oder mangelhaften Papierrollen mit nach Hause hätte nehmen wollen. Auch soweit der Kläger auf den Umgang bei der Beklagten mit Ausschussware hinweist, ist daran zu erinnern, dass er gerade nicht das für den Verkauf ungeeignete Reinigungspapier an sich nehmen wollte.

Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Schlagworte

Arbeitsrecht,

Textnummer

E93981

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:008OBA00025.10Z.0422.000

Im RIS seit

24.06.2010

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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